Arlo & Spot 3D

Blu-ray Review

Arlo & Spot 3D Blu-ray Review Cover
© Disney, seit 30.03.2016

OT: The Good Dinosaur

 


Finde raus, was in dir steckt

Ein Pixar, der fast nicht das Licht der Welt erblickt hätte …

Inhalt

Arlo & Spot 3D Blu-ray Review Szenenbild 4
Arlo weiß nicht so Recht, was dieser Spießgeselle ihm erzählen möchte  © 2015 Disney / Pixar

Nachdem vor 65 Millionen Jahren ein nicht ganz unscheinbarer Meteorit an der Erde vorbeigerauscht ist, haben sich die Dinosaurier auf ihrem Planeten häuslich eingerichtet. Apatosaurus Henry und seine Frau bewirtschaften ihre Felder wie es gute Pflanzenfresser-Farmer nun mal tun. Als Nachwuchs ins Haus steht, hoffen die Eltern auf drei tapfere junge Dinos. Doch Arlo, der kleinste von ihnen, will schon beim Schlüpfen nicht so richtig aus seinem Ei heraus und erweist sich auch Jahre später im Umgang mit dem Federvieh, das er füttern soll, nicht gerade sehr geschickt. Um genau zu sein, hat er sogar Schiss vor den Hühnern. Arlo hat es nicht leicht, gegen seine tapferen Geschwister Bug und Libby, die schon über sich hinausgewachsen sind und ihre Fußstapfen auf dem Familiensilo hinterlassen durften. Also bekommt der jüngste Sproß der Familie eine neue Chance: Er soll den Schädling erledigen, der immer wieder Mais aus dem Silo laut. Doch als der Dieb in der Falle landet, stellt der sich als wildes Menschenkind heraus. Arlo lässt den Knirps frei und verliert während der Suche nach ihm seinen Vater in einem Gewitter. Doch das ist noch nicht das Schlimmste, denn kurz darauf, sorgt das Menschenkind auch dafür, dass Arlo selbst im Fluss landet. Weit weg von zu Hause muss der ängstliche Dino seine Furcht überwinden, um zurück zu seiner Familie zu finden. Und dabei ist ihm bald schon „Spot“, wie er den jungen Menschen nennt, eine Hilfe von unschätzbarem Wert …

Arlo & Spot 3D Blu-ray Review Szenenbild 3
Auch Spot hat seine Familie verloren  © 2015 Disney / Pixar

Da ist er nun, der Pixar-Film, der Zeit seiner Produktion unter keinem guten Stern stand und der mit weitem Abstand der am wenigsten erfolgreiche des Studios wurde. Nachdem die Geschichte intern scheibar vor die Wand gefahren war und man alles noch einmal komplett umschmiss, übernahm der unerfahrene Peter Sohn (Teilweise wolkig), der als Langfilm-Regie-Neuling zwar mit einer unverbrauchten Frische aber auch mit viel Angst an das Projekt Arlo & Spot heranging. Teilweise mag der Misserfolg des Films auch daran liegen, dass Disney ihm nicht mehr ganz traute und ihn nicht mehr als Jahres-Pixar-Highlight promotete. Also nahm man ihn in den USA gerade mal fünf Monate und in Deutschland gar nur acht Wochen nach Alles steht Kopf ins Kino. Der Jahresfahrplan eines Studios ist natürlich entsprechend voll und deshalb war der kurze Abstand gerade in Deutschland sehr unglücklich für das finanzielle Ergebnis von Arlo & Spot. Künstlerisch muss sich der Film nämlich erst einmal nicht verstecken. Klassisch wie ein traditioneller Zeichentrickfilm des Hauses beginnt der Animationsstreifen und zeigt uns erst einmal eine verkehrte Welt. Eine Welt, in der die Dinosaurier zivilisiert sind und sprechen können, während die Menschen aus dem Status des Neandertalers nie herausgekommen sind. Gegenüber dem direkten Vorgänger und anderen Filmen der Pixar-Schmiede betont Arlo & Spot dabei von Beginn an etwas stärker den dramatischen Charakter und bezieht seinen Humor zunächst nur aus den (zugegeben) brüllkomischen Slapstickeinlagen des tollpatschigen Dinos. Davon ab gibt es aber einfach zu wenig Szenen wie jene mit den an eine bestimmte Classic-Star-Strek-Episode (Kennen Sie Tribbles?) erinnernden Erdhörnchen. Da die Dialoge nie die Tiefe früherer Animationsfilme der Schmiede erreichen und längst nicht alle Nebenfiguren gelungen sind (Triceratops oder Donnerknall), müssen hier eher die stummen Bilder herhalten, um Emotionen zu vermitteln. Das gelingt oft gut (Arlo & Spot vermissen ihre Familien), ist des Öfteren dramatisch (Flut, die Henry mitreißt und Gewitter mit Sandsturm) und für jüngere Kids (das sah die FSK offenbar genauso) nicht gänzlich geeignet – zumal es ziemlich häufig düster und gruselig wird. Es dauert allerdings fast 55 Minuten, bevor mit den drei T-Rexen erstmalig wirklich Schwung in die Bude kommt und ein paar gängige Klischees gebrochen werden. Die Fleischfresser, die (wer hätte es gedacht) als Rinderfarmer ihre Herde zusammenhalten müssen, agieren gegen das sonst übliche Stereotyp von der tumben triebgesteuerten Großechse ziemlich intellligent und sind außerdem tolerante Burschen (zumindest solange man ihnen keine Bisons klaut). Sie sind so etwas wie die Cowboys und bringen ein bisschen Wild-West-Feeling in Arlo & Spot. Endlich erfährt der Zuschauer außerdem, warum die Rexe so kurze Ärmchen haben. So viel sei verraten: Es hat was mit Reiten zu tun. Die fleischfressenden Saurier haben übrigens auch noch ein weiteres Higlight in petto: Reiner Schöne als Synchronstimme von T-Rex-Chef Butch. Grandios, wenn der mit röhrendem Tiefbass seine bestes Sin-City-Mickey-Rourke-Organ dröhnen lässt. Wenngleich man dem Film anmerkt, dass er eine schwierige Produktionszeit hinter sich hat und einfach nicht ganz so rund ist sie die üblichen Filme des Studios, muss man ihm eines lassen: Optisch ist Arlo & Spot absolut spektakulär. Sind die Apatosaurier als einziges überraschend flach und im Stile eines Elliot, das Schmunzelmonster eher oldschool designt, so wirkt die Natur phänomenal plastisch. Nie hat man fotorealistischere Wasseroberflächen (23’20) oder epischere Landschaften gesehen – kaum zu glauben, dass diese Aufnahmen aus dem Rechner kommen.

