Ostwind – Zusammen sind wir frei

Blu-ray Review

Ostwind Blu-ray Review Cover
Highlight Communications, seit 07.11.2015

OT: –

 


Überschrift

Sechzehn Jahre nach „Bandits“, ihrem letzten in Deutschland produzierten Film, kehrt Katja von Garnier mit einem gefühlvollen Familienfilm zurück.

Inhalt

Schülerin Mika wird, weil sie nicht versetzt wurde und aus Versehen auch noch das Auto ihres Lehrers in Brand gesteckt hat, von ihren Akademikereltern anstatt ins gewünschte Feriencamp zur gestrengen Oma Kaltenbach geschickt. Die leitet ein Pferdegestüt und hat vor kurzem den wilden Hengst „Ostwind“ gekauft, der sie zum Dank so verletzt hat, dass sie nie wieder wird reiten können. Mika begegnet dem Tier schon in der ersten Nacht, weil das Pferd ebenso schlaflos ist, wie sie selbst. Ohne das Risiko zu kennen, schläft sie friedlich neben ihm ein. Sehr zur Verwunderung aller, die Mika erzählen, dass sie hätte tot sein können. Doch das Großstadtmädchen scheint die Gabe zu haben, Pferde zu verstehen und eine besondere Bindung zu ihnen aufnehmen zu können. Davon bekommt ihre Oma jedoch erstmal nichts mit, denn die will Ostwind an den „Ungarn“ verkaufen, der nicht gerade ein Tierliebhaber zu sein scheint. Mika kann das nicht zulassen und trainiert unter Anweisung von Herrn Kaan, dem ehemaligen Stallmeister ihrer Großmutter, mit dem Hengst. Ihr Ziel: Sie will beim jährlichen Kaltenhoff-Reitturnier teilnehmen und beweisen, dass Ostwind eine Chance verdient hat …

Oh je, ein Pferdefilm!
So oder so ähnlich wird’s wohl vielen gehen, wenn sie von der Story zu Ostwind erfahren. Und genauso ging es mir auch einmal. Seit ich, immerhin passionierter Pferdeverweigerer, jedoch vor sechs Jahren Bucks sensationellen Kinderfilm „Hände weg von Mississippi“ sah, bin ich vorsichtig geworden, mit vorschnellen Urteilen bei derartigen Filmen.
Und das ist gut so! Denn Katja von Garnier schafft es mit Ostwind eine zwar vorhersehbare, aber nahezu klischeefreie Geschichte um ein junges Mädchen und ihre Fähigkeit, eine außergewöhnliche Bindung zu einem außergewöhnlichen Tier herzustellen, zu erzählen – fernab von Wendy-Postern an Jungmädchenzimmerwänden. Die Parabel vom Pferd, das ebenso wenig eingesperrt sein möchte, wie das Mädchen, das sich um das Tier kümmert, wird in unverkrampft-natürlichen Bildern erzählt und von einer Hauptdarstellerin getragen, die den Film locker schultert. Hanna Binke überzeugt mit lässigem, unvoreingenommenem Charme, der zu keiner Zeit gespielt oder verkrampft, sondern immer echt wirkt – und das, wo sie vor den Dreharbeiten vielleicht mal auf einem Pferd saß, nie aber geritten ist. Dazu gesellt sich eine Riege gestandener und großartiger deutscher Schauspieler. Tilo Prückner als alterswaiser Stallmeister und Reitlehrer ist beispielsweise das passende und in sich ruhende Gegenstück zur quirligen Hanna und Cornelia Froboess verleiht der strengen Oma die nötige Würde. Jürgen Vogel als Mikas Physiker-Vater hat zwar nur wenige Auftritte, darf aber die zwei besten Sprüche des Films abliefern und ist in semigeschmackvollen Anzug-Outfits und mit seiner schwarzen Hornbrille tüchtig gegen den Strich gebürstet. Ostwind ist alles andere als ein kitschiger Mädchenfilm. Vielmehr gelingt es ihm vermutlich sogar jene zu berühren, die beim Wort „Pferd“ die Nase rümpfen und ganz sicher ist er ein perfekter Familienfilm mit Botschaft.

Bild- und Tonqualität

Das hauptsächlich warm gefilterte Bild der Blu-ray von Ostwind hat einen hohen Kontrastumfang und ist in Naheinstellungen richtig scharf. Die vielen tollen Landschaftsaufnahmen gelangen kräftig und einladend ins Heimkino. Bei dunklen Szenen weicht Schwarz schon mal in eine grüne Färbung auf.
Der teilweise orchestrale Soundtrack in Ostwind kommt wirklich überraschend voluminös aus allen Lautsprechern, der Subwoofer unterstützt das Ganze wuchtig und voller Kraft. So stampft Ostwind dynamisch mit seinen Hufen auf den Boden und beim Reitturnier wähnt man sich mittendrin. Dialoge gelangen präsent über den Center zum Ohr – ein für einen deutschen Familienfilm erstklassiger Ton.

Bonusmaterial

In appetitlichen Häppchen wird das Bonusmaterial präsentiert. Das erste Feature lässt kurz die Filmbeteiligten zu Wort kommen und charakterisiert deren Figuren. Der Setrundgang mit Sam-Darsteller Marvin Linke ist, nun ja, ein begleiteter Rundgang zu den verschiedenen Drehorten und die „Welt“premiere in Frankfurt blickt mit der Kamera ein wenig hinter die Kulissen der ersten öffentlichen Vorführung. „Pferde & Action“ zeigt die beiden Tiertrainerinnen bei ihrer Arbeit, von denen eine auch als Stuntfrau für Hanna Binke zum Einsatz kam und der „Blick hinter die Kulissen“ gleicht einer B’Roll, nur dass es hier ein wenig familiärer und nicht ganz so aus der Ferne betrachtet zugeht.

Fazit

Mit Ostwind hat Katja von Garnier einen vielleicht unerwarteten, aber nicht minder unterhaltsamen und sogar sehr berührenden Film realisiert, der fernab der gängigen Pferdefilm-Klischees sogar überzeugte Hufeisentiergegner unterhalten wird.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Highlight Communications
Land/Jahr: Deutschland 2013
Regie: Katja von Garnier
Darsteller: Hanna Binke, Tilo Prückner, Cornelia Froboess, Jürgen Vogel, Marvin Linke
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 0