Pride

Blu-ray Review

Pride Blu-ray Review Cover
Senator Home, ab 13.03.2015

OT: Pride

 


L.G.S.M.

Pride schlägt auf charmante Weise ein wahres Kapitel britischer Gesellschafts-Geschichte auf.

Inhalt

England 1984: Der homosexuelle Mark ist stets an vorderster Front zu finden, wenn’s um Demonstrationen für einen liberalen Umgang mit Schwulen und Lesben im stockkonservativen Großbritannien unter Thatcher geht. Als er im Fernsehen sieht, wie die Bergarbeiter eines walisischen Bezirks in den Streit treten, weil die Regierung der eisernen Lady beschloss, Zechen zu schließen und zu privatisieren, sieht sich Mark als Gesinnungsgenosse – immerhin ist der Feind derselbe. Also gründet er kurzerhand die Lesbians and Gays support the Miners, kurz LGSM und sammelt Spenden. Komischerweise wollen die Bergarbeiter davon zunächst überhaupt nichts wissen, denn die Jungs von unter Tage haben überhaupt keinen Bock mit Homosexuellen asoziiert zu werden – nicht mal ans Telefon geht man. Mark jedoch lässt sich nicht unterkriegen und tatsächlich gibt es dann jemanden, der die Spenden entgegennimmt. Dai heißt der gute Mann und er wagt sich gar in die Höhle des Löwen, hält eine kleine Dankesrede in der Schwulenbar in London. Das wiederum begeistert die Anwesenden sodass LGSM wächst. Eine Gegeneinladung wird ausgesprochen und die bunte Truppe bringt die konservative walisische Dorftruppe in Aufruhr. Doch als die Einheimischen merken, dass sie einiges von den Schwulen und Lesben lernen können, beispielsweise dass die Polizeit nicht das Recht hat, einen streikenden Bergarbeiter ohne begründeten Verdacht länger als 24 Stunden festzusetzen, beginnt sich das Verhältnis zu entspannen. Leider gibt es aber immer ein paar Unverbesserliche, die denken, man bekäme AIDS alleine dadurch, dass ein Schwuler sein Nachtlager im Gästezimmer aufschlägt …

Entwaffnender und selbstironischer Humor waren schon immer das beste Mittel, um gegen Vorurteile und Ressentiments vorzugehen. Und Pride ist das beste Beispiel für entwaffnende Komik. Großartig, wie Warchus‘ Film den Kulturclash zwischen den progressiven Homosexuellen und dem traditionell-piefigen walisischen Dorf porträtiert. Umso großartiger, da es sich bei Pride um einen Film handelt, der auf wahren Begebenheiten beruht. Ganze 20.000 Pfund erlösten die Sammelaktionen der LGSM Mitte der 80er, wovon ein Großteil auf das Musikfestival „Pits & Perverts“ fiel, das seinen Namen daher hatte, da The Sun die Verbindung zwischen den Bergarbeiter und der schwulen Gemeinschaft genauso nannte: „Pits & Perverts“. Pride ist eine großartige filmische Demonstration, was Solidarität zwischen Gemeinschaften bewirken kann; eine tolle Darstellung der Überwindung von Vorurteilen, der Verbrüderung von Tradition und Progressivität – exemplarisch mit Gänsehautfeeling umgesetzt, als das walisische Dorf einen klassischen Arbeitersong anstimmt und die bunten Vögel aus der großen Stadt tränengerührt daneben stehen. Die höchst authentische Darstellung der Figuren mit großartigen Schauspielern lässt jede einzelne Person glaubhaft rüberkommen. Jaye Marsay als einziges lesbisches LGSM-Gründungsmitglied Steph ist sensationell sarkastisch, Ben Schnetzer ist ein glaubwürdiger und kämpferischer Demonstrationsleiter und Bill Nighy (Die Verschwörung – Tödliche Geschäfte) ist sogar großartig, wenn er mal dezent im Hintergrund agiert.

Dennoch gibt es zwei, die aus diesem fantastischen Ensemble noch herausragen: Paddy Considine in der Rolle des Dai liefert eine seiner besten Leistungen überhaupt und Imelda Staunton als resolute Hefina hätte schlicht einen Oscar für die beste Nebenrolle verdient. Wie sie mit entschlossener Miene ihrer intoleranten Nachbarin gegenübertritt und klarmacht, dass sie dieser die Hölle heiß machen wird, wenn sie herausbekommt, dass sie hinter der negativen Presseberichterstattung steckt, führt beim Zuschauer unweigerlich zu absolutem Respekt. Zum guten Gelingen tragen zudem der 80er-Jahre-Look und der grandiose Soundtrack aus Songs von The Smiths, Bronski Beat, Culture Club oder Frankie Goes to Hollywood bei – wer sich da nicht ein wenig an ein bewegtes Jahrzehnt zurückerinnert, der war vermutlich noch nicht geboren.

Neben all den komischen Aspekten werden die ernsten Seiten Intoleranz, Outing bei den Eltern, Furcht gegenüber dem Anderssein oder der Angst vor AIDS nicht verschwiegen, aber eben auch nicht verkrampft übertrieben. Pride hält beständig die Waage zwischen komischen und ernsten Momenten, vergisst bei aller witziger Toleranzbotschaft und Schulterschluss auch nicht, den Blick für die damals extrem schwere Realität unter Thatcher. Neben einer leichten Tempoverschleppung vor dem letzten Viertel ist das einzige kleine Manko des Films die deutsche Synchro, die zum einen weder die sensationellen Dialekte entsprechend transportieren kann und zum anderen Bill Nighys angestammte Stimme vermissen lässt.

Bild- und Tonqualität

Aufgrund der 80er-Jahre-Thematik könnte man vermuten, dass das Bild von Pride ein wenig flau und körnig daherkommt. Dem ist tatsächlich nicht so: Die Bildruhe ist sehr gut, lässt kaum Könrung erkennen und die Schärfe ist in Close-ups erstaunlich gut. Der Kontrastumfang mag nicht exorbitant sein, doch das passt dann wiederum zum Look des Films.
Während der Ton von Pride zwar erstaunlich effektvoll und offen wirkt, die Demonstrationen luftig ins Heimkino transportiert werden, sind vor allem die deutschen Dialoge in lautem Umfeld (Diskotheken, Demos) deutlich zu leise und gehen unter. Dafür haut’s der großartige Soundtrack wieder raus, der hübsch effektvoll und mit knackigem Bass wiedergegeben wird. Auch der coole zeitgenössische Soundtrack wird offen und effektvoll präsentiert.

Bonusmaterial

Im Bonusbereich von Pride finden sich insgesamt sechs entfallene Szenen und das Featurette: „Pride – The True Story“, in dem es um die echten Vorbilder für die Figuren im Film geht, die teilweise selbst zu Wort kommen und von ihren darstellenden Schauspielern flankiert werden. Das Feature zeigt, wie unfassbar konservativ die Thatcher-Zeit gewesen ist und wie gesellschaftspolitisch wichtig die Ereignisse damals waren.

Fazit

Pride ist nicht nur ein Film über eine wichtige Zeit des Kampfes für Solidarität und die Akzeptanz Homosexueller in der britischen Gesellschaft, sondern höchst unterhaltsam und blendend gespielt – Britisches Kino vom Feinsten!
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 90%

Anbieter: Senator Home
Land/Jahr: GB 2014
Regie: Matthew Warchus
Darsteller: Ben Schnetzer, George MacKay, Dominic West, Andrew Scott, Bill Nighy, Imelda Staunton, Paddy Considine
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 120
Codec: AVC
FSK: 6

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