Anything Else

Blu-ray Review

Anything Else Blu-ray Review Cover
Concorde Home, ab 24.05.2016

OT: Anything Else

 


New York, Hauptstadt der Neurosen.

Wie ein Gagschreiber durch einen Gagschreiber einen neuen Lebensweg einschlägt.

Inhalt

Jerry Falk arbeitet als Gagschreiber in New York. Allerdings fühlt er sich aktuell von seinem Manager nur bedingt gut beraten und privat läuft’s auch eher schlecht. Die Frau, die er liebt (und die für ihn extra einen anderen verlassen hatte), will seit sechs Monaten nicht mehr mit ihm schlafen, weshalb er bald vermutet, dass sie ihm fremdgeht. Und dann zieht auch noch deren Mutter in der gemeinsamen Wohnung ein. Einzig die Gespräche mit David Dobel, einem Dozenten und ehemaligen Komödien-Autor, liefern Jerry ein paar Antworten. Allerdings entwickelt der immer häufiger spleenige Ansichten und scheint mitunter etwas verrückt. Warum sonst würde er ihn dazu überraden, sich zu bewaffnen und darauf vorzubereiten von faschistischen Gestapo-Einbrechern überfallen zu werden? Doch am Ende ist der größte Feind Jerrys kein Aggressor von außen, sondern seine eigene Unbeweglichkeit …

„Da war etwas Zwingendes an deiner Teilnahmslosigkeit“ – wenn Jerry auf Amandas Feststellung, dass sie vom ersten Moment in ihn verknallt war (was sie jawohl deutlich genug durch ihr auffälliges Ignorieren gezeigt hätte) mit ebenjenem Satz anwortet, dann weiß man als Woody-Allen-Fan, warum der Regisseur der Meister der Dialog-Komödie ist. Und das bekommen seine Fans im Falle von Anything Else nun auch endlich in Deutschland zu sehen. Gut zwölf Jahre lang war Woody Allens 2003er Film hierzulande lediglich über einen Import als DVD erhältlich. Dem hat Anbieter Concorde nun ein Ende gemacht und endlich eine DVD-/Blu-ray Veröffentlichung fürs hiesige Publikum realisiert. Glücklicherweise, denn endlich kann man Allens brillanten Wortwitz auch in diesem kleinen Meisterwerk lauschen. Die Szenen zwischen ihm und Biggs im Central Park sind gleichzeitig von überzeugender Klarheit und entwaffnender Offenheit – ob das Diskussionen über Quantenphysik als „Antwort“ oder übers Onanieren sind. Und, typisch Allen, läuft auch Anything Else dann zur Höchstform auf, wenn gleich fünf oder mehr Leute durcheinander reden (manchmal auch per Splitscreen realisiert) und Ereignisabfolgen kurz vor einem hektischen Zusammenbruch stehen. Erstaunlich ist, dass der geniale Regisseur zwar einerseits immer mal wieder eine Muse hat, die er dann in mehreren Filmen nacheinander besetzt, auf der anderen Seite jedoch ein Gespür dafür hat, Schauspieler zu casten, denen man eine ähnliche Rolle wohl nicht zugetraut hätte. Jason Biggs, der Jim Levenstein aus American Pie, war zuvor eher ein Typ für groben Humor, hat seinen Jerry Falk aber mit Leichtigkeit im Griff. Auch Christina Ricci als Falks Partnerin mit Sex-Problem ist hervorragend besetzt. Und natürlich ist Allen selbst grandios – und das nicht nur während der typischen Fuchtel- und Monologsequenzen. Wenn er beispielsweise mit einem Radmutterschlüssel einen Straßenkreuzer demoliert, weil dessen Besitzer ihm den Parkplatz weggenommen hatte, dann hat das durchaus Charme. Davon ab liefert Allen in Anything Else mindestens eine Handvoll Weisheiten, die nicht nur brüllkomisch sind, sondern die man gerne behalten und in sein eigenes Repertoir aufnehmen würde.

Bild- und Tonqualität

Trotz seines Alters von gut 13 Jahren erscheint das Bild von Anything Else völlig sauber und defektfrei. Die Laufruhe ist gut, ein wenig Körnung auf Hintergründen fällt in die Kategorie „fällt nicht weiter auf“. Die Kontrast- und Farbgebung orientiert sich an einer warmen und sanften Farbpalette, die in dunklen Szenen kaum noch Differenzierung liefert (27’36). Die grüne Natur im Central Park bleibt ein wenig blass, in Innenräumen ist Braun die vorherrschende Farbe. Die Schärfe ist vor allem in Halbtotalen nur durchschnittlich und an den Rändern noch etwas schwächer.
Allen-Kenner, die gleichzeitig technikverliebt sind, müssen immer ganz stark sein, wenn ein neuer Film von ihm auf DVD oder Blu-ray erscheint. Bis zum 2011er Midnight in Paris gab es maximal einen 3.0-Sound (immerhin unkomprimiert als dts-HD-Master-Version), erst seitdem liefern die BDs eine komplette Mehrkanalbelegung. Bei Anything Else muss man aufgrund seines Alters wieder Abstriche machen, denn hier kommt erneut nur eine 1.0-Mono-dts-HD-Master-Spur zum Einsatz. Dass das in Sachen Dialogverständlichkeit kein Manko sein muss, beweist die Blu-ray hinlänglich, denn die Stimmverständlichkeit ist sehr gut und immerhin kommt so etwas wie Atmosphäre auf, wenn Allen und Biggs im Central Park zu Naturgeräuschen über das Leben philosophieren. Da der Filmsoundtrack bewusst aus älteren und ganz alten Jazzsongs besteht, hat man von diesen (wohl ebenso bewusst) die kratzigsten Aufnahmen herausgesucht, die man gefunden hat und sie dumpf in den Hintergrund gelegt.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Anything Else gibt’s lediglich vier Programmtipps weiterer Filme des Anbieters.

Fazit

Anything Else ist sicherlich nicht Woody Allens bester Film aber man muss sich ja auch nicht jedes Mal neu erfinden, um zu unterhalten. Ansonsten gilt: Selbst ein „nur“ guter Allen ist eine hervorragende Komödie, auf die andere Regisseure stolz wären. Und dass es dieses entspannte Werk nun endlich auf (einer guten) Blu-ray gibt, wird Fans ohnehin glücklich stimmen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 50%
Tonqualität (Originalversion): 50%
Bonusmaterial: 5%
Film: 75%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: USA 2003
Regie: Woody Allen
Darsteller: Woody Allen, Jason Biggs, Fisher Stevens, Anthony Arkin, Danny DeVito, Christina Ricci, KaDee Strickland, Jimmy Fallon, Diana Krall, William Hill, Stockard Channing
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 108
Codec: AVC
FSK: 0

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