Picknick mit Bären

Blu-ray Review

Picknick mit Bären Blu-ray Review Cover
Alamode Film/AL!VE AG, seit 26.02.2016

OT: A Walk In the Woods

 


Das muss ins Buch!

Wenn Robert Redford und Nick Nolte einen auf „Ich bin dann mal weg“ machen, ist das eine höchst vergnügliche Angelegenheit.

Inhalt

Bill Bryson, rüstiger End-Siebziger, gehört zu den erfolgreichsten Autoren der USA – selbst wenn er lange nicht in seinem Heimatland gewohnt hat und nicht mal drüber geschrieben hat. Das reibt ihm just auch ein affektierter Journalist unter die Nase, der ihm vorwirft praktisch über jedes andere Land der Welt einen Roman verfasst zu haben. Als Bill nach einer Beerdigung an einem Wegweiser des bekannten Appalachian Trail vorbeikommt, fühlt er sich angestachelt. In einem Moment der Erleuchtung nimmt er innerlich die Herausforderung an und beschließt, den 3.500km langen Wanderweg abzulaufen. Während ihn seine Familie für verrückt erklärt („in seinem Alter“), beginnt er damit, entsprechende Ausstattung zu kaufen – selbst wenn das schon bei den Zelten scheitert, weil „ein Zelt eben doch nicht nur ein Zelt ist“. Brysons Frau stellt allerdings eine Bedingung, bevor sie ihn auf die monatelange Reise entlässt: Ihr Mann wird diesen Trip nicht alleine unternehmen. Während Bryson also alle Bekannten abtelefoniert, ob ihn einer davon begleitet, meldet sich ausgerechnet Jugendfreund Steven Katz. Der ist Ex-Alkoholiker und fängt schon an zu schnaufen, wenn er zwei Treppenstufen nimmt und schuldet Bill auch noch 600$ aus Urzeiten. Doch die Zwei nehmen sich vor, die Strecke zu bewältigen. Und während sie unterwegs sind, ist nicht einmal mehr „nur“ der Weg das Ziel …

Picknick mit Bären beginnt sensationell und schwungvoll. Das Interview des penetranten Journalisten mit Bryson strotzt vor Sarkasmus und zeigt einen Robert Redford, dem man hier schon  anmerkt, wie gerne er diesen Film drehen wollte. Tatsächlich verbrachte der Schauspieler gute zehn Jahre damit, dieses Projekt (basierend auf dem autobiografischen Roman des echten Bill Bryson) zu realisieren. Herausgekommen ist ein lockerer, luftiger Mix aus Komödie und Best-Ager-Drama, das seinen Witz vor allem aus der Situationskomik aber auch aus brüllkomischen Dialogen bezieht. So sagt Bryson beispielsweise einer seiner Kumpels den Trip mit den Worten „Nächstes Mal bitte was Spaßiges“ Eine Darmspiegelung oder so …“ Natürlich funktioniert diese Komik aber nur, weil Picknick mit Bären mit Redford und Nolte zwei Hauptdarsteller auflaufen lässt, die ihre unterschiedlichen Rollen brillant verkörpern. Es wirkt mitunter so, als hätten beide Schauspieler nur auf diese Rolle gewartet – man könnte glatt meinen, dass auch autobiografische Elemente eingeflossen sind. Nolte gibt gar die beste Vorstellung seit dem 2011er Warrior ab. Und auch wenn sie nicht die längste Zeit vor der Kamera zu tun hat, ist Emma Thompson als Brysons Frau ebenso großartig. Es ist einfach ein Spaß, ihr dabei zuzusehen, wie sie der verrückten Idee ihres Mannes begegnet oder ihn mit den Worten „Versuch nicht zu sterben“ auf den Weg schickt. So richtig charmant wird’s dann, wenn Nick Nolte dazu stößt und die zwei alten Herren sich auf den Weg begeben. Schon auf den ersten Metern „rennen“ junge und fitte Wanderer (oder Kinder) an ihnen vorbei und Nolte kommentiert das mit lakonischem Humor oder einfache geradeheraus mit „kleine Scheißer“. Die anfänglichen Zickereien zwischen dem strebsamen Bryson und dem bei jeder Bewegung stöhnenden Katz sind einfach zu witzig. Nolte ist es auch, der ohne Rücksicht auf Verluste mit nacktem Hintern in sein Zelt fällt und sich schamlos über seinen gebrechlichen Körper lustig macht. Wenn die Beiden dann auf der Flucht vor der impertinenten Mary Ellen Tempo machen, wird es sogar mal richtig rasant und spannend. Aber wer wollte auch schon mit einer Frau wandern, deren schiefe Interpretation von Daft Punks „Get Lucky“ sogar die Vögel von den Bäumen holt. Und wenn Picknick mit Bären dann mal eine Art Konflikt zwischen seinen beiden Protagonisten anschwellen lässt, kontert es Regissur Kwapis direkt mit sensationellen Landschaftsaufnahmen der Smoky Mountains. Bei so viel Sympathie, die man dem Film und seinen Figuren entgegenbringt, ist es am Ende gar nicht schlimm, dass die einzige ernsthafte Note (Katz‘ Alkoholismus) etwas stereotyp und vorhersehbar abgehandelt wird.

Bild- und Tonqualität

Leider wurde mir zu Reviewzwecken lediglich ein Streaminglink zur Verfügung gestellt, weshalb die Bildbewertung von Picknick mit Bären leider entfallen muss. Der Stream lag zwar in HD-Qualität vor, dennoch kann nicht abschließend gesagt werden, wie stark komprimiert das Bild eventuell ist.
Ohne Gewähr lässt sich Folgendes beschreiben: In Nahaufnahmen sind die faltigen Gesichter Noltes und Redfords durchaus plastisch und offenbaren, dass die Herren mittlerweile 75 und 79 Jahre alt sind. Farben lassen sich leider nicht bewerten, da diese deutlich unter der Komprimierung des Streams litten.
Akustisch ist nicht viel Platz für Effekte oder Räumlichkeit. Lediglich während des kurzen Schneesturms gibt’s mal ein wenig Anlass für Rundum-Sound. Die Filmmusik und eingestreuten Songs rumpeln schon mal etwas kräftiger, ansonsten konzentriert sich das Geschehen auf die gut verständlichen Dialoge in Picknick mit Bären. Die sollten im Übrigen auf jeden Fall im Original genossen werden, denn Nick Noltes Organ ist absolut unsynchronisierbar.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Picknick mit Bären konnte ebenfalls nicht gesichtet werden, besteht aber aus Interviews mit Robert Redford, Nick Nolte und dem Produzenten.

Fazit

Best Exotic Marigold Hotel, Song for Marion und nun Picknick mit Bären – es scheint, als würden die schönsten Filme in den letzten Jahren im Best-Ager-Genre realisiert. Nick Nolte und Robert Redford sind jedenfalls das witzigste und charmantestes Paar seit Jack Lemmon und Walter Matthau. Und da macht es auch überhaupt nichts, dass der Film nicht sonderlich tiefgründig geraten ist, wenn man derweil dermaßen blendend unterhalten wird.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: keine Wertung
Tonqualität (dt. Fassung): keine Wertung
Tonqualität (Originalversion): keine Wertung
Bonusmaterial: keine Wertung
Film: 90%

Anbieter: Alamode/AL!VE AG
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Ken Kwapis
Darsteller: Robert Redford, Nick Nolte, Emma Thompson, Nick Offerman, Mary Steenburgen, Kristen Schaal
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 6

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