Platz 7: Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt

Platz 7: Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (Blu-ray Review)

Blu-ray von 20th Century Fox
Blu-ray von 20th Century Fox

OT: Alien

 


Die Mutter aller Aliens

Kann man Scotts Alien eigentlich NICHT mögen?

Die Crew der Nostromo versammelt sich nach dem Aufwachen aus dem Cryo-Schlaf
Die Crew der Nostromo versammelt sich nach dem Aufwachen aus dem Cryo-Schlaf

Story

Von einem ihrer Ausflüge bringt die Crew ein fremdartiges und aggressives Wesen mit ...
Von einem ihrer Ausflüge bringt die Crew ein fremdartiges und aggressives Wesen mit …

Wir schreiben das Jahr 2122: Das Raumschiff Nostromo ist eigentlich auf dem Rückweg zur Erde, als es ein Signal von einem näher gelegenen Planetoiden empfängt. Der vom Schiffscomputer „MU-TH-UR“ gesteuerte Frachter weckt die Crew aus ihrem Stasis-Schlaf und setzt Kurs auf die unbekannte Quelle der Übertragung. Die Navigation führt sie zum Planeten LV-426 und nachdem man dort gelandet ist, betritt ein Team, bestehend aus Captain Dallas, ausführendem Offizier Kane und Navigator Lambert, die Oberfläche. Sie finden heraus, dass das Signal von einem riesigen fremdartigen Raumschiff stammt, dessen Inneres aus einer bioorganischen Masse zu bestehen scheint. Auf einem Kommandoplatz sitzend stoßen sie auf ein unmenschlich großes Wesen, welches das Schiff gesteuert zu haben scheint und dessen Bauch von Innen heraus aufgerissen wurde. Kurze Zeit später landen sie in einem Raum, in dem hunderte Eier abgelegt worden sind. Als Kane diese inspiziert, bricht eines davon auf und ein aggressives außerirdisches Viech krallt sich auf seinem Gesicht fest. Zurück an Bord der Nostromo beschließt man nach langem hin und her, dass man das Wesen von Kanes Gesicht nicht entfernt, denn erste Versuche zeigten, dass in dessen Adern kein Blut, sondern konzentrierte Säure fließt. Kurze Zeit später jedoch fällt es selbst vom Gesicht des Offiziers und verendet. Kane scheint sich danach gut zu erholen, doch plötzlich bricht ein weiteres Alien aus seiner Bauchdecke heraus – ein widerlicher Wurm, der blitzschnell verschwindet. Bei ihrer Jagd auf das Wesen stellt sich bald heraus, dass es sich äußerst schnell entwickelt hat und nun als zweieinhalb Meter große unfassbar hässliche und aggressive Kreatur seinerseits Jagd auf die Besatzung macht. Und mit seiner physischen Konstitution scheint es die durchweg besseren Karten zu haben …

Warum gerade „Alien“?

Tja, warum gerade Alien?
Die Antworten kommen schnell und stakkatoartig:
Weil das Setting düster wie nie zuvor im Science-Fiction-Genre war!
Weil die Filmfiguren mit sensationellen Darstellern gecastet wurden!
Weil erstmals eine Frau eine Actionheldin sein durfte!

Warum noch…?
Ach ja: HR Giger, HR Giger und… ähm… HR Giger!

... dessen Spross sich schnell zu einem mordenden Ungetüm entwickelt
… dessen Spross sich schnell zu einem mordenden Ungetüm entwickelt
Scott verwarf viele Szenen, in denen das Alien von einem Darsteller (dem 2,18m großen Studenten Bolaji Badejo) dargestellt wurde, da er die Aufnahmen lächerlich fand
Scott verwarf viele Szenen, in denen das Alien von einem Darsteller (dem 2,18m großen Studenten Bolaji Badejo) dargestellt wurde, da er die Aufnahmen lächerlich fand

Aber Ridley Scotts 1979er Science-Fiction-Klassiker ist so viel mehr:
Bevor der Regisseur zu diesem Projekt kam, hatte Dan O’Bannon bereits das Drehbuch geschrieben und auch den Schweizer Künstler Hansruedi Giger engagiert, dessen Arbeit später einen wichtigen Bestandteil ausmachen sollte. Dan O’Bannon, der erste Berühmtheit mit John Carpenters Filmschulen-Abschlusswerk „Dark Star“ erlangte (er schrieb am Drehbuch mit und spielte den maulenden Astronauten Sgt. Pinback), war zu diesem Zeitpunkt finanziell am Boden. Doch aus dieser Lebenskrise schöpfte er die kreative Kraft, eine Science-Fiction-Geschichte zu schreiben, die Vorlage für den bis dato vielleicht spannendsten Vertreter seines Genres werden sollte. Auch das alleine hätte jedoch nicht gereicht, denn als Ridley Scott dazu stieß, setzte er etwas durch, was das Studio nur mit Murren und großen Bedenken zuließ: Scott nahm praktisch eine Geschlechtsumwandlung der ursprünglich als Mann konzipierten Hauptfigur vor und boxte gegen den Willen aller Produzenten durch, mit Ripley eine Frau als Heldin zu positionieren. Die Umsetzung selbst war eine Mischung aus sehr profanen Mitteln, da es Ridley Scott gerne puritanisch haben wollte und dem Art-Design eben jenes HR Giger, der zuvor mit seinen Werksammlungen „ARh+“ und „Necronomicon 1“ aufgefallen war. Seine Neuinterpretation von Kunst als Mix aus Surrealismus und morbider Biomechanik, die er ab 1972 zumeist per Airbrush-Pistole umsetzte, verhalf dem Film zu einem Design, das bis heute unerreicht und zahlreich (meist schlecht) kopiert wurde. Sein Alien dürfte ohne Zweifel die abscheulich-furchterregendste und morbid-faszinierendste Kreatur des Kinos sein. Unzählige Genrefilme, in denen ein bösartiges Alien fortan eine Rolle spielte, präsentierten ein Wesen, das unverkennbar auf Gigers Original basierte.

