Alles Geld der Welt

Blu-ray Review

Alles Geld der Welt Blu-ray Review Cover
Universum Film, 13.07.2018

OT: All the Money In the World

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Der goldene Hippie

Ridley Scott nimmt sich mal wieder einen historischen Stoff vor – und überzeugt.

Inhalt

1973 war Öl-Tycoon Jean Paul Getty der reichtes Mann der Welt. Sein damaliges Vermögen wurde auf 1,6 Mrd. Dollar geschätzt – genug also, um 17 Mio. Dollar Lösegeld zu bezahlen. Das jedenfalls könnte man meinen. Denn als Enkel Paul Getty III in Rom entführt wird und die Kidnapper eben jene Summe als Lösegeld fordern, weigert sich der Opa. Er hält die „Sache“ für vorgetäuscht. Und außerdem habe er ja noch 13 weitere Enkel. Wenn nun jeder von denen entführt würde, bliebe am Ende nichts mehr von seinem Geld übrig. Doch Pauls Mutter Gail gibt nicht auf. Sie nimmt Kontakt zum Sicherheitschef des Getty-Imperiums, Fletcher Chace, auf. Gemeinsam versuchen sie, den Großvater doch noch zum Einlenken zu bringen, während sie parallel den Aufenthaltsort des Entführen ausfindig machen wollen. Zur gleichen Zeit versucht sich Paul mit seinen Entführern zu arrangieren …

1973 beherrschte der Entführungsfall Getty die Medien eine lange Zeit. Ganze fünf Monate hielten die Kidnapper der kalabrischen Mafia ihr Opfer gefangen. Fünf Monate des Ringens um die Freilassung und des familiären Zwists ob der geforderten Lösegeldmenge. Nun, 44 Jahre später, ist der Fall Getty nicht mehr das Spektakuläre an Ridley Scotts jüngstem Film Alles Geld der Welt, sondern vor allem die Entstehungsgeschichte der Produktion. Denn der ambitionierte Mix aus Thriller und Drama war im Prinzip schon abgedreht, als Ende Oktober 2017 die Vorwürfe wegen sexueller Nötigung gegenüber Kevin Spacey, dem Darsteller des Jean Paul Getty, öffentlich wurden. Scott entschied sich, sämtliche Szenen mit Spacey neu drehen zu lassen. Ersetzt wurde er durch Hollywood-Legende Christopher Plummer (der schon rein von seiner Erscheinung her viel glaubhafter in der Rolle wirkt). Ganze zehn Tage musste man nachdrehen und dafür die bereits in anderen Produktionen steckenden Schauspieler der weiteren Rollen reaktivieren – ein logistischer Großaufwand. Im Nachhinein bezeichnet Scott diesen Schritt als notwendige Mahnung an solche Menschen, dass sie eben nicht ungestraft davon kommen. Und, ganz nebenbei: Er entschied sich für diese Maßnahmen gegen die Bedenken des produzierenden Studios.
Der berühmt-berüchtigte Entführungsfall von Paul Getty Jr., dem im Lauf seines Leidenswegs ein Ohr abgeschnitten wurde, dient Ridley Scott als Vorlage für einen mit großer Souveränität realisierten Thriller, aber auch als Porträt eines reichen Mannes, dem der menschliche Kompass abhanden gekommen ist. Die Hauptrollen spielen Michelle Williams und Mark Wahlberg, aber der Clou ist Christopher Plummer als Getty sr., der kurzfristig einsprang, als der ursprüngliche Darsteller Kevin Spacey aus dem Film geschnitten wurde.

