Den Sternen so nah

Blu-ray Review

Den Sternen so nah Blu-ray Review Cover
Universum Film, 23.06.2017

OT: The Space Between Us

 

 


„Wir sehen uns auf der Witzseite“

Peter Chelsom erzählt in Den Sternen so nah von einer interplanetarische Liebe zweier junger Menschen.

Inhalt

Sarah Elliott ist eine von sechs Astronauten, die als erste Menschen für einige Jahre auf den Mars reisen, um dort zu leben. Was Sarah zum Zeitpunkt des Aufbruchs zum roten Planeten genauso wenig ahnte, wie ihre Arbeitgeber – sie fliegt schwanger ins All und bekommt ihr Baby einige Monate später und kurz nach der Ankunft auf dem Mars. Sarah stirbt bei der Geburt und ihr Sohn, den man Gardner nennt, wächst ohne Vater bei den anderen Wissenschaftlern heran. Da sich all seine Organe bei gerade mal 65% der Schwerkraft der Erde entwickelt haben, bezweifeln die Mitarbeiter der Mission, dass es auf die Erde rücktransportiert werden kann. Man fürchtet, dass dem Baby die Organe schlicht platzen würden. Also wächst Gardner heran und ist 16 Jahre später ein wissbegieriger Jugendlicher. Einer, der gerne wüsste, wer sein Vater ist und der sich darüber ärgert, dass niemand von seiner Existenz weiß. Denn die NASA entschloss sich nach der Geburt, der Öffentlichkeit nichts von dem im All geborenen Kind zu sagen. Nun, 16 Jahre später, entscheidet man sich anders, unterzieht Gardner einiger Operationen und lässt ihn mit dem nächsten Shuttle abholen. Doch auf der Erde ist er erneut in einer Blase gefangen, weil man ihn aus Vorsichtsmaßnahmen heraus in Quarantäne hält. Aus Angst, wieder zum Mars geschickt zu werden, flieht er aus seinem Gefängnis und besucht Tulsa. Mit der hat er sich während der letzten Jahre per Videochat angefreundet und immer wieder gesponnen, dass man sich eines Tages sehen wird. Nun steht dem Erden-Neuling mit der forschen Jugendlichen das Abenteuer seines Lebens bevor …

Eine Liebesgeschichte und gleichzeitig ein Plädoyer für das Leben auf Mutter Erde präsentiert Peter Chelsom (Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück) mit seinem Film, der vordergründig auf Science Fiction macht und doch von einer scheinbar unerreichbaren Liebe erzählt, die hunderte Millionen Kilometer überwinden muss. Schon die Grundprämisse ist aufregend anders, wenn man sich vor Augen führt, dass sich ein Kind unter vollkommen anderen physischen Bedingungen entwickelt. Weil Chelsom aber ein hoffnungsloser Romantiker ist (vor „Hector“ inszenierte er Filme wie Weil es dich gibt oder Darf ich bitten?), geht es ihm vielmehr um das Coming-of-Age und die Kontaktaufnahme zwischen zwei Menschen, die eine Welt zu überwinden haben. Den Sternen so nah gibt Asa Butterfield (Hugo Cabret, Ender’s Game) die Gelegenheit, sein ganzes Talent zu zeigen. Als Gardner, der wohl der außergewöhnlichste Mensch aller Zeiten ist und sich doch einfach nur danach sehnt, ein ganz normaler Junge zu sein, ist er erfrischend natürlich, schafft es aber gleichzeitig, die physischen Vorgaben zu erfüllen. Denn immerhin ist sein Körper gefühlt gut ein Drittel schwerer, was seine Schritte unbeholfen wirken lässt. Butterfield spielt seinen Gardner mit einer Mischung aus jugendlicher Naivität und Forscherdrang, wenn er erstmals die unterschiedlichen Elemente auf der Erde entdeckt und für ihn alles so „bunt“ wirkt. Witzig ist es natürlich auch – und das nicht nur, weil die junge Britt Robertson (Girlboss) herzerfrischend frech agiert. Wenn Gardner auf dem Weg zu ihr ausgerechnet einen Schokoriegel mit dem Namen seines „Heimat“planeten verspeist, ist das schon ein netter Gag.

Chelsom vermittelt nachvollziehbar, wie man sich wohl fühlen muss, wenn man 16 Jahre lang nur rotes Gestein und gleichfarbigen Sand gesehen oder wenn man nie Regen erlebt hat. Dass der Regisseur den technischen Fortschritt dabei nur bedingt authentisch wiedergibt, darf man vielleicht ignorieren, da es nicht wirklich darum geht, akkurat zu sein. Dennoch stört es sicher die Detailfreaks, dass man in der Lage ist, innerhalb von einigen Monaten zum Mars zu reisen und von dort aus Echtzeit-Videochats mit der Erde zu führen, während auf dem blauen Planeten zwar autonomes Fahren möglich ist, das aber in heute aktuellen Modellen einer schwedischen Oberklasse passiert und nicht in futuristischen Gefährten; dass es Computer-Hologramm-Monitore mit durchsichtigen Sensortasten (sogar im Schulunterricht) gibt, die aber offenbar immer noch eine hundsgewöhnliche USB-Schnittstelle haben – man sollte Den Sternen so nah also weniger unter diesen Aspekten anschauen, denn unter jenen des Roadmovies, zu dem er in der zweiten Hälfte wird. Selbst wenn das nie so richtig ganz zusammenpassen will und urplötzlich auch ein bisschen arg actionlastig und dramatisch wird. Alleine die Unterschiedlichkeit der beiden Hauptfiguren bietet aber genug Dynamik, um den Film ins Herz zu schließen.

