Wie ein weißer Vogel im Schneesturm

Blu-ray Review

Wie ein weißer Vogel im Schneesturm Blu-ray Review Cover
Capelight Pictures, seit 14.08.2015

OT: White Bird in a Blizzard

 


Familienidyll

Was Cat während ihres Heranwachsens innnerhalb der Familie erlebt, davon erzählt Wie ein weißer Vogel im Schneesturm.

Inhalt

Irgendwann im Herbst 1988: Als Kat eines Nachmittags von der Schule nach Hause bekommt, sitzt ihr Vater versteinert auf dem Sessel und erzählt, dass Mutter Eve „weg“ sei. Kat denkt sich erst Mal nichts dabei, telefoniert mit Freund Phil und geht davon aus, dass die Frau Mama schon wieder auftaucht. Als das nicht passiert, wird die Polizei kontaktiert, die jedoch nur wenig unternimmt. Kat muss nun zu einer schon nicht gerade glücklichen Kindheit auch noch ein weiteres Trauma hinzufügen – zumal sie irgendwann spitzkriegt, dass ihre eigene Mutter sich an ihren Lover Phil herangeschmissen hatte. Da der daraufhin scheinbar keine Lust mehr auf Kat entwickelt, schmeißt sie sich an den ermittelnden Beamten im Falle ihrer verschwundenen Mutter heran. Drei Jahre später kommt der mit einer wagemutigen These über deren Verbleib, was Kat dann doch ins Grübeln bringt …

Shailene Woodley zeigt erneut, dass sie neben Eventkino wie Die Bestimmung vor allem auch in Jugend- und Beziehungsdramen ganz vorzüglich abliefert. Zuletzt noch in Spectacular Now oder Das Schicksal ist ein mieser Verräter zu sehen, ist ihre Rolle in Wie ein weißer Vogel im Schneesturm nun wohl die am anspruchvollsten angelegte. Regisseur Gregg Araki, der spätestens mit Mysterious Skin sein Image als Independentfilmer etabliert und gepflegt hatte, seziert nun das spießbürgerliche Vorstadtleben der Amerikaner in den 80ern. Während er in der Rolle der Mutter sämtliche unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte manifestiert, die in Alkoholismus und Selbstzerfleischung münden, ist der Vater der Inbegriff des Gutmenschen, der seiner Frau als Fußabtreter dient. Mittendrin geht Kat als einzige Tochter durch eine verwirrte Kindheit und Jugend, die sie zum einen reflektiert werden lässt, zum anderen aber damit konfrontiert, dass sie als Kind von der Mama wie ein kleines Schoßtier behandelt wurde und im Teenageralter zwischen die Fronten der steinernen Ehe ihrer Eltern gerät. Um das irgendwie zu verarbeiten, flüchtet sie sich in den Sex mit ihrem Freund Phil (oder würde das gerne) und findet sich immer wieder in Tagträumen wieder. Die 23-jährige Aktrice geht dabei nicht nur körperlich weiter als bisher, sondern forscht auch in den Abgründen einer verletzten jugendlichen Seele, um die Einflüsse nachvollziehen zu können, die auf ihre Filmfigur in Wie ein weißer Vogel im Schneesturm einwirken. Inszenatorisch nutzt Araki häufig Rückblenden, um die Geschichte aufzurollen und wandert zudem irgendwann in die 90er. Während Kat bei ihrer Therapeutin sitzt und von den Dingen erzählt, die in der Vergangenheit passiert sind, entblättert sich so vor dem Zuschauer ein bisweilen satirisches und bitterböses Szenario, in dem Kat noch die normalste aller Figuren ist. Eve Conners, gespielt von einer sexy-kühlen Eva Green scheint hingegen schon fast aus einem lynch’schen Alptraum entsprungen zu sein. Um das Verschwinden der Mutter geht es während der ersten 65 Minuten hingegen nur peripher. Es gibt keine Konzentration auf typische Ermittlungsarbeiten. Vielmehr nutzt Araki die Zeit, sich um das Seelenleben seiner Figuren zu kümmern. Dabei, Independent hin oder her, wird’s auch schon mal etwas zäh in Wie ein weißer Vogel im Schneesturm. Und gerade als man sich fragt, wo die Reise für die Beteiligten hingeht, wird ebenso plötzlich wie überraschend klar, wo die Mutter die ganze Zeit über war und welchen Sinn Cats Träume ergeben – überraschender Knalleffekt im Finale inklusive.

Bild- und Tonqualität

Während das Bild von Wie ein weißer Vogel im Schneesturm während der Traumsequenzen unterkühlt und violett-bläulich verfärbt ist, ist die Farbgebung ansonsten recht natürlich. Auf uniformen Hintergründen in Halbtotalen machen sich Unruhen breit, wohingegen die Schärfe ganz passabel ist. Helle und gut ausgeleuchtete Bereiche strahlen, hin und wieder sumpfen Details in dunklen Bereichen ab. Akustisch sollte man von Wie ein weißer Vogel im Schneesturm keine großen Wunder erwarten. Während der häufigen Soundtrack-Sequenzen zu Beginn gibt’s mal etwas Dynamik – vor allem in der Diskoszene (ab 22’25). Doch das bleibt die Ausnahme. Die deutschen Stimmen zischeln dazu ein wenig und die Belegung der Rearspeaker mit Signalen wirkt nur bedingt authentisch.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Wie ein weißer Vogel im Schneesturm enthält je ein Interview mit Woodley und Regisseur Araki. Dazu gesellen sich entfernte Szenen mit einer Laufzeit von knapp 10 Minuten und ein Audiokommentar des Regisseurs und seiner Hauptdarstellerin. Das ebenfalls enthaltene Making-of ist eher ein kurzer Teaser von 2:30 Minuten Länge.

Fazit

Wie ein weißer Vogel im Schneesturm ist so etwas wie die bittere Variante von American Beauty. Garniert mit herausragenden Darstellern und einem finalen Knalleffekt dürfen Liebhaber von anspruchsvollen Dramen zuschlagen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 30%
Film: 60%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Gregg Araki
Darsteller: Shailene Woodley, Eva Green, Christopher Meloni, Shiloh Fernandez, Gabourney Sidibe, Angela Bassett, Thomas Jane
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 12

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