DVD-/Blu-ray Review
OT: Alone
Fahrt ins Grauen
Remake eines schwedischen Thrillers von 2011.
Inhalt
Jessica hat keinen Bock mehr auf ihr nullachtfünfzehn Leben in Portland, das sie nur an ihren verstorbenen Ehemann erinnert. Also packt sie ihre sieben Sachen in einen Anhänger, koppelt das Ganze an ihren alten Volvo und fährt los. Alles beginnt normal. Die Fahrt entlang der bergigen Straßen ist sogar ein kleiner Urlaub fürs Auge. Doch dann fährt sie einem betont langsam fahrenden Jeep auf, den sie irgendwann zu überholen versucht. Während sie links neben ihm fährt, gibt der jedoch plötzlich doch Gas. Gerade noch kann sie verhindern, dass sie mit einem von vorne kommenden LKW zusammenstößt. Das Adrenalin noch in den Adern merkt sie, wie der Jeep plötzlich dichter auffährt und sie zu bedrängen beginnt. Immerhin biegt der dann in eine andere Straße ein und Jessica kann ihren Weg unbehelligt fortsetzen. Als sie abends an einer Tankstelle steht und ihren Vater anruft, traut sie ihren Augen kaum. Fährt da nicht schon wieder dieser Jeep an ihr vorbei? Am nächsten Tag steht der Fahrer des Fahrzeugs plötzlich neben ihrem Auto und klopft ans Seitenfenster. Er entschuldigt sich zwar für sein Verhalten vom Vortag, wirkt aber irgendwie aufdringlich und unangenehm. Zwar kann Jessica ihn abwimmeln, aber fortan taucht er immer wieder auf, vorgebend, nur ihre Hilfe zu brauchen oder sich entschuldigen zu wollen. So richtig wird sie ihn nicht los und als sie dann mit einem aufgeschlitzten Reifen am Straßenrand notparken muss, taucht er natürlich wieder auf. Und siehe da, so freundlich wie er tat, ist er wahrlich nicht. Mit einer Spritze befördert er sie ins Land der Träume, entführt sie und verschleppt sie in eine Hütte. Für Jessica beginnt ein Alptraum …
Klingt nach Hitcher – Der Highway-Killer oder Unhinged findet ihr? Nun, so ganz falsch ist das nicht. Allerdings ist John Hyams Alone (ein Remake des schwedischen Thrillers Försvunnen von 2011) tatsächlich atmosphärischer angelegt als der zuletzt etwas polternde Unhinged mit Russell Crowe. Schon die ersten fünf Minuten beginnen sehr stimmungsvoll. Ohne große Musikuntermalung sieht man Jessica mit innovativen Kameraeinstellungen zu, wie sie den Anhänger mit ihrem Hab und Gut füllt, sich in ihren alten Volvo setzt, den Schlüssel dreht und losfährt. Auch die darauf folgende Fahrt wird mit netten Kameraeinstellungen begleitet und immer wieder findet die Kamera Positionen und Winkel, die sich von großen Mainstream-Produktionen unterscheiden.
Was die Entwicklung der Story angeht, so unterscheidet sich Alone ein wenig von Unhinged. Während beim Russell-Crowe-Thriller ein kleiner Machtkampf an der Ampel für die Unstimmigkeiten sorgt und Crowes Charakter eine Entschuldigung von Rachel fordert, ist es hier zunächst andersrum. Der Fahrer des Jeeps entschuldigt sich für sein Verhalten und nimmt danach immer wieder scheinbar freundlichen Kontakt zu Jessica auf. Tatsächlich ist das genau die Herangehensweise, die besser funktioniert. Das unterschwellig Unheimliche erzeugt mehr Spannung und Unbehagen, als das aggressiv Frontale in Unhinged. Vor allem, weil Marc Menchaca (Homeland) in der Rolle des aufdringlichen Jeep-Fahrers unheimlicher und irgendwie bedrohlicher wirkt, als der körperlich so präsente, aber eher berechenbare Russell Crowe. Das Auto selbst wird immer wieder als gruseliger Gegner inszeniert, wenn er entweder beiläufig zu sehen ist oder irgendein anderer Jeep im Dunkeln als vermeintlich eben jener gehalten wird. Das Bedrohungsszenario wirkt die ganze Zeit über irgendwie gruseliger, weil man ahnt, dass hinter diesen scheinbar freundlichen Kerl etwas ganz Fieses schlummert.
Je länger der Film dann dauert, desto mehr bekommt man mit, was für ein Typ hinter der ach so bürgerlichen Fassade steckt. Alone entwickelt seine Spannung nach der anfänglichen Verfolgung per Fahrzeug aus dem Gefängnis-Szenario, das Hyams erneut ohne große Filmmusik inszeniert. Vielmehr fokussiert er sich auf Jessicas Panik. Wie ihr Kontrahent auch ist die junge Witwe eine ganz normale Frau. Eine, der das Leben bereits übel mitgespielt hat und die alles andere als resolut oder gar wehrhaft erscheint. Ihr Heil kann nur in der Flucht liegen, nicht in der Konfrontation. Und dies Angst überträgt sich durchaus auf den Zuschauer. Nach gut 55 Minuten kumuliert ihre Furcht und Panik in einer Kurzschlusshandlung, aus der eine emotionale Reaktion entsteht, die zeigt, wie krass es für Jessica sein muss. Und weil der Film nicht den Fehler begeht, aus dem Opfer urplötzlich eine fähige Überlebenskämpferin zu machen, wird man als Zuschauer auch mal mit einem realistischen Verhalten überrascht, das andere Filme zugunsten des Spektakels erst gar nicht in Erwägung ziehen würden. Erstaunlich ist auch, dass Alone mit gerade einmal vier Darstellern auskommt, von denen einer sogar nur in Handyvideos erscheint.
