Der Kurier – In den Fängen des Kartells

Blu-ray Review

Der Kurier - In den Fängen des Kartells Blu-ray Review Cover
Ascot Elite Home Entertainment, 11.05.2018

OT: Beast of Burden

 


Niemals wieder Mexiko

Daniel Radcliffe in einer One-Man-Show.

Inhalt

Sean verdient sich sein Geld als Pilot, was lange Zeit okay ist. Doch dann erkrankt seine Frau Jen an Eierstockkrebs und braucht teure Medikamente sowie eine durch die Versicherung nicht abgedeckte Operation. Während die Erkrankung das zuvor eher auseinandergelebte Paar wieder einander angenähert hat, reichen die finanziellen Mittel bald nicht mehr aus. Also lässt sich Sean auf einen riskanten Deal mit einem mexikanischen Drogenkartell ein, für das er Kokain in die USA schmuggeln soll. Gleichzeitig spielt er jedoch ein doppeltes Spiel, weil er parallel für die US-Drogenbehörde Informationen beschaffen soll und zum Dank ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird. Beim vermeintlich letzten Flug geht zunächst alles glatt. Bis sich das Wetter verschlechtert und seine Auftraggeber ihn plötzlich zu einem weiter entfernten Ort lotsen. Das gefällt weder seinem Treibstoffvorrat, noch seinem Kontakt beim Drogen-Dezernat. Doch das ist noch gar nichts gegen die Information, die ihm kurz darauf übermittelt wird: Die Drogentypen haben Jen in ihrer Gewalt und zwingen Sean, nach ihrem Gusto zu handeln …

Ein Pilot, der per Kleinflugzeug Drogen für ein Kartell in die USA schmuggeln soll? Klingt verdächtig inspiriert von der Story, die vor kurzem Tom Cruise in einer lässigen Rolle als Barry Seal in Szene setzte. Nun ist es mit Daniel Radcliffe also der einstige Harry Potter, der mit aller Macht gegen sein Zauberlehrling-Image anspielt und erneut eine für ihn ungewohnte Figur spielt. Liest man den Inhalt, ohne den Film dazu gesehen zu haben, mag weder der Pilot noch der Drogenschmuggler zu ihm passen. Aber legen wir zuerst einmal unsere Vorurteile ab und gehen offen an Der Kurier heran.
Denn inszenatorisch gleicht der Film von Jesper Ganslandt eher einem No Turning Back mit Tom Hardy. Denn bis auf vereinzelte Rückblicke, die eingestreut werden, um die Hintergründe zu erklären, spielt Der Kurier praktisch vollständig an Bord der einmotorigen Maschine. Außenkontakt hält Sean nur per Funk, Satelliten- oder Internet-Telefonie. Also eine One-Man-Show für Daniel Radcliffe. Allerdings ist gerade seine Rolle bisweilen fast austauschbar. Denn aufgrund der brutalen Dunkelheit, die im Cockpit herrscht, wähnt man sich oft eher in einem Hörspiel, denn in einem Film.
Der Kurier auf einem TV mit einfallendem Sonnenlicht oder auf einem Beamer bei Restlich im Raum? Keine Chance.

