Darkland

Blu-ray Review

Darkland Blu-ray Review Cover
Concorde Home, 22.02.2018

OT: Underverden

 


Adrenalin

Packender, düsterer und herausragender Rachethriller aus Dänemark.

Inhalt

Zaid hat sich als Immigrant in Dänemark ganz nach oben gearbeitet. Er ist Chirurg an einer Klinik in Kopenhagen und lebt ein erfolgreiches Leben. Als sein jüngerer Bruder an seiner Tür klopft und um eine stolze Menge Geld bittet, weist er ihn ab. Nicht wissend, dass der kurz zuvor an einem misslungenen Bankraub beteiligt war und ernsthaft in der Klemme steckt. Tags darauf kommt er mit tödlichen Verletzungen ins Krankenhaus und Zaid muss sich von ihm verabschieden. Gestorben ist er, weil Mitglieder zweier Gangs ihn aufgerieben haben. Eben jene Gangs, die Zaid aus der Vergangenheit auch noch kennt. Weil die Polizei sich eher untätig und im zweiten Anlauf auch als unterschwellig rassistisch zeigt und weil ihm langsam ein Dorn im Auge ist, wie die kriminellen Banden schon die Kids versauen, nimmt Zaid das Zepter selbst in die Hand. Er beginnt wieder mit dem Training und rüstet sich für den Kampf – wohl ahnend, dass das, was vor zehn Jahren ein Messer war, heute eine AK47 ist. Was er jedoch unterschätzt ist die Tatsache, dass Gewalt Gegengewalt erzeugt und er vor allem sein Umfeld in Gefahr bringt …

Dar Salim, Sohn irakischer Einwanderer in Dänemark, hatte schon als Kind große Pläne – und setzte sie um. Pilot wollte er werden und wurde es. In seiner Jugend lernte er zudem Karate und ist Schwarzgurt-Träger. Eigentlich als Freizeitbeschäftigung gedacht, begann er mit dem Schauspielen. Doch nach und nach wurden internationale Produktionen auf ihn aufmerksam und Salim bekam Rollen, von denen viele Europäer nur träumen können (unter anderem spielte er sogar in Ridley Scotts Exodus sowie für sechs Episoden in Game of Thrones und auch das deutsche Publikum kennt ihn aus Lommbock. Im dänischen Darkland gibt er nun den wortkargen Sohn irakischer Einwanderer, den die Umstände auf einen blutigen Rachefeldzug schicken. Es sind mehr als nur ein paar autobiografische Details, die er in seine Rolle einfließen lässt und die sein Agieren unglaublich authentisch wirken lassen. Man nimmt ihm den erfolgreichen Chirurgen ebenso ab, wie den Kämpfer, der die Straße noch aus Jugendzeiten kennt. Wenn er sich wieder durchs Training kämpft, nachdem er heftig verprügelt wurde und merkt, dass er nicht mehr der fitte junge Erwachsene von Einst ist, dann schildert der Film das mit kraftvollen und dynamischen Aufnahmen. Salims Zaid ist düsterer und abgründiger als ein John Wick in den gleichnamigen Filmen. Die im zweiten Teil des Films immer stärker werdenden Gewalt-Anteile wirken ungeschliffener und weniger durchgestylt. Genau das sorgt aber für eine unmittelbarere Nähe, für einen größeren Bezug. Während Wick über den Dingen zu stehen scheint und die Gewalt etwas theaterhaft inszeniert wirkt, findet sie hier auch einfach mal unkontrolliert ihren Weg – Hauptsache der Gegner liegt am Boden. Dazu brauchte es zwar sicher auch eine gewisse Vorplanung, aber es mutet tatsächlich realistisch an. Der Gewaltfaktor selbst rechtfertigt die 18er Freigabe durchaus. Und das nicht nur, weil sie grafisch schon mal heftig ist, sondern weil sie eben so roh und unbarmherzig zuschlägt. Wenn Zaid und Branco sich einen Infight im Auto liefern, nachdem Letzterer absichtlich verunfallt ist, hält man als Zuschauer wirklich den Atem an. Eben auch, weil unser Protagonist nicht unverwundbar ist, sondern auch hier immer wieder massiv einstecken muss. Für den Zuschauer sind solche Szenen auch psychisch nur schwer zu ertragen.

