Blu-ray Review
OT: Annabelle Comes Home
Kindergeburtstag
Annabelle geht in ihre dritte Runde – spannender Abschluss oder überflüssige Erweiterung?
Inhalt
Es ist das Jahr 1971: Lorraine und Ed Warren wurden gerufen, um die Puppe Annabelle bei den Krankenschwestern Debbie und Camilla in Gewahrsam zu nehmen – immerhin soll in ihr ein böser Dämon hausen. Die beiden Geisterjäger schnappen sich das Porzellan-Ding und nehmen es mit nach Hause. Dort lassen sie es vom Priester weihen und versperren es zusätzlich noch in ein heiliges Glasgefäß, auf dass Annabelle keinen Schaden mehr anrichten möge.
Vor dem Geburtstag ihrer jungen Tochter Judy müssen sie allerdings noch einmal für einen Tag weg und überlassen der Schülerin Mary Ellen die Aufsicht von Judy. Das alleine wäre auch kein Problem, wenn da nicht die neugierige Daniela, eine Freundin Mary Ellens wäre. Die lädt sich des Abends einfach selbst ein und möchte dem Geheimnis des dämonischen Raums der Warrens auf den Grund gehen. Immerhin hat sie dafür einen guten Grund, denn sie schlägt sich seit dem Tod ihres Vaters mit Schuldgefühlen herum und möchte ihn gerne im Jenseits kontaktieren. Dumm, dass sie bei dem Versuch auch Annabelles Lebensgeister wieder weckt …
1970, 1955, 1971 – das Annabelle-Universum, das als Spin-off aus den Conjuring-Filmen entwickelt wurde, startete 1970 als John Form seiner Frau eine Puppe für deren Sammlung kaufte. Nicht ahnend, dass kurz darauf der Geist der Satanistin Annabelle Higgins in die Puppe fahren würde. Im zweiten Teil, der 15 Jahre zuvor angesiedet war, erfuhren wir dann, wie es dazu kam, dass das Waisenmädchen Janice von der Puppe Annabelle heimgesucht und besessen wurde. Es schloss sich mit dem Selbstmord von Janice aka Annabelle Higgins dann im zeitlich später angesiedelten ersten Teil nachträglich der Kreis.
Dennoch wärmte man die Story um die tödliche Puppe noch einmal auf und setzte nun Gary Dauberman auf den Regiestuhl. David F. Sandberg, der den zweiten Teil noch inszeniert hatte, wurde mit Shazam! ja auch zu Höherem berufen. Dauberman ist allerdings mit der Story verbunden, immerhin ist er der Drehbuchautor der vorangegangenen beiden Teile (und auch der Autor von ES und ES – Kapitel II).
Als solcher kommt er mit Annabelle 3 nun noch näher an die Conjuring-Story als die beiden vorhergehenden Filme. So nahe, dass die Story praktisch komplett im Heim von Lorraine und Ed Warren spielt. Während das zwar den Kreis innerhalb der bisher sieben Filme aus dem Universum schließt, wird es gleichzeitig zum Problem für den Film selbst.
Denn nachdem Annabelle 3 wirklich stark und atmosphärisch beginnt, schreibt die Story Ed und Lorraine aus dem Skript. Von diesem Moment an wird deutlich, wie sehr Vera Farmiga und Patrick Wilson der Horrorserie ihren Stempel aufgedrückt haben. Fehlen sie, fehlt ein Stück Seele. David F. Sandberg verstand diese Tatsache in Annabelle 2 – Creation mit klassischem oldschool-Grusel zu überspielen – mit Erfolg. Seine Variante des Puppenhorrors war mordsmäßig spannend und höchst atmosphärisch.
Diese Stimmung fehlt dem zweiten Aufguss leider etwas. Der spannendste Moment ist noch jener, in dem Daniela erstmalig durch den Raum mit den Grusel-Artefakten streift. In einer minutenlangen Sequenz hört man nur ihre sanften Schritte und ein wenig Knacksen hier und da. Auch nach knapp einer Stunde gelingt das noch mal ganz gut, wenn sie ein zweites Mal den Raum betritt. Allerdings passiert bis dahin wirklich nicht viel und in der Folge spult Daubermann leider zunehmend die gängigen Klischees des Dämonenfilms ab. Interessanterweise vertraut er dabei schon gar nicht mehr nur seiner Hauptfigur. Denn Annabelle erweckt nach und nach einige andere fiese Charaktere und schickt sie auf die drei Mädchen und den zwischenzeitlich hinzu stoßenden Bob los.
Streng genommen haben wir es hier also eigentlich gar nicht mehr mit einem Annabelle-Film nach dem bisherigen, klassischen Muster zu tun.
Der dritte Teil sitzt eher so ein bisschen zwischen den Stühlen von Conjuring und Annabelle.
