By the Sea

Blu-ray Review

By the Sea Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 09.06.2016

OT: By the Sea

 


Beobachtungen

Ein Film mit dem Ehepaar Angelina Jolie und Brad Pitt – und doch ganz anders als erwartet.

Inhalt

„Ich liebe dich“ ist bei Vanessa und Roland längst zur Floskel verkommen. Die ehemalige Tänzerin und der Schriftsteller suchen Mitte der 70er Jahre in der malerischen Szenerie Frankreichs ein wenig Inspiration und Abwechlsung vom Alltag. Doch die Ehe ist nicht mehr die glücklichste. Als sie eines Tages in einem kleinen Dorf ankommen und in eine schöne Suite am Meer einziehen, scheint zunächst alles beim Alten zu bleiben. Roland streift etwas umher, trinkt zu viel Alkohol und pflegt seine Schaffenskrise, während Vanessa nicht die geringste Freude darin findet an einem der schönsten Flecken der Erde zu sein. Doch der Kontakt zu einem Barmann, dem vor einem Jahr die Frau verstarb und der vor allem Roland einige schmerzhafte Weisheiten vermittelt, führt dazu, dass sich das seit 14 Jahren verheiratete Paar vielleicht wieder etwas annähert. Als nebenan ein jung verheiratetes und frisch verliebtes Paar einzieht, werden jedoch (schmerzhafte) Erinnerungen an alte Zeiten geweckt. Vanessa nimmt die hübsche Frau der Nachbarn zum Anlass, um ihre Eifersucht zu pflegen und Roland Vorwürfe zu machen. Der wiederum reagiert mit noch mehr Alkohol. Als beide ein Loch in der Wand entdecken und ihre Nachbarn dadurch beim Liebesspiel beobachten können, scheinen alte Gefühle geweckt zu werden und die beiden kommen sich erstmals wieder näher – ein Hoffnungsschimmer?

Zum ersten Mal seit Mr. & Mrs. Smith stehen Angelina Jolie und Brad Pitt wieder gemeinsam vor der Kamera. Unter der Anleitung von Angelina ist By the Sea aber keine amüsante Actionkomödie geworden, sondern ein teils bitteres Ehedrama. Vor der Kulisse Südfrankreichs erinnert Jolies dritte Regiearbeit an die französischen Klassiker der 70er Jahre und atmet die Atmosphäre eines Godard. Fans des Schauspielerehepaares wollte das nicht wirklich sehen. In den USA kamen gerade einmal knapp 500.000$ zusammen, in Deutschland waren es knapp 10.000 Zuschauer. Tatsächlich richtet sich By the Sea auch nicht an das angestammte Klientel der beiden. Das allerdings macht den Film nicht weniger sehenswert. Pitt und Jolie mal in ungewohnt ernsten und etwas schermütigen Rollen zu beobachten, ist durchaus bemerkenswert. Zu Beginn sind es die Gespräche zwischen Barmann Michel und Roland, die viel Lebenswahrheiten aussprechen und teilweise schmerzhaft wahrhaftig sind. Niels Arestrup (Schmetterling und Taucherglocke) ist ein herausragender Nebendarsteller, der selbst dann noch die Szene beherrscht, wenn er mit Engelsgedult die Alkoholeskapaden seines Gastes Roland erträgt. In Arestrups Gesicht spiegeln sich Schmerz und Lebenserfahrung wider, die den Zuschauer zu fesseln vermögen. Jolie bleibt anfangs die etwas undankbare Rolle der mies gelaunten Zicke, die gelangweilt im Hotelzimmer bleibt und sich über alles zu beschweren scheint. Ihr schwermütiger Blick und ihre erschreckend dünne Statur müssen ausreichen, um in ihre Seele blicken zu können.
Pitt, der gerade während der ersten Stunde häufig betrunken durch die Szenerie torkelt und sich auch beherzt die Seele aus dem Leib kotzt, ist weit entfernt vom Sunnboy, den seine Anhänger lieben.

