The Boss Baby – Kekse sind was für Schwächlinge

Blu-ray Review

The Boss Baby Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 03.08.2017

OT: The Boss Baby

 


Ungeteilte Aufmerksamkeit

Wer ist der Herr im Haus? Wenn ein neues Baby die Welt des Einzelkindes auf den Kopf stellt.

Inhalt

Tim Templeton hat die coolsten Eltern und das genialste Kinderleben, das ein Siebenjähriger haben kann. Er liebt sein Dasein in diesem perfekten „Dreieck“ aus Mama, Papa und Tim. Doch dann passiert es: Eines Tages kommt die Mama mirnichtsdirnichts mit einem neuem Baby zur Tür herein. Tims heile Welt bricht zusammen. Zumal der Neuankömmling mit Anzug gekleidet ist und sofort die Kontrolle über das Elternhaus übernimmt. Ehe es sich Tim versieht, hat niemand mehr Zeit für ihn und die Erinnerungsfotos mit ihm und seinen Eltern werden von Kinderkrakeleien überklebt. Jetzt könnte man meinen, das sei ein ganz normaler Vorgang, wenn Tim nicht merken würde, dass dieses Baby ein ganz schräger Typ ist – warum sonst sollte ein Kleinkind einen Aktenkoffer tragen und (heimlich) reden. Es scheint, als plane der kleine Kerl etwas und das könnte mit der Firma zu tun haben, in der Mama und Papa arbeiten …

Tom McGrath, Haus- und Hofregisseur von DreamWorks Animation nimmt sich nach den drei Madagascar-Filmen und dem zwischenzeitlichen Megamind mit The Boss Baby nun eines Bilderbuchs für Kids zur Brust und macht da weiter, wo das Baby der Unglaublichen angefangen hat. Und schon die Titelsequenz, in der geschildert wird, wo die kleinen Nachwuchskinder so herkommen, zeigt, wie viel Fantasie McGrath und sein Team immer noch haben – großartig, wenn unser Titelheld schon von Beginn an als echter Querkopf daherkommt und nur in letzter Sekunde den Schnuller in die „richtige“ Öffnung bekommt. Man muss sich zwar kurz dran gewöhnen, dass das Baby ein echt stinkstiefelnder Mistsack ist, während man Tim (vollkommen zurecht) bedauert, doch spätestens wenn Boss Baby mit der Synchronstimme von Alec Baldwin (auch im Original sprach Baldwin die Figur) im Stakkato-Takt mit Lebensweisheiten um sich wirft,
Inhaltlich geht’s gleich doppelt um das Gefühl, sich vernachlässigt und ausrangiert zu fühlen. Tim, der in direkter Weise mit der Konkurrenz konfrontiert wird und das Baby, das verhindern muss, dass süße Welpen potenziellem menschlichen Nachwuchs den Rang ablaufen. Dabei wütet es und schimpft und wirkt überheblich wie … ähm … Donald Trump? War es wirklich nur Zufall, dass ausgerechnet Alec Baldwin dem Kleinen seine Stimme lieh – immerhin der größte Trump-Parodist, den die USA gerade haben? Kann man wirklich interpretieren, dass die Bedrohung der Familie durch Hundewelpen ein Kommentar auf Trumps „America First“ und dessen Angst vor Überfremdung sei? Man mag es hineindeuten und dem Film damit aus liberaler Sicht Gutes tun. Einzig: The Boss Baby wurde mehrfach verschoben und bereits 2014 produziert – also lange vor der Wahl des zwitschernden Präsidenten. Ob nun Zufall oder doch ein bisschen gewollt – witzig sind die Parallelen allemal.