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Wenn Bilder aus dem Rechner der echten Natur zum verwechseln ähnlich sehen  © 2015 Disney / Pixar

Bild- und Tonqualität

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Ziemlich fiese Viehdiebe halten Arlo & Spot in Atem  © 2015 Disney / Pixar

Satte, kräftige und absolut lebhafte Farben waren schon immer das Merkmal der Pixar-Filme. In Arlo & Spot kommt das aber noch mal deutlicher zum Tragen. Die grüne Schuppenhaut der Apatosaurus-Familie setzt sich äußerst plastisch von den teils erdigen Hintergründen ab und die fantastisch animierten Landschaften wurden noch nie dermaßen lebensnah rübergebracht. Feine Strukturen wie die Härchen der Höhlennager sind einzeln zählbar (30’20) – ebenso wie Spots Rastalocken, die sich im Wind bewegen oder das Rascheln in den Bäumen. Oberflächenstrukturen sind ohnehin ein großer Spaß – ob das das fotorealistische und sensationell ruhig dargestellte Wasser des Flusses ist oder die sanften Erodierung an Fels und Gestein. Unfassbar gut sind die Kontraste, die vom Umfang her kaum größer sein könnten und ebenso sattes Schwarz wie helles Licht präsentieren. Die Bildruhe, das muss nicht extra erwähnt werden, liegt auf exemplarisch hohem Niveau und die Schärfe ist perfekt.
Während die englische Tonspur von Arlo & Spot mit einer tollen dts-HD-Master-Kodierung daherkommt, muss die deutsche Fassung zwar mit einer Dolby-Digital-Plus-Version vorliebnehmen, doch trotzdem diese „nur“ mit 896 kbps läuft (im Gegensatz zur variablen Bitrate der dts-HD-MA-Spur, die schon mal auf über 3mbps schnellt), bedeutet das in diesem Fall nicht, dass man Einschränkungen hinnehmen muss. Der Flug des Asteroiden zu Beginn beispielsweise gefällt durch vehementen Druck des Subwoofers, wenn das Himmelsobjekt mit anderen kollidiert. Auch das Brennen beim (fast)Eintritt in die Erdatmosphäre kommt prächtig rüber. Henrys Fußstapfen sorgen für donnernde Sounds und wenn Arlo vom Stein gefesselt in der Wildnis übernachtet, verteilen sich die Geräusche der Tiere sensationell auf allen Lautsprechern. Klasse auch die Stimme des Meditations-Triceratops, die aus ihrer Waldtarnung heraus ertönt und wenn Reiner Schönes Stimme erklingt sitzt man aufgrund des raumfüllenden Timbres mit Gänsehaut vor Leinwand und/oder TV.

