95th Annual Academy Awards
Nachdem zuletzt oft ausgeglichene Verhältnisse bei den Gewinnern herrschten, kristallisierte sich 2023 sehr schnell heraus, dass der große Favorit auch zum großen Abräumer werden würde. Everything Everywhere All at Once sahnte sieben Goldjungen bei elf Nominierungen ab, während zuvor ebenfalls hoch gehandelte Titel wie Tar (sechs Nominierungen), Die Fabelmans (sieben Nominierungen) oder Elvis mit ganzen acht Nominierungen komplett leer ausgingen. Prozentual gesehen ist übrigens The Whale mit Brendan Fraser der erfolgreichste Film des Abends: Er gewann zwei Kategorien bei drei Nominierungen. Für Deutschland war es ein ganz besonderer Abend. Während man beim ESC Jahr für Jahr die letzten Plätze belegt, konnte mit Im Westen nichts Neues eine deutsche Produktion für Furore und Rekorde sorgen. So erhielt noch kein deutscher Film mehr Nominierungen für den Oscar© (mit neun drei Nominierungen mehr gegenüber dem bisherigen Spitzenreiter Das Boot) und mit dem Gewinn von vier Statuen ist man ebenfalls Rekordhalter.
Wer am Ende die einzelnen Kategorien nach Hause holte, lest ihr im Folgenden:
Kategorie: Bester Nebendarsteller
Die Nominierten
- Brendan Gleeson – The Banshees of Inisherin
- Brian Tyree Henry – Causeway
- Judd Hirsch – Die Fabelmans (The Fabelmans)
- Barry Keoghan – The Banshees of Inisherin
Gewinner:
- Ke Huy Quan – Everything Everywhere All at Once
Kategorie: Beste Nebendarstellerin
Die Nominierten:
- Angela Bassett – Black Panther: Wakanda Forever
- Hong Chau – The Whale
- Kerry Condon – The Banshees of Inisherin
- Stephanie Hsu – Everything Everywhere All at Once
Gewinner:
- Jamie Lee Curtis – Everything Everywhere All at Once
Kategorie: Bestes Originaldrehbuch
Die Nominierten:
- Todd Field – Tár
- Martin McDonagh – The Banshees of Inisherin
- Ruben Östlund – Triangle of Sadness
- Steven Spielberg, Tony Kushner – Die Fabelmans (The Fabelmans)
Gewinner:
- Daniel Kwan, Daniel Scheinert – Everything Everywhere All at Once
Kategorie: Bestes adaptiertes Drehbuch
Die Nominierten:
- Edward Berger, Lesley Paterson, Ian Stokell – Im Westen nichts Neues
- Peter Craig, Ehren Kruger, Justin Marks, Eric Warren Singer, Christopher McQuarrie – Top Gun: Maverick
- Kazuo Ishiguro – Living
- Rian Johnson – Glass Onion: A Knives Out Mystery
Gewinner:
- Sarah Polley – Die Aussprache
Kategorie: Bestes Szenenbild
Die Nominierten:
- Rick Carter, Karen O’Hara – Die Fabelmans
- Dylan Cole, Ben Procter, Vanessa Cole – Avatar: The Way of Water
- Florencia Martin, Anthony Carlino – Babylon – Rausch der Ekstase
- Catherine Martin, Karen Murphy, Beverley Dunn – Elvis
Gewinner:
- Christian M. Goldbeck, Ernestine Hipper – Im Westen nichts Neues
Kategorie: Bestes Kostümdesign
Die Nominierten:
- Jenny Beavan – Mrs. Harris und ein Kleid von Dior
- Shirley Kurata – Everything Everywhere All at Once
- Catherine Martin – Elvis
- Mary Zophres – Babylon – Rausch der Ekstase
Gewinner:
- Ruth E. Carter – Black Panther: Wakanda Forever
Kategorie: Bestes Make-up/Frisuren
Die Nominierten:
- Jason Baird, Mark Coulier, Aldo Signoretti – Elvis
- Naomi Donne, Mike Marino, Mike Fontaine – The Batman
- Camille Friend, Joel Harlow – Black Panther: Wakanda Forever
- Heike Merker, Linda Eisenhamerová – Im Westen nichts Neues
Gewinner:
- Annemarie Bradley, Judy Chin, Adrien Morot – The Whale
Kategorie: Bester Schnitt
Die Nominierten:
- Eddie Hamilton – Top Gun: Maverick
- Mikkel E.G. Nielsen – The Banshees of Inisherin
- Jonathan Redmond, Matt Villa – Elvis
- Monika Willi – Tár
Gewinner:
- Paul Rogers – Everything Everywhere All at Once
Kategorie: Beste Kamera
Die Nominierten:
- Roger Deakins – Empire of Light
- Florian Hoffmeister – Tár
- Darius Khondji – Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten
- Mandy Walker – Elvis
Gewinner:
- James Friend – Im Westen nichts Neues
Kategorie: Bester Ton
Die Nominierten:
- Dick Bernstein, Christopher Boyes, Michael Hedges, Julian Howarth, Gary Summers, Gwendolyn Yates Whittle – Avatar: The Way of Water
- Lars Ginzel, Frank Kruse, Viktor Prášil, Markus Stemler, Stefan Korte – Im Westen nichts Neues
- Michael Keller, David Lee, Andy Nelson, Wayne Pashley – Elvis
- Stuart Wilson, William Files, Douglas Murray, Andy Nelson – The Batman
Gewinner:
- Chris Burdon, James Mather, Al Nelson, Mark Taylor, Mark Weingarten – Top Gun: Maverick
Kategorie: Beste visuelle Effekte
Die Nominierten:
