Zu guter Letzt

Blu-ray Review

Zu guter Letzt Blu-ray Review Cover
Tobis/Universum, 18.08.2017

OT: The Last Word

 


Andalusien jetzt

Shirley Maclaine in einem ebenso witzigen wie bewegenden Film, der im besten Sinne analoge Wirkung erzeugt.

Inhalt

Harriet war einst eine erfolgreiche Business-Frau, die nun auf ihren Lebensabend hinsteuert. Den verbringt sie allerdings meistens ziemlich einsam, was daran liegen könnte, dass sie keine großartigen Freunde hat. Außerdem ist sie ein Kontrollfreak und überlässt nichts dem Zufall. Sogar beim Friseur nimmt sie die Schere in die Hand und erledigt die Arbeit allein. Abwechslung in ihr Leben bringt nur das Kartenspiel mit ihr selbst und das Studieren der Zeitung die sie einst jahrzehntelang mit Anzeigen fütterte. In der liest sie spontan einen Nachruf der aufgeweckten Journalistin Anne Sherman. Da sie gerade (eher erfolglos) versucht, ihrem tristen Leben ein Ende zu bereiten, ist das vielleicht ein Zeichen. Ein Zeichen, doch noch einmal weiter zu machen und sich zumindest einen anständigen Nachruf zu ermöglichen. Um das zu erreichen, nimmt sie Kontakt zu Anne auf und bittet sie darum, ihr eine Laudatio im Vorhinein, also noch zu Harriets Lebzeiten zu verfassen. Anne nimmt zwar (notgedrungen) an, weiß aber noch nicht, dass sie es mit dem schwersten Job ihrer Karriere zu tun hat. Denn wen sie auch fragt – Nachbarn oder Bekannte, ehemalige Ärzte oder den Ex-Mann – niemand kann oder konnte Harriet leiden. Im Gegenteil: Alle beschreiben sie als arrogantes Scheusal. Selbst der Pfarrer der Gemeinde hasste sie. Das streicht Anne der alten Dame anderntags dann ehrlicherweise aufs Brot, weshalb sie erst einmal vor die Tür gesetzt wird. Doch Harriet mag ehrliche Menschen und ist sich bewusst darüber, dass sie von niemandem gemocht wird. Also muss sich etwas ändern. Und um das zu gewährleisten, sucht sie sich ein „Risikokind“ aus, um das sie sich kümmern kann. Außerdem versucht sie, sich mit ihrer eigenen Tochter zu versöhnen. Ob der Plan aufgeht, steht allerdings in den Sternen …

Shirley Maclaine ist eine Wucht. Die Schwester von Warren Beatty, die als 21-jährige in Hitchcocks Immer Ärger mit Harry ihr Langfilmdebüt gab, nutzt Zu guter Letzt aus, um ihre unglaubliche Leindwandpräsenz in die Waagschale zu werfen und sich ein vorzeitiges Vermächtnis zu setzen. Schon die ersten zehn Minuten, die von leiser, etwas melancholischer Musik begleitet werden und Harriet als kontrollsüchtige und schwer gelangweilte alte Dame zeigen, die ihre Mitmenschen kolossal nervt, könnten kaum besser dargestellt werden. Wenn sie dann mit strenger Lesebrille und konservativem Hosenanzug der flippigen „Zeitungsöre“ Anne gegenübersitzt und missbilligend auf deren Art, die Füße auf den Tisch zu legen schaut, beginnt für den Zuschauer ein ebenso vergnüglicher wie manchmal bissig böser und gleichzeitig berührender Film. Natürlich ist Maclaine während der rechthaberischen Szenen bereits gut und wenn sie sich mit Anne einen offenen Schlagabtausch liefert, an dessen Ende sie der Journalistin ein herablassendes „Sarkasmus: Der Witz der Unwitzigen“ entgegnet, macht das wirklich Spaß. Zu echter Hochform läuft sie allerdings dann auf, wenn es ans Eingemachte geht und sie mit der Wahrheit konfrontiert wird. Die dramatischen Momente sind die, die Zu guter Letzt wirklich zu einem bewegenden Werk machen. Wenn sie ein altes Videoband anschaut, auf dem sie nicht gerade sanft mit ihren Agentur-Kollegen umgeht oder eine schicksalsverändernde Nachricht erhält, die sie zum Ändern ihrer Denkweise zwingt, hat der Film wirklich kraftvolle Momente.

