Bleed for this

Blu-ray Review

Bleed for this Blu-ray Review Cover
Sony Pictures, 07.09.2017

OT: Bleed for this

 


Ein großes Herz

Unglaubliches Boxer-Drama nach wahren Begebenheiten.

Inhalt

„Häng‘ die Hanschuhe an den Nagel!“ – Die Worte von Vinnys Manager Lou Duva sind eindeutig, nachdem der heißblütige italienischstämmige Boxer aus Rhode Island mal wieder verloren hat. In seinem Vater Angelo hat Vinny einen Fürsprecher und der abgewrackte Trainer Kevin Rooney, der immerhin lange mit Mike Tyson zusammengearbeitet hat, soll ihn wieder aufbauen. Da Vinny aktuell „außer Form“ ist, wiegt er deutlich zu viel fürs Juniorweltergewicht, weshalb ihm Rooney rät, gleich zwei Klassen nach oben, ins Superweltergewicht zu wechseln, was sehr ungewöhnlich wäre. Doch Vinny wird fit und immer beweglicher – trotz „Übergewicht“. Was den jungen Boxer auszeichnet, ist dessen Biss und Leidensfähigkeit, der unbedingte Wille gegen jede Vorhersage doch noch Großes zu leisten. Und dazu wird er bald Gelegenheit haben, denn kurz nach dem gewonnenen WBA-Titelkampf gegen den Franzosen Gilbert Delé erleidet er einen schweren Verkehrsunfall auf dem Beifahrersitz eines gerade gekauften V8-Boliden. Mit einem Genickbruch landet er im Krankenhaus und überlebt nur durch großes Glück. Die Ärzte sagen ihm klipp und klar, dass er nie mehr wird kämpfen können. Selbst Laufen könnte ein Märtyrium werden. Doch Vinny schlägt die Aussagen in den Wind. Und nachdem er endlich aus dem Krankenhaus raus ist, muss er mit einem speziellen Fixateur leben, der in seinen Schädel geschraubt wurde, um ihn zu stabilisieren. Das hält ihn allerdings nicht davon ab, im Keller heimlich wieder mit Gewichten zu trainieren …

Nach dem brillanten Whiplash muss Hauptdarsteller Miles Teller erneut bluten. Waren es als Schlagzeuger nur seine Hände, bekommt er es als Boxer nun am ganzen Körper mit Wunden zu tun. Dass der junge Darsteller gerade dramatische Rollen füllen kann, beweist er in Bleed for this damit nun schon zum wiederholten Mal. In Ben Youngers Boxerdrama gibt er den 1962 geborenen und aufgrund seines extrovertierten Kampfstils später Pazmanian Devil genannten Vincenzo Edward Pazienza. Obschon der zwar ehemaliger IBF-Weltmeister im Leichtgewicht und WBA-Weltmeister im Halbmittelgewicht war, war er nie ein sonderlich konstant-erfolgreicher Profi. Was seine Geschichte so erzählenswert macht, ist dessen Willensstärke. Nach einem Genickbruch zu überleben ist eine Sache. Nach der Rehabilitation aber wieder in den Ring zu steigen und das Risiko einzugehen, bei einem schweren Knock-out nicht mehr aufzustehen, ist eine ganz andere. Bleed for this erzählt die Geschichte von Pazienza entsprechend auf wahren Begebenheiten und beginnt mit dem Novemberkampf gegen Roger Mayweather, der 1988 so etwas wie einen Wendepunkt in Vinnys Karriere bedeutete. Im Übrigen ein Kampf der prominent besucht war. Zugegen waren beispielsweise Gene Hackman und Whoopie Goldberg. Um noch mehr Authentizität zu erzeugen, streut Bleed for this immer wieder Original-TV-Aufnahmen oder Bilder ein. Den größtmöglichen Realismus erzeugt der Film allerdings wiederum aufgrund seiner authentisch erscheinenden Milieu-Schilderungen und den wirklich gut umgesetzten Kämpfen. Man merkt, dass Miles Teller sich intensiv für den Film vorbereitete. Vor Drehstart wog er knapp 85kg bei 19% Körperfettanteil. Nach acht Monaten Ernährungs-Coach und Training sowie fünf intensiven Wochen des Box-Workouts war er runter auf 76kg bei unglaublichen 6% Körperfett. Da Teller selbst als junger Erwachsener einen schweren Autounfall hatte, von dem er heute noch Narben und eine krumme Nase trägt, könnte der Hintergrund in diesem Detail kaum ehrlicher sein – sicherlich keine ganz einfache Szene für ihn, wenn er blutüberströmt aus dem Fenster des Fahrzeugs hängt.

