Blu-ray Review
OT: Last Days in the Desert
Himmel und Hölle
Ewan McGregor als Jesus und Teufel in Personalunion.
Inhalt
Jesus begibt sich für 40 Tage fastend in die Einsamkeit der Wüste. Er möchte, gerade frisch gebackener Messias, ein bisschen Erleuchtung für den weiteren Weg finden. Als er auf eine Familie trifft, die ihn für einige Zeit aufnimmt, hört er den Wünschen der einzelnen Mitglieder zu. Während der Vater ein Haus bauen möchte und der todkranken Mutter schon ein wenig mehr Gesundheit reichen würde, sehnt es den Sohn in die große Stadt Jerusalem. Während er dem Trio beiwohnt, zwischen Vater und Sohn vermittelt und beim Bau des Hauses hilft, taucht immer wieder der Teufel auf, um den Glauben und Jesus‘ Vertrauen in Gott zu unterwandern …
„Vater, wo bist du?“, „Vater, sprich zu mir“ – die einzigen acht Worte, die während der ersten zehn Minuten gesprochen werden, deuten den inhaltlichen Weg, den Rodrigo Garcia mit seinem Glaubensdrama 40 Tage in der Wüste geht. Er inszeniert das Kapitel aus der Bibel, in dem Jesus vom Teufel in Versuchung gebracht wird, mit fast meditativem Fluss und lässt den prämierten Kameramann Emmanuel Lubezki (The Revenant) dazu fantastische Bilder des kalifornischen Anza-Borrego-Desert Nationalparks beisteuern, die gerade auf einer großen Leinwand beeindruckend wirken. In Ewan McGregor hat er praktisch die Idealbesetzung gefunden – immerhin sah er als Ben Kenobi in den Star-Wars-Episoden I-III auch schon ein bisschen aus wie ein Messias. Dass er hier gleich beide, also Jesus und den Teufel, als Doppelrolle spielt, gibt ihm die Möglichkeit eine ebenso bodenständige wie hinterhältige und (bisweilen) witzige Performance abzuliefern. Denn die Dispute zwischen Messias und dem Teufel sind durchaus auch komisch und der Film selbst wirkt eher wie ein esoterisch angehauchtes Selbstfindungs-Abenteuer. Dies allerdings im positiven Sinne, denn wer will heute schon dogmatisch-religiöse Werke sehen, die den Zuschauer missionieren wollen. 40 Tage in der Wüste stellt existenzielle Fragen neben jene des Glaubens und wirkt trotz des langsamen Erzähltempos und der reduzierten Schauplätze zu keiner Zeit gedehnt oder langweilig.
Jedenfalls nicht, wenn man sich auf ein wenig auf die Bilder und Dialoge einlassen kann. Und das wiederum kann man durchaus – selbst dann, wenn man mit Gottesglauben nur wenig oder gar nichts anfangen kann. Schön, dass man solche Themen mal nicht mit erhobenem Zeigefinger oder bluttriefendem Pathos erzählt bekommt, sondern mit gut geschriebenen Dialogen, die trotz ihrer in der christlichen Tradition verwurzelten Herkunft durchaus modern wirken. Denn die Themen sind universell. Sie handeln von Hoffnung, Selbstverwirklichung, von Familie und Bescheidenheit. McGregor muss es den größeren Spaß gemacht haben, die böse Rolle zu spielen. Seine Gestik und Körperhaltung verändert sich als Teufel, sein Lachen wird egoistischer und selbstzufriedender. Währenddessen bleibt er als Jesus stets etwas gebeugt im Rücken und senkt Stimme und Kopf. Sein Jesus verkörpert Bescheidenheit. Er möchte gar nicht so sehr als Messias gehandelt werden. Und wenn, dann bitte nicht, indem man ihn beim Namen nennt. Cieran Hinds als Vater und Jungtalent Tye Sheridan (Mud – Kein Ausweg) ergänzen den schottischen Hauptdarsteller dazu sehr gut. Ob man letztlich Antworten in 40 Tage in der Wüste findet, zu einer Selbstreflektion animiert wird oder einfach nur gute Unterhaltung mit intelligenten Dialogen genießt, das sei jedem selbst überlassen.
Bild- und Tonqualität
Die Bilder, die Kameramann Lubezki für 40 Tage in der Wüste eingefangen hat, werden über das 2,35:1-Format in epischer Breite und mit sehr gutem Kontrastumfang wiedergegeben. Naturgemäß herrschen in der Wüste eher Brauntöne vor, die allerdings sehr authentisch und nicht überzogen gefiltert wiedergegeben werden. Dazu strahlt der Himmel in sattem Blau und die Bildruhe ist ebenfalls hoch. Die Bildschärfe ist homogen über den kompletten Bildschirm verteilt und in Close-ups wirklich herausragend. Selbst in dunklen Szenen geht die Zeichnung nicht verloren.
Leise beginnt der Film, sehr leise. Nur hier und da ist mal ein kleines Geräusch zu hören. Dann, nach etwa sieben Minuten, fegt ein kleiner Wüstensturm über Jesus hinweg, der den Sand praktisch direkt ins Heimkino transportiert und äußerst effektvoll daherkommt. Und so gibt es immer wieder ähnliche Momente fast spiritueller Ruhe mit leisem Vogelgezwitscher, das dann wiederum von dynamisch eingreifenden Stimmen oder anderen Soundeffekten unterbrochen wird. Die vornehmlich klassische Filmmusik begleitet die Bilder kongenial, klingt aber schon mal etwas dumpf.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von 40 Tage in der Wüste gibt’s neben den Trailern und Programmtipps noch ein Featurette, das mit viereinhalb Minuten etwas kurz geraten ist und McGregor mit Wollmütze bei den Interviews zeigt.
Fazit
Kein religiöser, sondern ein spiritueller Film – 40 Tage in der Wüste handelt ganz unaufgeregt vom Glauben und von den wichtigen Fragen, die jeden Menschen beschäftigen. Dazu gibt’s gute Darstellerleistungen und atemberaubende Bilder.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%
Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Rodrigo García
Darsteller: Ewan McGregor, Tye Sheridan, Ciarán Hinds, Ayelet Zurer
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 12