Anna 4K UHD

Blu-ray Review

Studiocanal, 28.11.2019
Studiocanal, 28.11.2019

OT: ANИA

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Schlüssel-Rohling

Luc Besson hat den Gefallen an mordenden Frauen immer noch nicht verloren.

Inhalt

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Wird Anna vor KGB-Chef Vassiliev bestehen?

Moskau 1990: Anna Poliatova wird von einem Model-Scout angesprochen, als sie auf ihrem Marktstand Matroschkas verkauft. Man verspricht ihr die große weite Welt und erzählt von Reisen nach Paris. Kein Wunder, dass die blonde Dame anspricht. Kaum in der Agentur eingetroffen, begegnet sie während einer Party dem russischen Geschäftsmann Oleg. Eine Begegnung, die er noch bereuen wird. Denn Anna ist mitnichten diejenige, die sie zu sein scheint. Als KGB-Killerin erledigt sie ihre Jobs präzise und eiskalt. Drei Jahre zuvor hatte man sie rekrutiert, weil sie aus ihrem alten und unterdrückten Leben ausbrechen wollte. Und nun ist sie das beste Pferd im Stall des russischen Geheimdiensts. Doch für die CIA nicht gut genug, denn sie fliegt auf. Anstatt sie zu inhaftieren oder zu beseitigen, setzt der amerikanische Geheimdienst aber auf die eigenen Überredungskünste: Anna wird zur Doppel-Agentin …

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Alex ist Annas Verbindungsmann zum KGB – und Liebhaber

Luc Besson kann’s nicht lassen. Bereits zum dritten Mal folgt er einer Frau, deren Profession das Töten ist. Nach Anne Parrilaud in Nikita und Scarlett Johansson in Lucy ist es nun Sasha Luss, die eine KGB-Agentin mimen darf. Anna ist ein in weiten Teilen ziemlich klassischer Agenten-Killerthriller, der mit ein paar Verfolgungsjagden im Taxi-Stil sowie harten Kampfszenen nach 96-Hours-Vorbild über zwei Stunden lang unterhalten möchte.
Das Problem: Schon nach 35 Minuten hat man drei (oder waren es sogar schon mehr?) Zeitsprünge hinter sich gebracht, die den Zuschauer mehr verwirren als aufklären. Anstelle seine Agenten-Geschichte stringent zu erzählen, unterbricht er die Story immer wieder harsch, wenn man gerade anfängt, sich für einen Zeitraum zu interessieren. Die Überraschung, die Anna nach knapp unter 20 Minuten liefert (und damit die eigentliche Geschichte in Gang bringt), verpufft aufgrund der im Fortlauf so uninspiriert erzählten Story. Erstaunlich genug, wenn man bedenkt, dass mit Helen Mirren, Luke Evans und Cillian Murphy die Nebenrollen spektakulär prominent besetzt sind.

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Anna lernt Maud beim Modeln kennen

Womit wir bei den Darsteller/innen wären. Luc Besson, das weiß man, hat ein Faible für schöne Frauen an seiner Seite. Und öfter als viele andere Regisseure besetzt er seine Filme – gerade jene, in denen die Hauptfigur weiblicher Natur ist – mit Models. Das war 1997 so, als er Milla Jovovich zum Schauspieldurchbruch verhalf, führte sich mit Rie Rasmussen fort, die vor ihrer Rolle in seinem Angel-A schon das Gucci-Gesicht gewesen war und war zuletzt der Fall, als er das Supermodel Cara Delevingne in der Hauptrolle von Valerian besetzte. In Valerian hatte auch schon Sasha Luss eine Rolle – das russische Topmodel agierte als Prinzessin Lïhio-Minaa. Nun darf sie erneut unter Bessons Regie agieren und das direkt in der Titelrolle. Als Anna zeigt die Aktrice, dass sie nicht nur schön ist und bei den anfänglichen Szenen in der Agentur natürlich in ihrem Element agieren kann – nein, sie schauspielert sogar überzeugend. Und das gilt für die eher dramatischen und emotional fordernden Szenen aus Annas Vergangenheit genauso wie für die handgreiflichen Actionszenen. Ihr Problem ist es nicht, dass diese insgesamt nicht so brillant choreografiert erscheinen wie bspw. die entsprechenden Sequenzen aus Atomic Blonde (der sich als Vorbild natürlich geradezu aufdrängt).
Mit erstaunlich hohem Blutzoll sucht Anna das auszugleichen, was den typischen Agentenfilm-Fan vermutlich eher etwas verschrecken wird.