Inhaltlich nimmt sich Ridley Scott Zeit, vor allem die Hintergründe darzustellen. Nachdem der junge Paul zu Beginn des Films direkt entführt wird, schildert er selbst als Erzähler, wie es war, als Enkel des reichsten Mannes der Welt aufzuwachsen. Wie er von einem Land ins nächste zog; wie er mit einem Vater zurechtkommen musste, der seine Alkoholsucht nicht in den Griff bekam und ständig Frauengeschichten hatte.
In der Charakterisierung des alten Jean Paul Getty stimmt Alles Geld der Welt indes sanftere Töne an. Liest man sich die Geschichte der Entführung durch, bekommt man unweigerlich den Eindruck eines hartherzigen Mannes, dem rein gar nichts an seiner Familie liegt. Scott porträtiert Getty durchaus als empfindsamen Menschen, der gerade diesen einen Enkel sehr schätzt. Ob das nun der Realität entspricht oder nicht, wird schwer zu ergründen sein. Doch der Film nimmt zwischen den harten Positionen eine eher vermittelnde Position ein.
Ja, Getty will das Lösegeld nicht zahlen und sich damit nicht erpressbar machen. Ja, man hat das Gefühl, er entzöge sich der Verantwortung. Doch auf der anderen Seite beauftragt er Chace damit, den Enkel zu befreien und würde Gail am liebsten vor der unbarmherzigen kommenden Zeit beschützen. Natürlich macht er es sich dabei aber viel zu leicht und verschließt vor der Realität aus purer Arroganz die Augen. Im Laufe seiner Zeit als erfolgreicher Geschäftsmann ist Getty ganz offensichtlich die moralische Ausrichtung auf sozialer Ebene durcheinander geraten. Und spätestens mit den bizarren Umständen des Einwilligens in die Lösegeld-Forderung fragt man sich dann doch, ob dieser Getty wirklich alle Tassen im Schrank hat. Diese Fakten schildert Scotts Film ebenso wie den eigentlichen Entführungsfall.

Letzteres bedient stets die Thriller-Elemente. Ob das die Ermittlungsarbeit Fletchers ist oder Pauls Situation im Gefängnis – beides sorgt für Spannung und Nervenkitzel. Alles Geld der Welt nimmt sich gut 45 Minuten Zeit, bevor er für einige Minuten in die Geiselnahme-Situation geht. Wenn Paul dann erstmalig das Gesicht eines der Entführer sieht, zieht sich die Spannungs-Schraube unweigerlich an. Das Gleiche gilt für den spektakulären (und ziemlich blutigen) ersten Befreiungsversuch. Action und Spannung, das kann Scott wie kein anderer – trotz einiger Längen des mit 135 Minuten nicht gerade knappen Films.
Unterstützt wird das Ganze aber auch noch durch die Wahl der visuellen Stilmittel. Das sorgt zwar für eine objektiv eher schwache Bildwertung (siehe nächstes Kapitel), funktioniert aber im Sinne eines 70er-Jahre-Thrillers. Gerade die harschen Kontrastübergänge vermitteln die hitzige Atmosphäre eindrücklich.
Darstellerisch dominiert Michelle Williams als Gail den Film und empfiehlt sich eindrücklich für die kommenden Oscars. Mark Wahlberg macht, was er immer macht und Christopher Plummer?
Nun, dessen Szenen merkt man tatsächlich nicht an, dass sie nachträglich gedreht wurden – sie fügen sich nahtlos ins Geschehen ein. Wüsste man nicht um die außergewöhnlichen Produktionsumstände, würde man es nicht merken.
Das einzige Manko von Alles Geld der Welt ist am Ende seine etwas zerfaserte Struktur. Die beiden Erzählstränge des gierigen Großvaters Getty und des entführten Enkels Getty scheinen immer mal wieder zu parallel und voneinander getrennt zu laufen. Die Rückblicke stören zudem den Fluss. So wird es bisweilen etwas schwierig, dem Geschehen zu folgen – zumal echte Höhepunkte selten sind. Als Charakterdrama aber funktioniert Scotts Film bestens.
Warnung an die zarteren Gemüter: Für eine FSK-12-Freigabe gerät ein bestimmtes Detail des Entführungsfall äußerst grafisch.

