A Private War

Blu-ray Review

private war blu-ray review cover
Ascot Elite Entertainment, 22.03.2019

OT: A Private War

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PTSD ist für Soldaten

Eindringliches Porträt einer herausragenden Kriegsreporterin.

Inhalt

Marie Colvin geht dahin, wo keiner hingehen will. Die Kriegsberichterstatterin der Sunday Times bevorzugt die richtigen Krisengebiete. Jene, in denen auch vor unbeteiligten Zivilisten nicht halt gemacht wird. Während eines dieser Einsätze gerät sie in einen Kugelhagel und verliert ein Auge. Für Colvin kein Grund, sich nun auf ihrer Kriegsverletzung auszuruhen. Kaum genesen, ist sie wieder mittendrin. Gemeinsam mit dem jüngeren Fotografen Paul Conroy besucht sie nun die noch gefährlicheren Gebiete – immer mit dem Risiko, dabei selbst drauf zu gehen. Dennoch will sie den leidenden Menschen der Gebiete eine Stimme geben und das Elend offenbaren. Dass das auch an ihrer eigenen Psyche kratzt, merken Freunde am gesteigerten Alkoholkonsum und ihrer schroffer werdenden Art. Colvin ignoriert diese traumatischen Erlebnisse und dringt 2012 in die syrische Stadt Homs ein – es wird ihre letzte Mission werden …

Marie Colvin gehört(e) ohne Zweifel zu den schillerndsten Persönlichkeiten der Kriegsberichterstattung. Nur wenige waren so nahe dabei und nahmen Risiken auf sich, vor denen (verständlicherweise) viele andere zurückschrecken würden. Als Reporterin für die United Press International und (später) die Sunday Times war sie die Erste, die Gadaffi nach den US-Angriffen auf Libyen interviewte. Später berichtete sie aus dem Ersten Golfkrieg, dem Kosovo oder aus dem Jemen. Colvin war für ihre Zähigkeit und Hartnäckigkeit bekannt, aber auch berüchtigt. Unter Kollegen galt sie kaum als die Einfachste. Und die Ereignisse zeichneten sie. Bekannt wurde sie deshalb im neuen Jahrtausend durch eine Augenklappe, die sie trug, nachdem sie während eines Angriffs in Sri Lanka ihr linkes Auge verlor. Matthew Heinemann (Our Time) hat der 2012 während eines Artillerie-Angriffs in Syrien getöteten Colvin in seinem Spielfilm-Debüt A Private War nun ein Denkmal gesetzt. Und er ist die perfekte Wahl. Denn bisher inszenierte Heinemann vornehmlich Dokumentationen und sammelte thematische Erfahrung bereits in City of Ghosts, in dem er die Raqqa Is Being Slaughtered Silently begleitete – eine Gruppe aus zivilen Reportern, die vornehmlich über die Gräueltaten von ISIS und auch aus Syrien berichtet. Heinemann springt aufgrund seiner bisherigen Vita also nicht ins kälteste Wasser des Films und kann sich zudem auf eine blendend aufgelegte Hauptdarstellerin verlassen.

