A World Beyond

Blu-ray Review

A World Beyond Blu-ray Review Cover
© Walt Disney Company, seit 08.10.2015

OT: Tomorrowland

 


Träumer

Disney rettet stellvertretend für uns alle mal wieder die Welt.

Inhalt

Casey ist die Tochter eines Raketenwissenschaftlers und selbst ziemlich erfinderisch – manchmal auch neunmalklug. Allerdings ist sie stets optimistisch und reagiert verärgert auf ihre Umwelt, die ihr ständig einzubläuen scheint, dass es schlecht um den Planeten steht. Als der Zufall ihr einen Ansteckpin in die Hand spielt, stellt sie fest, dass sie durch dessen Berührung Eintritt in eine Parallelwelt erhält – und zwar eine futuristische und praktisch vollkommen perfekte Version der Erde. Dumm, dass ihre Schritte auch in der realen Welt zählen und sie schon mal die Treppe runterstürzt, während sie in Utopia gerade in einen Zug steigen möchte. Sei’s drum: Caseys Neugier ist angestachelt, wird aber abrupt auf die Probe gestellt, denn bei Recherchen zur Herkunft des Buttons tauchen plötzlich Roboter auf, die ihr an den Kragen wollen. Zu ihrer Rettung erscheint ein kleines Mädchen namens Athena. Die beherrscht nicht nur asiatische Kampfkunst, sondern hat auch dafür gesorgt, dass Casey die Anstecknadel erhält. Denn, so erfährt die Teenagerin: Sie ist so etwas wie die Auserwählte, die dafür sorgen könnte, dass die Erde doch nicht in 58 Tagen untergeht. Um das zu schaffen, brauchen die zwei Kids allerdings einen Typen namens Frank Walker. Der war vor Jahrzehnten selbst mal in Utopia, kennt Athena daher noch gut, hat aber überhaupt keine Lust auf Weltenrettung – immerhin hat man ihn damals unfreiwillig rausgeworfen …

Tomorrowland, so der Originaltitel von A World Beyond, ist ein Themenbereich in Disneyland und daraus macht Brad Birds Film auch keinerlei Hehl. Seine Umsetzung wirkt nicht nur ein wenig wie ein überlanger Werbefilm für die Attraktion im US-Vergnügungspark. Das ist vor allem deshalb schade, weil man nie so richtig das Gefühl los wird, dass Disney sich in der eigenen Suppe suhlt. Bird, der bei Pixar groß wurde und dessen Realfilmdebüt Mission: Impossible – Phantom Protokoll durchaus beachtenswert war, wenn man bedenkt, dass der Regisseur zuvor „nur“ computergenerierte Figuren zum Leben erweckte, braucht ganze 97 Minuten, um zu erzählen, was der aufmerksame Kinogänger schon 70 Minuten zuvor ahnte oder wusste. Anderthalb Stunden, die der Regisseur mit optischen Leckerbissen anfühlt, die letztlich aber nichts anderes transportieren als eine profane Ökobotschaft, die bei ihrer Offenbarung noch dazu ziemlich krachledern visualisiert wurde. Zweifelsohne ist das ganze Treiben hübsch anzusehen und bis auf wenige Ausnahmen herausragend getrickst, doch dass man sich als Zuschauer heutzutage etwas mehr wünscht als eine überbordende Optik, zeigen auch die Kinoumsätze von A World Beyond. Dem Produktionsaufwand von 190 Mio. Dollar stehen gerade einmal 202 Mio. Dollar weltweites! Einspiel gegenüber, was Birds Film nach John Carter zum zweiten finanziellen Desaster des Disney Konzerns der letzten Jahre werden ließ – oder wahlweise zum teuersten Werbespot für die zu Weihnachten startende dritte Star-Wars-Trilogie. Denn die wird unverhohlen in dem Spielzeugladen angeteasert, in dem Casey erstmals auf Androiden-Widerstand trifft. Im Finale wird’s dann übrigens auch noch esoterisch und klischeehaft kosmopolitisch.

Leider ist damit die Kritik noch nicht erschöpft, denn mitunter arg befremdlich ist das durchaus hohe Level an Gewalt in A World Beyond. Zwar handelt es sich während der ersten kämpferischen Auseinandersetzungen (teilweise) nicht um Menschen, dennoch ist die Symbolwirkung schon heftig, wenn man bedenkt, dass scheinbar nette Gadget-Shopbesitzer plötzlich mit hochmodernen Impulswaffen auf kleine Mädchen schießen. Auch der Autounfall kurze Zeit später bewirkt ein kurzes Atemstocken beim Betrachter – immerhin ist Brad Birds Film ein Science-Fiction-Werk, das sich ganz klar an die jugendliche Klientel richtet und vornehmlich von Kindern erzählt. Und selbst wenn die Geheimdienstmitarbeiter der Zukunft Waffen nutzen, die Menschen eher unblutig eliminieren, so werden hier doch immerhin Lebewesen pulverisiert. Im weiteren Verlauf reduziert sich dies allerdings und wird von dem Positivsten des Films abgelöst, dem Verhältnis zwischen dem Trio aus Casey, Athena und Frank. Das ist durchaus emotional geprägt und wird von zwei jungen Darstellerinen geprägt, die ihren prominenten Co-Star glattweg an die Wand spielen. Während George Clooney tatsächlich wenig motiviert erscheint, liefern Britt Robertson als Casey und Raffey Cassidy als Android Athena eine glänzende Vorstellung ab. Ihrem Spiel und ihren Figuren ist es zu verdanken, dass A World Beyond das Zielpublikum neben der tollen Optik auch von der Darbietung her unterhält. Hugh Laurie, dessen Ähnlichkeit mit dem Menschen, den er darstellt, geradezu frappant ist (siehe Bonusmaterial), kommt über sein grimmiges Dr.-House-Image kaum hinweg und erleidet damit das gleiche Schicksal wie Clooney. Dabei hätte man gerade in Bezug auf die Figuren noch mehr rausholen können. Anstelle sich immer wieder in Zeit- und Parallelweltsprüngen zu verhaspeln, wäre es beispielsweise schön gewesen, mehr über das Verhätlnis zwischen Casey und ihrem Vater zu erfahren. Warum das Mädchen immer wieder der Basis auf Cape Caneveral einen Besuch abstattet, muss man sich beispielsweise anhand eines einzigen (Neben)satzes zusammenreimen.