Denn so unerfahren, positiv und erfrischend ehrlich wie Gardner ist, so abgebrüht und misstrauisch ist Tulsa. Wenn er ihr einfach und ganz unvermittelt sagt, dass er sie wunderschön findet, sagt er das aus reinem Herzen und ohne Ressentiments. Dass sie sich damit unbehaglich fühlt, liegt nur daran, dass Menschen auf der Erde nun mal zum Misstrauen erzogen und sozialisiert werden. In solchen Momenten ist der Film entwaffnend und ein absolutes Plädoyer für das unbedingt positive Leben – ein durchaus ernst gemeinter Kommentar auf die verkorksten Verhaltensweisen der Menschen, der sich in einem der bezauberndsten Küsse der jüngeren Filmgeschichte auflöst. Und dann ist es natürlich nur noch konsequenter und schöner, dass ausgerechnet die Außenseiterin Tulsa diesen bedingungslos herzensguten Menschen abbekommt. Ja, manchmal ist das kitschig und, wie gesagt, so richtig zusammenpassen will das alles nicht. Aber Den Sternen so nah hat einige Momente, die über diese offensichtlichen Mängel hinwegsehen lassen. Wenn dann im letzten Viertel das Drama hinzukommt, weil die NASA-Wissenschaftler natürlich recht haben, wenn sie Gardners Gesundheit schützen wollen, wird es umso emotionaler und weckt bisweilen ein paar Erinnerungen an die Stimmung aus Der Mann, der vom Himmel fiel. Gary Oldman, der mit langen Haaren und Kinnbart aussieht wie Jeff Bridges in The Big Lebowski, ist (ausnahmsweise) mal ein Manko eines Films. Er scheint Verantwortung und Versäumnisse mit möglichst viel Gebrüll kompensieren zu wollen und agiert dermaßen über, dass es einem schnell auf die Nerven geht.

Bild- und Tonqualität

Den Sternen so nah lebt von Beginn an von seinen satten Kontrasten und den plastisch scharfen Bildern. Der dunkle Hintergrund während der Präsentation von Shepherd ist so tiefdunkel, dass man förmlich hineingesaugt wird wie in ein Schwarzes Loch. Die Anzüge der Herren knallen um die Wette und weiße Hemden strahlen hervor. Hauttöne gelangen absolut authentisch zum Betrachter. Auch dunkle Sequenzen sind absolut plastisch, rauschfrei und knackig (7’50). Grandios geradezu sind die Aufnahmen der Erde aus dem Weltall heraus, wenn Gardner die Heimreise antritt (41’30). Nur ab und an gibt’s leichtes Rauschen auf hellen Hintergründen wie in dem Raum, in dem Gardner auf der Erde in Quarantäne gehalten wird.
Räumlich klatschen die Anwesenden während der Präsentation Beifall und der Hall der Worte, die per Mikrofon in den Saal gesprochen werden, kommt sehr realistisch rüber. Den Sternen so nah Der Start der Rakete wird mit heftiger Dynamik und brutzelnden Sounds ins Heimkino transportiert und steht Actionfilmen von der Effektqualität her in nichts nach. Klasse klingt auch die Abkapselung der Landefähre vom Shuttle nach elf Minuten. Während die für einen solchen Film doch zahlreich vorhandenen Action- und Soundelemente wirklich räumlich und spektakulär ausfallen, sind die deutschen Dialoge etwas zu leise eingebettet. Das merkt man immer dann, wenn man mal etwas leiser macht.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Den Sternen so nah teilt sich auf in einen deutschen Bereich mit einem Mini-Making-of, Bildern der Fan-Premiere in Berlin sowie einem Featurette, das auf den Namen „Tulsa und Gardner“ hört. Des Weiteren gibt es einen englischen Bereich, der zusätzlich ein alternatives Ende sowie fünf deleted Scenes, eine B’Roll und das Featurette „Love“ enthält. Letzteres klärt auf, dass es nicht um Erde oder Mars geht, sondern tatsächlich um Liebe, die Grenzen überwindet. Das deutsche Kurz-Making-of läuft nur vier Minuten und ist ein kleiner Teaser mit deutschem Hintergrundkommentar.
Obendrauf gibt’s noch fünf Interviews mit den Darstellern und dem Regisseur.

Fazit

Den Sternen so nah wirkt bisweilen unentschlossen und nicht ganz ausgereift durchdacht. Doch die beiden Hauptdarsteller und ihre berührende Liebesgeschichte entschädigen für so manche kleine Unebenheit.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 50%
Film: 70%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Peter Chelsom
Darsteller: Asa Butterfield, Britt Robertson, Carla Gugino, Gary Oldman, B.D. Wong
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 121
Codec: AVC
FSK: 6

Trailer zu Den Sternen so nah

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