The Last Face

Blu-ray Review

The Last Face Blu-ray Review Cover
Universum Film, 29.09.2017

OT: The Last Face

 


Liebe in unmöglichen Zeiten

Sean Penns jüngste Regiearbeit ist kein leicht zu konsumierender Film geworden.

Inhalt

Der Südsudan 2003: Miguel ist Arzt ohne Grenzen und hilft derzeit in einem der schrecklichsten und brutalsten Bürgerkriege der Welt. Nicht immer kann er Leben retten. Oft muss er vor den Bluttaten der Soldaten kapitulieren und auch kleinen Kindern ein letztes Mal die Augen sanft zumachen. Zwischen all den Amputationen und den umherfliegenden Kugeln der Gewehre scheint kaum Zeit für Privates. Und doch lernt Miguel eines Tages in Kapstadt die Entwicklungshelferin Wren kennen. Er, der Mann der Tat vor Ort, sie die kühl wirkende Schreibtischtäterin – ein unmögliches Paar. Eigentlich. Doch wie es die Liebe so will, achtet sie nicht auf Verhaltensweisen oder Berufsstände. Die Beiden verlieben sich im Antlitz des Bürgerkriegs. Doch dann erfährt Wren, dass Miguel mal etwas mit ihrer Cousine hatte und die hat auch noch ein sehr unschönes Geheimnis zu offfenbaren …

Sean Penn, Javier Bardem und Charlize Theron – ein Trio von verdienten und ausgezeichneten Hollywoodgrößen, das in einem gemeinsamen Film zusammentrifft, um Penns politische Botschaft zu verkünden. Neun Jahre nach Into the Wild kehrt der Schauspieler auf den Regiestuhl zurück, beginnt kryptisch, um dann umso unvermittelter in den Bürgerkrieg im Südsudan zu wechseln. Die Bilder, die er von dort zeigt, sind von schonungsloser Offenheit und Brutalität. Sie zeigen leere Gesichter der Opfer und der Patienten, denen man Beine oder andere Gliedmaßen abtrennen muss. Schildern eindrücklich, wie die Ärzte unter Beschuss stehen und dabei versuchen, wenigstens das Leben der stark verwundeten Zivilisten zu retten. The Last Face ist weder inhaltlich, noch inszenatorisch oder gar visuell leichte Kost. Penn legt den Finger dorthin, wo es weh tut und erzählt eine Geschichte, die ansonsten kaum fürs gelackte Hollywoodkino geeignet scheint. In Bürgerkriegen, die von der Welt vergessen werden, findet er ehrliche, manchmal aber auch ziemlich pathetische Bilder, die ein wenig zu sehr vermitteln wollen, dass die Welt ein ziemlich gewalttätiger Ort ist. Bei allen hehren Absichten des politisch denkenden Filmemachers ist das schon mal etwas zu viel des Guten, bzw. Bösen.

Spätestens nach einer halben Stunde nimmt The Last Face dazu einen Tenor an, der zumindest unglücklich ist. Denn das Elend der afrikanischen Bürgerkriege muss als Schauplatz einer Love-Story herhalten, die nach üblichem Hollywoodmuster funktioniert und deshalb die nach wie vor geschehenden Gräueltaten bagatellisiert. Hinzu kommt, dass man schlicht nicht offen zeigen MUSS, wie ein Kaiserschnitt unter irrealen Bedingungen aussieht. Manchmal wäre hier weniger deutlich mehr gewesen – zumindest in Sachen grafische Zurschaustellung von Skalpellen, die sich durch Körperteile schneiden. Penn möchte gerne authentisch und schonungslos sein, ergötzt sich aber an Splatter-Bildern, die auch einem Horrorschocker gut gestanden hätten. Theron und Bardem machen gute Miene zum Spiel, kommen aber gegen derartig prätentiöse Bilder kaum an. Wenn sich die nackten Füße der beiden Protagonisten im Dunkeln berühren, könnte das eine zärtliche Liebesgeschichte sein, die allerdings einfach nicht zum Rest passen will. Zudem kann man zwischen Bardem und Theron leider nur bedingt Chemie erkennen oder spüren. Penn indes zeigt seine beiden Hauptdarsteller in selbstverliebten Zeitlupenbildern, die er einem Terrence Malick abgeschaut hat und lässt dazu einen Ethno-Soundtrack aus der Klischee-Jukebox auf den Zuschauer herab rieseln. Wenn der Film dann in der Zeit vorwärts springt und die Dramatik in der Beziehung zwischen Miguel und Wren betont, wird er zudem zäh und verliert sich in elegischen Momenten. Am Ende weiß man leider nicht wirklich, was Sean Penn mit The Last Face überhaupt wollte – schade.