- Geoffrey Baumann, Craig Hammack, R. Christopher White, Daniel Sudick – Black Panther: Wakanda Forever
- Russell Earl, Dan Lemmon, Anders Langlands, Dominic Tuohy – The Batman
- Markus Frank, Kamil Jafar, Viktor Müller, Frank Petzold – Im Westen nichts Neues
- Seth Hill, Scott Fisher, Bryan Litson, Ryan Tudhope – Top Gun: Maverick
Gewinner:
- Richard Baneham, Daniel Barrett, Joe Letteri, Eric Saindon – Avatar: The Way of Water
Kategorie: Bester Animationsfilm
Die Nominierten:
- Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch
- Marcel the Shell with Shoes On
- Rot
- Das Seeungeheuer
Gewinner:
- Guillermo del Toros Pinocchio – Guillermo del Toro, Mark Gustafson, Gary Ungar, Alex Bulkley
Kategorie: Bester animierter Kurzfilm
Die Nominierten:
- The Flying Sailor
- Ice Merchants
- My Year of Dicks
- An Ostrich Told Me the World Is Fake and I Think I Believe It
Gewinner:
- Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd
Kategorie: Bester Kurzfilm
Die Nominierten:
- Ivalu
- Nattrikken
- Le pupille
- The Red Suitcase
Gewinner:
- An Irish Goodbye
Kategorie: Bester internationaler Film
Die Nominierten:
- Argentina, 1985, Argentinien
- Close, Belgien
- EO (IO), Polen
- The Quiet Girl (An Cailín Ciúin), Irland
Gewinner:
- Im Westen nichts Neues, Deutschland
Kategorie: Bester Dokumentarfilm
Die Nominierten:
- All That Breathes
- All the Beauty and the Bloodshed
- Fire of Love
- A House Made of Splinters
Gewinner:
- Nawalny
Kategorie: Bester Dokumentar-Kurzfilm
Die Nominierten:
- Haulout
- How Do You Measure a Year?
- The Martha Mitchell Effect
- Stranger at the Gate
Gewinner:
- Die Elefantenflüsterer
Kategorie: Beste Filmmusik
Die Nominierten:
- Carter Burwell – The Banshees of Inisherin
- Justin Hurwitz – Babylon
- Son Lux – Everything Everywhere All at Once
- John Williams – Die Fabelmans
Gewinner:
- Volker Bertelmann – Im Westen nichts Neues
Kategorie: Bester Filmsong
Die Nominierten:
- „Applause“ aus Tell It Like a Woman
- „Hold My Hand“ aus Top Gun: Maverick
- „Lift Me Up“ aus Black Panther: Wakanda Forever
- „This Is a Life“ aus Everything Everywhere All at Once
Gewinner:
- Naatu Naatu“ aus RRR
Kategorie: Beste Hauptdarstellerin
Die Nominierten:
- Ana de Armas – Blond
- Cate Blanchett – Tár
- Andrea Riseborough – To Leslie
- Michelle Williams – Die Fabelmans
Gewinnerin:
- Michelle Yeoh – Everything Everywhere All at Once
Kategorie: Bester Hauptdarsteller
Die Nominierten:
- Austin Butler – Elvis
- Colin Farrell – The Banshees of Inisherin
- Paul Mescal – Aftersun
- Bill Nighy – Living
Gewinner:
- Brendan Fraser – The Whale
Kategorie: Beste Regie
Die Nominierten:
- Todd Field – Tár
- Martin McDonagh – The Banshees of Inisherin
- Ruben Östlund – Triangle of Sadness
- Steven Spielberg – Die Fabelmans
Gewinner:
- Daniel Kwan, Daniel Scheinert – Everything Everywhere All at Once
Kategorie: Bester Film
Die Nominierten:
- Die Aussprache
- Avatar: The Way of Water
- The Banshees of Inisherin
- Elvis
- Die Fabelmans
- Im Westen nichts Neues
- Tár
- Top Gun: Maverick
- Triangle of Sadness
Gewinner:
Ehrenoscars
Die Ehrenoscars werden immer im Vorfeld verliehen – dieses Mal im Rahmen der Governors Awards am 19. November 2022 in Los Angeles. Preisträger waren:
- Peter Weir
- Diane Warren
- Euzhan Palcy
EEAAO ist sicher ein ordentlicher Film, mit persönlich aber zu verrückt und anstrengend und mit Sicherheit nicht der beste Film des Jahres. Aber so ist das mit den Oscars seit vielen Jahren – es gewinnt selten wirklich der besten Film. Die Academy liebt Arthouse, liebt aktuell vor allem Filme, die kaum jemand gesehen hat. Das war mal anders. Es gab eine Zeit, da konnten auch Blockbuster einen Oscar gewinnen. Heute gibt es diverse Zwänge, im wahrsten Sinne des Wortes. Everything musste gewinnen, weil er diesen Cast hatte, weil seine Autoren queer sind und weil er gerade gut genug war, um nicht als political correctness Wahl aufzufallen. Der beste Film des Jahres? Eher Top Gun Maverick. Avatar 2 ist nur technisch beeindruckend, aber inhaltlich dünn. Die anderen Nominierten? Zum Teil unguckbar für die Masse. Wann gab es denn zuletzt einen Oscar für den besten Film, der wirklich wirklich der beste Film war? Erinnert man sich noch an Moonlight? Kaum. Nur, dass er plötzlich gewonnen hat, obwohl La La Land für die meisten der wahre Sieger war. Aber Moonlight war politisch gerade genau richtig. Seit 2006 gibt es fast nur noch fragwürdige Entscheidungen.
