Blu-ray Review
OT: American Animals
Lebensverändernde Erfahrung
Spannender Heist-Thriller nach wahren Begebenheiten.
Inhalt
Kentucky im Jahre 2004: Spencer beginnt als junger Künstler an der Universität von Kentucky zu studieren. Sein Kumpel Warren ist ein eher anarchisch angehauchter Student mit Sportstipendium – zwei junge Männer, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Weil sie den üblichen Studentengängen eher ablehnend gegenüber stehen, ergänzen sie sich aber erstaunlicherweise aufgrund ihrer Gegensätze so gut. Als Spencer eines Tages eine Führung durch die Bibliothek mitmacht, bleibt vor allem hängen, dass einige der Bücher – Sammelwerke von Kunstwerken – unglaublich wertvoll sind. Als er dies Warren mitteilt, stacheln sich die beiden nach und nach auf, die Werke zu entwenden. Man nimmt Kontakt zu Schiebern auf, holt noch zwei weitere Bekannte an Bord und plant den Coup bis ins kleinste Detail – immer im Kopf: Die berühmten Heist-Filme der großen Hollywood-Studios. Dumm, dass nicht immer jede Filmvorlage in die Realität umzusetzen ist …
Viele Storys „basieren“ auf einer wahren Begebenheit. American Animals weiß es besser, wenn er seinen knapp zwei Stunden Laufzeit vorausschickt, dass er nicht nur „basiert“, sonder eine wahre Begebenheit IST. Tatsächlich taten sich Anfang 2004 die vier „netten Kerle“ aus gutem Umfeld zusammen, um (für die Familien völlig überraschend) einen Raub zu planen, den sie ausschließlich aus Langeweile, Lust an der Herausforderung und basierend auf ihren „Kenntnissen“ von Heist-Movies heraus planten. Der Film von Bart Leyton kombiniert dabei schauspielerische Filmsequenzen mit Interviews der echten Beteiligten. Dass Leyton diesen Weg wählt, kommt nicht von Ungefähr. Immerhin war er bisher vor allem als Dokumentarfilmer (The Imposter – Der Blender) bekannt. Fast fließend verknüpft er die Tatsachen-Interviews mit den filmischen Elementen, teilweise innerhalb von gesprochenen Sätzen. Dabei nutzt er sogar die teils differierenden Aussagen Warrens und Spencers und lässt seine Schauspieler jedes Mal von Neuem in unterschiedlichen Situationen die gleichen Sätze sprechen oder gar mit den realen Vorbildern kommunizieren. Ebenso fließend gelingt dem Regisseur, zwischen den unterschiedlichen Stimmungen zu wechseln. Der lockere Ton, der teils auch von den echten Räubern praktiziert wird, erfährt seine Unterbrechung, wenn Warren und Spencer darüber sprechen, was das Leben überhaupt für einen Sinn hat oder wenn Angehörige der Vier bei den Interviews verzweifelt in Tränen ausbrechen. Obschon das Quartett nach der Verbüßung ihrer Haftstrafen schont seit Längerem wieder auf freiem Fuß ist, hat ihre Tat in den jeweiligen Familien Spuren hinterlassen.
Gleichzeitig ist American Animals aber auch ein spannender Heist-Film geworden, der seinen (fiktiven) Vorbildern der Ocean’s-Reihe huldigt und die Planung des Coups minutiös schildert. Klasse und smart inszeniert ist das vor allem nach 45 Minuten, wenn die Vier ihren Plan quasi perfekt und im Gentleman-Style durchgehen. Zuvor wird vor allem die Gegensätzlichkeit von Warren und Spencer deutlich, die von Evan Peters (Quicksilver aus den jüngeren X-Men-Filmen) und Barry Keoghan (The Killing of a Sacred Deer, Dunkirk) mit Spielfreude und Leidenschaft gegeben werden. Wer wen angestachelt hat, wer der Tonangeber war – diese Fragen behandelt der Film ebenso wie die Tatsache, dass sich beide Studenten (aus verschiedenen Gründen) vom typischen Verhalten der Kommilitonen (Studentenverbindungen etc.) eher abgestoßen fühlten und scheinbar aus der spontanen Idee irgendwie in dieses Abenteuer reingeschlittert sind. Ein Abenteuer, das in Amsterdam durchaus bedrohliche Formen annahm, als man den Schiebern begegnete (Gastrolle für Udo Kier). Grundsätzlich geht es dabei wenig action- sondern vielmehr dialoglastig zu. Doch weil die vier Darsteller das überzeugend machen und die Geschichte eben hervorragend recherchiert ist, macht das dennoch Spaß und ist kurzweilig geraten. Vor allem von dem Moment an, da die vier Möchtegern-Räuber in Großvater-Kostümen erstmalig versuchen, ihren Coup durchzuführen. Während das schon spannend geraten ist, wird der Thrill während des zweiten Versuchs noch intensiver. Sehr gut gelungen ist vor allem der Kontrast zwischen der smooth inszenierten Planungs-Sequenz und der späteren Durchführung, bei der praktisch alles in die Hose ging, was schief laufen konnte. Man sieht Warren und Eric an, dass sie völlig durch waren und von Coolness nicht mal mehr im Ansatz zu reden war.
Bild- und Tonqualität
Das Bild von American Animals ist zwar durchweg recht laufruhig, zeigt in dunkleren Szenen aber leichtes Farbüberstrahlen. Gesichter werden dann sehr intensiv rötlich und überkontrastieren. Die Schärfe ist durchweg nur mittelmäßig, während die Farbgestaltung in gut ausgeleuchteten Szenen recht natürlich ist.
Beim Ton von American Animals konzentriert sich das Geschehen naturgemäß auf den Center, wo die Dialoge sauber wiedergegeben werden. Während die Synchronsprecher der Schauspieler cinematografisch sprechen, klingen jene der realen Personen etwas auffälliger. Das allerdings führt eher zu einer besseren Differenzierung zwischen den beiden Erzähl-Elementen. Räumlich wird’s, wenn der Score aufbrandet und auf sämtliche Lautsprecher verteilt wird. Auch der Regen, der nach gut 90 Minuten auf den Wagen prasselt, erklingt aus allen Speakern. Sehr gut gelungen sind allerdings vor allem die ruhigen Szenen, in denen dann das quietschende Anspitzen eines Bleistifts heraus sticht. Und wenn die Behörden dann in die Wohnungen eindringen, wird die Tür doch ziemlich druckvoll eingetreten.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von American Animals gibt’s neben den Trailern noch ein Interview mit zwei der Hauptdarsteller sowie mit dem Regisseur. Das Behind the Scenes stellt kurz die Hauptfiguren und das Filmthema selbst vor – allerdings hat das kaum Informationsgehalt.
Fazit
American Animals schildert nicht nur einen fast unglaublich fehlgeschlagenen Coup, sondern nimmt sich auch Zeit für die Motivation und Hintergründe der damals jungen Räuber. Dabei hält der Film stets die Waage zwischen Komik, Drama und Thrill und ist zudem vorzüglich gespielt.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 80%
Anbieter: Ascot Elite Home Entertainment
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Bart Layton
Darsteller: Evan Peters, Barry Keoghan, Blake Jenner
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 117
Codec: AVC
FSK: 12
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Ascot Elite Home Entertainment)