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Olga kennt kein Pardon

Was Spaß macht, ist die smarte Inszenierung innerhalb der Sequenz, in der dargestellt wird, wie Anna auf die Modelagentur angesetzt wurde. Hier zeigt Besson durchaus sein Talent für flüssige Übergänge – gemeinsam mit der coolen Montage zwischen Model- und Killerjob nach 70 Minuten vielleicht die beste Szene des ganzen Films. Ebenfalls gut funktioniert die Chemie zwischen den Darstellern – besonders jene zwischen Evans und Luss sowie zwischen ihr und Murphy. Ziemlich gewöhnungsbedürftig ist es allerdings, Helen Mirren als durch und durch verabscheuungswürdige KGB-Obere zu erleben. Irgendwie fehlt hier ein bisschen Background, um ihr ruppiges und völlig humorfreies Wesen zu erklären.
Zur Mitte hin, wenn Anna wieder die gegenwärtige Erzählebene erreicht hat und schon seit einiger Zeit keine Action mehr zu liefern hatte, macht sich indes ein wenig Langeweile breit. Extrovertierte Szenen wie jene ihres Ausrasters beim Fotoshooting ziehen die eigentliche Story nur unnötig in die Länge, tun nichts zur Sache und wirken in ihrer Übertriebenheit auch etwas albern. Gut, dass Besson in der letzten halben Stunde noch einmal die Kurve kriegt und vor allem Annas Flucht nach etwas über 90 Minuten flüssig und mit betonter Coolness inszeniert. Hier kann  Anna für einen Moment zu den Highlights des Genres aufschließen und richtig Spaß verbreiten.

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ANИA @ WORK

Bild- und Tonqualität BD

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Die CIA ist Anna auf den Fersen

Anna offenbart von Beginn an seine digitale Herkunft und zeigt ein fast makellos-rauschfreies Bild, das in jeder Situation Herr über die Lage ist. Close-ups von Helen Mirren bestechen durch ihre dreidimensionale Plastizität (113’40) und die Kontrastgebung passt sich prima den jeweiligen Farbstimmungen an. Egal, ob es warme Brauntöne in der Kampfszene im Restaurant nach 40 Minuten sind oder die kühleren Momente während der Außenaufnahmen im kalten Russland. Die Szenen, in denen Helen Mirren und Luke Evans im Auto auf Anna warten, liefern bspw. absolut satte Schwarzwerte und lassen Mirrens roten Lippenstift knallig hervorstechen. Auch die roten Fahnen in ihrem Bürozimmer knallen prächtig und die Kontrastierung in Innenräumen ist zuweilen perfekt und extrem lebhaft (59’12). Vereinzelte Randunschärfen im seitlichen Bereich sind vermutlich auf die Weitwinkel-Objektive zurück zu führen und außerdem sehr selten.
Beim Sound liefern Blu-ray und UHD für beide Sprachen dts-HD-Master-Tonspuren. Eine Atmos-Fassung (wie auf der US-UHD) gibt’s leider weder auf der UHD, noch auf der BD.
Die verlustfreien Tonspuren müssen ein wenig lauter eingepegelt werden als normal üblich. Sie leben aber schon zu Beginn von einer schönen Straßenatmosphäre während der Szenen in Russland. Zu Beginn von Kapitel zwei werden die chilligen Diskosounds mit Nachdruck ins Heimkino gepumpt. Schön direktional kommen die Sounds vom Score vor Annas Attentat im Restaurant nach 39 Minuten. Allerdings bleiben die Schüsse erschreckend lahm und drucklos. Ein undynamisches Peng wie in 60er-Jahre-Western. Um es gegen zu checken, wechseln wir kurz auf die englische Fassung. Obwohl identisch kodiert, lebt diese im direkten Vergleich förmlich auf. Zwar erreicht auch das nicht das Niveau eines John Wick während der Actionszenen, doch gegenüber der Synchro sind das deutlich hörbare Unterschiede. Die einzelnen Schussgeräusche haben mehr Pfund, wirken dabei schön trocken und verpuffen nicht einfach so. Zwar fehlt es auch hier ein bisschen an Vehemenz und das Kampfgeschehen drumherum ist etwas dumpf, aber immerhin geht’s hier effektvoll und etwas dynamisch zur Sache, während die deutsche Fassung hier leider nicht den Spaß bereitet, den sie bereiten könnte. Das zieht sich dann auf diese Weise durch den ganzen Film hindurch, was durch die gut verständlichen und verhältnismäßig voluminösen Dialoge (gerade im Falle von Cillian Murphys Synchro) leider auch nicht sonderlich abgemildert wird.

