King’s Choice – Angriff auf Norwegen

Blu-ray Review

OT: Kongens nei

King's Choice - Angriff auf Norwegen Blu-ray Review Cover
Pandastorm/Edel, 14.04.2017

 


Im Namen des Volkes

Packendes Kriegsdrama aus Norwegischer Sicht.

Inhalt

Vom 8. auf den 9. April 1940 ziehen knapp 100 deutsche Schiffe, unter ihnen auch eine Kriegsflotte, in Norwegische Gewässer ein. Was keiner im neutralen Land dachte, wird zur Wahrheit, denn der Führer sieht Norwegen und dessen Ressourcen als äußerst wichtig an. Die Diplomatie ist aber ohnehin dahin, als die Regierung des skandinavischen Landes die Kapitulationsbedingungen ablehnt. Der deutsche Gesandte Curt Bräuer ist darüber zwar nicht überrascht, doch es wäre ihm lieber, wenn ein offener und dauerhafter Konflikt vermieden werden könnte. Gleichzeitig flieht der Norwegische König Haakon VII aus Oslo, um nicht Ziel eines Angriffs zu werden. Allein das wird aber schon zum gefährlichen Unterfangen, denn Deutsche Flugzeuge greifen den Zug an, in dem sich Haakon mit seiner Familie befindet. Doch das ist bald nicht das einzige Problem für den König, denn die komplette Regierung will ihr Amt kurz darauf niederlegen. Haakon widersetzt sich dem Wunsch seines Parlaments, doch daraufhin übernimmt die Nationalversammlung eigenmächtig die Amtsgeschäfte, was den König extrem unter Druck setzt. Aber auch Curt Bräuer geht es nicht besser, denn das Militär und sogar Hitler drängen ihn in die Ecke. Bräuer soll mit dem König direkt verhandeln, was unter den gegebenen Umständen schier unmöglich erscheint. Doch selbst wenn er es schafft, wird Haakon die Bedingungen für einen Waffenstillstand akzeptieren …?

The King’s Choice – Angriff auf Norwegen schildert den Eintritt Norwegens in den Zweiten Weltkrieg aus der Sicht des skandinavischen Landes. Regisseur Erik Poppe landete damit in den heimischen Kinos einen Nummer-1-Hit und schaffte es sowohl auf die Berlinale als auch auf die Oscar-Shortlist (Vorauswahl) 2017 in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“. Und das vollkommen zurecht. Denn King’s Choice nimmt sich exakt die Zeit, die es braucht, um kurz die wichtigsten Figuren vorzustellen, um dann sukzessive an der Spannungsschraube zu drehen. Von der nebligen Einfahrt der Deutschen Kriegsschiffe in die Norwegischen Fjorde über die Flucht des Königs bis zum ersten Auftreten der Fallschirmjäger-Flugzeuge sind die ersten 40 Minuten schneller verflogen als man denken würde. Danach regiert zwar vor allem die Schilderung der politischen Entwicklungen inklusive Staatsstreich, doch auch das wird nicht minder fesselnd geschildert. Getragen von zwei vorzüglich agierenden Darstellern (Jesper Christensen als König Haakon und Karl Markovics als Carl Bräuer) schaut man gebannt zu, wie sich die Ereignisse in Norwegen innerhalb nur weniger Tage mehrfach verändern. Christensens Haakon ist dabei um Mäßigung bemüht und versucht vor allem, im Namen seines Volkes zu agieren. Dabei darf er auch persönliche Details darstellen, wie beispielsweise das Rückenleiden des Königs. Gekrümmt auf dem Boden liegend wie ein Baby versucht er, ernsthafte politische Gespräche per Telefon zu führen, was die grundernste Stimmung immer wieder etwas auflockert, denn Haakon nimmt sein Gebrechen mit Humor.