Im Zuge dessen wird dann noch ein weiterer Schwachpunkt offenbar. Denn obwohl die drei Hauptrollen sympathisch und passend besetzt sind – vor allem im Falle der großartigen McKenna Grace (Designated Survivor) – verweigert Annabelle 3 die Konzentration auf eine der Drei. Fast episodenhaft wirken die Szenen im Haus, die weitgehend vollkommen getrennt voneinander ablaufen und erst zum Schluss zusammen finden. Dabei hätte man gerade aus der Geschichte Danielas auch im Verbund mit den anderen beiden Mädchen etwas machen können.
Weil aber das Damentrio wirklich überzeugend agiert, kann man über dieses Manko noch einigermaßen hinwegsehen. Grundsätzlich wirkt der dritte Teil deshalb auch immer noch stimmiger als der ziemlich schwache Erstling.
Allerdings hätte man sich doch ein intensiveres Bedrohungsszenario und etwas mehr Tempo in der Mitte gewünscht – irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass eine echte Todesbedrohung anders aussieht. Da Annabelle aber ja jetzt eh ihr Zuhause gefunden hat, freuen wir uns gerne auf Conjuring 3, der 2020 in die Kinos kommen wird.
Bild- und Tonqualität
Annabelle 3 wurde zwar mit digitalen Kameras aufgenommen, im Nachhinein aber mit einer gewissen Körnung versorgt, um dem Thema und der Zeit zu entsprechen. Während das Korn zwar erkennbar, aber nicht drastisch ausfällt, sind die etwas entsättigten Farben noch auffälliger. Aber auch hier geht’s um den 70er-Jahre-Stil, der möglichst authentisch getroffen werden sollte – und das auch wird. Die dunklen Szenen – gerade zu Beginn – hätten etwas mehr Durchzeichnung verdient gehabt, punkten dafür aber mit sattem Schwarz, das auch in den helleren Szenen später nicht nachlässt. Erst zum Finale hin wirken ein paar Einstellung etwas gräulich und nicht ganz so intensiv wie möglich.
Der Priester mit seinem schwarzen Anzug an der Schule wird indes kräftig wiedergegeben. Gleichzeitig ist die Schärfe wirklich gut. Close-ups von Gesichtern oder den Produkten, die Mary-Ellen im Supermarkt kauft, werden detailliert abgebildet. Deren dunkelhaarige Freundin liefert im Verbund mit ihrem hellen Gesicht eine beeindruckendes Beispiel für den Hell-Dunkel-Kontrast, der hier die Bilddynamik in den gut ausgeleuchteten Momenten beherrscht (17’48).
Ein Danke dieses Mal an Warner! Denn wo der Vorgänger mit einem ziemlich dünnen DD-Ton aufwartete, während der O-Ton eine fantastische Dolby-Atmos-Spur lieferte, hat man Annabelle 3 nun aufgewertet. Zwar bleibt der 3D-Sound nach wie vor fürs Englische vorbehalten, aber die Synchro kommt immerhin in unkomprimiertem und mit der Atmos-Fassung des O-Tons absolut vergleichbarem dts-HD-Master daher. Und wo vor allem der Tiefton beim Vorgänger schwächelte, grummelt der Subwoofer hier von von Anfang an immer wieder bedrohlich – schon während der Heimfahrt der Warrens zu Beginn.
Dass er es ernst meint, zeigt der LFE-Kanal dann nach gut 25 Minuten, wenn Daniela versucht, die Tür zum Dämonenraum zu betreten (24’42). Hier wird dann schon mal kräftig für Tiefbass gesorgt. Der Ton ist aber vor allem gut, wenn er leise ist. Wenn das junge Mädchen den Raum dann betritt und nur unterschwellig etwas Rumoren zu hören ist, während ihre Schritte dezent auf dem mit Teppichen ausgelegten Boden verstummen und man nur ein leises Knarzen hier und dort wahrnimmt, wird das alles sauber und ohne Grundrauschen wiedergegeben. Bis die Stille dann durchbrochen wird, nachdem sich Annabelle bewegt hat. Das dumpfe Geräusch ihres Porzellanschädels an der Glasvitrine sorgt für den erwarteten Hallo-Wach-Schockmoment, ohne den ganz großen effekthaschenden Jumpscare zu liefern, den es so auch gar nicht nötig hat. Dynamischer wird’s dann, wenn Bob draußen vom Werwolf attackiert wird und natürlich, wenn’s im Finale an die Beschwörungsformeln geht. Zwar liefert der Film selbst nicht ganz so viel Anlass für ausgiebige Highlights wie der Vorgänger, aber das, was er anbietet, macht er tadellos.
Tadellos ist auch der O-Ton über die reguläre Ebene – geradeso wie das deutsche Pendant.
Jetzt hatte der zweite Teile ja eine geradezu sensationelle Atmos-Spur, die den Zuschauer direkt in Lastenaufzüge versetzt hat und die Erscheinungen unglaublich effektvoll aus allen Speakern lieferte. Der dritte Teil bietet nach gut sieben Minuten ersten „Todesatem“ von den Heights und ein dumpf-dröhnendes Fahrgeräusch des LKW, der beinahe Ed überfährt. Nach 21’44 klopft es dann rundherum, wenn Daniela vor der Tür steht und nach 34’52 klingelt es genauso raumfüllend an der Türe.