Bild- und Tonqualität

Alles Geld der Welt beginnt Schwarz/Weiß, um sich dann über Sepiafarben hin zu drastisch kontrastintensivierten Nacht-Szenen bei Kunstlicht zu steigern. Das künstlich hinzugefügte Korn des vollständig digital gefilmten Streifens lässt ihn analog wirken und unterstützt die Atmosphäre der 70er Jahre. Immer wieder – gerade in Rückblicken – wird das Bild drastisch stilisiert. Und zwar bis hinein in ein fast scherenschnittartiges Schwarz/Weiß mit extrem steilen Kontrastübergängen. Dann wiederum sind helle Bereiche auf Gesichtern dermaßen kontrastüberhöht, dass sie ausreißen (17’42) und wiederum andere sind deutlich weichgezeichnet, während einige Sequenzen derart scharf sind, dass man sich in einer 4K-Fassung des Films wähnt (30’45). Immer wieder gibt es zudem Einstellungen, in denen man Gesichter praktisch gar nicht mehr erkennen kann, so dunkel ist das Bild (93’57). Scott ist für diese Spielereien bekannt, doch die BD übertreibt es. Man wird den Eindruck nicht los, das hier etwas schief gegangen ist. Denn gerade die teils brutale Dunkelheit kann so nicht gewollt sein.
Beim Ton tut sich Alles Geld der Welt leichter. Denn von den sehr gut verständlichen Stimmen über die authentische Umgebungs-Atmosphäre bis hin zu Geräuschen von Fahrzeugen erklingt der dts-HD-Master-Sound sehr lebhaft. Während der Szenen in Süd-Italien zirpen die Zikaden gar derart aktiv, dass man sich selbst in dem Gefängnis wähnt (44’30). Auch das Schießen der Tontauben liefert ab – hier dann sogar mit echter Dynamik.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Alles Geld der Welt teilt sich in einen deutschen und einen amerikanischen Bereich auf. Deutsch kommentiert ist das Making-of, das vier Minuten andauert und ein typischer „Langtrailer“ fürs hiesige TV ist. Das Featurette kümmert sich knapp zwei Minuten darum, dass Plummer Kevin Spacey ersetzte.
Im englischsprachigen Bereich schließen sich entfernte Szenen, eine B’Roll sowie drei Featurettes an. Letztere kümmern sich um Scotts Arbeit an dem historisch verbürgten Film. Zudem kommen noch einmal die Darsteller zu Wort und mit „Recast …“ gibt’s noch mal ein längeres Featurette über die erneuten Dreharbeiten der 22 relevanten Szenen. Erstaunlich, wie entspannt der mittlerweile 80-jährige Regisseur mit dem Druck umging, dennoch pünktlich abliefern zu müssen. Denn das produzierende Studio ließ sich nur dazu erweichen, in dem Scott garantierte, den Start-Termin nicht verschieben zu müssen. Aufnahmen von der Premiere sowie acht Interviews mit Darstellern und Machern runden das Angebot ab.

Fazit

Alles Geld der Welt ist mehr Charakterstudie als Entführungs-Thriller. Getragen von zwei hervorragenden Schauspielern muss man zwar etwas Zeit mitbringen, wird aber mit einem atmosphärisch dichten historischen Tatsachen entsprechenden Film belohnt.
Technisch sollte man sich bewusst über das teils brutal stilisierte und viel zu dunkle Bild sein, bekommt aber dafür einen sehr lebhaften und authentischen Sound.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 50%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 60%
Film: 75%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Michelle Williams, Christopher Plummer, Mark Wahlberg, Romain Duris, Timothy Hutton, Charlie Plummer
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 133
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu Alles Geld der Welt

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2 Kommentare
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Jacob

Die deutsche Blu-ray ist übrigens deutlich schlechter als die US/UK Fassung die direkt von Sony kommt. aber in Deutschland haben wir ja öfter mal tolle Labels die zeigen wollen was sie können. Verstehe nicht, warum nicht einfach 1:1 den Sony Transfer übernimmt.

Nicht das erste Mal..

Rüdiger Petersen

Der ist sehr langweilig. Der Film hat mir überhaupt nicht gefallen da ändert der durchaus gute Cast nichts dran.