Was filmisch gesehen erst Mal nur wenig Sinn ergibt, ist die Aufteilung in kurz eingeblendete Kapitel. Ob es dieses buchartige Schema gebraucht hätte, sei dahingestellt. Tatsächlich ändert das aber nichts daran, dass die letzten 20 Minuten wirklich intensiv geraten. Von der extrem spannenden Szene im Jeep bis zum finalen Kampf, der erneut beweist: Diese beiden Kontrahenten sind keine Superhelden mit unglaublichen Fähigkeiten. Hier wird roh gekämpft. Mit dem, was sich gerade findet und ohne große Choreographie. Neben der Tatsache, dass man „on location“ im Wald, im Wasser und im Schlamm gedreht hat, verleiht das dem Film eine Authentizität, die nur wenig darunter leidet, dass auch hier ein menschlicher Schädel viel zu viel Gewalt auszuhalten in der Lage ist. Logiksucher werden deshalb durchaus mal ins Stolpern geraten.
- Certified FRESH Rotten Tomatoes mit 94%
- Mit Jules Willcox (DREAMKATCHER), Marc Menchaca (WO IST KYRA?) und Anthony Heald (ROTER DRACHE) in den Hauptrollen
- Produzent ist Mike Macari (THE RING), Regie führt John Hyams (BLACK SUMMER)
Bild- und Tonqualität
Leider hat mir Anbieter Koch Films zum Review lediglich die DVD zur Verfügung gestellt. Besser als ein Streaminglink, aber schlechter als eine Blu-ray. Und so bezieht sich die Beschreibung der technischen Qualität auf die 576p-Scheibe – die ihrer minderen Auflösung leider alle Ehre macht. Immer wieder zeigt sich Treppenstufenbildung (5’04) und in einigen dunkleren Szenen geht die Kompression mächtig in die Knie, was zu entsprechendem Macroblocking führt. Dazu flirrt der Wald aus der Vogelperspektive und der Schwenk über die Brücke nach dreieinhalb Minuten ist ein Graus. Wer heute wirklich noch mit DVDs leben kann, dem gebührt mein Respekt. Schön anzuschauen ist das wahrlich nicht. Immerhin geraten die Farben ansprechend natürlich und der Kontrastumfang geht in Ordnung. Sollte mir doch noch eine Blu-ray zum finalen Kaufstart vorliegen, ergänze ich die Bildbewertung entsprechend. Bis zu diesem Punkt entfällt die Bewertung, da DVDs nicht mehr dem Qualitätsanspruch dieses Blogs genügen.
Die DVD von Alone liefert übliches Dolby Digital, während die Blu-ray mit DTS-HD-Master-Spuren ausgerüstet sein wird. Die DD-Fassung schlägt sich aber bereits ganz gut. Die Autofahrt zu Beginn lässt das rapplige Volvo-mit-Anhänger-Gespann räumlich zu Werke gehen, während die ganz dezent wabernden Score-Elemente ebenfalls effektvoll wirken. Wenn der Soundtrack zwischendurch Tiefbass integriert, könnte das zwar etwas definierter zu Werke gehen, aber es rumpelt zumindest etwas. Und während des wilden Ritts in den Stromschnellen brandet das Wasser wirklich dynamisch über die Speaker.
Sollte ich die Blu-ray noch bekommen, wird die Bewertung entsprechend der unkomprimierten DTS-HD-Master-Spuren ergänzt.
- Certified FRESH Rotten Tomatoes mit 94%
- Mit Jules Willcox (DREAMKATCHER), Marc Menchaca (WO IST KYRA?) und Anthony Heald (ROTER DRACHE) in den Hauptrollen
- Produzent ist Mike Macari (THE RING), Regie führt John Hyams (BLACK SUMMER)
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial findet sich ein Behind the Scenes sowie ein weiteres Featurette. Letzteres nimmt sich vier Minuten Zeit, um ein paar (untertitelte) Einblicke vom Dreh in Portland zu bekommen. Das Behind the Scenes ist eher eine B’Roll, die offenbart, wie unspektakulär und langweilig ein Filmdreh schon mal sein kann. Wer sich das Zwei-Disk-Mediabook schnappt, der bekommt auch das skandinavische Original Försvunnen (Night Hunt – Die Zeit des Jägers) mitgeliefert.
Fazit
Alone mag nicht in allerletzter Konsequenz und in jeder Szene absolut logisch sein. Aber er ist spannend, atmosphärisch, hervorragend gespielt und erfrischend „normal“ im Verhalten des Opfers. Gegenüber Unhinged mag das Budget, die Action und der prominente Hauptdarsteller fehlen, aber Alone macht dennoch vieles sehr viel besser.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: Bewertung entfällt
Tonqualität (dt. Fassung): Bewertung entfällt
Tonqualität (Originalversion): Bewertung entfällt
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%
Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: USA 2020
Regie: John Hyams
Darsteller: Jules Willcox, Marc Menchaca, Anthony Heald, Jonathan Rosenthal
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 98
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Koch Films)
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Trailer zu Alone
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Thanks mate. Good review of a good film