Blu-ray Review
OT: A Day to Die
House of the Rising Sun
Und schon wieder so ein Ding von der Stange.
Inhalt
18 Monate ist es her, dass ein Einsatz bei einer Geiselnahme für Officer Connolly ziemlich schief ging. Die Ergebnisse waren katastrophal und es gab Verluste unter den Zivilisten. Nun ist er folgerichtig degradiert und darüber nicht gerade glücklich. Als er einen kleinen Kriminellen verfolgt und am Ende stellen kann, löst sich ein Schuss und der Knilch kommt durch Connollys Waffe ums Leben. Was der Cop nicht weiß: Der Getötete arbeitete für den gefürchteten lokalen Drogenboss Tyrone Pettis. Und Pettis findet nicht witzig, dass er einen Mann verloren hat, der über seine Karrierezeit mehrere Mio. Dollar Umsatz für ihn erwirtschaftet hätte. Human Ressources sind auch im Gangstergewerbe wichtig. Zur gleichen Zeit erfährt Connolly, dass seine Frau ein Kind erwartet und man dringend Geld benötigt. Als degradierter Cop kommt einfach nicht genug rein. Dass es bald zwei Mio. Dollar sein würden, die er besorgen muss, liegt aber nicht an der Schwangerschaft, sondern daran, dass Pettis aus Vergeltung seine Frau entführt und das Geld als Lösesumme und Verdienstausfall für seinen toten Ex-Straßenverkäufer verlangt. Jetzt ist guter Rat im wahrsten Sinne des Wortes teuer. Und Connolly bleibt nichts übrig, als die „alte Gang“ zusammen zu trommeln und in Konfrontation zu gehen …
Quizfrage: Woran erkennt man, dass man einen dieser billig abgedrehten Action-Einerlei-Filmchen in der Hand hält, deren Skript wahlweise dünn ist wie Backpapier oder aus sämtlichen B-Movies der 80er Jahre zusammengeklaut wurde (wahlweise beides)?
Antwort: Daran, dass selbst der neben Bruce Willis auf dem Cover prangende Frank Grillo auch nur eine Nebenrolle hat. Es reicht also nicht mehr, die in Summe fünf Minuten Screentime von Bruce fürs Marketing auszuschlachten, man holt sich jetzt noch Werbeunterstützung eines weit weniger verdienten B-Movie-Akteurs wie Grillo, der (so ehrlich muss man sein) seinen zweiten Frühling erst während der letzten fünf Jahre hatte. Sarkasmus und Übertreibung beiseite (so kurz ist Grillos Rolle dann doch nicht): Seit bekannt ist, dass Bruce Willis unter einer Aphasie (also einer Beeinträchtigung seines Sprach- und/oder Schreibvermögens aus – in seinem Fall – unbekannter Ursache) leidet, haben viele Medien/Blogs/Filmkritiker Revision betrieben und sich im Nachhinein ein wenig dafür entschuldigt, mit welcher Keule man zuvor auf seine Kurzauftritte in drittklassigen Actionfilmen oder Thrillern eingedroschen hatte. Die Tatsache, dass er aufgrund der Erkrankung seine Karriere beendet hat, zeigt, dass ganz offensichtlich eine Beeinträchtigung da ist. Inwiefern das seine Entscheidung bei der vorherigen Filmwahl beeinflusst hat, sei mal dahingestellt. Vielleicht ging es auch einfach darum, ein paar Gefallen einzulösen und sich (und die Familie) gleichzeitig versorgt zu wissen. Denn umsonst wird er seine Kurzauftritte nicht erledigt haben. Das kann man niemandem übel nehmen. Wohl aber die Ausschlachtung der Filmanbieter, was die Konzentration auf seine Bekanntheit bei der Vermarktung dieser Filme angeht. Stets war er entweder der größte Kopf auf dem Cover oder prangte im Hintergrund über allen anderen. Dazu gab’s Infotexte, die schon in der fetten Headline mit seinem Namen warben und das in der Inhaltsangabe weiterführten. So etwas ist letztlich scharf an der Irreführung vorbei und rächt sich am Ende, wenn unzufriedene Käufer sich ärgern, weil ihr Lieblingsstar nur mal kurz in die Kamera schaut.
