Deadpool

Blu-ray Review

Deadpool Blu-ray Review UHD Cover
20th Century Fox, seit 23.06.2016
Deadpool Blu-ray Review cover
20th Century Fox, seit 23.06.2016
Disney+/Star, 23.02.2021

OT: Deadpool

 


„Was zum … Leck mich!“

Wenn Comic-Verfilmungen Konventionen über Bord werfen und dadurch zum außergewöhnlichen Spaß werden …

Inhalt

Wade war mal ein netter Kerl
Photo Credit: Joe Lederer, TM & © 2015 Marvel & Subs.  TM and © 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation.  All rights reserved.  Not for sale or duplication.

Wade Wilson ist ein Arschloch, der für Geld noch größere Arschlöcher fertigmacht. Dabei lässt der Kopfgeld-Söldner nur selten Gnade walten. Doch dann begegnet er Vanessa und sieht sich oder zumindest seine Kronjuwelen das erste Mal ernsthaft berührt. Ja, sogar eine Hochzeit wird geplant. Doch dann bekommt er eine schreckliche Diagnose: Krebs – und das im untherapierbaren Endstadium. Als er kurze Zeit später von einem seltsamen Herrn im Anzug besucht wird, der ihm Heilung und Superkräfte verspricht, hält er das für einen Scherz und lehnt ab. Doch die Gedanken an seine Vanessa lassen ihn sich umentscheiden. Und so wird er durch den skrupellosen Wissenschaftler Ajax zum Superhelden-Mutanten, dessen Körper sämtliche Schäden (auch den Krebs) heilen kann. Superkräfte gibt’s noch obendrauf, was jedoch nicht darüber hinwegsehen lässt, dass die Mutation Wade zu einem vernarbten Pockengesicht im Freddy-Krueger-Gedächtnislook hat werden lassen. Selbstredend kann er so seiner Vanessa kaum unter die Augen treten, weshalb er ihr den Rücken kehrt und sich in ein rotes Ganzkörper-Cape steckt. Fortan zieht er als Deadpool durch die Gegend und sinnt auf Rache. Gemeinsam mit der blinden Al und Kumpel Weasel zieht er sich zurück und tötet einen nach dem anderen aus Ajax‘ Gefolge. Gleichzeitig hätten ihn gerne zwei prominente X-Men in ihr Gefolge aufgenommen, wofür sich Deadpool aber etwas zivilisierter benehmen müsste. Das jedoch ist gar nicht sein Ding – egal, ob er für die gute Seite oder einfach nur für sich selbst kämpft …

Cool, aber ein Arsch: Deadpool
Photo Credit: David Dolsen TM & © 2015 Marvel & Subs.  TM and © 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation.  All rights reserved.  Not for sale or duplication.