Markovics als Bräuer gibt gar eine richtig starke Vorstellung ab, wenn er zwischen dem Pflichtbewusstsein dem Führer gegenüber und seinem Wunsch, Norwegen nicht in kriegerische Handlungen zu verwickeln, aufgerieben wird und bald nicht mehr ein oder aus weiß. King’s Choice schildert die Ereignisse des 08. April bis zum 11. April fast minutiös und schafft es auch, neben seinen drei bis vier Hauptpersonen kleinere Nebendarsteller einzubinden. Wie zum Beispiel den einfachen Soldaten Fredrik Seeberg, der persönlich in Kontakt mit dem König kommt und dessen Schicksal dem Zuschauer nicht egal bleibt – ganz im Gegenteil. Gerade die Eingliederung solcher Figuren gibt dem Film eine Seele, die anderen Kriegsdramen oft abgeht. Was befremdlich und fehl am Platze wirkt, ist allerdings die teils pseudo-dokumentarisch eingesetzte Kamera von John Christian Rosenlund (The Wave – Die Todeswelle), die schon mal schlagartig rein- oder rauszoomt und bisweilen zu wackelig ist. Es fügt sich nicht so recht zu den ruhigen und bedachten Einstellungen sowie den herkömmlichen Kamerafahrten, die ansonsten das Geschehen bestimmen, hinzu.

Bild- und Tonqualität

Gleißend hell ist das Bild von The King’s Choice zu Beginn, wenn der Opa mit seinen Enkeln im Schneefall Verstecken spielt. Schwarzwerte sind praktisch nicht vorhanden und der Schnee hat kaum Zeichnung, weil es im oberen Bereich extrem ausreißt. Auch in Innenräumen ist alles viel zu hell und milchig. Echte Kontraste gibt’s eigentlich kaum. Farben leiden ebenfalls unter diesen Eigenschaften und wirken ausgeblichen. Das allerdings passt ganz gut zur Thematik des Films. Ebenfalls nicht so schon ist allerdings das heftige Korn, das dann plötzlich auftaucht, wenn’s dunkler wird (10’03). Da diese Unruhen nicht konsistent in allen Szenen und bei jedem Licht auftreten, ist das körnige hin und her nicht ganz so schön.
Viel besser als das Bild macht es der Ton. Während es die ersten gut 19 Minuten vornehmlich ruhig bleibt, die Spannung aber bereits in der Luft liegt, kumuliert der Filmscore dann mit den Ereignisse zusammen und begleitet tosend den ersten Schuss aus den Abwehrkanonen. Der landet ziemlich fetzig im Heimkino (18’57) und fordert entsprechendes Reaktionsfeuer der deutschen Schiffe heraus, das über die Effektlautsprecher um die Köpfe der Zuschauer herum einschlägt. Das im Stadtkern von Oslo nur dumpf zu hörende Geschehen lässt den Subwoofer aktiv werden und sorgt für ein hübsches Grummeln im Magen. Die über Haakons Kopf hinwegfliegenden Kriegsflugzeuge donnern extrem druckvoll und räumlich auch über den Betrachter von The King’s Choice hinweg. Und obwohl es danach zunächst fast eine Stunde ruhig bleibt, geht es nach etwas über 80 Minuten äußerst effektvoll weiter, wenn die Soldaten beider Seiten erstmals offen aufeinandertreffen. Mit zahlreichen direktionalen Sounds wir man hier mitten ins Geschehen versetzt.

Bonusmaterial

Originaltrailer und Programmtipps – mehr hat das Bonusmaterial von The King’s Choice leider nicht im Angebot.

Fazit

Der Krieg aus norwegischer Sicht ist nichts, was dem deutschen Kinozuschauer schon sonderlich oft geschildert worden wäre. Das Land, das sich eigentlich neutral erklärt hatte und dann doch ins Geschehen verwickelt wurde, war praktisch unvorbereitet und musste während einiger Tage maximal improvisieren. The King’s Choice – Angriff auf Norwegen füllt diese cineastische Lücke auf beeindruckende und fesselnde Art und Weise – und das, ohne großartiges Kampfgeschehen einzubinden über eine Laufzeit von 130 Minute ohne jede Länge.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 10%
Film: 80%

Anbieter: Edel/Pandastorm
Land/Jahr: Norwegen 2016
Regie: Erik Poppe
Darsteller: Jesper Christensen, Anders Baasmo Christiansen, Karl Markovics, Tuva Novotny, Katharina Schüttler, Juliane Köhler
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 130
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu King’s Choice – Angriff auf Norwegen

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!