Ripley muss am Ende ihren Überlebenswillen beweisen
Ripley muss am Ende ihren Überlebenswillen beweisen

Meine persönliche Erfahrung mit dem Sci-Fi-Klassiker begann Ende der 80er, als ich den Film erstmalig sah und gefesselt wie nie vor dem Fernseher saß. Bis heute ist der Spannungsbogen, den Scott aufbaut, unerreicht. Wenn die Bewegungssensor-Geräte immer lauter knackend davon zeugen, dass das Wesen in unmittelbarer Nähe sein muss; wenn Harry Dean Stanton auf der Suche nach Schiffskater Jones im Frachtraum auf das sabbernde Alien trifft und wie sich die Kreatur am Ende im Rettungs-Shuttle kauernd aus einer Nische schält – das sind unvergessliche Filmmomente, in denen ich mit Gänsehaut und vollgepumpt mit Adrenalin erfuhr, was es bedeutet, vor einem Film Angst zu haben. Was meines Erachtens weder zuvor noch nachher einem Film, bzw. einem Masken- und Kreaturdesigner gelang, ist das gleichzeitig abschreckende und anziehende, das von diesem Alien ausgeht. Gigers Kreatur, ihr länglicher Schädel und der kurz vor der Exekution des Opfers hervorpreschende zweite Kiefer – das waren Ideen und Einfälle, die so neu und einzigartig waren, dass man es nur bewundern konnte. Gleichzeitig funktioniert der Film aber auch deshalb so gut, weil er die Figuren sorgsam einführt, weil er neben dem Kampf mit dem Alien auch das Thema „niedrige Arbeiter“ gegen „intellektuelle Vorgesetzte“ berührt, weil er sozialkritische Aspekte wie Rassismus und Vorurteile gegenüber Andersartigem einfügt und einen Verschwörungsaspekt integriert, welcher der Geschichte am Ende noch eine zusätzliche brisante Note verleiht.
Wie Scott dies mit seinem Team und den Darstellern unter einen Hut brachte und dabei nie die Übersicht über die Geschichte verlor oder das Thema Spannung vernachlässigte, das ist hohe Filmkunst. Viele halten Camerons Sequel Aliens für das Highlight der Serie, für mich ist es nach wie vor das Original, das mich fesselt. Setzt der zweite Teil fast vollständig auf Action und ein „Mehr“ an allem, ist es das intime und beengte Setting des ersten Films, das mich gefangen nimmt und in den richtigen Situationen mit Schockmomenten aus dem Sitz reißt. Im Übrigen wurden nicht nur die Kinobesucher und Zuschauer des Films mit Überraschungseffekten konfrontiert, sondern auch die Schauspieler selbst. Wer die Szene des aus Kanes Bauch herausplatzenden Chestbursters genau ansieht, merkt die reale Überraschung von Veronica Cartwright als ihr das Blut ins Gesicht spritzt – man hatte den nicht direkt beteiligten Darstellern davon zuvor gemeinerweise nichts gesagt.

Eine der legendärsten Einstellungen der Filmgeschichte: Das Außenteam der Nostromo entdeckt in einem riesigen Raum den "Space Jockey"
Eine der legendärsten Einstellungen der Filmgeschichte: Das Außenteam der Nostromo entdeckt in einem riesigen Raum den „Space Jockey“

Fazit

Was wären Filmwelt und Genrefans heute ohne die Begriffe „Facehugger“ oder „Chestburster“? Alien bietet von allen düsteren Science-Fiction-Filmen die herausragendsten Kreaturen und den einzigartigsten Look – oft kopiert und nie erreicht. Scotts Verdienst ist es, über die Inszenierung trotz dominanter Entwürfe des schweizer Künstlers HR Gigers und der fantastischen Ausleuchtung und Kameraarbeit, nie die Übersicht verloren zu haben. Selbst in der heutigen Zeit, in welcher der Sci-Fi-Film durch schnelle Schnitte und unruhige Kameras dominiert wird, kann ein Alien immer noch bestehen und wirkt keinesfalls antiquiert. Auf Blu-ray entfaltet er dazu seine volle Kraft mit sehr gutem Bild und Ton, sowie hervorragendem Bonusmaterial. Wer Fan der Reihe ist, beschafft sich die Alien Anthology.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%

Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 60%
Film: 100%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: GB/USA 1979
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Sigourney Weaver, Tom Skeritt, Veronica Cartwright, Harry Dean Stanton, Sir Ian Holm, John Hurt, Yaphet Kotto
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de, fr
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 117
Codec: AVC
FSK: 16

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Udo Zorn

Hallo,
sehr schöne Rezension und den Film durfte ich glücklicherweise schon bei der Premiere in Deutschland im Kino erleben.
Das Erlebnis war ähnlich wie beim „weißen Hai“ und „Star Wars“, einfach unvergleichlich.
Keine andere Kreatur konnte mich jemals wieder so in seinen Bann ziehen und ich behaupte, ohne Giger wäre der Erfolg niemals derart groß geworden. Wenn man zudem bedenkt, dass der Film ursprünglich „Star Beast“ heißen sollte und die Story etwas anders geplant war, hat man letzten Endes, Gott sei Dank, alles richtig gemacht.
Meine Faszination ging so weit, dass ich mir jetzt endlich mal eine hochwertige Dog Alien Maquette Figur von Cool Props bei bunker158 vorbestellt habe.

Jetzt bin ich mal auf das Review der angekündigten UHD von Alien gespannt!

LG
Udo