Apropos witzig: Während Babys Dialoge meist sitzen, gibt’s auch Albernheiten. Ausgerechnet eine Lactose-Unverträglichkeit macht den Bösewicht aus? Da hätte den Machern durchaus was Witzigeres einfallen können. Doch auch solche Holprigkeiten sind kein Problem im Angesicht der sensationellen Elvis-Parodie am Flughafen. Natürlich kommt auch die Action nicht zu kurz, wenn nach 20 Minuten eine fünfminütige Sequenz ihren Lauf nimmt, in der Tim mit wild gewordenen Babys um seine Beweis-Kassette kämpft – großartig vor allem dann, wenn man aus Sicht der Eltern einen kurzen Blick auf die Szene wirft und sieht, dass es soooo schnell dann doch gar nicht vorwärts geht. Ebenso rasant geht’s zu, wenn Tim und das Baby vor Eugene fliehen, der auf einem Spielanhänger skateboardet. Wie man Action inszeniert, weiß McGrath ganz offensichtlich. Ein wenig gewöhnungsbedürftiger sind da schon die surrealen Sequenzen aus Tims Fantasie, die nicht nur mit schrillen Farben, sondern teils auch mit 2D-Animationen daherkommen und für kleine Kids definitiv visuell überfordernd sind. Schade, dass The Boss Baby den Konflikt der Geschwister-Dynamik mehr und mehr zugunsten einer kruden und wenig schlüssigen Verschwörung vernachlässigt. Natürlich sorgt das für mehr Abwechslung (alleine der Schauplatz Las Vegas hat sicherlich Millionen an Animationskosten verschlungen) lässt aber auch die Seele des Films ein wenig vermissen.

Bild- und Tonqualität

The Boss Baby liefert nichts anderes als ein perfektes Bild. Die perfekte Laufruhe, die in keinem Moment auch nur das geringste Korn offenbart, unterstützt die extrem kräftigen Farben, die dauerhaft um die Wette strahlen. Dazu gibt’s einen Kontrastumfang, der schon auf der Blu-ray das satteste Schwarz mit dem knalligsten Weiß kombiniert und dazwischen sämtliche Farben dermaßen satt präsentiert, dass es eine Pracht ist. Auch bei der Schärfe und Detailtiefe gibt’s hier nichts zu mäkeln.
Wie bei 20th Century Fox mittlerweile üblich, liegt die deutsche Tonspur auch von The Boss Baby „nur“ in regulärem dts vor, während die Originalfassung in unkomprimiertem dts-HD-Master (und noch zwei Tonspuren mehr) daherkommt. Beiden gleich ist die luftige Räumlichkeit, mit der die zahlreichen Soundeffekte auf den Rears platziert werden – ob das während der rasanten Verfolgungsjagd nach 20 Minuten ist oder die dauerhaft räumliche Filmmusik. Glasklar kommen dazu die Stimmen aus dem Center und auch der Subwoofer setzt immer wieder Akzente. Dies allerdings im Englischen noch vehementer, wenn nach 75 Minuten die Rakete aus Vegas startet und das Heimkino hörbar druckvoller unter Feuer setzt, ist das recht eindrucksvoll hörbar.

Bonusmaterial

Im Bonusbereich von The Boss Baby gibt’s insgesamt acht Featurettes. Von „Babycorp und Du!“, das einem Werbevideo für Boss Babys Arbeitgeber gleichkommt und schildert, wie man eventuell selbst mal zu einem Super-Big-Fat-Boss-Baby werden kann über „Der Forever-Puppy“ hin zu „Boss Baby und Tims Schatzsuche durch die Zeit“, das noch einmal tief in Tims Fantasie eindringt oder „Der große Geschwister-Wettstreit“, das McGrath und die Synchronsprecher selbst zu Wort kommen lässt und sie schildern lässt, wie sie ihre eigenen Geschwister empfanden. Dazu gibt’s noch elf Minuten an entfallenen Szenen, die von McGrath eingeleitet werden sowie einen Einblick in die Welt von Dreamworks Animation, was allerdings nur ein Zusammenschnitt von Musikvideos zu anderen Filmen des Studios ist.

Fazit

The Boss Baby beginnt stark und erzählt zunächst eine universelle Geschichte von Geschwisterliebe/-zwist. Der zweite Teil des Films generiert dann zum Action-Feuerwerk im Agentenstil – so richtig mag das nicht zusammenpassen, wenngleich die Animationen brillant sind und das Tempo extrem hoch.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 100%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 60%
Film: 70%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Tom McGrath
Sprecher: K. Dieter Klebsch, Tobias Lelle, Karlo Hackenberger, Ulrike Stürzbecher, Tilo Schmitz, Eckart Dux
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 97
Codec: AVC
FSK: 6

Trailer zu The Boss Baby

The Boss Baby | Trailer 1 | Deutsch HD German (2017)

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