Night of the Virgin

Blu-ray Review

Night of the Virgin Blu-ray Review Cover
Pierrot Le Fou / ALIVE AG, 17.11.2017

OT: La noche del virgen

 


Fi*k meine Freundin!

Mal wieder sehr absonderliches und provokantes Genrekino aus Spanien.

Inhalt

Nico ist nicht gerade der Traum einer jeden Frau. Eher schmächtig, etwas unbeholfen und mit einem deutlichen Überbiss ist er trotz seines Alters von gut über 20 Jahren immer noch Jungfrau. Das allerdings soll sich in dieser Nacht, der Silvesternacht, ändern. Doch es fängt alles andere als vielversprechend an. Die Mädels, die er antanzt lassen ihn gleich reihenweise abblitzen. Bis ihm die deutlich reifere Medea schöne Augen macht und ihn auch direkt mit nach Hause nimmt. Und obwohl es bei ihr ziemlich schmutzig ist, bleibt er – alleine schon, um seinen Freunden Beweise für den Verlust seiner Unschuld zu liefern. Vielleicht hätte es ihn doch stutzig machen sollen, dass die Dame eine seltsame nackte Gottheit anbetet, denn bald schon mehren sich seltsame Ereignisse und dann steht da auch noch der aggressive Freund von Medea vor der Tür …

Geschwätzig fängt er an, der erste Langfilm von Regisseur Roberto San Sebastián. Fast sechs Minuten lang quasseln irgendwelche TV-Gestalten irgendeinen nichtssagenden Quatsch, während die am Film Mitwirkenden per Schrift eingeblendet und vorgestellt werden. Das soll er wirklich sein, der Film, von dem Eli Roth sagt, er „wage mehr als er (Roth) sich jemals zutrauen würde“? Nun gut, es sind ja noch 112! Minuten Zeit, in denen sich Night of the Virgin entsprechend entwickeln kann. Zunächst einmal folgen wir dem Geschehen auf der Party und bekommen durchaus einen Sinn dafür, was für ein Typ Nico so ist und was seine Beweggründe sind. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch keine Dialoge zu sprechen hat, reichen die Bilder aus, um sich in seinen Charakter einfinden zu können. In der Wohnung Medeas ist es dann zunächst die schmuddelige Atmosphäre, die für Stimmung sorgt und ein paar ziemlich eklige Bilder liefert. Wer möchte schon gesammeltes Menstruationsblut von einem ohrenschmalzgetränkten Wattestäbchen lutschen? Doch das ist nur der Anfang.

Denn nach gut 35 Minuten beginnt Night of the Virgin mit den Exzessen, die Roth wohl meinte, als er seinen Kommentar abgab. Sperma, Blut, Kotze, Fäkalien – es gibt kaum eine Körperflüssigkeit, die San Sebastián nicht in seinem Film unterbringt – und das gleich literweise. Zur Abwechslung darf man sogar mal Geschlechtsteile in Großaufnahme sehen, wo andere (gerade amerikanische) Filme nur zu gerne wegblenden. Nicht so hier – und das sogar gleichberechtigt. Night of the Virgin geht dabei aber nicht den Fetisch-Weg eines Lucifer Valentine, sondern spielt ganz bewusst mit den Tabubrüchen, um sie auf humorvolle Art und Weise zu überzeichnen. Schon die zahlreichen Chat-Mails zwischen Nico und seinen Kumpels, die als Texttafeln virtuell eingeblendet werden, sind witziger als man denken könnte. Schade, dass die zweistündige Laufzeit ein wenig arg lang geraten ist, um die auf einen Schauplatz begrenzte Geschichte dauerhaft mit innovativen Ideen zu füttern. Beständig gibt es obsolete Wiederholungen von Vorgängen und redundantes Verhalten des Lovers vor der Tür. Außerdem nervt das spätere Geschrei von Nico extrem und strapaziert die Nerven doch arg. Immerhin fängt dann aber das an, was man zu Recht „over the top“ nennen darf und was unter anderem beinhaltet, dass Nico an einer blutigen Nabelschnur durch das Set geschleift wird.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Night of the Virgin ist relativ grobkörnig und selbst in Nahaufnahmen nur selten mal scharf. Die Farben wirken etwas schlapp. Wenn’s dunkel wird in Räumen, säuft Schwarz praktisch komplett ab und erscheint maximal dunkelblau (14’25). Die Ränder sind durchweg unscharf und dazu gibt’s Farbverfälschungen auf Gesichtern sowie color banding satt bei den dunkleren Szenen.
Akustisch ist Night of the Virgin von Beginn an erstaunlich räumlich und liefert bisweilen sehr weitläufige Surroundeffekte. Beispielsweise, wenn Medea Nico sagt, er solle ihrer Stimme folgen. Beim Soundtrack hält sich der Film allerdings ziemlich zurück, sobald der Protagonist einmal in der Wohnung Medeas ist. Ein tieffrequentes Brummeln bleibt und schwillt manchmal an, viel Dynamik gibt’s während der ersten Stunde allerdings nicht. Soundeffekte wie das klingelnde Telefon oder die Türklingel nerven aber auf genau die Art und Weise, wie sie es sollen. Authentisch klingt es, wenn Medea von außen auf die Badezimmertür einschlägt und Nico zum Aufmachen drängt.

Bonusmaterial

Im Featurette „Absurd Stuff“ im Bonusmaterial von Night of the Virgin erzählt Regisseur San Sebastián, dass die Dreharbeiten an seinem ersten abendfüllenden Film durchaus nicht ganz einfach waren und er den Film für einen 80er-Jahre-Familienfilm hält … NICHT! Ein bisschen den Schalk hat er ja im Nacken, der bärtige Typ mit den Piercings.

Fazit

Night of the Virgin ist wie ein real gewordener Mix aus Peter Jacksons Meet the Feebles und den spanischen Anarcho-Exzessen eines Álex de la Iglesia. Dabei bricht er bewusst und lustvoll gängige Tabus, nimmt sich dafür aber gefühlt 45 Minuten zu viel Zeit und wiederholt sich, nimmt sich 45 Minuten zu viel Zeit und wiederholt sich, nimmt sich 45 Minuten zu viel …….
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 50%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 30%
Film: 55%

Anbieter: Pierrot Le Fou / AL!VE AG
Land/Jahr: Spanien 2016
Regie: Roberto San Sebastián
Darsteller: Javier Bodalo, Miriam Martín, Víctor Amilibia, Ignatius Farray, Rocío Suárez, Javi Alaiza
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 118
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

Trailer zu Night of the Virgin

La Noche del Virgen TRAILER Dir.Roberto San Sebastián