3D-Effekt

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Soll mal einer sagen, Dinosaurier sind nicht romantisch  © 2015 Disney / Pixar

Arlo & Spot ist aufgrund seiner vollständig digitalen Herkunft natürlich zunächst mal prädestiniert für eine saubere und vor allem effektvolle 3D-Wiedergabe. Gentutz wird das schon innerhalb des Asteroiden-Feldes zu Beginn. Selten flog ein einzelner Körper dermaßen plastisch in die Tiefe des Raums wie hier, wenngleich so mancher Fernseher Probleme mit dem vertikalen Bildschwenk ganz zu Anfang haben wird. Der großartige Tiefeneffekt setzt sich auch bei den sensationellen, fotorealistischen Landschaften des Films fort und wenn die Dinos Bäume fällen, geht man schon mal in Deckung. Ganz feine Details wie das frisch gesäte Feld zu Beginn sorgen schon mal für kleinere Unruhen – gerade auf Polfilter-Fernseher mit halbierter Auflösung. Schön, gerade für Kids, ist sicher auch der Flug der Glühwürmchen, der es glücklicherweise nicht zu sehr mit dem Pop-Out-Effekt übertreibt, damit man nicht zu schielen beginnt. Wenn die T-Rexe Arlo & Spot vor den Flugsaurieren retten, pflücken sie sich die Vogelviecher direkt aus dem Heimkino heraus und ihr Gebiss ist durchaus furchteinflößend dreidimensional. Wie die anderen Pixar-Filme zuvor auch, nutzt auch Arlo & Spot nicht die ganz große Extremtiefe, was dem homogenen Gesamteindruck zugute kommt. Extreme Kameraschwenks offenbaren schon mal leichte Unruhen, was allerdings auch schon in der 2D-Fassung ins Gewicht fällt (66’23).

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Heimat  © 2015 Disney / Pixar

Bonusmaterial

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Ungleiche Kämpfer für die gleiche Sache: Fleisch- und Pflanzenfresser  © 2015 Disney / Pixar

Das Bonusmaterial von Arlo & Spot besteht aus dem üblichen Kurzfilm (hier mal auf Basis [fast] wahrer Geschehnisse) sowie fünf Featurettes, einem Audiokommentar der Filmemacher und vier zusätzlichen (noch im Rohstadium befindlichen) Szenen. Bei den Featurettes klärt „Wahre Lügen über Dinosaurier“ auf humorvolle Weise darüber auf, an welcher Stelle der Film ein wenig geflunkert hat. „Recyclosaurus“ zeigt mal wieder, wie vollkommen verrückt die Pixar-Mitarbeiter sind und wie sehr sie darin auch noch gefördert werden. In „Die Reise der Filmemacher“ erzählt uns Regisseur Peter Sohn, dass ihn die Arbeiten am Film massiv eingeschüchtert haben. Außerdem geht man halbwegs offen mit der Tatsache um, dass die Produktion immer wieder umgeworfen und umgestaltet wurde. „Die Entstehung unvergesslicher Figuren“ kümmert sich dann um die Animation der Figuren und um deren Creative Artists. In „Auf der Spur von T-Rex“ letztlich kümmert sich um die T-Rex‘-Fleischfarmer und wie es zur Idee dieser Figuren kam. Dazu besuchte man unter anderem eine große Ranch eines Viehzüchters.

Fazit

Arlo & Spot ist der erste Film aus dem Hause Pixar, der optisch etwas mehr zu bieten hat als inhaltlich. Die Geschichte um eine Freundschaft entgegen jeder Konvention und die Zugehörigkeit zur Familie ist zwar durchaus lehrreich aber eben nicht sonderlich originell. Auch sind die wirklich witzigen oder herzlichen Szenen rar gesät, wenn man mal von den tollen T-Rex-Momenten und dem ebenso rührenden wie konsequent ehrlichen Ende absieht. Unterhaltsam ist Peter Sohns Film sicher allemal aber irgendwie erwartet man von einem Pixar dann doch eben immer ein kleinwenig mehr als von der Konkurrenz.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 100%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 50%
Film: 60%
3D-Effekt: 85%

Anbieter: ©Walt Disney
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Peter Sohn
Darsteller: Cosmo Clarén, Reiner Schöne, Maria Koschny, Tim Sander, Tobias Lelle, Christin Marquitan
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // Dolby Digital Plus 7.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 6

(Copyright der Cover, Szenenbilder: © 2015 Disney / Pixar)