Das Belko Experiment

Blu-ray Review

Das Belko Experiment Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 19.10.2017

OT: The Belko Experiment

 


Phase I

Battle Royale und Mord-Gruppendynamik für Büroangestellte.

Inhalt

Dany Wilkins hat gerade einen neuen Job bei der Firma Belko angenommen. Das US-Unternehmen mit Sitz in Bogota/Kolumbien kümmert sich um irgendwelche US-Geschäftsleute. Allerdings ist das nicht weiter wichtig, denn dieser Tag wird anders sein als alle anderen zuvor. Kaum sitzen alle auf ihren Plätzen, bemerkt Mike aus der IT, dass die kolumbianischen Angestellten seltsamerweise alle nach Hause geschickt werden und der Soldat vor der Tür weckt auch Misstrauen. Es dauert nicht lange und Mike sowie den 79 anderen Beschäftigten wird eine Durchsage gemacht. In acht Stunden werden angeblich die meisten von ihnen tot sein, wenn sie nicht tun, was man ihnen sagt. Innerhalb der ersten halben Stunde sollen zwei Kollegen von den anderen getötet werden. Ist das nicht der Fall, werden sie die Konsequenzen spüren. Die meisten halten es für einen Scherz, bis die Türen und Fenster von außen verriegelt werden und nach 30 Minuten vier Mitarbeiter mit explodierten Schädelrückseiten tot in sich zusammensacken. Nun ist klar: Hier scherzt niemand. Und wenn die Angestellten überleben wollen, müssen sie beim gegenseitigen Ermorden die Ersten sein …

Die Idee zu seinem fiesen Drehbuch kam James Gunn, dem Regisseur der beiden Guardians of the Galaxy, im Schlaf – Respekt, Mr. Gunn: Ziemlich fantasievoll-gestörte Träume haben sie da. Wie eine Mischung aus The Purge, Battle Royale, Stephen Kings Todesmarsch und Das Experiment kommt der fertige Film nun daher, den der australische Genre-Meister Greg McLean (Wolf Creek) inszenieren durfte. Es beginnt alles noch recht harmlos und wirkt wie eine Büro-Satire, wenn die Angestellte zu einer spanischen Version von „I Will Survive“ das Gebäude betreten und beginnen, ihrer Arbeit nachzugehen. Nach knapp einer Viertelstunde ist allerdings klar, dass die Satire mit einem zynischen Unterton gefüttert wird, die zwar als Kapitalismuskritik durchgeht (gerade wenn man sich die Werbeslogans von Belko ansieht), vor allem aber darauf abzielt keine Gefangenen zu machen. Und weil in Das Belko Experiment ein ziemlich großer Haufen an bekannten Serien- und Nebendarstellern teilnimmt (unter anderem John C. McGinley, der Dr. Cox aus [scrubs], Michael Rooker aus The Walking Dead oder Brent Sexton aus Bosch), ist das Interesse beim Zuschauer schon mal geweckt. Mehr und mehr verwandelt sich der Film dann in eine Sozialexperiment, das zwar vollkommen stereotyp verläuft und auch ebensolche Figuren präsentiert, aber eben doch Spannung erzeugt. Die menschlichen Dynamiken, die sich entwickeln und offenbaren, welche Überzeugungen wirklich in den Damen und Herren stecken, sind trotz berechenbarem Verlauf interessant.
So hat man den Totalverweigerer – also den, der unter keinen Umständen auch nur ein Leben opfern würde. Man hat das Grüppchen der „Macher“, die erst einmal den Waffenschrank der Wachen aufschweißen wollen, um die Knarren zu „sichern“. Und man hat diejenigen, die vor dem Töten immerhin noch nach etwaigen Kindern der potentiellen Opfer fragen. Dennoch schwingen genau diese sich zum Richter und Gott in der Situation herauf – klar, dass der aktuelle Geschäftsführer der Firma der Rädelsführer dieser Gruppe ist. Dazwischen gibt’s dann noch den verrückten Verschwörungstheoretiker, der erst ein mal alle Wasser-Reserven vernichtet, weil’s ja vergiftet sein könnte. Und während die Menschen im Gebäude langsam durchdrehen, gesellt sich in der Tat so etwas wie eine mysteriöse Komponente ein. Denn immerhin darf ja auch die Frage gestellt werden, WARUM dieses Experiment gerade durchgeführt wird. Schade, dass das satirische Element lange Zeit völlig ins Hintertreffen gerät und erst wieder zum Vorschein tritt, wenn nach fast 60 Minuten zu einem hispanischen California Dreaming eine Massentötungs-Szene abläuft und kurz darauf zu den Klängen von Tchaikovskys Piano Concerto No. 1 gleich 31 Köpfe zerplatzen. Das wirkt dann irgendwie nicht ganz konsequent durchgezogen, weil’s zwischendrin schlicht abhanden kommt. Was in der Tat konsequent umgesetzt wurde, sind die Tötungen. Es ist schon selten, dass ein Thriller, der im Kino lief, derart schonungslos und drastisch zur Schau stellt, was Menschen mit Hackebeilen und Äxten sowie Sprengkörper in Hinterköpfen so anrichten können. Von umgedrehten Hälsen über faustgroße Löcher in Schädeln bis hin zum gespaltenen Antlitz eines Mitglieds des Führungstrios – zimperlich geht’s hier nun wahrlich nicht zu. Aber auch hier: Das Belko Experiment bewarb sich selbst mit den absurdesten Tötungsutensilien – eben allem, was man im Büro so findet. Leider wurde das im laufenden Film nur noch bedingt umgesetzt und man vertraute dann doch auf Handfeuerwaffen oder eben mal eine Axt. Mord per Tacker oder Locher oder auch mit einem Geodreieck – das wäre doch mal was gewesen.