Deadpool ist einer der jüngsten Charaktere aus dem Marvell-Universum und wurde 1991 im Kosmos der X-Men erstmals vorstellig. 1997 bekam der vorlaute Antiheld dann seine eigene Comicreihe und 2009 trat die Figur dann erstmals innerhalb der Verfilmungen aus dem X-Men-Franchise auf. In X-Men Origins: Wolverine setzte Stryker ihn als ultimative Waffe XI gegen Hugh Jackmans Figur ein. Schon damals spielte Ryan Reynolds den Charakter mit Superheilungskräften, was aber nicht der Ursprung der Idee zum eigenen Film war. Vielmehr befeuerte dieser Einsatz das Projekt, das seinen Ursprung im Jahr 2004 hatte. Allerdings kam es aufgrund vertraglicher Bindungen nicht frühzeitig zu einer Verfilmung. Die Tatsache, dass Reynolds dann 2011 mit Green Lantern einen kapitalen Flop hinlegte, ließ das nun für die Produktion verantwortliche Studio 20th Century Fox erneut zögern, obwohl ein Drehbuch und der Regisseur schon feststanden. Als jedoch 2014 eine Art Testvideo mit Ryan Reynolds aus dem Jahr 2012 im Internet für Furore sorgte, sicherte man die Gelder für die (verhältnimäßig günstigen Dreharbeiten) zu. Das 2013 zwischenzeitlich veröffentlichte Deadpool-Videogame schürte zudem auch auf Fanseite den Wunsch, dass die Gerüchte um eine Verfilmung Wahrheit werden würden. In Verzückung brach man gar aus, als Reynolds verkünden ließ, dass man in den USA ein R-Rating anstrebe, um die zynische Gewalt der Vorlage nicht etwa zu verweichlichen. Und das darf als absolut gelungen gelten: Schon die Eröffnungssequenz, in der eine Still-Aufnahme des brennenden und umherfliegenden SUV genutzt wird, um die Figuren und Filmemacher vorstellen, ist absolut außergewöhnlich geraten. Ohne auch nur ansatzweise ein Blatt vor den Mund zu nehmen wird der Regisseur als „überbezahlter Honk“ und die Produzenten als „Arschgeigen“ bezeichnet. Genauso muss dieser Film beginnen, um von Anfang an den Ton richtig zu setzen. Und der Ton sitzt. Richtig. Fett. Bereits die eröffnende Actionszene zeigt, dass man nicht zwingend mit 150 Mio. Dollar Budget um sich werfen muss, um wirklich sensationelle Momente auf Zelluloid zu bannen. Schon der sprichwörtliche In-Fight im SUV ist unfassbar rasant und witzig – ganz zu Schweigen von der sich daran anschließenden Schießerei, die ein 12-Kugeln-Magazin höchst effektiv und äußerst blutig nutzt. Blut ist dann auch ein weiteres Stichwort, denn Deadpool zeigt, dass er es mit dem R-Rating ernst nahm. Nur die comichafte Überspitzung sorgte wohl dafür, dass Szenen wie der am Straßenschild zerschmetternde Körper oder das exekutierte Trio mit einer 16er! Freigabe durch die FSK kam. Man könnte an dieser Stelle noch endlos aufzählen, was Regisseur Miller und seine Drehbuchautoren für irrwitzige Einfälle hatten, um Menschen möglichst fantasievoll und blutig aus dem Leben scheiden zu lassen, es würde aber zu viel vom spontanen Spaß des Films vorwegnehmen. Inszenatorisch nutzt Miller Rückblenden, um zu erzählen, wie Wade Wilson zu Deadpool wurde, was stets geschickt integriert ist und den Erzählfluss oder die Action nicht unangemessen unterbricht. Als roter Faden dient dabei natürlich unsere Hauptfigur, womit wir bei Ryan Reynolds wären. Der Schauspieler, der sich schon an einem Superhelden im grünen Anzug versuchte und damit leider baden ging, passt einfach perfekt in dieses rote Kostüm und das, obwohl man ihn währenddessen nicht einmal erkennen kann. Wer den Originalton bemüht, wird aber feststellen, dass es auch seine Stimme ist, die Deadpool zum Leben erweckt und deren Facettenreichtum wie geschaffen ist für die frotzelnden Kommentare und zynischen Sprüche. Reynolds scheint sich dieses alberne Kind im Manne bewahrt zu haben, das es benötigte, um die Rolle zu erschaffen. Vielleicht Zufall, vielleicht auch nicht, hatte einer der Autoren der Figur 2004 Deadpool in einer Ausgabe des Comics zu sich selbst sagen lassen, dass er sich wie eine Mischung aus Ryan Reynolds und einem Shar-Pei sähe. Dass der Schauspieler die Mitarbeit am Drehbuch und seinen Charakter dazu nutzt, sich über seine vorherigen Ausflüge ins Genre lustig zu machen („bitte macht den Superanzug nicht grün“), macht ihn und den Film selbst nur noch sympathischer. Ohnehin ist die Tatsache, dass sich Deadpool immer wieder selbst kommentierend ans Publikum wendet grandios umgesetzt. Ob das Popkultur-Querverweise oder vor allem solche sind, die sich über den Kosmos der X-Men lustig machen – wenn der rote Superheld die „vierte Wand“ durchbricht und dem Zuschauer direkt etwas erzählt, ist Dauergrinsen angesagt. Wenn man den Deadpool einmal am Stück genossen hat, ist jeder Film-Nerd dazu eingeladen, die unzähligen Filmzitate herauszuschreiben, die bis hin zu Monty Pyhton’s Ritter der Kokosnuss reichen (im Übrigen eine der witzigsten Szenen). Der reine Spaß an der Freude ist es dann auch, der darüber hinwegsehen lässt, dass die Story hauchdünn ist und auf einen kleinen Notizzettel passen würde. Ebenso bleiben mit einer Ausnahme alle Co-Stars neben Reynolds blass. Ed Skrein, der den Bösewicht Ajax verkörpert, ist einfach nicht diabolisch genug und Stuntfrau Gina Carano agiert dieses Mal hölzern. Einzig Morena Baccarin (Homeland) überzeugt als Vanessa durch ihre Präsenz, hat jedoch mit der Limitierung ihrer Rolle zu kämpfen.

Bild- und Tonqualität Blu-ray

Negasonic Warhead
Photo Credit: Joe Lederer, TM & © 2015 Marvel & Subs.  TM and © 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation.  All rights reserved.  Not for sale or duplication.