Für den Zuschauer, der ein wenig um die echten Hintergründe des Schauspieler-Ehepaares weiß, drängen sich natürlich auch Vergleiche mit dem realen Leben der beiden auf. Immer mal wieder gab es Trennungsgerüchte und die Tatsache, dass sich Jolie ihre Brüste präventiv hat entfernen lassen, wirkt in jenem Moment als Roland zu Vanessa in die Dusche kommen möchte, wie eine schmerzhafte biografische Auseinandersetzung – selbst wenn diese Operation nie zu einem ähnlichen Problem in der Ehe der beiden gesorgt haben sollte. By the Sea lässt zwischendurch auch ein bisschen durchblicken, dass man sich bei Wer hat Angst vor Virginia Woolf bedient hat. Allerdings bleiben hier die Boshaftigkeiten weitgehend aus und die Bedeutung liegt in der Stille und Sprachlosigkeit. Das kann man langweilig und bedeutungslos finden (was die meisten Kritiker weltweit taten) oder aber man erkennt darin eine Spur Wahrheit, die (sicherlich zugespitzt) gerade Paaren, die seit langer Zeit im Alltag eingesperrt sind, nicht unbekannt ist. Ärgerlich wäre, wenn man By the Sea auf seinen Sexappeal reduzieren würde. Trotz kürzerer Nacktszenen und etwas Beischlaf sollte man Jolies drittem Film (zu dem sie auch das Drehbuch verfasste) nicht als sexy Erotikdrama klassifizieren. Über dem Geschehen schwebt im Übrigen noch ein bedrohliches Detail, auf das Roland mit seinen Sticheleien ab und an anspielt. Wenn sich das zum Schluss offenbart, ist das zwar keine große Überraschung, lässt aber vieles schlüssiger erscheinen. Hätte man darum zwei Stunden Tamtam machen müssen? Das zu beurteilen obliegt jedem Zuschauer selbst.

Bild- und Tonqualität

Die pittoreske Kulisse Südfrankreichs in By the Sea wird in langen und langsamen Einstellungen gefilmt, die, um dem 70er-Jahre-Look einzufangen, mit etwas reduzierten Farben daherkommen. Die Bidruhe ist bis auf ein ganz geringes Korn sehr gut und während der ruhigen Szenen vermitteln Schärfe und Auflösung ein sehr detailreiches Bild. So kann man fast jede Faser in Vanessas Sonnenliege oder auf ihrem Strohhut erkennen. Ab und an lassen leichte Randunschärfen erkennen, was aber nur selten störend ins Gewicht fällt.
In Sachen Raumakustik darf man von By the Sea nicht wirklich viel erwarten. Der vornehmlich ruhige Film bleibt fast ausnahmslos auf die drei Frontlautsprecher beschränkt. Wenn die (auch nur spärlich eingesetzte) Filmmusik ertönt, wird es schon mal etwas offener nach hinten und ab und an branden mal ein paar Wellen an den Strand, die auch mal von den rückwärtigen Lautsprechern erklingen. Bei so wenig Räumlichkeit macht es auch keinen Unterschied, ob man dem unkomprimierten dts-HD-Master-Sound der Originalspur lauscht oder der deutschen Fassung in dts.

Bonusmaterial

Im Making-of von By the Sea berichten Pitt und Jolie, wie sie ihre Figuren sehen. Man sieht aber auch ein wenig, wie Angelina hinter der Kamera arbeitet – gerne auch mal mit Dauer-Haar-Dampfhaube. Man erfährt auch, dass Jolie das Drehbuch zunächst etwas leichter anlegen wollte, mit mehr Humor. In „Gena Rowlands: Eine Inspiration“ berichtet Angelina, wie sehr sie sich von den Filmen mit der Akteurin inspirieren ließ. Gemeinsam mit Pitt besuchte sie die berühmte Aktrice zu Hause, um mit ihr ein bisschen über deren Vergangenheit zu fachsimpeln. Sieben unveröffentlichte Szenen komplettieren das Angebot.

Fazit

Selbst wenn man die offenkundigen und berechtigten Punkte wie Dialogleere und Überlänge zum Anlass nimmt, um By the Sea zu kritisieren, bleiben dennoch Momente von Aufrichtigkeit und Wahrheit. Mit dem nötigen Sitzfleisch kann Angelina Jolies dritte Regiearbeit also durchaus seinen Reiz entfalten – zumal die Filmemacherin durchaus vorhandenes Interesse für ihre Figuren zeigt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 50%
Film: 65%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Angelina Jolie
Darsteller: Angelina Jolie, Brad Pitt, Mélanie Laurent, Melvil Poupaud, Niels Arestrup, Richard Bohringer
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 122
Codec: AVC
FSK: 12

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!