Grenzgänger – Gefangen im Eis

Blu-ray Review

Grenzgänger - Gefangen im Eis Blu-ray Review Cover
Lighthouse Entertainment, 16.02.2018

OT: Na granicy

 


Ganz allein!?

Kleines, frostiges Genrekino aus Polen.

Inhalt

Mateusz und seine beiden heranwachsenden Söhne haben eine ziemliche schwere Zeit hinter sich gebracht. Deshalb lädt der Herr Papa Janek und Tommek dazu ein, mit ihm auf eine kleine und verschneite Hütte im Grenzgebiet zwischen Polen und der Ukraine zu gehen. Die Hütte fungierte mal als Gefängnis, was nicht verwundert, wenn man ihre Abgeschiedenheit bedenkt. Kaum sind die Drei jedoch ein paar Tage dort, taucht, ein Fremder auf. Der leidet unter massiven Verkühlungs-Symptomen und faselt irgendetwas von „Ich habe sie zurückgelassen“. Mateusz und seine Jungs geben Erste Hilfe und nehmen ihn zunächst mal in ihrer Hütte auf. Doch als sie bei ihren Nachforschungen feststellen, dass in der Nähe ein verunfalltes Auto mit mehreren toten Menschen darin liegt, die allesamt durch Schussverletzungen starben, können sie nicht mehr sicher sein, ob der Unbekannte nicht doch Böses im Schilde führt.

Warum nicht mal Genrekino aus Polen? Gerade, wenn es so stimmungsvoll und spannend daherkommt wie Grenzgänger – Gefangen im Eis macht es wirklich Spaß, die üblichen Pfade zu verlassen und mal links und rechts am Tellerrand vorbei zu schauen. Der erste Langfilm von Wojciech Kasperski beginnt zwar ruhig und betont zurückhaltend, doch schnell merkt man das Prinzip dahinter. Die Atmosphäre nimmt dann sukzessive spannende Formen an, sobald das Trio an der Hütte angelangt ist und der Holzbau vom Wind und den Wetterbedingungen geschüttelt und gerührt wird. Die dadurch entstehende Soundkulisse trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei und vermittelt eindrücklich die Einsamkeit, in der sich die Drei befinden. Da recht lange ein Geheimnis um die Herkunft und Absichten des Fremden gemacht wird, wird der Zuschauer eingeladen, mitzurätseln. Dass die Situation in der Hütte immer bedrohlicher wird und sich das Gefühl entsprechend auf den Beobachter überträgt, liegt auch am intensiven Spiel von Bartosz Bielenia in der Rolle des Janek. Man merkt, dass der junge Mann noch schwer mit dem Familiendrama zu kämpfen hat und gegen seinen Vater aufbegehrt. Da ist es nur logisch, dass er sich von dem Fremden einlullen lässt – allein schon um Mateusz gegen sich aufzubringen. Neben dem guten Spiel des kleinen Darsteller-Ensembles sind es aber vor allem der Schauplatz und seine frostige Umgebung, die für Spannung sorgen. Das Gefühl der Isolation wird durchweg nachvollziehbar vermittelt und der äußerst lebhafte Ton intensiviert das Ganze noch. Da verzeiht man auch, dass es nach einer guten Stunde mal durchhängt und das Tempo etwas nachlasst. Vor allem zum Ende hin wird das wieder kompensiert, wenn Grenzgänger plötzlich und unvermittelt brutal zuschlägt. Das ist für eine 16er Freigabe schon starker Tobak und wird in beklemmenden Bildern mit ebensolchen Sounds vom Score geschildert. Einziges, allerdings sehr ärgerliches Manko: Man erfährt leider kaum etwas über die Motivation des Fremden.

Bild- und Tonqualität

Das 2,35:1-Bild von Grenzgänger – Gefangen im Eis zeigt bisweilen deutlich stilisierte Bilder. So sind die Schnee-Momente zunächst sehr aufgehellt und wenig kontrastreich. Manchmal ist der Kontrast bewusst weit aufgerissen und helle Bereiche überstrahlen massiv. Im Inneren der Hütte versumpfen Details dann etwas in Schattenbereichen und das Korn nimmt sichtbar zu. Farben sind, je nach Stimmung mal warm, mal kühl gefiltert und erzeugen eine passende Stimmung.
Akustisch geht es zunächst äußerst still und dezent zu, in Grenzgänger. Das aber auch nur, um wie aufgeschreckt hochzufahren, wenn die drei mit ihrem Auto nach ein paar Minuten ein Reh mitnehmen, das wuchtig auf dem Blech aufschlägt. Die Dialoge könnten etwas sauberer klingen. Bisweilen ist die Sprachverständlichkeit nicht perfekt. Dafür gelingt die Räumlichkeit in der Hütte durchaus authentisch – das Stimmengewirr kommt von überall her und bezieht den Zuschauer aktiv mit ein. Auch der Wind in den schneebedeckten Berg- und Waldgebieten kommt schön räumlich ins Heimkino, pfeift aus allen Speakern um die Ohren. Klasse auch das Knacksen und Knarzen in der Waldhütte, die ein akustisches Eigenleben zu führen scheint. Das steigert sich nach und nach sogar noch und nimmt den Zuschauer absolut gefangen. Ständig rumpelt es irgendwo und man hat schon das Gefühl, es wären Eindringlinge in dem Haus, bevor überhaupt andere Menschen angekommen sind.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Grenzgänger wartet ein kurzes Featurette, das einen Vorher-/Nachher-Vergleich der visuellen Effekte anbietet.
Interessanterweise ist das Menü der BD absolut rudimentär. Es gibt keine Tonauswahl, weil ohnehin nur die deutsche Fassung enthalten ist und Kapitel darf man auch nicht direkt anwählen. Im laufenden Film führt das dazu, dass man zwar Kapitelsprünge machen kann, aber eine Laufzeit-Anzeige bleibt auf dem Player inaktiv.

Fazit

Bis auf einen leichten Hänger vor dem letzten Drittel ist Grenzgänger ein ebenso spannender wie atmosphärischer Streifen, der von seinem Setting, der großartigen Geräuschkulisse und den überzeugenden Darstellern lebt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Bonusmaterial: 20%
Film: 70%

Anbieter: Lighthouse Entertainment
Land/Jahr: Polen 2016
Regie: Wojciech Kasperski
Darsteller: Bartosz Bielenia, Janusz Chabior, Andrzej Chyra, Marcin Dorocinski, Andrzej Grabowski
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 97
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Grenzgänger

Grenzgänger - Gefangen im Eis l Trailer Deutsch HD

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