Neben Miles Teller glänzt vor allem Aaron Eckhart als Coach Rooney. Mit angefressenem Schmierbauch ist er praktisch die Antithese zu seinem Schützling und überzeugt vor allem in den versoffenen abgewrackten Szenen. Irgendwie scheint das Boxer-Milieu ein Magnet für enttäuschte Hoffnungen zu sein – wirklich glamourös erscheinen weder Sportler noch Trainer in autobiografischen Boxfilmen. Eckhart, der neben seinem dicken Bauch auch noch eine unglaubliche Halbglatze tragen darf, gibt vielleicht seine beste Leistung seit Thank you for Smoking und scheint trotzt der Alkohol-Eskapaden der einzige vernünftige Spieler in einem Match aus protektiver Mutter, überambitioniertem Vater und blauäugigem Schützling zu sein. Inhaltlich nimmt die Rekonvaleszenz-Phase einen großen Raum ein, was nicht nur konsequent ist, sondern auch eine starke Bindung zu den Figuren herstellt. Man kann Vinny zwar kaum anschauen, ohne Kopfschmerzen zu bekommen, wenn man sich vorstellt, selbst mit solche einem Fixateur rumzulaufen – gerade, wenn der Doc das Ding nach sechs Monaten wieder abschraubt und Vinny keine Betäubung wünscht. Doch wenn er sich Gewicht für Gewicht, Stufe für Stufe nach oben kämpft, dann reißt das eben auch mit – und das ganz ohne das krasse Pathos eines Rocky.

Bild- und Tonqualität

Bleed for this beginnt mit einer Reihe an Close-ups, die allesamt gestochen scharf und sehr kontraststark rüberkommen. Da der Film zum Zeitpunkt des Wechsels der 80er auf die 90er Jahre spielt, hat man ihm eine passende Filterung angedeihen lassen, die häufig gelbliche Töne nutzt und meist einen warmen Charakter hat. Nicht immer sind die Schwarzwerte perfekt, oft wirken sie ein wenig gräulich. Die Bildruhe ist allerdings recht hoch. Ein aufgrund der Zeit, in der er spielt, vermutetes Korn tritt nur bedingt auf. Die Schärfe bleibt durchweg auf einem hohen Niveau, was auch daran liegt, dass die Kamera stets sehr gezielte Fokuspunkte in Naheinstellungen sucht und Unwichtiges dabei in geringe Schärfentiefe taucht.
Beim Sound könnte man zunächst denken, er existiere gar nicht. Denn der Film beginnt praktisch tonlos, während die Journalie sprachlos auf den Boxer wartet. Dann ändert sich das Bild allerdings und unter Jubel und Beifall kommt er in den Raum. Dazu spielt die Musik … erstaunlich frontal. Möglicherweise hat man die Dynamik ebenfalls etwas einem 80er-Jahre-Style angepasst. Selbst der Subwoofer meldet sich lange Zeit nicht zu Wort und die Standby-Lampe bleibt auf „Rot“. Beim Spiel im Casino gibt es dann allerdings mal Surroundeffekte, wenn die Automaten ihre typischen Geräusche absondern. Wenn Vinny dann erstmals in den Ring steigt, schaltet sich nach gut sieben Minuten dann doch der LFE-Kanal hinzu, die Punches bleiben allerdings relativ vordergründig. Dafür formieren sich die Zuschauer lauthals um den Betrachter herum und wenn unser Held erstmals zu Boden geht, geht das Pfeifen durch Mark und Bein. Allerdings bleiben die effektvollen und dynamischen Momente auf den Ring beschränkt. Selbst der Verkehrsunfall ist ziemlich dünn untermalt. Was Bleed for this allerdings gut macht, sind die Sounds des Boxkampfs, die dankenswerterweise mal nicht mit brutal künstlichen Punches daherkommen, sondern eher realistisch klatschend klingen.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Bleed for this enthält insgesamt sieben entfernte Szenen, die vor allem mehr Figurenzeichnung ermöglichen und den Film zum Teil wirklich bereichert hätten.

Fazit

Bleed for this ist ein stark gespieltes Boxerdrama, das mitunter leicht genug inszeniert ist, um auch mal auflockernden Witz zu präsentieren. Wenn man die wahren Hintergründe betrachtet, scheint es schier unglaublich, was der Pazmanian Devil geleistet (und riskiert) hat.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 20%
Film: 80%

Anbieter: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Ben Younger
Darsteller: Miles Teller, Aaron Eckhart, Katey Sagal, Ciarán Hinds, Ted Levine
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 117
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Bleed for this

BLEED FOR THIS - Trailer - Ab 20.4.2017 im Kino!

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