Bei A Day to Die war/ist das nicht anders. Und es dauert keine fünf Minuten, bis man den Film mindestens mal anstrengend findet. Nicht nur ist die Geiselsituation völlig hysterisch inszeniert, wackelt dazu die Kamera, als hätte man sie an einem Zitteraal angebracht, dem man zuvor ein bisschen Speed verpasst hat. Wackelt sie mal nicht, wird das Bild durch brutale Filter verfremdet oder man hat die Protagonisten im 30°-Winkel, mit extremen Zooms oder in Zeitlupe abgefilmt. Später gibt’s auch noch todnervige Zeitraffer-Ruckeleffekte. Der Versuch, auf diese Weise für Action zu sorgen, die rein inhaltlich nicht vorhanden ist, wirkt völlig verzweifelt. Wer nach diesen Szenen noch keine Kopfschmerzen hat, wird sich an selbigem vermutlich verwundert kratzen, wenn nach etwas über zwölf Minuten eine Kampfszene über den Bildschirm flimmert, die in Sachen Choreografie und Schnitt jedes Schultheater besser hinbekommen hätte – zumal Kevin Dillon als Hauptfigur die Dynamik eines Faultiers ausstrahlt (erinnert sich noch jemand an das Faultier von Zoomania)? Während seiner Mission wird er dann immerhin von vier alten Freunden (und Verwandten) begleitet, die körperlich ein bisschen fitter sind – wohlgemerkt „ein bisschen“. Es beginnt dann eine Art Heist-Film, bei dem schlecht frisierte Männer auf Macho-Clique machen, Dialoge von der Stange der Autoren-Grundschule aufsagen und das aufgestaute Testosteron ausreicht, um sämtlichen Teilnehmern des kommenden Mr.-Olympia-Wettbewerbs zünftige Akneprobleme zu bescheren. Dazwischen gibt’s wackelnde Är*che der Gängsterbräute als ob Snoop Dog parallel sein jüngstes Musikvideo inszeniert hätte. Obendrauf integriert man Shoot-outs, bei dem das Feuer so dermaßen CGI ist, dass man sich an Joystick-Automaten-Spiele aus den 80ern erinnert fühlt. Es fehlt eigentlich nur ein grafisches „Piffpaff“.
Und wenn Regisseur Miller nichts mehr einfällt, integriert er nach knapp einer Stunde eine Zeiteinblendung, deren Sinn sich genauso wenig erschließt wie die Tatsache, dass die Entführer (immerhin die bösesten Buben der Gegend) ihr Opfer irgendwann aus den dümmsten (aber wirklich allerdümmsten) Gründen, die sich ein Skript einfallen lassen kann, alleine lassen. Da bringt dann auch die kleine überraschende Wendung nach knapp über 70 Minuten nichts mehr, um das Ruder in irgendeiner Form rumzureißen – zumal die ihr innewohnende Dynamik innerhalb von zwei Minuten zu den Akten und nicht weiter verfolgt wird. Und weil der Film ziemlich billig produziert wurde, spielt er hauptsächlich in Innenräumen, die selbst für einen Bürokomplex noch langweilig aussehen. Bezeichnend, dass nicht eine der Filmfiguren auch nur annähernd sympathisch rüberkommt und Identifikationspotenzial praktisch nicht vorhanden ist. Da wünscht man sich zunehmend, dass sich alle einfach nur noch über den Haufen schießen, was dem ganzen wenigstens ein bisschen schwarzem Humor verpasst hätte. Wenn sie das dann tun, wird man Zeuge der am schlechtesten getimten Actionszenen der letzten Jahre. Sämtliche Waffenträger verhalten sich wie die allerdümmste KI in den billigst produzierten 3D-Shootern der frühen 2000er Jahre (bspw. ab Minute 85). Und obwohl sie offen im Feuer stehen, schießen alle erst einmal aneinander vorbei – ist ja auch klar, ansonsten wäre die Szene nach fünf Sekunden vorbei. Man muss sich schon wundern, für wie dumm manch ein Filmemacher seine Zuschauer hält. Als Vermächtnis von Bruce ist das für den Schauspieler ärgerlich bis peinlich. Man hätte ihm wirklich gewünscht, er würde noch einmal mit einem „Knall“ abgehen und nicht mit derartigem Murks. Dem Rest der Besetzung kann es egal sein, viel bessere Filme traut man einem Kevin Dillon ohnhehin nicht zu und solange der Kühlschrank für zwei Monate gefüllt ist, kann er sicherlich weiter seine steifen Glieder unbeweglich in Actionfilmen zur Schau stellen.