Die Blu-ray von Deadpool hat ein blitzsauberes Bild, das selbst in den dunklen Szenen der Bar noch rauschfrei bleibt und sehr gut durchzeichnet ist. Die dezent grünliche Einfärbung ist ebenso bewusst gewählt, wie die farbliche Reduktion und Beschränkung auf grauen Himmel und schwarze Outfits.Letztere werden knackig wiedergegeben und versumpfen zu keiner Zeit. Die einzig schwächere Szene in Sachen Körnung und Schärfe ist das Abheben des X-Men-Gleiters von Xaviers Schloss zu Beginn – hier rauscht’s sichtbar. Akustisch ist Deadpool trotz einer „nur“ dts-Spur für die deutsche Fassung absolut gelungen. Wenn unser Titelheld die ersten seiner zwölf Kugeln in Slow-Motion abfeuert, rumst es gewaltig im Heimkino und das Motorrad scheint dem Zuschauer nur so um die Ohren zu brausen. Die Maschinengewehre sind gleichzeitig druck- und effektvoll und wenn die Handgranate explodiert, bebt das Wohnzimmer. Die dts-HD-Master-Variante der englischen Spur bietet hier (neben den zwei zusätzlichen Effektkanälen) nur marginal mehr Druck oder Differenziertheit. Sehr gut kann man das vergleichen, wenn die Jeeps und die Motorräder über die Kamera hinwegrauschen, bevor Deadpool von der Brücke springt – man muss schon ein sehr feines Gehör haben, um hier Differenzen ausmachen zu können (7’10). Die Punches im Fahrzeug-Innenraum sind vielleicht noch etwas satter und der Score drückt ein kleinwenig mehr – hier aber einen Wertungsunterschied vorzunehmen wäre übertrieben. An anderer Stelle ist dieser jedoch gerechtfertigt, denn die deutsche Synchronstimme von Colossus zerrt bisweilen. Das tut sie im Original nicht, was zwar weniger der dts-Komprimierung anzulasten ist als der Mischung im Synchrostudio aber eben doch ein kleiner Wehrmutstropfen eines ansonsten großartigen Soundsektors ist.

Bild- und Tonqualität UHD

DEADPOOL Photo Credit: Joe Lederer
TM & © 2015 Marvel & Subs.  TM and © 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation.  All rights reserved.  Not for sale or duplication.