Bild- und Tonqualität UHD

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So wandlungsfähig wie ein Chamäleon: Anna

Anna wurde zwar sichtbar digital aufgenommen, jedoch war nicht gesichert in Erfahrung zu bringen, welche Kameras verwendet wurden und ob man über ein 2K- oder 4K-Digital-Intermediate finalisierte. Anzunehmen ist aber ein 2K-DI, da sich die UHD von der BD nur wenig absetzen kann und es für das letzte Quäntchen Detailtiefe dann doch nicht reicht.
Ausgehend von dieser Basis bekam die UHD noch HDR10 und Dolby Vision als erweiterte Kontrastformate sowie den im Rahmen von Rec.2020 vergrößerten Farbraum. Letzteres ist allerdings praktisch kaum zu erkennen – egal, ob es die etwas kühleren Szenen mit viel Braun- und Grauanteil sind oder die sehr farbigen Momente während der Modeshoots. Selbst die roten Russland-Fahnen sehen praktisch identisch aus, wenn man sie mit der Blu-ray vergleicht. Der einzige Unterschied im Color-Grading sind die etwas gelblicheren Hautfarben und neutralen Flächen. Das allerdings wirkt eher weniger natürlich als bei der BD. Auf der Habenseite verzeichnet die UHD allerdings das sichtbar strahlkräftigere Bild. Gegenüber der Blu-ray ist die Ultra-HD heller bei gleich gutem Schwarz und Spitzlichter stechen deutlich hervor. So sind bspw. die versammelten Lampen der Einkaufspassage viel durchdringender (64’18). Glücklicherweise funktioniert diese Anhebung der Spitzlichter ohne ein Überstrahlen. So bleiben die von Licht durchfluteten Vorhänge zehn Minuten zuvor komplett durchzeichnet und sichtbar (55’41).
Was die Detailtiefe angeht, so lassen sich bei genauem Hinschauen klarer ablesbare Buchstaben auf Dossiers erkennen und Feinheiten in den Close-ups von Gesichtern erscheinen noch etwas plastischer. Allerdings sind das Nuancen, die erst bei sehr großen Bilddiagonalen auffallen.
Ansonsten kann sich die UHD nicht entscheiden von der Blu-ray absetzen. Auch Dolby Vision schafft dies nicht, da es weitgehend auf dem gleichen Niveau spielt wie HDR10.

Blu-ray (31’45): (Slider ganz nach rechts): Die Unterschiede im Color Grading und Kontrast fallen zwischen BD und UHD gering aus.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD leuchtet zwar etwas mehr, wirkt in den Hauttönen aber eine Spur gelblicher und damit nicht ganz so natürlich.

Blu-ray (44’36): (Slider ganz nach rechts): Auch bei den dunkleren Szenen fällt der etwas wärmere und harmonischere Farbton der Blu-ray auf.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Während die UHD die schalldichte und mit Leder bezogene Tür gelblicher darstellt.

Blu-ray (55’43): (Slider ganz nach rechts): Ein weiteres Beispiel für die geringen Unterschiede zwischen BD und UHD.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD zeigt auch hier den leichten Hang zu gelberen Hauttönen.

Blu-ray (62’15): (Slider ganz nach rechts): Wird es farbiger, sind die Unterschiede ebenfalls nicht größer.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Der im Rahmen von Rec.2020 erweiterte Farbraum bietet hier nicht mehr Farbintensität, HDR sorgt aber für etwas mehr Brillanz.

Blu-ray: (Slider ganz nach rechts): Für Differenzen in der Auflösung gehen wir näher ran.

UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier zeigt die UHD tatsächlich etwas lesbarere Schriften gegenüber der Blu-ray. Das „unclassified“ muss man bei der Blu-ray bspw. erraten. auch die Farben im „Confidential“ bleiben über die UHD kontrollierter und gleichmäßiger.

Für den Größenvergleich das Bild in der Komplettdarstellung
Keine Änderung beim Ton. Auch die UHD bietet nur die beiden dts-HD-Master-Spuren.

