96 Hours – Taken 3 Extended Cut

Blu-ray Review

96 Hours - Taken 3 Blu-ray Review Cover
Universum Film, seit 29.05.2015

OT: Taken 3

 


Niemand wird entführt!

Alles Neu im dritten Teil der Actionserie um Ex-Agent Bryan Mills.

Inhalt

Bryan Mills hat die Ereignisse der verganenen Jahre langsam verarbeitet und kann sogar ertragen, dass Kim mittlerweile einen Freund hat. Er ist immer noch ein eher melancholischer Geselle, nicht zuletzt, weil Lenore nie zu ihm zurückgekehrt ist. Genau das scheint sich aber vielleicht zu ändern, denn seine Ex-Frau sieht in ihrer aktuellen Verbindung keine Zukunft mehr. Mitten in diesen Hoffnungsschimmer platzt jedoch der große Schock: Als Bryan eines Nachmittags nach Hause kommt, liegt Lenore regungslos auf seinem Bett und ein blutiges Messer liegt im Flur. Kaum versucht er, seine liebe Ex-Frau wiederzubeleben, platzen die Cops rein und bezichtigen ihn des Mordes an ihr. Bryan wäre natürlich nicht der Ex-Agent mit umfassender Ausbildung, wenn er sich nicht herauswinden und dem Zugriff entziehen könnte. Erneut auf sich allein gestellt, muss Bryan nun herausfinden, wer ihm da was unterjubeln will. Zwar findet er bald heraus, welche Schurken dahinterstecken, doch mit Sergeant Dotzler steht ein ebenso harter wie akribisch arbeitender Hund auf Seiten der Ermittler. Mills muss also dieses Mal gleich an zwei Fronten gleichzeitig kämpfen, um seine Unschuld zu beweisen …

Ob es nun der Abschluss einer Trilogie ist, oder das Ganze noch mal eine Fortsetzung findet – in 96 Hours – Taken 3 ist ohnehin nichts mehr so, wie es mal war: Keiner wird entführt, kein Familienmitglied muss aus der Hand von Terroristen irgendwelcher Nation gerettet und befreit werden. Um dennoch eine Bindung zur Geschichte herzustellen, ist der emotionale Faktor, das auslösende Moment für die Story ungleich heftiger und rechtfertigt Bryans Verhalten von der ersten Sekunde an. Dankenswerterweise lässt sich Olivier Megaton, der schon den zweiten Teil inszenierte, zu Beginn auch genug Zeit, um seine Geschichte in Gang zu bringen, die neuen Figuren vorzustellen und die Spannung langsam zu erhöhen. Was dann nach einer Dreiviertelstunde mit der ersten Verfolgungsjagd folgt, hat mit 96 Hours, einem bisher eher intimen Actionfilm mit Nahkampfkonzentration, nur noch wenig gemein. Man könnte soweit gehen und dem Film bescheinigen, dass er ein ganz guter Actionstreifen ist. Allerdings fehlt diese Nähe, das Unmittelbare, das die beiden Vorgänger auszeichnete. Zumal die erste Stunde sich vollkommen auf die Konfrontation zwischen Mills und der Polizei fokussiert und die echten Gangster im Hintergrund vollkommen außer Acht lässt. Man erfährt tatsächlich rein gar nichts über deren Hintergründe – die Eröffnungsszene mal ausgenommen. Wenn dann (bei Minute 67) endlich mal der Fokus auf die Täter gelegt wird, erfährt man über diese urplötzlich dann so viel, dass man dem Film selbst das spoilern vorwerfen könnte – mal ganz abgesehen von der rückwirkenden Unlogik in Bezug auf die ersten beiden Teile. Apropos Unlogik: Es ist schlicht unglaublich, dass der ach so schlaue Ermittler gefühlt Ewigkeiten braucht, um dahinter zu kommen, dass Mills eben nicht hinter dem Mord steckt und mal in die richtige Richtung denkt.

Was an Unmittelbarkeit fehlt, versucht Megaton während der Actionszenen in 96 Hours – Taken 3 durch eine selten wackelige und hektische Kameraführung zu kompensieren. Leider führt das aber her zu Kopfschmerzen als zu fesselnden Kampfeinlagen. Was ist aus dem innovativen Fightstil von Mills geworden? Wo sind seine höchst effektiven, in sekundenschnelle ausgeführten Handkantenschläge? Das Szenario ist fast durchweg zu groß und weiträumig angelegt, um eine ähnliche Spannung zu erzeugen. Was hingegen gut gefällt, ist die Kooperation zwischen Mills und seinen Ex-Kollegen. Die drei souveränen Veteranen bereichern den Film nicht nur um etwas Humor, sondern auch um eine trickreiche Variante. Ohnehin sind es die Darsteller, die 96 Hours – Taken 3 am Ende hauptsächlich unterhaltsam werden lassen. Man schaut Neeson in dieser Rolle einfach gerne zu und Whitaker ist immer eine gute Besetzung für einen Ermittler. Dougray Scott als Stuart agiert in der Grauzone von Verbrechen und Rest-Ehre überzeugend und Sam Spruell gibt einen schön fiesen Bösewicht Oleg. Allerdings könnte Hollywood sich mal wieder ein neues Feindbild aussuchen – die Nummer mit den russischen Gangstern wird langsam langweilig.

