Abattoir – Es erwartet dich!

Blu-ray Review

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Highlight Communications, seit 06.10.2016

OT: Abattoir

 


Die Kollekte einsammeln

Vom Folterhorror zum Gruselfilm – Darren Lynn Bousman probiert’s mit Spuk und Trug.

Inhalt

Hätte Julia ihrem Neffen doch nicht versprochen, dass sie niemals zulässt, dass ihm etwas passiert! Nun steht die junge Reporterin vor der bitteren Tatsache, dass der mitsamt seiner Mutter (Julias Schwester) und dem Vater bei einem Mord ums Leben gekommen ist. Weil die Umstände mehr als mysteriös sind (immerhin rief sie der Mörder nach der Tat höchstselbst an und stellte sich) beschließt sie, gemeinsam mit ihrem Hätte-er-gern-Freund/Detective Grady Nachforschungen anzustellen. Julia will wissen, warum er die Familie umgebracht hat. Noch seltsamer wird es, als sie feststellt, dass jemand das hochverschuldete Haus gekauft hat und das Zimmer, in dem sich die Tat zutrug, praktisch rausgerissen wurde. Als sich herausstellt, dass dieses Schicksal schon anderen Häusern zuvor widerfahren ist und in jedem dieser Gebäude zuvor ein Mord stattfand, gibt es erste Zusammenhänge. Julia verfolgt den Weg der Häuser bis in ein kleines Nest namens New English. Dort scheint der Ursprung der Geschichte zu liegen, doch einmal dort angekommen stoßen Julia und Grady auf eine Mauer des Schweigens …

Parallel zu SAW-Kollege James Wan, der gerade mit Conjuring 2 an den Start geht, versucht sich auch Darren Lynn Bousman, Regisseur der SAW-Teile II-IV, an einem klassischen Grusler. Dabei geht er mit Abattoir allerdings einen eigenen Weg und verwurzelt seine Geschichte noch eher im amerikanischen Hinterwald als sein Regiekollege, der es traditioneller anlegt. Wo der eine eine Spukgeschichte erzählt, wählt Bousman einen seltsamen, religiös verbrämten Kult, der einem irren Führer folgte und dabei zahlreiche Gräueltaten beging. Optisch mischt er zudem interessanterweise Film-Noir-Anteile hinzu, was an Kleidung, Ausleuchtung, Filmmusik und dem Verhältnis zwischen Julia und Grady deutlich wird. Die eingeschobenen Videoaufzeichnungen des Kults sorgen zusätzlich für Stimmung. Allerdings benötigt Abattoir dies auch, denn er lässt sich dann doch eine ganze Menge Zeit, bis er entsprechenden Grusel verbreitet. Der wird dann vor allem durch Jebediah Crone erzeugt, der mit seinem zombieähnlichen Gefolge aus dem Nebel auftaucht, wie weiland die Geister in Carpenters The Fog. Bousman scheint es übrigens mit dem Namen „Crone“ zu haben, denn schon seine beiden Hauptfiguren in 11-11-11 – Das Tor zur Hölle hörten auf diesen Namen. In Sachen Besetzung mag Jessica Lowndes, die man aus The Prince – Only God Forgives kennt, zunächst etwas ungewohnt fürs Genre wirken, doch mit dem Bezug zum Film Noir macht’s wieder Sinn, dass sie mit wallendem schwarzen Haar und tiefroten Lippen auftritt. Joe Anderson als Grady ist leider beständig unsympathisch und verhindert, dass man mit ihm mitfühlt oder versteht, dass Julia sich zu ihm hingezogen fühlt. Hervorragend ist John McConnel, der als Sheriff McDermott zwei große Szenen hat und auch Dayton Callie in der Rolle des Jebediah Crone überzeugt. Seine gebrechliche Art und das alte Aussehen täuschen indes nicht über die Gefahr hinweg, die von ihm ausgeht – Callie verkörpert das auf den Punkt. Abattoir kann man also nicht vorwerfen, dass er unmotivierte Akteure hat, allerdings will sich die Spannung nie so Recht einstellen. Oft droht der Sound Unheil an und es passiert doch nichts. Das versucht Bousman mit optischen Finessen zu umschiffen – seien es ungewöhnliche Kameraeinstellungen oder das fantastisch anmutende Haus von Crone. In dem geht es dann tatsächlich ziemlich kunterbunt zu, was durchaus positiv gemeint ist, denn die stärksten Momente hat der Film tatsächlich während der letzten 20 Minuten. Die Idee jedenfalls, die hinter den abgerissenen Zimmern und Hausteilen steckt, ist ein durchaus gelungener Gag.

Bild- und Tonqualität

Bousman ließ das Bild von Abattoir offenbar teils bewusst stark stilisieren. So verwischen die Bewegungen der Mutter und des Vaters, als sie die Treppe hochrennen massiv (9’10). Außerdem gibt’s bisweilen unschöne Farbabstufungen, sogenannte Solarisationseffekte. Die Schärfe ist während der ruhigeren Einstellungen sehr gut, der Kontrastumfang geht in Ordnung. Etwas mehr Durchzeichnung in dunklen Szenen wäre allerdings noch schöner gewesen.
Knapp zehn Minuten lang schläft der Tonsektur von Abattoir (bewusst) ein wenig vor sich hin. Bis der Zuschauer dann völlig unvermittelt vom Sofa gerissen wird, als der Überfall auf die Familie beginnt (9’05). Der Subwoofer pumpt Bass ins Heimkino, die Effektlautsprecher werden gefüllt und von nun an ist man richtig wach. Leider sind die Dialoge im Verhältnis etwas zu leise abgemischt – vor allem Julias Stimme klingt zu zart und dünn. Wenn man sich aber an den Soundeffekten entlanghangelt, macht der Film fast durchweg Spaß und liefert zum Finale hin außergewöhnliche Räumlichkeit – speziell, wenn Crone Julia seine „Sammlung“ zeigt (ab 78’00).

Bonusmaterial

Neben den beiden Originaltrailer zu Abattoir wartet im Bonusmaterial noch ein zehnminütiges Making-of, das Bousman erklären lässt, wie der Bezug zum Filmtitel zu sehen ist. Außerdem kommen die Darsteller ein wenig zu Wort und man sieht ein bisschen hinter die Kamera.

Fazit

Abattoir gefällt durch seinen teils wilden Stilmix und seinen Sinn für stilvolle Optik. Im Haus von Jebediah Crone verspürt man dann auch echte Spannung – leider dauert es bis dahin aber gefühlt etwas lange.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 30%
Film: 60%

Anbieter: Highlight Communications
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Darren Lynn Bousman
Darsteller: Jessica Lowndes, Lin Shaye, Joe Anderson, Dayton Callie, John „Spud“ McConnel, Bryan Batt
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts HD-High-Resolution 5.1
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Abattoir

ABATTOIR - Ab 06. Oktober 2016 auf DVD, Blu-ray und als Video on Demand

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