Bonusmaterial

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Zwei, die sich gleich wundern werden

Im Bonusmaterial von Anna halten sich ingesamt vier Featurettes auf, in denen es um die Kostüme des Films geht oder aber der Restaurant-Kampf sowie die anfängliche Verfolgungsjagd zwischen Mercedes und Lada analysiert wird. Letztere fand übrigens im winterlichen Prag statt, was für die frostige Atmosphäre sorgte. In „Die Produktion“ bekommen wir gut eine Viertelstunde Einblick in die Hintergründe der Story an sich. Die Darsteller kommen ebenso zu Wort wie Besson selbst. Bei der Analyse des Fights im Restaurant wird anschaulich, wie intensiv Sasha Luss auf die Szene vorbereitet hat.

Fazit

Anna möchte gerne innovativ und überraschend sein. Doch was hin und wieder auch mal gelingt, wird allzu oft von der unnötig komplizierten Struktur untergraben. Warum Besson es sich so schwer macht, seine Geschichte zu verschachteln, auf dass nach der dritten Storywendung bereits Ermüdungserscheinungen auftreten, bleibt rätselhaft. Immerhin machen einige der Actionszenen Spaß und der Blutzoll wird Freunde der härteren Gangart erfreuen.
Die Blu-ray liefert dazu ein bereits ein hervorragendes und plastisches Bild, dem die UHD kaum etwas hinzufügen kann, um sich abzusetzen. Leider hat es aus technischer Sicht auch noch den deutschen Ton erwischt, der wesentlich weniger dynamisch ist als der Originalton.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD: 90%
Bildqualität UHD: 80%

Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 80%

Bonusmaterial: 60%
Film: 60%

Anbieter: STUDIOCANAL Home Entertainment Sales
Land/Jahr: Frankreich 2019
Regie: Luc Besson
Darsteller: Sasha Luss, Luke Evans, Helen Mirren, Cillian Murphy, Lera Abova
Tonformate BD:
Tonformate UHD: dts-HD-Master 7.1: de // dts-HD-Master 5.1: en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 120
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-100
Real 4K: Ja/Nein (?? DI)
High Dynamic Range: HDR10, Dolby Vision
Maximale Lichtstärke: 688
FSK: 16

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: STUDIOCANAL Home Entertainment Sales)

Trailer zu Anna

ANNA Trailer Deutsch | Jetzt im Kino!

 

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7 Kommentare
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Ronny

Der Film geht eigentlich. Da habe ich schon weitaus Schlimmeres gesehen. Aber der deutsche Ton (Dynamik) ist lächerlich und eine Frechheit. Er schmälert das Filmvergnügen ungemein.
Apropos mordende Frauen. Ich vermisse auf diesem Portal die Rezension vom Film „Lucy“. Die 4k UHD gehört zum Besten, was ich auf diesem Medium gesehen habe. Wäre das im Nachhinein nicht doch noch eine Rezension wert?

Ronny

Hallo Timo.
Schön, dass du ihn wenigstens schon mal auf dem Schirm hast.
Ich wünsche dir schöne Weihnachtstage, einen guten Rutsch ins neue Jahr und mir eine baldige Rezension von „Lucy“.

Thorsten

Eben typisch Besson: Entweder ein Welthit, oder ein Griff ins Klo 🙂

udo

Griff ins Klo finde ich völlig daneben, denn m. E. hebt sich der Film vom Agententhriller Einheitsbrei deutlich ab und die Hauptdarstellerin spielt sehr überzeugend.

Sascha

Dem schließe ich mich an. Heute das Teil verkostet und ich bin durch und durch begeistert – sowohl von der Performance der Protagonisten, als auch vom Aufbau/Verlauf der Story. Mein lieber Luc Besson, ich kann nur sagen „Chapeau!“ Aus meiner Sicht weniger als „anstrengend“ anzusehen…vielmehr als „anspruchsvoll“. Hat mich stark an „Codename: Nina“ erinnert. Daher würde ich ihn – wie gesagt für mich persönlich – als Besson‘s zeitgemäße Antwort auf „Nina“ betiteln. Aufgrund der Zeitsprünge, die allesamt in Summe Sinn ergeben, allerdings auch ein gutes Stück „origineller“. Persönliches Fazit: Wird mir noch lange in Erinnerung bleiben und neben „Lucy“ sowie „Léon“ ein weiteres Meisterwerk aus der Feder Besson‘s. 🙂

hook

hm, ein vergleich zwischen der deutschen und der us source wäre interessant.

video deutsch -> 41999 kbps
video us -> 66328 kbps

beide mit DV