Kundschafter des Friedens

Blu-ray Review

Kundschafter des Friedens Blu-ray Review Cover
Majestic/20th Century Fox, 06.07.2017

OT: –

 


Zonen-James-Bond

Herrlich ironische Agentenkomödie mit fabelhafter Besetzung.

Inhalt

Seit sechs Stunden schon hat der BND keinen Kontakt mehr zu einem ihrer Agenten sowie einem aussichtsreichen Politiker in Katchekistan. Der KGB scheint seine Finger im Spiel zu haben, was den Bundesnachrichtendienst zur Verzweiflung bringt, denn die Wiedervereinigung des Landes im Osten ist eins der wichtigsten Ziele. Man beschließt eine ebenso ungewöhnliche wie geheime Maßnahme: Mit Jochen Falk soll ein sogenannter Kundschafter des Friedens, ein Ex-Russland-Agent der DDR, eingesetzt werden. Über alte Kontakte beim KGB soll er an die nötigen Informationen über das Verschwinden der zwei Personen herankommen. Doch Falk hat Bedingungen: Er übernimmt den Einsatz nur, wenn die Kollegen aus der damaligen Zeit allesamt reaktiviert und mit ihm zusammen eingesetzt werden. Falk selbst muss allerdings akzeptieren, dass die scheinbar humorlose BND-Agentin Paula mit dabei ist. Die hat nicht nur persönliches Interesse am Auffinden des vermissten Kollegen, sondern auch ziemliche Haare auf den Zähnen …

Die „Olsenbande“ war eine dänische Filmreihe der End-60er, in denen drei Ganoven immer wieder versuchten, einen großen Coup zu landen. In der DDR waren die Filme ein riesiger Erfolg und sie dienten Kundschafter des Friedens sichtbar als Vorlage. Dazu mischt Regisseur Robert Thalheim Elemeten von „Ocean’s Eleven“ und führt seinen Film bereits mit einem grenzgenialen Vorspann ein, der das Retro-Feeling der DDR-Filme atmet. Und ebenso unterhaltsam geht es weiter. Wenn Falk (wie immer großartig: Henry Hübchen) vor den vollkommen unauffällig agierenden beöhrstöpselten BND-Mitarbeitern flieht und am Ende durch seine Bandscheiben aufgehalten wird, nur um den jungen „Kollegen“ zu erklären, wie dämlich sie sich verhalten haben, dann darf herzhaft gelacht werden. Ebenso, wenn er zur Bedingung der Kooperation mit dem BND (neben der Zusammenarbeit mit den alten Bekannten) macht, dass man ihm für die letzten 25 Jahre die West-Rente zuspricht. Lange schon transportierte eine deutsche Komödie nicht mehr solch trockenen Humor. Großartig, wenn die alten Kollegen in der neuen Welt ihre alten Methoden ansetzen wollen und schon daran scheitern, einem brüchigen Stuhl das Bein zu entreißen. Absolut herausragend gelang dabei die Besetzung von Kundschafter des Friedens. Die Ex-DDR-Agenten wurden ausnahmslos mit Schauspielern besetzt, die in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik aufwuchsen und dort bereits Schauspiel-Legenden waren. Henry Hübchen als Falk spielt dabei die Kernrolle und variiert gekonnt zwischen augenzwinkerndem Humor und durchaus ernstzunehmender Auseinandersetzung mit den dramatischen Aspekten der Figur.

Ebenfalls großartig ist Michael Gwisdek, der als Techniker Jaecki voll auf Analog setzt und feststellen muss, dass ein blauer Draht niccht immer ein blauer Draht ist. Thomas Thieme als mittlerweile dem Kapitalismus frönender Locke ist für die bissigen Kommentare zuständig und Winfried Glatzeder zeigt, dass er als Romeo-Agent durchaus noch taugt. Neben der flott erzählten Agentengeschichte geht es natürlich auch um den Konflikt zwischen Jung und Alt, zwischen Moderne und Tradition. Wenn die digitalisierte Paula feststellt, dass die gute alte analoge Ermittlungsarbeit doch noch ihre Vorzüge hat, wird das ebenso augenzwinkernd geschildert wie die Szenen, in denen Jaecki sich im digitalen Dickicht moderner Hausinstallationen verirrt. Von ostalgischer Verklärung ist dabei keine Spur. Vielmehr blickt Robert Thalheims Film ironisch auf beide Seiten und die typischen Vorurteile. Natürlich ist Kundschafter des Friedens aber vor allem ein gerne so genannter „Best-Ager-Film“ über ein paar ausrangierte Rentner, die das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, gut kennen und gerne wieder loswürden. „Ich stehe noch voll im Saft“ sagt Glatzeders Romeo-Agent irgendwann und darf das direkt am nächsten Tag unter Beweis stellen. Das Alles wird begleitet von einem kongenialen Soundtrack, der den Geist der 70er Jahre atmet und Motive der DDR-Agentenserie Das unsichtbare Visier verwendet.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Kundschafter des Friedens ist verhältnismäßig hell und überstrahlt in den hellen Hintergründen deutlich. Die Farben entstammen hauptsächlich einer Braunpalette und hinterlassen einen sepiaartigen Eindruck. Ein leichtes Korn unterstützt den filmischen Look, die Schärfe ist durchweg eher mittelmäßig. Aufgrund der zu hohen Helligkeit wirkt Schwarz stets eher gräulich. Der geringe Kontrastumfang wird vor allem in Jaeckis Werkstatt deutlich (13’55). Die auf Gran Canaria gedrehten Szenen, die Katchekistan darstellen sollen, sind ebenfalls von warmer Stimmung und passen trotz des nicht ganz perfekten Kontrasts gut zum Film.
Akustisch gibt es zwar ab und an Anlass für die Surrounds, ins Geschehen einzugreifen (Hubschrauber 67’55), doch meist ist es dem tollen Soundtrack vorbehalten, hier Akzente zu setzen. Der klingt luftig und fein, stellt eine breite Bühne auf, integriert die Dialoge dazu aber klar verständlich über den Center.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Kundschafter des Friedens finden sich ein paar Specials mit einzelnen Darstellern in TV-Sendungen sowie acht Interviews mit Darstellern und Filmemachern. Dazu kommt noch das Musikvideo zu „Old Agent Man“, ein kurzes Featurette, ein Special über die Visual Effects und ein Hinter-den-Kulissen, das allerdings mehr ein unkommentierten B’Roll gleicht.

Fazit

Kundschafter des Friedens ist eine rundum vergnügliche Agentenparodie, der (im Gegensatz zu seine nicht mehr ganz so körperlich fitten Protagonisten in den Actionszenen) niemals die Puste ausgeht. Thalheim und seine Darsteller nehmen es locker mit den vergnüglichen Best-Ager-Komödie aus Hollywood auf und sollten auch im Heimkino ein echter Hit werden.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 80%

Anbieter: Majestic/20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Robert Thalheim
Darsteller: Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Thomas Thieme, Winfried Glatzeder, Jürgen Prochnow, Antje Traue
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 92
Codec: AVC
FSK: 6

Trailer zu Kundschafter des Friedens

Kundschafter des Friedens (2. Trailer in HD)

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