Schatz, nimm du sie!

Blu-ray Review

Schatz, nimm du sie Blu-ray Review Cover
EuroVideo, 17.08.2017

OT: –

 


MILF rastet aus!

Sorgerechtsstreit mal anders rum …

Inhalt

Toni und Marc sind seit neun Jahren verheiratet und finden, dass es langsam genug ist. Zu sehr verhält man sich wie ein eingespieltes Team und irgendwie ist man doch eher Freund als Partner. Jedenfalls fehlt nach 16 Jahren irgendwie der Pep und das Feuer. Während die besten Freunde mittlerweile Bescheid wissen, hat man es den eigenen Kindern allerdings noch nicht erzählt. Irgendwie war immer der falsche Zeitpunkt. Und dann passiert es: Marc darf mit einer attraktiven Kollegin ein Projekt in Haiti leiten und Toni bietet der Chef an, eine große Baustelle auf Malta zu instruieren. Bevor man die Kinder also darüber unterrichtet, stellt sich bald schon die viel entscheidendere Frage: Wer nimmt die zwei Kids überhaupt? Um dies so verträglich wie möglich zu gestalten, sollen die beiden selbst entscheiden, bei wem sie bleiben. Da weder Toni noch Marc ausgewählt werden wollen, um ihre traumhaften Jobangebote nicht zu gefährden, geben sie sich alle Mühe, den anderen als besser geeignet darzustellen – mit fatalen Folgen …

Da ist er also, der erste Film, in dem die Femme Fatale der deutschen Comedy, Carolin Kebekus, die Hauptrolle geben darf. Zuvor schon in diversen Kurz- und Gastauftritten zu sehen, darf sie nun als zweifache Mutter mit beruflichen Ambitionen einen Rosenkrieg darüber entfachen, dass ihr zukünftiger Ex-Mann der bessere Alleinerziehende wäre. In Schatz, nimm du sie! sind sie und ihr Filmpartner Maxim Mehmet also quasi das Gegenteil überfürsorglicher Erziehungsberechtigter, neudeutsch: Helikopter-Eltern. Weil ihnen die möglichen Karrieren und Berufschancen wichtiger sind, streiten sie mal nicht darüber, wer die Kinder bekommt, sondern darüber, dass der jeweils andere der Bessere zur Aufnahme der Kids wäre. Erstaunlicherweise hat man Kebekus zunächst gegen ihren Typ besetzt und lässt sie erst einmal die emanzipierte und ernsthaftere Figur der beiden spielen. Die Gags kommen also während der ersten halben Stunde vornehmlich von Maxim Mehmet, der als wenig konsequenter Vater perfekt besetzt ist. Carolin Kebekus, das überrascht noch mehr, überzeugt vollends als Hauptdarstellerin. Als hätte sie während der letzten 15 Jahre nicht Comedy gemacht, sondern in zahlreichen deutschen Filmen die Hauptrolle gespielt, nimmt man ihr die Rolle der Mutter, die sich zwischen Kindern und Karriere entscheiden muss, zu jeder Zeit ab.

Schade ist, dass Schatz, nimm du sie! einfach nicht genug hergibt, um das Thema wirklich witzig rüber zu bringen. Ähnlich erging es schon dem Original, dem französischen Mama gegen Papa. Auch dort zündete nur die Hälfte aller Gags (mal ganz abgesehen vom überdrehten französischen Schauspiel). Auch hier ist es ab und an schlicht peinlich, wenn Papa Marc mit nacktem Oberkörper im Strip-Lokal seiner Tochter beweisen möchte, wie schlimm er so ist. Die besseren Momente sind deshalb tatsächlich jene, in denen versöhnlichere Töne angeschlagen werden.
Sven Unterwaldts Komödie hätte deshalb durchweg böser sein dürfen – bezeichnend, wenn die besten Kalauer von den Kids kommen. So zum Beispiel, wenn Tobias seiner Schwester Emma naseweis beibringt, dass „Scheiße“ keinen Komparativ hat. Auch Ludger Pistor liefert ab und hat ein paar knochentrockene Einzeiler auf Lager. Axel Stein mit Pudelfrisur hingegen kann sein Potenzial aufgrund der begrenzten Rolle leider nicht ausnutzen. Wenn Schatz, nimm du sie! zum Ende hin dann seinen vorhersehbaren Lauf nimmt, fängt er allerdings auch die Zuschauer wieder ein, denen die Familie dann doch nicht egal ist. Kebekus und Mehmet sind dabei insgesamt deutlich besser als der Film selbst, weshalb es wohl die bessere Idee gewesen wäre, eine originäre Story mit „echtem“ Sorgerechts-Streit zu drehen.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Schatz, nimm du sie! hat den typisch erdig-braunen Look, den man bei deutschen Komödien so oft sieht und der sie atmosphärisch sofort als solche erkennen lässt. Leider bleibt das Ganze dauerhaft etwas zweidimensional – gerade Nahaufnahmen von Gesichtern können schon mal etwas flach wirken. Auch der Kontrastumfang dürfte besser sein und lässt das Bild mitunter etwas flau erscheinen. Dafür ist die Bildruhe recht gut und zeigt kaum Körnung.
Die deutsche dts-HD-Master-Spur ist zwar von Beginn an recht räumlich. The Cardigans „My Favourite Game“ fächert sich weiträumig auf. Allerdings lässt es der Sound dann doch ein bisschen an Druck vermissen und die Effekte wirken arg oberflächlich. Stimmen haben zudem ein bisschen zu viel Hall. Da Schatz, nimm du sie! nicht gerade reich an Actionszenen ist, entsteht Dynamik nur während einiger weniger Szenen. So zum Beispiel beim Kuchenessen im „neuen Haus“ von Marc oder während des finalen Eigenheim-Einsturzes (81’10).

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Schatz, nimm du sie! ist übersichtlich – enthalten sind nur Trailer und Programmtipps.

Fazit

Schatz, nimm du sie! funktioniert auf dem versöhnlichen Friedenspfeifen-Feld besser als dort, wo die Schlammschlacht ausgetragen wird. Beide Hauptdarsteller machen ihre Sache zwar richtig gut und gerade Kebekus etabliert sich als ernst zu nehmende Schauspielerin. Beide leiden aber unter dem schwachen Drehbuch und der Geschichte, deren witzige Ausgangsidee nur bedingt zündet. Die besten Gags jedenfalls kommen von den Kids und den Nebenfiguren.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 55%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: Deutschland/Frankreich 2016
Regie: Sven Unterwaldt jr.
Darsteller: Carolin Kebekus, Maxim Mehmet, Arina Prokofyeva, Axel Stein, Arsseni Bultmann, Jasmin Schwiers, Ludger Pistor, Annette Frier, Thomas Heinze
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 89
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Schatz, nimm du sie!

SCHATZ, NIMM DU SIE! | Offizieller deutscher Trailer | ab 16. Februar im Kino!

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