Bild- und Tonqualität
Die visuelle Bewertung von A Day to Die fällt etwas schwieriger aus. Offensichtlich digital gefilmt und nachträglich massiv bearbeitet präsentiert sich die Introsequenz. Die dunkleren Einstellungen sind von einem heftigen und farbigen Rauschen überzogen. Das sieht für sich genommen bereits alles andere als gut aus. Dazu gibt’s starke Verfremdungseffekte. Wechselt die Geschichte in die Gegenwart, wird das Bild ruhiger – zwar nicht ohne nervige Wackelkamera-Wackelei, aber eben ohne allzu drastische Farbrauschmuster. Wohlgemerkt ohne „allzu“ drastische Farbrauschmuster. Grundsätzlich vorhanden sind sie leider immer noch. Dazu gibt es fast durchweg überstrahlte helle Flächen, da man das Bild wirklich extrem hell gemastert hat. Diese ausreißenden Oberflächen sind wirklich nicht hübsch. Ebenfalls überhaupt nicht schön, sind die Moiré-Effekte auf Willis‘ Hemd bei 19’22 – so etwas hat man auch schon lange nicht mehr gesehen. Die Schärfe ist nur in wenigen Close-ups wirklich gut, fällt in Halbtotalen bisweilen aber stark ab – einer Blu-ray kaum würdig. Farben sind fast durchgängig überkocht und wirken, als hätte man ein Direct Mapping HDR zu SDR gemacht. Dazu kommt die deutliche Cyanfärbung auf allen Oberflächen, durch die Willis‘ silberner Bart sich unschön verfärbt. Nein, auch visuell ist das kein wirklich schmackhaftes Futter. Akustisch vertraut man auf DTS-HD-Master-Spuren für beide Sprachen. Die Explosionen nach knapp sieben Minuten werden von diesen relativ druckvoll ins Heimkino transportiert. Wenngleich das Sounddesign kaum sonderlich innovativ geraten ist. Auch der Score bleibt halbwegs dynamisch. Allerdings alles im Rahmen und nicht herausragend oder gar überragend. Dann allerdings, nach etwa 41 Minuten setzt ein Song ein, der dermaßen basskräftig ist, dass es zum vorherigen Geschehen eigentlich nicht mehr passt. Die eigentlich harmonisch eingebettete deutsche Synchro ist im Vergleich zu solchen Dynamik- und Bassattacken viel zu leise und hält dann nicht mehr Schritt. Doch auch der englische Ton macht es nicht besser. Er läuft bei der Stimmwiedergabe teilweise leicht asynchron zum Bild, was man in der Form auch noch nicht wirklich bemängeln musste.
Bonusmaterial
Originaltrailer und Programmtipps – mehr gibt’s im Bonusmaterial nicht zu holen. Selbst für einen Rohrkrepierer wie diesen ist das zu wenig. Und man würde schon gerne noch ein paar Einblicke in die Hinter-der-Kamera-Perspektive bekommen.
Fazit
Alternde Darsteller in einem Film, der ungelenker nicht hätte inszeniert sein können und dessen Dialoge zum Fremdschämen sind. Man wünscht sich Bruce Willis beileibe ein anderes Vermächtnis als solche billig und völlig lieblos runtergekurbelten Machostreifen ohne Sinn und Verstand. Sein letzter Film ist zwar bereits abgedreht, aber der Wunsch, man hätte ihn zumindest noch mal in einer Nebenrolle in einen hochwertigen Blockbuster oder zumindest coolen Independentfilm sehen können, wird dadurch nicht kleiner. Das überzeichnete und völlig überrissen helle Bild der Blu-ray sowie der inhomogene Ton passt sich dem Gesamtgeschehen an.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 20%
Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: USA 2022
Regie:n Wes Miller
Darsteller: Kevin Dillon, Frank Grillo, Bruce Willis
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de f. Hörg.
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Leonine Distribution)
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Trailer zu A Day to Die
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Ich habe zuerst auch nur gedacht, dass Willis einfach keine wirkliche Lust mehr hat und diese Filme nur macht weil es schnelles Geld für wenig Aufwand ist.
Würde mich interessieren ob am Set jemandem Willis Erkrankung aufgefallen ist oder ob man das als „Starallüren“ abgetan hat.
Ich glaube, ich verzichte wohl lieber auf diese Filme. Mit dem Wissen um Willis Erkrankung käme ich mir vor wie ein Gaffer bei einem Autounfall.
Ärgerlich… war zwar eigentlich zu erwarten das der Film nix ist so wie eigentlich alle anderen Filme der letzten Zeit mit Bruce Willis. Doch ich mag noch sehr gerne Frank Grillo sehen. Nach Cosmic Sin bin ich allerdings nicht mehr bereit eine Ausnahme für Filme mit Willis zu machen nur weil da Grillo mit spielt.
Na ja, jetzt kann ich mir allerdings recht sicher sein das sich meine befürchtungen bewahrheitet haben… leider.
Wohl der schlechteste Film den ich je in einer Sneak Preview bewundern durfte.
Wieso das Ding einen Kinostart bekommen hat ist anlässlich der damaligen News über seinen Gesundheitszustand zwar ersichtlich, aber wirklich zu verstehen eigentlich nicht.
Einen Die Hard im Kino zu zeigen würde Bruce Willis gerechter werden.
Hach Timo, natürlich leiden wir alle etwas darunter, dass pandemiebedingt und aus vielen anderen Gründen, momentan so ein kleines Vakuum herrscht bei großen – Blogbuster – Neuveröffentlichungen. Es kommt so wenig an „großen“ Produktionen und wir sind doch alle so ungeduldig. Aber, mal so unter uns, wenn Du Dich weiterhin so aufopferst für uns und dabei wirklich gruselige Filme gucken musst, dann würde mein Alter Ego sagen:“ Junge, such dir ein richtiges Hobby!“ :o) Vielen Dank auch für diese Rezension. Ich habe den launigen Humor sehr genossen. Liebe Grüße und viel Glück beim nächsten Griff ins Regal…
LOL – sehr gerne für euch 😉