Zoomania – Ganz schön ausgefuchst 3D

Blu-ray Review

Zoomania 3D Blu-ray Review Cover
©Walt Disney, seit 14.07.2016

OT: Zootopia

 


Nur 48 Stunden

Was es für eine Häsin heißt, gegen die großen Tiere der Polizei von Zoomania zu bestehen, schildert Disneys jüngster Animationshit voller Detailfreude.

Inhalt

Zoomania 3D Blu-ray Review Szene 7
Judy ist sich sicher: Sie wird dazu beitragen, die Welt ein Stückchen besser zu machen  © 2015 Disney

Judys Eltern staunen nicht schlecht, als ihr junges Mädchen ihnen mitteilt, dass sie gerne die erste Polizisten-Häsin von Zoomania werden möchte – immerhin leben in der großen Stadt ehemalige Säugetier-Feinde friedlich zusammen. Und Judy möchte die Welt zu einem besseren Ort machen. Deshalb ist Karottenfarmer auch so gar nicht ihr Ding. 15 Jahre später hat Judy die Ausbildung zur Polizistin als Klassenbeste absolviert und darf mitten in der Innenstadt ihren Dienst antreten. Von den alteingesesessenen Nashorn-, Löwen- oder Tigerkollegen wird sie, die nicht mal über den Tisch gucken kann, wenn sie sich auf ihren Stuhl setzt, misstrauisch bis abschätzig betrachtet. Doch mit Widerständen kennt sich Judy ja aus – selbst wenn sie zunächst mal zur Parkraumüberwachung eingesetzt wird, obwohl doch gerade 14 Säugetiere als vermisst gelten. Während ihres Dienstes begegnet sie dem ausgefuchsten Nick, der sie erst einmal übers Ohr haut. Doch wie es der Zufall will, muss sie genau mit diesem sarkastischen Rothaarwild zusammenarbeiten, um den Fall des vermissten Otters aufzuklären, den Judy sich geschickt ergattert hat. Kein einfaches Unterfangen, ist Nick doch das genaue Gegenteil der Häsin und denkt, dass man nur das sein kann, was man ist. Doch irgendwie raufen sich die Zwei zusammen und kommen einer großen Verschwörung auf die Spur …

Zoomania 3D Blu-ray Review Szene 1
Das sieht Pessimist Nick jedoch ein wenig anders  © 2015 Disney