Bild- und Tonqualität

A World Beyond beginnt mit einem unfassbar plastischen Bild, einer in Schärfe, Detailtiefe und Kontrastumfang perfekten Einstellung von George Clooney, auf dessen Gesicht und in dessen Jacke man jedes einzelne Härchen und Fältchen erkennen kann – lange, wirklich lange schon war ein Realbild nicht mehr derart greifbar. Und das ändert sich auch kaum in den darauf folgenden Einstellungen. Selbst in den eher dunklen Momenten zu Beginn der Weltausstellung bleibt das Bild absolut sauber, frei von jeder Unruhe und stets perfekt durchgezeichnet. Jetzt könnte man Bedenken haben, dass, sobald die digital kreierten Elemente dominieren, sich der stets krispe Eindruck ändert. Doch weit gefehlt: Die visuellen Elemente fügen sich vorzüglich ein, sind nur minimal weicher als die realen Vordergründe und bestätigen den hervorragenden Eindruck, der von Beginn an dominiert.
Auch akustisch leistet A world Beyond außergewöhnliches: Nicht nur sind die dts-HD-Master-Spur und ihr deutsches High-Resolution-Pendant absolut ebenbürtig, gab’s zuletzt (mit Ausnahme von Mad Max: Fury Road) auch keinen ähnlich effektvollen und dynamischen Sound. Schon der durchs Bild und das Disney-Logo sausende Francis im Raketenanzug zeigt, wohin die Reise tonal geht: Wenn er dann mit dem Bötchen in die Parallelwelt eintritt und im Aufzug durcheinandergewirbelt wird, verkündet der Subwoofer wuchtvoll von seiner Existenz. Selbst das Fallenlassen seiner Tasche wird von einem herrlich dumpfen Sound begleitet. Der freundliche Reparaturroboter wirbelt vielarmig über sämtliche Lautsprecher und der erste Raketenrucksackflug wirbelt gehörig Staub im Heimkino auf. Wenn man etwas kritisieren möchte, dann eventuell die etwas zu weite Auftstellung von Stimmeffekten – und zwar sowohl bei Stereo- als auch bei Surroundmomenten. Hier wirken die Dialoge, die aus dem Bereich hinter der Kamera kommen, ein wenig zu isoliert und bewusst auf Räumlichkeit getrimmt. Kritik, die wie weggepustet wirkt, wenn man die späteren Soundeffekte erlebt: Da wackelt der Boden des Heimkinos, wenn die drei Protagonisten in ihrem Shuttle abheben oder den Sprung nach Tomorrowland vollziehen und es erschallen direktionale Effekte aus allen sieben Lautsprechern, wenn sie anschließend bruchlanden.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von A World Beyond findet sich als erstes Eine persönliche Reise durch A World Beyond mit Brad Bird. Die ist allerdings weniger ein Making-of, denn vielmehr ein Hintergrundbericht über die Idee zum Film. Hinzu kommt je ein Kurzbericht über die Besetzung und zur Filmmusik . Ein besonders interessantes Feature sind die übrig gebliebenen Szenen/Fragmente aus einer Wissenschaftssendung mit Zukuntfsforscher David Nix aus dem Jahre 1965. Diese stammen aus einer Pilotfolge für eine Bildungsserie, die im entsprechenden Bereich von Tomorrowland gezeigt werden sollte. Sieht man sich die Aufnahmen von Nix an, an den die Kamera zu Beginn langsam heranfährt, ist es schier unfassbar, wie viel Ähnlichkeit er mit seinem Filmdarsteller Hugh Laurie hat. Man könnte fast meinen, der Dr. House-Darsteller sei eine Reincarnation des Wissenschaftlers. Um das Extramaterial zu komplettieren, gesellen sich noch zusätzliche Szenen, ein TV-Spot sowie ein Animations-Kurzfilm und das Produktions-Tagebuch von Brad Bird hinzu. Letzteres läuft gerade mal vier Minuten, ist also auch kein Making-of, sondern blickt hinter den ersten Drehtag sowie das Shooting an der NASA-Abschussrampe.

Fazit

A World Beyond hat das Herz am rechten Fleck, so viel ist unstrittig. Seine Umwelt- und Weltrettungsbotschaft ist durchaus beachtenswert, allerdings nicht klischeefrei umgesetzt. Die häufigen Storysprünge verhindern zudem, dass man der Geschichte dauerhaft schlüssig folgen kann. Brad Birds Film wirkt bisweilen unfertig und konstruiert – in solchem Maße konstuiert, dass man den Eindruck nicht los wird, ein Themenbereich von Disney World reicht nicht (immer) für einen Film.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 60%
Film: 60%

Anbieter: Walt Disney Company
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Brad Bird
Darsteller: George Clooney, Hugh Laurie, Britt Robertson, Raffey Cassidy, Tim McGraw, Kathryn Hahn,
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts HD-High Resolution 7.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 130
Codec: AVC
FSK: 12

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