Bild- und Tonqualität

Dass Sean Penn ein Freund von grobem Filmkorn ist, kennt man von seinen bisherigen Filmen, die allesamt einem analogen Look frönten. Bei The Last Face sorgt die Wuselei bisweilen aber auch für sehr starke Unruhen auf Gesichtern und auch Farbverfälschungen sind dann auszumachen (erste Szene). Dazu spielt der Regisseur Penn dieses Mal gerne mit sehr starken Fokusverschiebungen und kurzen Schärfebereichen. Bei natürlicher Lichtumgebung in dunklen Szenen ist das Korn oft derart heftig, dass weder Farben noch die Schärfe passen (21’00).
The Last Face beginnt mit einer Szene in einem Theater. Klassische Musik dringt raumfüllend aus den Lautsprechern und wird nach dem Höhepunkt von Stille und Wrens Stimme abgelöst, die in Gedanken zu sich selbst spricht. Dann folgt ein Wechsel, der akustisch kaum eklatanter sein könnte, wenn das Dorf von bewaffneten Schergen in Angst und Schrecken versetzt wird. Das Geballer aus den Maschinengewehren gelangt derart dynamisch ins Heimkino, dass einem Angst und Bange wird. Plötzlich ist man mittendrin in einem blutigen Bürgerkrieg, dessen Geräuschkulisse alleine schon schockierend ist (ab 5’45)

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Last Face hält sich ein zehnminütiges Featurette neben einer Bildergalerie und den Trailern auf. In dem kurzen Making-of kommt vor allem der Produzent zu Wort, der die Arbeit und Akribie seines Regisseurs lobt.

Fazit

The Last Face möchte gerne Bürgerkriegsdrama und Love-Story vereinen, bekommt die Mixtur aber nur bedingt hin. Während die schonungslosen Aufnahmen der Kriegszustände ebenso unmittelbar wie schockierend wirken, funktioniert die Liebesgeschichte nicht und wirkt wie ein Fremdkörper.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 30%
Film: 50%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Sean Penn
Darsteller: Charlize Theron, Javier Bardem, Sibongile Mlambo, Jean Reno, Adèle Exarchopoulos, Jared Harris
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 131
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu The Last Face

The Last Face Official Trailer #1 (2017) Charlize Theron, Sean Penn Drama Movie HD

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2 Kommentare
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Ales Keller

Wer diesen Film so in den Dreck zieht wie einige so genannte Kritiker und auch Zeitungen hat glaube ich nix verstanden.
Sehe ihm gerade zum 3. Mal weil ich es verstehen will, warum sich einige Leute soooo das Maul über den Film zerreißen???
Meine Meinung :
„Jede Sekunde ist sehenswert und Realität sehr nah, Augen auf und nicht zu!!!

Rüdiger Petersen

Dem kann ich nur zustimmen. Mir hat der Film gefallen und war von den schlimmen Bildern ganz schön schockiert. Ich habe mir den Streifen Hauptsächlich gekauft weil Charlize Theron mit die Hauptrolle spielt und weil mich das Thema interessiert. Weil die Kritiken vorab nicht so gut waren hatte ich gar nicht viel erwartet und wurde dann doch positiv überrascht. Das ist ein Film den sich jeder einmal anschauen sollte. Aber eines ist auch klar……….das Film auch eine Sache des Geschmacks ist. Was ich toll finde kann der andere als Grottenschlecht empfinden. Es hat ja auch nicht jeder den selben Musikgeschmack. Und das ist auch gut so.