Im Gegensatz zu den meisten bisherigen UHD-Veröffentlichungen (Ausnahme: Independence Day) wurde Deadpool nicht über ein 2K-Intermediate gemastert, sondern ausgehend von der 3.4K-Auflösung der genutzten Alexa-XT-Plus-Kameras auf ein 4K Digital Intermediate finalisiert. Ergo gehört diese UHD zu den ersten, die einer aktuellen Neuveröffentlichung (fast) die vollen Vorteile der höheren Auflösung angedeihen lassen – immerhin liefern 3.4K bereits ~7,5 Mio. Pixel und damit gut die dreieinhalbfache Full-HD-Auflösung. Natürlich verfügt die Disk auch über den erweiterten Farbraum im Rahmen des BT.2020-Standard sowie HDR und eine Farbtiefe von 10 Bit. Diese Ausgangsbasis zahlt sich aus, denn Deadpool sieht jederzeit absolut perfekt aus. Die Tatsache, dass Tim Miller den Film grundsätzlich etwas von bisherigen Comic-Adaptionen absetzte und vom Look her eher gräulich präsentiert, ist nicht der UHD anzulasten, sondern resultiert aus den Vorgaben beim Dreh. Dennoch ist vor allem das rote Kostüm des Titelhelden absolut plastisch und sticht im Gegensatz zur fast farblos wirkenden Blu-ray kräftig heraus. Der höhere Dynamikumfang sorgt gerade auf den schwarzen Schulterpolstern für sattes Schwar in Verbindung mit strahlenderen Lichtspitzen. Die höhere Auflösung bringt die feinen Details und Kratzer auf Colossus‘ Metalloberfläche noch plastischer rüber und die hauchzarte Struktur auf Deadpools Kopfmütze wird ohne jedes Treppchen repliziert. (2’33). Herausragend plastisch, kräftig und kontraststark sind die Szenen, in denen Wade als Mensch unterwegs ist und mit seiner Vanessa die niederschmetternde Diagnose erhält – hier lässt sich jedes einzelne Barthaar einzeln zählen, jede Hautpore wird sicher, die Bildruhe ist phänomenal und der Kontrastumfang immens (27’15). Im direkten Vergleich mit der Blu-ray wirkt die (beileibe nicht schlechte BD) fast flach und zweidimensional sowie in ihren Schwarzwerten etwas limitiert (getönte Scheiben des Jeeps/schwarze Longsleeves der Leichen 27’55). Man sieht dem Film nur hin und wieder das geringere Budget an, wenn die 4K-Auflösung den einen oder anderen CGI-Effekt offenbart, doch in der Rasanz der Actionszenen fällt das kaum störend auf. Im Gegensatz zur regulären Blu-ray hat man der UHD (für die Originalfassung) eine Dolby-Atmos-Spur gegönnt – ein klares Update also für die Käufer der 4K-Fassung. Die deutsche Version von Deadpool muss leider mit der identischen regulären dts-Version auskommen, die schon die Blu-ray nutzt. Das ist aber auch gegenüber der Dolby-True-HD-Version (die als Kern in der Atmos-Spur steckt) kaum ein Nachteil – jedenfalls solange man über keine Atmos-Kette verfügt. Natürlich ist der 3D-Sound vor allem in Sachen Ortbarkeit (7’10) und zweite Soundebene technisch voraus, doch rein qualitativ liegen beide auf einem gleichsam hohen Niveau. Natürlich ist aber auch hier das etwas verzerrte Organ von Colossus ein Manko der deutschen Spur.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Deadpool warten zunächst zehn entfernte und erweiterte Szenen, die sich optional mit einem Kommentar von Regisseur Miller anwählen lassen. Dazu gibt’s die witzige Gag Reel und ein fünfteiliges „From Comics to Screen“, das mit rund 80 Minuten Laufzeit erschöpfend von den Dreharbeiten berichtet. Dabei wird selbstredend der sarkastische Ton beibehalten, wenn T.J. Miller als Weasel bspw. zunächst behauptet, der Film drehe sich um seine Figur. Von Beginn an wird aber vor allem klar, dass es den Machern darum ging, ihrem Film eine Sonderstellung im Universum der Comic-Adaptionen einnehmen zu lassen. Die Priorität auf den Eigenschaften der Figur Deadpool, auf ihrem Verhalten und ihren Sprüchen ist jedem Kommentar anzumerken. Natürlich kommt auch Stan Lee zu Wort, der erzählt, wie es 1991 zur Einführung der Charaktere im Marvel-Comic-Universum kam. Man blickt wirklich tief in die Produktion hinein und bekommt mit, wie sehr vor allem Reynolds in seiner Rolle steckte. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Action, den Stunts und der Concept-Art. Extrem aufwändig war die Figur des Colossus, der von gleich vier Darstellern performt (bzw. gesprochen) wurde und für den man Szenen gleich dreimal filmen musst, um sämtliche Beleuchtungen und Spiegelungen integrieren zu können. Ein letztes Kapitel beschäftigt sich mit der Musik, die Tom Holkenborg (Junkie XL) eigens komponiert hat. Deadpool’s Fun Sack enthält noch eine Galerie sowie die diversen Trailer, Teaser und Promo-Clips, die für den Film gemacht wurden. Abschließend liefert Deadpool noch zwei Audiokommentare und einen Trailer zu X-Men: Apocalypse. Die UHD enthält aufgrund des limitierten Speicherplatzes lediglich die beiden Audiokommentare.

Fazit

Deadpool gehört zu den wenigen Comicverfilmungen, die sowohl einen Höllenspaß machen als auch Hardcore-Fans absolut zufriedenstellen. Viel näher am Geist der Vorlage kann man nicht sein und mit einem Ryan Reynolds, der seine Figur lebt, gelingt ihm genau das, was er als grüne Laterne in den Sand gesetzt hat – er hat Erfolg mit einem Film, der seine Herzenssache war. Da Gorehounds ebenfalls zufriedengestellt werden und die Blu-ray ebenso wie die UHD nahezu perfekt ist, gehört Deadpool zu den absoluten Highlights 2016.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 85%
Bildqualität UHD: 90%

Tonqualität BD (dt. Fassung): 90%
Tonqualität BD (Originalversion): 95%
Tonqualität UHD (Originalfassung) 95%

Bonusmaterial: 80%
Film: 90%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Tim Miller
Darsteller: Ryan Reynolds, Morena Baccarin, T.J. Miller, Gina Carano, Ed Skrein, Brianna Hildenbrand
Tonformate BD: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Tonformate UHD: Dolby Atmos (True HD 7.1): en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 108
Codec (BD): AVC
Codec (UHD): HEVC
Real 4K: Ja (4K Intermediate)
FSK: 16

Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: TM & © 2015 Marvel & Subs.  TM and © 2015 Twentieth Century Fox Film Corporation.  All rights reserved.  Not for sale or duplication.

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