Nach 40’30 gibt’s dann mit wispernden Stimmen und vehementen Klopf-/Pochgeräuschen sowie den kurz darauf folgenden Schritten einen der massivsten 3D-Sounds der letzten Atmos-Veröffentlichungen – für solche Signale wurde das Format erfunden!
Gut eine Viertelstunde später kreischt dann der Werwolf vehement von den Heights (54’35) und meldet sich von dort auch später noch einmal. Während der finalen Monster-Attacken (bspw. des Werwolfs) wird es dann auch immer mal wieder räumlich von oben. Gruselig sind auch die zahlreichen Geisterglöckchen nach 78 Minuten oder das Tippen der Schreibmaschine nach 79’55.
Allerdings erreicht der dritte Teil hier nicht die herausragende Atmosphäre des zweiten Films aus der Reihe, der einen Referens-3D-Sound nach dem anderen lieferte.
Bonusmaterial
Acht entfernte Szenen, sowie zwei Featurettes und ein dreiteiliges Hinter-den-Kulissen bevölkern das Bonusmaterial. Das Hinter-den-Kulissen-Featurette kümmert sich um den Charakter des Fährmanns, dessen Make-up sowie dem schlanken Darsteller, der ihn verkörpert. Außerdem wird die „Blutige Braut“ näher vorgestellt und auch über die Verkörperung des Werwolfs werden wir aufgeklärt. In „Der Artefakte-Raum und das Okkulte“ bekommen wir einen Rundgang durch den mit den ganzen Devotionalien vollgestellten Raum der Warrens und „Das Licht und die Liebe“ stellt heraus, dass es in den Filmen des Conjuring-Universums nicht nur düster zugeht, sondern ein Element der Hoffnung und Helligkeit immer mitschwingt – vor allem in Person von Ed und Lorraine.
Fazit
Annabelle 3 kommt gegen die Atmosphäre und Spannung des direkten Vorgängers nicht an, schlägt aber den ersten Teil. Dies vor allem deshalb, weil man sich mit der Geschichte stärker ans Conjuring-Mutterschiff anlehnt und es viele Querverweise gibt. Auch darstellerisch passt das Ganze – nur die Spannung hätte ausgeprägter ausfallen dürfen.
Die Blu-ray liefert dazu ein knackiges Bild und einen sehr dynamischen und effektvollen Sound. Die englische Atmosfassung klingt gut, erreicht aber ebenfalls nicht die herausragende Qualität und Quantität des Vorgängers.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität BD 2D-Soundebene (Originalversion): 90%
Tonqualität BD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 50%
Tonqualität BD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 65%
Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Gary Dauberman
Darsteller: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Mckenna Grace, Madison Iseman, Emily Brobst
Tonformate: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 106
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Warner Home Video)
Trailer zu Annabelle 3
Dieser Film ist eine lahme Ente. Spannung ist so gut wie nicht vorhanden. Mir hat der Film überhaupt nicht gefallen und wird daher nicht gekauft.
Großes Kompliment mein lieber Timo für die wieder einmal sehr gelungene Rezension. Ich lese Deine Beiträge wirklich sehr sehr gerne und freue mich dementsprechend immer auf Neuveröffentlichungen, die Du dann „unter die Lupe“ nimmst und stets objektiv und kritisch beurteilst/bewertest. Tolle Arbeit!
Besten Dank fürs Lob, Sascha. Freut mich 🙂
Und viel Spaß weiterhin beim Stöbern.
Danke mal wieder für die ausführliche und interessante Rezension.
Allerdings stellt sich mir hier eine Frage: Warner weicht hier vom „üblichen“ Schema bei den Tonspuren ab und
spendiert neben dem englischen Atmos Sound eine deutsche DTS HD Tonspur sowie eine (eigentlich überflüssige)
englische DD 5.1 Tonspur. Wäre es da nicht sinnvoller gewesen anstatt dem deutschen DTS HD Ton gleich eine deutsche
Atmos Spur aufzulegen?? Am Platzbedarf kann’s nicht liegen…
Wünschenswert ist eine deutsche Atmos-Spur natürlich immer. Platz auf der Disk ist auch.
Jetzt ist es natürlich so, dass hier immerhin eine dts-HD-Master-Spur vorhanden ist, während der Vorgänger-Film noch mit Dolby Digital auskommen musste.
Ob es für den deutschen Ton überhaupt eine Atmos-Mischung gab/gibt, die im Kino zum Einsatz kam, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Und dass für eine Heimvideo-Veröffentlichung extra eine angefertigt wird, halte ich bei einem nicht ganz so großen Film wie „Annabelle 3“ für unwahrscheinlich.