Zoomania hatte niemand so richtig auf dem Plan. Ohne ihm Böses zu wollen (immerhin handelt es sich um einen Animationsfilm aus dem Hause Disney) hätte wohl niemand vor dem Start gedacht, dass er sich zum vierterfolgreichsten Animationswerk aller Zeiten mausern und zeitweise sogar eine „Gefahr“ für Die Eiskönigin – völlig unverfroren darstellen könnte. Mit knapp über einer Mrd. weltweitem Einspiel muss man den Hut vor der originär erdachten Geschichte ziehen, womit er eigentlich sogar der erfolgreichste animierte Film ist, der nicht auf einem Märchen basiert oder eine Fortsetzung ist. Das Schöne an diesem Erfolg: Zoomania (oder Zootopia wie er im Original inhaltlich treffender heißt) hat ihn sich mehr als verdient. Wenn man auch nur ansatzweise auf sprechende Tiere steht und mit einem Humor klarkommt, der menschliche und animalische Marotten aufs Korn nimmt, MUSS man den Film von Byron Howard (Rapunzel – Neu verföhnt) und Rich Moore (Ralph reicht’s) einfach lieben. Warum das so ist? Nun, das fängt bei den unzählbaren kleinen Details an und geht über unglaublich zahlreiche Querverweise anderer Filme oder Disney-Produktionen weiter. Geradezu sensationell ist die in Zoomania verarbeitete Parodie auf Der Pate (natürlich mit Christian Brückner in der Synchro – selbst wenn der Brando im Original nicht eingesprochen hatte). In Sachen Details ist schon die (für gerade mal drei Sekunden eingeblendete) Artists-Liste in Judys mp3-Player ein Brüller und wenn sie im Zug durch Bunnyburrow fährt und man den Population-Counter anschaut, folgt direkt der nächste Lacher – ganz zu Schweigen von der Rückseite von Judys Handy (der Gag wird an dieser Stelle nicht verraten). Auch die drei unterschiedlichen Ein- und Ausstiegstüren der Züge oder die Eigenarten der Tiere sind vorzüglich beobachtet und die Integration von Wüstenstätte, Tundratown oder Amazonasviertel sorgt für eine tolle Atmosphäre. Zurück zum Humor: Alleine der Besuch Judys und Nicks auf der nur von Faultieren betriebenen Zulassungsbehörde fordert die Lachmuskeln aufs Äußerste. Und auch wenn sie hier persifliert werden, solten entsprechende menschliche Verwaltungsangestellte über genug Selbstironie verfügen, um sich darüber zu amüsieren. Die Tatsache dass in der Stadt große und kleinste Tiere zusammenleben, führt ebenfalls zu tollen Gags. Wenn Judy ihre Strafzettel verteilt und schon ein kleiner Windstoß ausreicht, um das Auto einer kleinen Maus wegzufegen, dann muss man einfach spontan laut loslachen. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Filmen mit Tieren ragt Zoomania auch deshalb heraus (im wahrsten Sinne des Wortes), weil man die Größenverhältnisse weitgehend beibehielt. Eine Giraffe ist nun wirklich riesig und Mäuse sind winzig. Schade, dass die Jahresspanne, die zu Anfang vergeht, keineswegs dem Tieralter von Hasen entspricht – zumal dieses Detail im Laufe des Films gar nicht mehr wichtig wird. Natürlich wird neben der hohen Gagdichte auch eine Geschichte erzählt und da Animationsfilme häufiger mit (mal mehr mal weniger subtilen) Botschaften versehen sind als Realfilm-Pendants, kommt das auch in der Crime-Story von Zoomania zum Tragen. Neben der Hauptmoral, dass man werden kann, was man will, wenn man sich anstrengt und dran glabut (dem sprichwörtlichen „American Dream“), werden ganz nebenbei noch sozialpolitische Komponenten eingeflochten und man ist sich auch nicht zu schade, das eigene Prinzip ironisch zu kritisieren. So gibt’s einen kleinen Kommentar auf die Tatsache, dass im Film alle mit Klamotten durch die Gegend laufen und sich viel zu domestiziert verhalten, im Nudistencamp. Darüberhinaus übt man kurz auch noch Kritik an der Tatsache, dass man große Verbrecher meist nur über Steuerhinterziehung dranbekommt und liefert einen bissigen Beitrag dazu, dass Angst offenbar immer funktioniert, um Ressentiments zu schüren und Andere zu unterdrücken. Auf diese Art wird Zoomania sogar zum flammenden Plädoyer für eine multikulturelle Gesellschaft. Selbst wenn die erstaunlich lange Laufzeit von 108 Minuten im Verlaufe der Krimigeschichte für ein paar kleinere Längen sorgt, weiß man am Ende nicht nur, wie man ganz leicht böse Wölfe ausschalten kann, sondern bekommt auch noch den besten Abschlussgag der letzten Monate präsentiert.

Bild- und Tonqualität

Zoomania 3D Blu-ray Review Szene 3
Wichtigste Botschaft von „Zoomania“: Erzähle niemals einem Faultier einen Witz  © 2015 Disney

Man ist ja mittlerweile verwöhnt von den Animationsfilmen der vielen Anbieter und verteilt reihenweise Höchstnoten fürs Bild. Das ist im Grunde ja auch kein Kunststück, immerhin entstehen diese Filme allesamt digital am Rechner. Eine Blu-ray muss beim Mastering also schon verkorkst werden, damit sich das negativ auf die Bildqualität auswirkt. Bei Zoomania ist das zwar nicht passiert, dennoch ist man ein wenig enttäuscht vom generellen Look, den die Macher offenbar gewählt haben. Keine Frage: Schärfe, Bildruhe und Artefaktfreiheit sind auf Referenzniveau. Auch die Detaildarstellung des immens plastischen Films (man sehe sich alleine die Oberflächenstruktur des Eisstiels an) ist herausragend. Allerdings wählte man hier und da einen etwas soften, weichen und in Sachen Kontrastumfang eher hellen Look, dem das tiefste Schwarz etwas abgeht und dessen Farben trotz der prächtigen Tier- und Bauwerke-Vielfalt etwas blass wirken. Das alles wohlgemerkt auf hohem Niveau, aber im Gegensatz zu einem Ralph reicht’s oder einer Monster AG dann doch sichtbar reduzierter.
Exemplarisch effektvoll und ausgewogen ist der Sound von Zoomania, der in dts-HD-Master 7.1 (englisch) und dts-High-Resolution 7.1 (deutsch) vorliegt. Schon die Zugfahrt durch die große Stadt geschieht derart raumfüllend, dass man die spektakulären Buschtrommeln aus Shakiras Titelsong fast unterschlägt. Egal, was in Zoomania geschieht, stets gibt es von überall her Geräusche und Effekte. Auch die Tiersounds sind grandios. Gerade wenn Judy an ihrem ersten Tag durchs Revier läuft und von Nashörnern angeraunzt wird oder die Nilpferdkollegen durch die Gegend trampeln, setzt es bassgewaltige Akzente. Allerdings muss man feststellen, dass entgegen der sonstigen Gewohnheit bei Disneys Tonfassungen dieses Mal der deutsche High-Resolution-Sound etwas abfällt. Im direkten Vergleich mit dem englischen Pendant sind die Effekte und die Wucht hörbar weniger ausgeprägt und vor allem leiser. Doch selbst wenn man die deutsche Tonspur um gut das Doppelte erhöht, bleibt die Dynamik und Bassgewalt hinter dem Original zurück – exemplarisch gut zu hören beim Entgleisen und späteren Explodieren des Zugwaggons kurz vor dem Finale.