Rosamund Pike (Gone Girl) hat sich nicht nur äußerlich sehr nahe an Colvin begeben, sondern taucht tief in die spröde, aber gewissenhafte und energische Psyche der Reporterin ab. Man bekommt einen erschütternden Eindruck, wie teilweise besessen die Reporterin ihre Arbeit verfolgte, wenn sie nach ihrem Augenverlust in der Klinik aufwacht und völlig unter Schmerzen als erstes ihren Notizblock zückt, um die Erinnerungen an das Geschehnis aufzuschreiben. A Private War macht gleichzeitig nicht davor Halt zu zeigen, dass Colvin ihre teils traumatischen Erlebnisse und die damit verbundenen Dämonen in Alkohol zu ertränken versuchte. Heinemann verwandelt bisweilen das Zuhause in einen Kriegsschauplatz, um zu visualisieren, dass die (mittlerweile) prämierte Auslandsreporterin die Bilder aus den Kriegsgebieten nicht los wurde. Momente aus der Heimat, Szenen der Preisverleihungen und Galas, werden nur bruchstückhaft dazwischen geschoben. Es sind kurze Ausschnitte, die für Colvin nur wenig Bedeutung zu haben schienen. Der Film konzentriert sich indes auf die Erlebnisse, die Colvin an den verschiedenen Fronten machte. Spätestens von den Momenten der Zusammenarbeit mit Fotograf Conroy wird A Private War bisweilen zum nervenzerrenden Thriller – beispielsweise, wenn die Zwei mit ihrem Fahrer von Freischärlern angehalten werden und um ihr Weiterkommen oder gar ihr Leben bangen müssen. Jamie Dornan als Paul Conroy zeigt dabei, dass er viel mehr Talent hat, als sein blutleerer Christian Grey in Fifty Shades … vermuten lassen würde.
A Private War ist dabei gleichzeitig ein wirkungsvolles Plädoyer für die immense Wichtigkeit der freien Berichterstattung, wie auch ein packendes Psychogramm einer getriebenen und geschundenen Seele. Am Ende vielleicht eine Viertelstunde zu lang, hätte eine Straffung das Geschehen noch etwas verdichtet. Dass Pike ihre Rolle großartig spielt, merkt man auch ohne einige etwas überagierende Momente.

Bild- und Tonqualität

A Private War spielt praktisch nicht mit semidokumentarisch anmutenden Stilmitteln. Man könnte erwareten, dass Heinemann auf gröberes Korn setzt, um besser schildern zu können, wie dreckig der Krieg ist. Tut er aber nicht. Die Close-ups in gutem Licht sind messerscharf und offenbaren jedes Detail auf Gesichtern. Auch ansonsten ist die Bildruhe sehr gut und nur in den dunkleren Szenen gesellt sich ein leichtes Rauschen hinzu.
Auch akustisch überzeugt A Private War. Es dauert nur knapp fünf Minuten und man ist mit Granaten-Explosionen auf der rechten Seite der Haupt- und Surroundspeaker mittendrin im Kriegsgeschehen. Dazu entwickelt der Dschungel ein äußerst lebhaftes Insekten-Leben, das dauerhaft über alle Speaker wiedergegeben wird. Auch die entsprechenden Schusswechsel mit Querschlägern und Projektilen liefern eine weiträumige und sehr effektvolle Atmosphäre (8’25) – ganz zu Schweigen vom krassen Einschlag der Granate, die Colvin kurz darauf das Auge nimmt (8’50) oder zum Schluss hin für den tragischen Moment der Geschichte sorgt – spätestens hier wird das Heimkino zum Schauplatz massiven Kriegsgeschehens. Auch die Atmosphäre beim Verleih des Pressepreises 2001 ist erstaunlich offen und versetzt den Zuschauer mitten ins Publikum hinein.
Nicht ganz so gut klingen die Monologe Colvins, die der Film bisweilen reflektierend aus dem Off zum Besten gibt.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von A Private War hat man die komplette 95-minütige Dokumentation „Under the Wire“ untergebracht, die sich mit Aussagen von damaligen Kollegen auf die Person Colvin, aber auch auf ihren begleitenden Fotografen Paul Conroy konzentriert. Es geht um den Weg zu diesem letzten Ereignis, dass zum Tod der Reporterin und zur Verletzung des Bildreporters führte. Conroy kommt dabei selbst zu Wort – eine perfekte Ergänzung zum

Fazit

A Private War ist ein flammendes Plädoyer gegen jedweden Krieg und gleichzeitig eine Respekt-Erweisung an Marie Colvin. Herausragend gespielt, authentisch und bedrückend bebildert – ein packendes Drama.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 80%
Film: 80%

Anbieter: Ascot Elite Entertainment
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Matthew Heinemann
Darsteller: Rosamund Pike, Jamie Dornan, Stanley Tucci, Tom Hollander, Faye Marsay, Alexandra Moen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 110
Codec: AVC
FSK: 12

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Ascot Elite Entertainment)

Trailer zu A Private War

A Private War Trailer #1 (2018) | Movieclips Trailers

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