Ich halte EEAAO auch nicht für den besten, maximal den ungewöhnlichsten Film des Jahres. Die Vielzahl an Auszeichnungen hat mich auch gewundert.
Ich gehe aber weder mit, dass Top Gun Maverick der beste Film ist (das Drehbuch ist dann doch arg schwach und die Figurenentwicklung eine 1:1 Kopie des ersten Teils), noch dass es seit 2006 nur fragwürdige Entscheidungen gab.
2007: Departed
2008: No Country for old Men
2010: Hurt Locker
2011: King’s Speech
2012: The Artist
2014: 12 Years a Slave
2020: Parasite
… imo alles sehr verdiente Oscargewinner und zum Teil keine kleinen Arthaus-Filme. Dass es seit 2004 (Herr der Ringe III) kein echter Blockbuster mehr geschafft hat, liegt imo eher an der mangelnden Qualität von Blockbustern der letzten 20 Jahre.
Filme werden generell eher schlechter als besser, vor allem die großen AAA-Blockbuster. Ich sehe bei den Gewinnern – auch den von die aufgezählten Filmen – nicht unbedingt immer den besten Film des Jahres. Das muss nämlich meiner Meinung nach nicht der künstlerisch wertvolle Kritiker-Hit sein, sondern einfach ein überzeugender Film. Top Gun Maverick mag keine ausgefeilte Story haben, ist aber in seinem Genre wirklich herausragend. Fantastische Flugszenen, spannend, witzig, unterhaltsam und noch dazu massentauglich. Everything Everywhere all at once ist wahnsinnig speziell. Allerdings freut es mich für die Beteiligten, die Dankesreden und die Freude war bei jedem dort wirklich echt und spürbar. Top Gun Maverick ist ein Film, den sich Menschen auch in 20 Jahren noch begeistert ansehen – wenn der Rest schon vergessen ist. An die von dir genannten Oscar-Gewinner erinnern sich nur wahre Film-Enthusiasten und selbst die werden die Filme kaum öfter gesehen haben. Die von dir genannten Filme waren gute Filme, werden aber kaum noch jemanden elektrisieren. Keine zeitlosen Klassiker, keine Hits, nur Kritiker-Lieblinge und oft sehr speziell.
Hurt Locker – statt Avatar (damals revolutionär) oder Inglourious Basterds? No way. King’s Speech statt Inception? Kritikliebling statt revolutionärem Actionkino. 12 years a slave statt Wolf of Wall Street oder Dallas Buyers Club? Puh. Parasite statt Joker? Naja. In den Jahren davor kann man sich an viele Gewinner erinnern und kann mit Fug und Recht sagen, dass das dann zeitlose Klassiker und verdiente Gewinner waren, wie: Forrest Gump, Erbarmunslos, Schindlers Liste, Gladiator, Schweigen der Lämmer, Der mit dem Wolf tanzt, Rain man, Braveheart, Titanic, Rocky, Der Pate usw. Ja, es gab schon immer auch fragwürdige Entscheidungen, aber fast alle Gewinner vor 2006 sind auch heute noch massentauglich und oft (nicht immer) unvergessen.
Filme werden nicht generell eher schlechter. Filme verändern sich, weil die Sehgewohnheiten des breiten Publikums sich verändern. Du selbst wirst älter = Du selbst veränderst Dich auch.
Tatsächlich finde ich nur noch die Kategorie „Bester Ton“ für mich interessant. Da schaue ich später eventuell mal einen Film, den ich sonst nicht auf der Agenda hatte. Und erfreue mich dann … am gutem Ton. 🙂
Trieb sich da bei den Nominierten für „ Bester Ton“ und beim Gewinner für „Bester Tonschnitt“ evtl. der Copy&Paste-Teufel um?…
Aber mal so richtig – zum Teufel noch mal 😉
Danke für den Hinweis.