Ai Weiwei – The Fake Case

DVD Review

Ai Weiwei Fake Case Blu-ray Review Cover
AL!VE/Mindjass, seit 30.01.2015

OT: Ai Weiwei – The Fake Case

 


Jasminrevolution

Eindringliches Plädoyer für die Freiheit der Meinung.

Inhalt

„Ich kann nichts sagen, ich bin auf Kaution draußen“ – Während Kriminelle, die wegen Drogen oder Raub oder einer Gewalttat im Gefängnis saßen und auf Bewährung freikommen sich zwar keines neuen Verbrechens schuldig machen sollten, dafür aber durchaus berichten können, wie es ihnen geht, was sie im Knast erlebt haben oder wo es für sie hingeht, sieht die Situation bei Ai Weiwei, dem bekannten chinesischen Künstler, anders aus. Nach 81 Tagen Einzelhaft wird er zunächst unter Hausarrest gestellt und darf Peking nicht verlassen. Für die Dokumentation Ai Weiwei – The Fake Case findet er – gottseidank – seine (wichtige) Stimme wieder und erzählt dem Drehteam, was er von seiner Regierung und seiner Verhaftung hält („… es ist Kidnapping durch den Staat“). Festgesetzt hatte man ihn angeblich wegen Steuerhinterziehung und entlassen offenbar nur, nachdem Ai Weiwei ein Geständnis über diesen erfundenen Umstand unterzeichnet hatte. The Fake Case begleitet den Aktionskünstler, der vor allem aufgrund seiner im Internet und öffentlich verbreiteten Regimekritik ins Visier der chinesischen Regierung kam, bei Gesprächen mit seinen Anwälten und lauscht Gesprächen mit seiner Mutter. Zugleich sieht man, wie Ai Weiwei versucht, mit seiner Familie ein normales Leben wieder aufzunehmen. Dabei kann man von Normalität wohl kaum reden, denn die Tage in der Haft haben ihre Spuren hinterlassen. So kann Ai Weiwei nicht mehr richtig schlafen, leidet unter Gedächtnisverlusten und wirkt müde und ausgelaugt. Spazieren geht er nicht mehr im Park, sondern auf dem weitläufigen Parkplatz davor, damit er sehen kann, ob ihm jemand folgt. Das Leben wird wohl nie wieder normal werden.

The Fake Case geht als Dokumentation neue Wege, MUSS er gehen, da viel nur durch Beobachtung „gesagt“ wird. Gesprochen Worte sind gefährlich und Kunst ist es ohnehin. In einer beispielhaften Szene besuchen sie einen befreundeten Künstler von Ai Weiwei, der ein Foto mit hundert nackten Menschen gemacht hat, die Bilder Ai Weiweis über ihre sichtbaren Geschlechtsteile halten – ein Foto, das in China einen Skandal auslösen würde und jedem Einzelnen der Fotografierten vermutlich ins Gefängnis bringen würde. Richtiggehend spannend wird The Fake Case, wenn Ai Weiwei mit seinem Freund im Auto unterwegs ist und Regierungsagenten per Handy verfolgt.
Immer wieder zeigt die Dokumentation, dass Aiweiwei zwar kämpfen will, der Kampf aber auch Spuren hinterlassen hat. In einem der besten Momente fragt ihn eine Reporterin, nachdem er ihr gesagt hat, dass nicht nur sein letztes Jahr, sondern sein ganzes Leben schwer war, er aber schon tot wäre, wenn er nicht weiter für die Freiheit fechten würde, ob er Angst habe, dies irgenwann nicht mehr leisten zu können. Seine Antwort ist kurz und knapp: „I don’t really know“. Dass Ai Weiwei immer noch Biss hat, beweist er mit der Installation seiner Homepage http://weiweicam.com/, über die man ihn in seiner Wohnung über Live-Cams beobachten kann. Auf die Frage der Regierungsagenten, warum er diese nicht einfach abschalte, entgegnet er: „Ich helfe euch doch nur, mich zu überwachen“.

Bild- und Tonqualität

Abseits der gesellschaftspolitischen Bedeutung von Ai Weiwei – The Fake Case, liefert das Bild für eine DVD erstaunlich kräftige Farben, einen sehr guten Kontrastumfang und eine überraschend hohe Schärfe. Akustisch hingegen bleibt’s genretypisch absolut auf die Front beschränkt. Hier und da öffnet sich der Sound etwas, wenn die Mikrofone Umgebungsgeräusche in Peking einfangen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Ai Weiwei – The Fake Case finden sich insgesamt 16 entfernte, bzw. zusätzliche Szenen sowie der Originaltrailer.

Fazit

Ai Weiwei – The Fake Doku zeigt einen Aktionskünstler, der trotz schwerer Repressionen seinen Kampfgeist nicht verloren hat. Gäbe es mehr Ai Weiweis auf dieser Welt, gäbe es irgendwann vielleicht auch weniger autokratische Staaten.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (Originalversion): 50%
Bonusmaterial: 40%
Film: 85%

Anbieter: AL!VE/Mindjazz
Land/Jahr: DK/CH/GB 2013
Regie: Andreas Johnsen
Darsteller:Ai Weiwei, Rasmus Winther, Adam Nielsen, Andreas Johnsen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 85
Codec: AVC
FSK: 0

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