Bild- und Tonqualität

In ruhigen Einstellungen liefert Das Belko Experiment ein sauberes und sehr ruhiges sowie gut aufgelöstes Bild, das die Struktur und Feinheiten in den Anzug-Jackets hervorragend abbildet. Auch der Maiskolben-Mann zeigt sich scharf und detailliert. Das Bild ist insgesamt recht hell, zeigt aber dennoch recht eindrucksvolle Kontraste mit natürlichen, aber durchaus kräftigen Farben. Die Bildruhe ist beständig hoch und offenbart kaum Körnung. In den dunkleren Szenen im Keller verirren sich schon mal leichte Farbartefakte auf Gesichtern, was dann aber auch schon die einzige Kritik wäre.
Akustisch macht Das Belko Experiment ebenfalls Spaß. Schon wenn die Schotten dicht machen, rappelt es maximal im Heimkino und die Explosionen der kleinen Sprengkörper kommen ebenso unvermittelt wie brutal aus den Speakern. Das gilt allerdings nur für die deutsche Fassung, die in regulärem dts vorliegt, während der O-Ton in dts-HD-Master die sonst gewohnten Dinge auf den Kopf stellt. Er klingt nämlich dünner, weniger definiert, matschiger in den Dialogen und viel druckloser. Gut für den hiesigen Zuschauer, der kein Interesse an der Original-Tonspur hat, schade für den Freund der englischen Sprachausgabe. Weil es die deutsche Tonspur aber wirklich viel besser macht, gibt’s noch mal einen richtigen Knalleffekt, wenn der Hauptschalter den Strom in der Lobby abdreht (58’53).

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Das Belko Experiment bekommen wir in „Regeln des Spiels“ zunächst mal einen zehnminütigen Einblick in die Geheimnisse hinter der Produktion. James Gunn selbst kommt zu Wort und erzählt, wie er von der Geschichte geträumt hat. Lee Hardcastles Überlebenstipps schildert vier wichtige Faktoren, wie man das Ende des Tages erleben kann. Anhand von coolen Knetfiguren wird ziemlich brutal geschlachtet und Werbung für den Film gemacht. Acht entfallene Szenen und eine Bildergalerie runden das Material ab.

Fazit

Auch wenn Das Belko Experiment seinen sozialpsychologischen Aspekt bald den Schauwerten und dem hohen Blutzoll opfert – für hartgesottene Thriller-/Horrorfans ist der Film nach einem Skript von James Gunn mehr als einen Blick wert. Und wer weiß: Vielleicht gibt’s ja eine Verlängerung in „Phase II“.
Timo Wolters

* Die Szenenbilder in diesem Review sind Screenshots, die aus dem Film abfotografiert wurden. Der Verleih hält zu diesem Titel leider keine offiziellen Bilder bereit.


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Greg McLean
Darsteller: John Gallagher Jr., Tony Goldwyn, Adria Arjona, John C. McGinley, Melonie Diaz, Owain Yeoman, Sean Gunn, Brent Sexton, Josh Brener, David Dastmalchian, David Del Rio, Gregg Henry, Michael Rooker
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 88
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

Trailer zu Das Belko Experiment

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