Blu-ray Review
OT: Arrival
Die Welt mit anderen Augen sehen
Visuell und erzählerisch fesselndes Sci-Fi-Drama.
Inhalt
Montana ist einer von zwölf Orten auf der Erde, an dem eines Tages aus heiterem Himmel ovale, muschelförmige Objekte außerirdischen Ursprungs auftauchen und knapp oberhalb der Oberfläche schweben bleiben. Die Welt ist in heller Aufruhr, versucht aber, zunächst ohne Aggression zu reagieren. Colonel Weber zieht die Linguistin Dr. Louise Banks und den Physiker Ian Donnelly hinzu. Die beiden sollen versuchen, mit den Außerirdischen Kontakt aufzunehmen, um herauszufinden, mit welcher Absicht diese gekommen sind – gerade in Banks setzt Weber die größten Hoffnungen. Die Uni-Dozentin, deren Tochter früh an Krebs verstarb, reagiert als eine der wenigen sehr ruhig, denn sie hat schon Schlimmeres erlebt. Tatsächlich gelingt es Banks und Donnelly, sich Zutritt zum Inneren des Objekts zu verschaffen. Dort kommunizieren sie durch eine durchsichtige Wand mit zwei Vertretern der anderen Rasse. Doch die Sprachen sind unterschiedlich. Während die Aliens in einer logographischen Zeichensprache „reden“, scheint das Schriftbild der Menschen auch für die Außerirdischen kaum verständlich. Doch nach und nach entziffern die Wissenschaftler weltweit die komplizierten Zeichen, die nicht nur aus Wörtern, sondern aus ganzen Sätzen bestehen, die gleichzeitig ausformuliert werden. Allerdings wird die Panik in der Öffentlichkeit immer größer. Es kommt zu Unruhen und Plünderungen, Verschwörungstheoretiker erscheinen auf der Bildfläche und die Stimmung droht zu kippen. Richtig brenzlig wird die Situation, als auch zwischen den beiden Wissenschaftlern und dem Militär Missverständnisse aufkommen. Denn ein paar der identifizierten Schriftzeichen der Aliens entschlüsselt Banks als „Waffe anbieten“. China fürchtet daraufhin, dass die Aliens die Menschheit zu kriegerischem Verhalten gegeneinander provozieren wollen und ruft zum Erstschlag auf. Louise will das um jeden Preis verhindern und sucht den Kontakt zu den Aliens, obwohl er ihr verwehrt wird …
Dennis Villeneuves (Sicario) Science-Fiction-Film Arrival gehörte im Vorfeld der Oscars© 2017 mit acht Nominierungen zu den absoluten Favoriten des Abends und konnte doch nur eine der begehrten Auszeichnungen (Bester Tonschnitt) erhalten. Dass das kaum am Film selbst liegt, sondern eher daran, dass La La Land einfach zu stark bewertet (vielleicht sogar überbewertet) wurde, drängt sich schon während der ersten 30 Minuten auf. Denn Arrival gehört zu den besten Sci-Fi-Filmen der letzten Jahre. Basierend auf der Kurzgeschichte Story of Your Life, die 1998 von Sci-Fi-Autor Ted Chiang veröffentlicht wurde, steht in der Kino-Adaption stets die Geschichte der Kommunikation (genauer: die Sapir-Whorf-Hypothese) im Vordergrund, nicht zwingend die Anwesenheit der Aliens. Die Sapir-Whorf-Hypothese besagt, dass Sprache das Denken formt. Es ist also schlussfolgernd so, dass nicht jeder Gedanke, den eine Person mit einer bestimmten Sprache denkt, von einer anderen Person, die eine andere Sprache spricht, ebenfalls verstanden werden muss. Die schwierige Verständigung zwischen Mensch und Außerirdischen dient dabei als Metapher für die Kluft zwischen Wissenschaft und Militär (die ebenfalls nie die gleiche Sprache denken), zwischen Friede und Aggression, zwischen Akzeptanz und Angst. Diese Kluft und die Relativität von Zeit und Raum werden im Finale mit einer emotionalen Wucht aufgelöst wird, dass es den Zuschauer in den Sitz drückt.