Während die Darstellung der Harriet den dramatischen Part weitgehend ausmacht, hat Mark Pellington (Arlington Road) genug Erfahrung, um die schwermütigeren Momente mit lockerer Inszenierung zu kontern. Wenn er Amanda Seyfried (selbstbewusst und anbetungswürdig) auf die Tour schickt, um (möglichst) positive Nachrichten über Harriet einzuholen, funktioniert der Witz prächtig. Alleine die Schilderungen der ehemaligen Gynäkologin Harriets sind bereits ein Brüller („Ich musste ihr das Geld zurück überweisen“). Und manchmal ist es sogar richtig böse. Beispielsweise, wenn Harriet für Anne schildert, was einen positiven Effekt auf ihren Nachruf haben könnte, sie aber bedauere, dass sie kein „behindertes schwarzes Kind“ kenne, um das sie sich in der Vergangenheit gekümmert habe. Trotz zahlreicher Stereotype, die Zu guter Letzt bemüht – das Herz sitzt am rechten Fleck und ganz nebenbei bekommt man noch ein herrliches Stück über den Unterschied der Generationen geboten. Wenn die drei Damen vollkommen unterschiedlichen Alters mit den Ausdrücken und dem Habitus der jeweils anderen Generation konfrontiert werden und später auf einen Road Trip gehen, setzt es durchaus charmante Lebensweisheiten, die dafür sorgen, dass jeder vom anderen lernt. Und wenn das Trio des Nachts in einer fast poetischen Szene gemeinsam in einem See badet, ist es auch egal, dass ab und an so manches Klischee bemüht wird.
Ach ja: Obendrauf gibt’s noch einen tollen Soundtrack mit passenden Songs aus der guten alten analogen Zeit.

Bild- und Tonqualität

Das Bild der Blu-ray von Zu guter Letzt scheint ebenso wie seine Hauptdarstellerin aus der analogen Zeit zu stammen. Das durchaus sichtbare Korn direkt zu Beginn zeugt bereits davon. Immer wieder wuselt es sichtbar – gerade auf den braunen Tapeten in Annes Haus (5’10). Auch die dauerhaften Randunschärfen knabbern an der Bildqualität und sehen nicht wirklich hübsch aus (Beine 35’42). Bei den Farben treten bisweilen wenig natürliche gelbe color-banding-Probleme auf Gesichtern auf (16’05), was den Eindruck weiter trübt. Close-ups indes sind manchmal knackscharf und der Kontrastumfang geht in Ordnung.
Akustisch bleibt Zu guter Letzt sogar während der atmosphärischen Außenszenen fast komplett frontlastig. Musik erklingt schon mal dezent aus den Rears, ansonsten dominieren hier die drei Frontspeaker. Der mittlere davon, also der Centerkanal, liefert die Stimmen und Dialoge äußerst gut verständlich und prägnant – womit das Wichtigste beim Sound durchaus erreicht wird. Während der Fahrt zur Tochter gibt’s außerdem ein paar Songs, die durchaus mal die Effektkanäle bemühen.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Zu guter Letzt teilt sich in einen deutschen sowie einen englischen Bereich auf. In Ersterem findet sich einer Bildergalerie und drei Trailern ein Mini-Making-of, das mit drei Minuten in der Tat kurz ist und das typische, fürs deutsche Fernsehen produzierte Kurz-Feature darstellt. Der Original-Extra-Bereich liefert sieben Interviews mit Darstellern und Filmemachern sowie eine B’Roll. Die läuft gut 14 Minuten, ist aber (wie üblich bei einer B’Roll) ohne Untertitel und ein roher, ungeschnittener Blick hinter die Kamera.

Fazit

Zu guter Letzt bietet Shirley Maclaine eine verdiente Bühne und liefert ebenso witzige wie anrührende Szenen über das Älterwerden und die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Das ist manchmal herrlich anachronistisch (Harriets Plattensammlung), oft süffisant-sarkastisch, aber immer treffsicher und vor allem großartig gespielt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Mark Pellington
Darsteller: Shirley MacLaine, Amanda Seyfried, Anne Heche, Thomas Sadoski, Philip Baker Hall
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 108
Codec: AVC
FSK: 0

Trailer zu Zu guter Letzt

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