Unterschied des Extended Cut zur Kinofassung

Mit Ausnahme von Szenen, denen in der Kinofassung der Blutanteil geraubt wurde, die deshalb aber nicht länger geraten sind, befassen sich die Differenzen zwischen Kino- und Extended-Fassung zunächst in ausgedehnteren Sequenzen regulärer Handlung. Mal braucht der Mann aus der Eröffnungsszene länger die Treppe runter, mal läuft Liam Neeson länger durch die Gänge der Fabrik. Auch gibt’s eine Szene, in der Kim den Ermittler bittet, er möge die Männer aus dem Schlafzimmer von Lenore beordern. Auch die Verfolgungsjagd zwischen Bryan und Maxim ist ausgedehnter und es ist eine Handgranate im Spiel. Gegen Ende kommen dann in der Tat etwas brutalere, in der Kinoversion nicht enthaltene Szenen dazu. So wird beispielsweise die Folter ausgiebiger geschildert. Aber auch im letzten Drittel gibt’s immer mal Szenen, die vor allem handlungsbedingt sind und hinzugefügt wurden – so zum Beispiel Dotzlers Briefing über Bryans Gehilfen.

Bild- und Tonqualität

Wie schon im ersten und zweiten Teil weist auch 96 Hours – Taken 3 eine deutliche gelb-braun-Filterung auf. Das passt vom Look her mittlerweile gut zur Actionserie und ist ohnehin ein Merkmal von Megatons Filmen. Sehr schön analog ist das sichtbare Korn, das eine dezent schmutzige und zum Film passende Atmosphäre schafft. Herausragend ist der Schwarzwert, der Famke Janssens Haare ultrakräftig wiedergibt Die Schärfe gelingt in Close-ups und auch noch in Halbtotalen sehr gut, lässt in der Entfernung etwas nach. Was nicht ganz so schön ist: Durch die Farbfilterung reißen helle Stellen schon mal aus, das Bild überkontrastiert.
In Sachen Ton muss sich 96 Hours – Taken 3 nicht verstecken, reißt aber erstaunlicherweise auch keine Bäume aus. Die Filmmusik gelingt noch recht druckvoll und nutzt außerdem die Rearspeaker ausgiebig. Auch wenn der Hubschrauber der Polizei über dem Gebiet des Tatorts kreist, bezieht er dafür jeden Lautsprecher mit ins Geschehen ein. Insgesamt, so viel Kritik muss Taken 3 dann doch einstecken, ist die Räumlichkeit und vor allem Offenheit deutlich schwächer als im fast zeitgleich erscheinenden Genre-Partner John Wick. Wenn die Action zunimmt und entsprechend in den Mittelpunkt rückt, gehen Dynamik und Information schlicht verloren. Da räumt ein Vierzigtonner mal eben eine Betonabsperrung ab und kracht gewaltig in einen Geländewagen – so jedenfalls sieht man es auf der Leinwand. Hören tut man dabei ein wenig Klirren und etwas Staub, der Richtung Zuschauer gewirbelt wird. Das macht an dieser Stelle beinahe fassungslos, denn auch der im Anschluss umherfliegende Container oder die spätere Detonation eines halben Gebäudes machen’s nicht besser – wohlgemerkt in der deutschen UND der US-Fassung.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von 96 Hours – Taken 3 wartet mit einer entfallenen Szene sowie fünf Interviews und ein paar Fun-Clips auf. Unter letzteren muss man sich kurze und witzig zusammengeschnittene Teaser vorstellen. Kernbereich des Extramaterials sind aber die fünf Featurettes, die zwar jeweils nur knapp zwei bis fünf Minuten laufen, aber immerhin ein paar kurze Einblicke in die Dreharbeiten, die Arbeit an den Stunts oder den Schauplatz L.A. geben.

Fazit

96 Hours – Taken 3 ist ein solider, ja vielleicht ein guter Actionthriller, der von seinem prominenten und gut aufgelegten Cast lebt. Als Abschluss einer Trilogie eines Originalfilms, der das Actiongenre neu belebte, ist er leider nur durchschnittlich und steckt voller ärgerlicher Klischees. Ebenfalls unschön: Der wenig homogene und schwachbrüstige Sound.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 60%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Olivuer Megaton
Darsteller: Liam Neeson, Forest Whitaker, Maggie Grace, Famke Janssen, Dougray Scott, Jon Gries, Leland Orser
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 115
Codec: AVC
FSK: 16

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