3D-Effekt

Die Bühne, auf der unsere Hauptfigur zu Beginn Theater spielt, ragt recht griffig in den Raum hinein und die Figuren im Publikum sind in mehreren Ebenen gestaffelt. Auch im weiteren Verlaufe sind es hauptsächlich die Tiere, die greifbar platziert werden und wenn Judy ihrem Ausbilder in der Polizei-Akademie zeigt, wie sie im Ring den gewichtigeren Gegner ausschaltet, springen die Seile mit nettem Effekt aus dem Bild. Zoomania ist dennoch kein 3D-Referenztitel, weil er es schlicht nicht drauf anlegt, Pop-out-Effekt an Pop-out-Effekt zu reihen. Das macht die Sache wiederum sehr angenehm zu konsumieren, weil die Augen nicht überfordert werden. Und wenn dann mal eine rasantere Szene mit deutlicher Tiefe (Fahrt im Zug durch Zootopia) für entsprechende 3D-Griffigkeit sorgt, dann darf man sogar ein bisschen staunen. Hin und wieder ragen mal Elefantenrüssel oder Giraffenhälse aus dem Bild heraus, was für einen plastischen Effekt sorgt, aber insgesamt ist die 3D-Darstellung hier sehr ausgewogen und zurückhaltend.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Zoomania finden sich neben sieben entfernten Szenen und dem Filmsong „Try Everything“ von Shakira insgesamt fünf Featurettes. In Recherchen: Ein tierisches Abenteuer“ stellt John Lasseter klar, dass die Macher von Zoomania zunächst mal nicht an die Story, sondern daran denken sollten, wie sich die Tiere verhalten und wie die Welt aussehen könnte, in der sie leben. Also besuchte man Tierparks, fotografierte, studierte und zeichnete vor Ort. Und dann schickte Lasseter sie dorthin, wo die Tiere wirklich leben – nach Afrika. Im fertigen Film wollte man dann unbedingt die Größenunterschiede festhalten, was für viele brüllkomische Situationen sorgt. In Ursprünge einer tierisch spannenden Geschichte erfahren wir, dass ursprünglich insgesamt sechs Ideen vorhanden waren und man sich an Filmen wie Robin Hood und Der Wind in den Weiden orientierte. „Runder Tisch: Zoologie“ geht’s um die praktische Entwicklung der individuellen Figuren inklusive ihrer Bewegungsabläufe und Farbgestaltung. „Scoremania“ kümmert sich, dem Namen entsprechend, um die Musikabteilung – also um die Komposition der Filmmusik. „Z.P.D. Forensische Akten“ sollten nur diejenigen gucken, die nicht selbst im Film auf die Jagd nach Zitaten aus anderen Werken Disneys gehen wollen, denn hier werden ganz viele Querverweise offengelegt. In „Unentdeckte Bewohner von Zoomania“ stellt uns das Regie-Duo Figuren vor, die ursprünglich geplant waren, es dann aber nicht in den Film schafften.

Fazit

Zoomania ist vollkommen zu Recht der vierterfolgreichste Animationsfilm aller Zeiten. So viel Detailverliebtheit und Niedlichkeit sind selten in einem Streifen zu finden. Dazu kommen absolut universelle und teils brandaktuelle Botschaften sowie das coolste Polizistenteam seit Lethal Weapon. Technisch nicht ganz auf dem absolut perfekten Niveau, ist die Blu-ray dennoch ein Genuss für Technikfans. Und wer den ersten Durchgang hinter sich hat, legt ihn vermutlich direkt ein zweites Mal ein, um die ganzen Details ausfindig zu machen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 95%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 70%
Film: 90%
3D-Effekt: 75%

Anbieter: Walt Disney
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Byron Howard, Rich Moore
Sprecher: Josefine Preuß, Florian Halm, Oliver Stritzel, Britta Steffenhagen, Daniel Zillmann, Frederick Lau, Christian Brückner
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts HD-High-Resolution: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 109
Codec: AVC/MVC
Real 3D: Ja
FSK: 0

(Copyright der Cover, Szenenbilder: © 2015 Disney)

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