Natürlich unterliegen Darkland neben dem reinen Ein-Mann-sieht-Rot-Inhalt aber auch starke Anteile an kontroversen Themen. Immigration und Parallelgesellschaften sind ein großes Thema und werden vielschichtiger verhandelt als in vielen anderen Filmen – gerade weil aus der Perspektive eines Einwanderers erzählt wird, der sich in eine Gesellschaft integriert hat. Wenn Zaid bei der Polizei auftaucht und fragt, ob diese „unter den Halbstarken“ der Gegend ermittelt (und damit vor allem die Immigranten meint, deren Integration eher fehlschlägt), muss ER, der Iraker, sich anhören, dass die Polizei ja nicht per se jeden im Verdacht haben kann, der braune Haut und Augen habe. Auch die innerfamiliären Auseinandersetzungen zwischen Vater, Sohn und Mutter liefern authentische und bittere Wahrheiten. Zur gleichen Zeit stellt er aber auch für den integrierten Ex-Iraker unbequeme Fragen. Wenn einer der Bandenchefs ihm vorwirft, dass Zaid seine „Leute“ im Stich gelassen hat und jetzt in der „Weißen Welt“ lebt; wenn er sich in seinem angehäuften Wohlstand wohlfühlt, während es für andere Landsleute lange nicht so rosig aussieht, betritt Darkland einen ebenso schmalen wie diskussionsfähigen Pfad, der die Frage nach dem Verlust von Identität aufwirft. Wo fängt Integration an und wo hört kultureller Zusammenhalt auf?
Inszenatorisch macht der Däne Fenar Ahmad keine Gefangenen. Fieberhaft verfolgt er den Weg seines Protagonisten und ist mit der Kamera beständig nahe dabei. Wenn Zaid erstmalig auf die bösen Buben trifft und brutal vermöbelt wird, entfaltet der Score eine soghafte Wirkung und zieht den Zuschauer unweigerlich ins Geschehen ein. Optisch stellt Darkland die dunklen, kalten und kargen Ecken Kopenhagens dem modernen Luxus-Wohnblock gegenüber, in dem Zaid lebt – auch hier geht es darum, die Kluft zu demonstrieren, die zwischen den Parallelgesellschaften existiert. Und wenn das Finale dann im dunklen Morgengrauen eingeläutet wird, weiß auch der unbedarfteste Zuschauer, dass es am Ende keine Gewinner geben wird.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Darkland kommt etwas stilisiert daher, um die teils kühle Atmosphäre des Films zu spiegeln. So gleiten Schwarzwerte oft ins Bläuliche ab und das sichtbare Korn sorgt für einen etwas schmuddeligen Look. Die Schärfe ist eher durchschnittlich und reißt auch in Close-ups keine Bäume aus. Außerdem leidet sie am unteren Bildrand bisweilen unter Unschärfen.
Der Ton von Darkland macht das zu Beginn sehr geschickt. Schon der Autounfall auf der Kreuzung brilliert durch diesen typisch-authentischen „Klang“, wenn Blech aufeinanderprallt. Hier wurde akustisch kaum etwas hinzugedichtet, weshalb es erst Recht bedrohlich wirkt. Auch den Banküberfall beschreibt der Sound realistisch, da er im Off stattfindet und nur durch ein paar Kommandos und die Schüsse wahrgenommen wird, während die Kamera außen vor dem Gebäude verharrt – klasse umgesetzt.

Bonusmaterial

Ein knapp 25-minütiges Hinter-den-Kulissen-Featurette liefert tatsächlich Bilder aus der Perspektive des Regisseurs und bleibt dabei weitgehend unkommentiert – mehr eine B’Roll als ein Making-of. Trailer und Programmtipps gesellen sich hinzu.

Fazit

Zwischen Intergrations-/Milieudrama und hartem Rachethriller – Darkland vereint zwei unterschiedliche Themen zu einem ebenso fesselnden wir ungeschliffen-rohen Ganzen. Dazu agiert Dar Salim praktisch mit autobiografischem Hintergrund und wirkt dabei so authentisch und echt wie es nur geht – ein absolutes Genre-Highlight. Aber nichts für schwache Nerven.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 90%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: Dänemark 2017
Regie: Fenar Ahmad
Darsteller: Dar Salim, Stine Fischer Christensen, Ali Sivandi, Dulfi Al-Jabouri, Jakob Ulrik Lohmann, Roland Møller, B. Branco, Anis Alobaidi, Brian Siva, Marianne Mortensen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, dä
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 114
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

Trailer zu Darkland

Darkland - Trailer (deutsch/german)

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