Mr. Holmes – Der Mann hinter dem Mythos

Blu-ray Review

Mr Holmes Der Mann hinter dem Mythos Blu-ray Review Cover
Alamode/AL!VE AG, seit 22.04.2016

OT: Mr. Holmes

 


Die unvollendete Geschichte

Von Anispfeffer und Gelee Royale – Sherlock Holmes will es noch einmal wissen.

Inhalt

Sherlock Holmes lebt, 93-jährig, zurückgezogen mit seiner Haushälterin Mrs. Munro in seinem Landhaus und widmet sich der Bienenzucht. Die Erinnerungen an seine große Zeit als Detektiv leben zwar in ihm und wurden durch Watson seinerzeit auch zu Papier gebracht, doch mittlerweile spürt er höchstens noch Roger, dem jungen Sohn von Mrs. Munro hinterher, der unerlaubterweise in sein Arbeitszimmer eindrang und Watsons Aufzeichnungen einsah. Dessen Begeisterung für die alten Detektiv-Geschichten ist es, die Holmes dazu bringt, die nie zu Ende gebrachte Geschichte um das geheimnisvolle Verhalten der Ann Kelmot zu erzählen. Und außerdem ist da noch diese Reise nach Japan, die unbedingt zu einem Abschluss gebracht werden muss. Währenddessen steht die Trennung von seiner Haushälterin an, die sich um einen neuen Job bewirbt – sehr zum Leidwesen des jungen Roger, der in Holmes einen Vaterersatz findet …

Weder die Pfeife, noch der Hut stimmen – beides nur Requisiten. Sherlock Holmes, dessen Geschichte Dr. Watson gerne für die Zeitschriften etwas ausschmückte, raucht lieber Zigarren und trägt Zylinder. Ein begnadeter Detektiv, der, am Ende seines Lebens angekommen, mit demselben noch nicht ganz fertig ist. Schon alleine deshalb unterscheidet sich Mr. Holmes von thematisch verwandten, unzähligen Filmen, deren Hauptfigur der Privatermittler ist. Der andere Grund, warum Bill Condons Film aus der Menge herausragt, ist sein Hauptdarsteller: Es ist der lakonische und altersweise Humor des alten Holmes, den kaum ein anderer besser rüberbringen könnte als Sir Ian McKellen. Wenn er Mrs. Munro sagt, dass er noch nie von einer Biene „gebissen“ wurde, während er zuvor deren Sohn korrigierte, dass Bienen nicht beißen, sondern stechen, dann weiß man, warum er den einen belehrt und der anderen entspricht. Er kann aber auch anders, wenn er eine Viertelstunde später der gleichen Mrs. Munro einen Spruch reinwürgt, der sich gewaschen hat. Wohl jedem anderen hätte man als Zuschauer solche eine Bemerkung nicht verziehen – McKellen schon. Dabei ist Mr. Holmes kein Schenkelklopfer und auch keine beschwingt lockere Komödie. Eher ist es eine melancholische Reise in den Geist eines genialen Kombinierers, der sich im Alter noch einmal daran begibt, seine Erinnerungen zu aktivieren, um mit einigen Dingen abzuschließen. Mit teilweise zerknautschter und höchst charmanter Mimik erweckt McKellen diesen Freigeist und Logiker zum Leben und fügt den bekannten Geschichten über den Meisterdetektiv Facetten hinzu, die aus Mr. Holmes einen ganz außergewöhnlichen Film werden lassen. Inszenatorisch verknüpft Bill Condon (Inside Wikileaks) die drei unterschiedlichen Erzählstränge, die auf drei verschiedenen Zeitebenen spielen, gekonnt und flüssig, ohne dass man den Faden zu verlieren droht. Wenn zum Ende hin die dramatischen Ereignisse die Oberhand bekommen, treten Humor und Witz in den Hintergrund. Dies bietet den Darstellern aber Gelegenheit zu vorzüglichen Leistungen. Neben McKellen ist Laura Linney als Mrs. Munro herrlich geradeheraus und Milo Parker als Roger darf gar als absolute Entdeckung gelten. Erstaunlich, wie der junge Schauspieler neben dem großen Star auf einer Ebene agiert.

Bild- und Tonqualität

Mit ebenso kräftigen wie lebhaften Farben überzeugt das Bild von Mr. Holmes durch die Bank. In den Innenraumszenen nimmt es eine warme Tönung an und schmeichelt den Gesichtern. Die Schärfe ist erhaben und jederzeit lupenrein. Das Tweed-Jacket von Holmes lässt die einzelnen Fasern erkennen (62’50) und die genutzten offenen Blenden erzeugen eine plastisch-geringe Schärfentiefe. Der Kontrastumfang ist äußerst hoch und präsentiert sattes Schwarz ebenso souverän wie helles Weiß. Doppelkonturen, Rauschen oder Korn sind hier kein Thema, sodass die Blu-ray eines der besten Realbilder der letzten Monate transportiert.
Die Raumakustik von Mr. Holmes wird nur selten vollständig ausgenutzt. Der klassiche Filmscore, der mit melancholischen Klängen in Moll durch den Film begleitet, ist in der Regel das Auffälligste des Films. Dazu kommen die ausgeprägt voluminösen Dialoge. Gerade Ernst Meincke, der den McKellen spricht (ansonsten Stamm-Stimme von McKellens Freund Patrick Stewart) füllt über den Center das Heimkino.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Mr. Holmes finden sich neben drei Interviews (mit Bill Condon, Sir Ian McKellen und Laura Linney) noch zwei Featurettes. In „Mr. Holmes – Die Geschichte“ geht man für knapp drei Minuten auf die Zusammenarbeit von Condon und seinem Hauptdarsteller ein. Auch der kleine Milo Parker wird kurz vorgestellt. Allerdings hat das Ganze mehr den Charakter eines Trailers. Ähnliches gilt für „Sherlock Holmes – Eine Ikone“, das auch nur Teaser-Qualität hat.

Fazit

Mr. Holmes ist keine klassische Detektivgeschichte, sondern ein warmherziger Film über das Älterwerden und die damit verbundene Vergesslichkeit. Zugleich inszeniert Condon eine zaghafte Liebesgeschichte, die natürlich auf einer anderen Ebene als der klassischen stattfindet. Darstellerisch macht Mr. Holmes alles richtig: Sir Ian McKellen ist sensationell und wir von nicht minder guten Co-Stars unterstützt. Ihm ist es zu verdanken, dass man dem Film von der ersten Sekunde an abnimmt, dass es den Meisterdetektiv wirklich gegeben hat.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%

Anbieter: Alamode/AL!VE AG
Land/Jahr: GB 2015
Regie: Bill Condon
Darsteller: Sir Ian McKellen, Laura Linney, Milo Parker, Hiroyuki Sanada, Hattie Morahan, Nicholas Rowe
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 6

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