Allerdings funktioniert das Geschehen auch über den Ton schon sehr gut. Das Motorengeräusch der Cessna dröhnt, die Armaturen wackeln durch die widrigen Wetterbedingungen und das unterschiedliche Piepsen der diversen Kommunikationsgeräte zerrt nicht nur an Seans Nerven. Atmosphärisch ist man also nach gut 20 Minuten mittendrin. Allerdings krankt das Drehbuch ein wenig an Einfallslosigkeit, um über 90 Minuten in diesem Szenario entsprechende Abwechslung zu liefern.Was Hardy in No Turning Back oder Reynolds in Buried – Lebendig Begraben durch unterschiedliche Verstrickungen und sich immer mehr zuspitzende Ereignisse in darstellerische Wucht umsetzen konnten, bietet für Radcliffe nicht im gleichen Maße Potenzial. Oft erschließt sich die entstehende Dramatik im Cockpit auch nicht so ganz. Da schickt ihm bspw. eine der Parteien eine Drohne zum Geleit hoch, was Sean irgendwie doof findet. Warum er das nicht so toll findet, lässt sich aber schwer nachvollziehen. Im Inneren der Cessna kann er ohnehin nicht viel Verräterisches tun – mal abgesehen davon, dass es vermutlich schwer für das fernbedient gesteuerte Flugobjekt ist, einem Flugzeug in solch widrigem Wetter zu folgen, wird es vermutlich schlicht unmöglich für das Ding, erkennbare Bilder aus der Pilotenkanzel zu liefern.
Am Hauptdarsteller liegt es nicht, dass sich ab einer halben Stunde Spannung praktisch nur über die Filmmusik einstellen mag, die zwar gut funktioniert, aber gar nicht wirklich zum Geschehen passt. Radcliffe macht seine Sache gut und spielt sich (mal wieder) erfolgreich vom Zauberlehrling-Image frei. Der Kurier vermisst es nur, beizeiten mal ein paar Fakten zu liefern und verliert sich in wenig furchteinflößend wirkenden Andeutungen, die sich erst spät zu einer echten Bedrohung steigern. Und weil man ständig nur mit Teasern der Ereignisse gefüttert wird, verliert man irgendwann das Interesse. Erst nach 45 Minuten spielt der Film eine Karte aus, die zumindest für Sean beängstigend wird. Allerdings stellt sich dann die nächste Frage: Warum greifen die Auftraggeber zu diesem Mittel? Gab es dafür überhaupt einen Anlass? Hätte Sean nicht ohnehin funktioniert?
Immerhin sind die letzten 15 Minuten dann wirklich spannend, wenn Sean und Jen sich irgendwie aus der Hand der Schurken befreien müssen. Gerade der Showdown ist atmosphärisch äußerst stimmig geraten. Das entschädigt am Ende zwar nicht für alle Längen im Mittelteil, versöhnt aber dann doch ein wenig.

Bild- und Tonqualität

Dunkel ist’s in Der Kurier. Weil der Film praktisch komplett im Inneren des Cockpits der Cessna spielt und die sich durch schlechtes Wetter bei Nacht manövriert, gibt es oft nur die Instrumentenbeleuchtung als Lichtquelle, die für Detailzeichnung auf Seans Gesicht sorgt. Das verhindert große Dynamiksprünge und ist zudem von dauerhaftem Korn gekennzeichnet. Letzteres trägt allerdings zur Atmosphäre bei. Während der erklärenden Rückblicke gibt es schon mal etwas mehr Dynamik und hellere Momente, allerdings passen diese sich ebenso an die grobe Optik an. Hier kommt die Schärfe – gerade in Close-ups – aber besser und deutlicher rüber. Wobei man der Auflösung keine Vorwürfe machen kann, sie präsentiert Gesichtsaufnahmen in der Regel wirklich detailreich. Der Schwarzwert driftet im Inneren des Flugzeugs etwas ins Bläuliche ab, was vor dem Hintergrund des wolkenverhangenen Himmels aber recht passend gefiltert wirkt.
Das Brummen des Cessna-Motors sowie die Geräusche im Cockpit bestimmen den Sound von Der Kurier. Mal ist das angenehm druckvoll (11’10, 14’48), mal klappert und rüttelt es direktional von den Rearspeakern. Gerade das Rauschen des Flugzeugs ist oft allgegenwärtig und wenn es auf die Frontscheibe regnet, prasselt es stimmungsvoll. Wird im späteren Verlauf aus einem Hubschrauber heraus geschossen, flappen dessen Rotorblätter eindrucksvoll und die Projektile aus dem MG sorgen für echte Dynamiksprünge (60’50). Gleichzeitig bleiben die Dialoge relativ gut eingebettet, sind vielleicht ein bisschen zu leise integriert. Im Englischen ist das aber auch nicht besser.

Bonusmaterial

Die knapp 12 Minuten an Interviews, die sich neben den Trailer im Bonusmaterial von Der Kurier aufhalten, wechseln immer wieder zwischen den vier Darstellern ab, die im Film eine Rolle spielen. Radcliffe erzählt vor allem davon, wie es war, fast vollständig alleine vor der Kamera zu stehen.

Fazit

Der Kurier – In den Fängen des Kartells bietet eine (wenngleich nicht ganz neue), aber doch interessante Ausgangsidee, praktisch nur an einem Schauplatz zu filmen und nur einen Charakter zu fokussieren. Während Radcliffe diesen Job recht gut meistert, fehlen dem Drehbuch einfach die spannenden Einfälle, um durchweg spannend zu unterhalten. Atmosphäre und Showdown passen aber.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 60%

Anbieter: Ascot Elite Home Entertainment AG
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Jesper Ganslandt
Darsteller: Daniel Radcliffe, Grace Gummer, Pablo Schreiber, Robert Wisdom, Cesar Perez, Renée Willett
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 90
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Der Kurier – In den Fängen des Kartells

DER KURIER - In den Fängen des Kartells Trailer Deutsch German (2018)

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!