Kein bombastisches Effektfeuerwerk im Stile eines Independence Day 2: Wiederkehr ist hier nötig, kein hochgepacetes Action-Dauergeballer, um für Spannung zu sorgen. Ganz im Gegenteil: Arrival lässt sich Zeit, seine Figuren plastisch werden zu lassen, hält zunächst bewusst kühle Distanz, um dann umso nachhaltiger Bindung herzustellen. Damit ist auch klar, dass das „Ey, voll cool, Bro'“-Publikum mit Villeneuves Film nichts, aber auch rein gar nichts anfangen kann – ein US-Kritiker brachte es mit folgendem Satz auf den Punkt: „Ein Film über Aliens, die keine Filme über Aliens mögen“. Schon alleine die wunderschöne und durchkomponierte visuelle Gestaltung, die gerade durch ihre Reduktion aufs Wesentliche überzeugt, wird das übliche Sci-Fi-Publikum zunächst skeptisch reagieren lassen. Angesprochen werden eher solche, die etwas mit Contact, Die unheimliche Begegnung der dritten Art oder Interstellar anfangen konnten. Auf Letzteren reagierte Villeneuve sogar, als er nach der Sichtung von Nolans Sci-Fi-Hit das Ende seines Films noch mal abänderte. Aber noch mal zurück zum Design: Arrival ist ein optischer Leckerbissen sondergleichen – von vorne bis hinten durchgestylt. Wenn Louise erstmalig Richtung Alien-Schiff geflogen wird und das muschelartige Gebilde vor den Nebelschwaden in der Luft schwebt, die ihrerseits von den Bergen Montanas hinunterwabern, bekommt man schon vom Hinsehen eine Gänsehaut. Auch im Inneren des Objekts setzte man auf innovatives Design. Kein biomechanischer Firlefanz wie bei Alien (so schön er auch ist), kein technischer Schnickschnack, der das Auge vom Wesentlichen ablenkt. Lediglich grau gefaserte Wände und Böden sowie eine Trennscheibe, hinter der die beiden Heptapoden (Siebenfüßler) wie riesige Oktopusse schweben und ihre Sprache wie Tintenspritzer an die durchsichtige Oberfläche projizieren.
Die Momente, in denen Louise und Ian mit „Abbott“ und „Costello“ kommunizieren, sind für die angesprochene Actionklientel vermutlich gähnend langweilig. Für den aufgeschlossenen Sci-Fi-Freund allerdings im höchsten Maße spannend. Wenn sich Louise das erste Mal mit der Entschlüsselung der Schriftzeichen befasst, kommt für einen Moment etwas Entspannung auf und man schaut mal auf die Laufzeit. Überrascht reagiert man, wenn man sieht, dass schon 53 Minuten vergangen sind. Und wenn die Stimme Ians für ein paar Fakten sorgt, die für den Zuschauer bisher verschlossen blieben, setzt zudem ein weiterer Pluspunkt von Arrival ein, der Score. Die schwebenden Klänge und kurzen vokalen Laute, die Komponist Johann Johannsson dem Film unterlegt hat, sind betörend und anders als alles andere, was man im Genre bisher gehört hat – genial. Ohne sie wäre der Film nur halb so packend und sie geleiten den Zuschauer in ein Finale, bei dem ihm wie Schuppen von den Augen fallen wird, was eigentlich die ganze Zeit über angedeutet wurde.
Bild- und Tonqualität BD
Das Bild von Arrival ist dauerhaft bewusst deutlich stilisiert. Es ist beständig sehr dunkel und lässt keine großen Kontraste oder Farbintensitäten zu. Die vorherrschende Kolorierung hangelt sich an einer Graupalette entlang. Selbst die orangenen Schutzanzüge erscheinen farblos und die Wiese unterhalb des Raumschiffs wirkt, als hätte sie schon bessere Zeiten gesehen. Dazu ist es zwar äußerst ruhig und rauscharm, allerdings schon in Halbdistanzen nicht sonderlich scharf. Auch das wirkt bewusst so gestaltet, zumal oft mit der Schärfentiefe gespielt wird, um gewisse Objekte hervorzuheben. In den bräunlicher gestalteten Szenen während der Vergangenheit schleicht sich schon mal ein leichtes color banding auf Gesichtern ein.
Der dts-HD-Master-Sound (deutsch 5.1, englisch 7.1) von Arrival tut sich von Beginn an mit hoher Authentizität und sehr effektvollen Sounds hervor. Schon die Sirene in der Uni ertönt räumlich und wenn die Jets die Luft zerschneiden, geht man unwillkürlich in Deckung (7’08) – ganz zu Schweigen vom Helikopter, der nach knapp 15 Minuten in Louises Haus zu landen scheint und vehement seinen akustischen Raum sucht (14’43). Der Subwoofer greift dann ebenfalls brutal ein, wenn sich die beiden Wissenschaftler im Hubschrauber unterhalten und der Rotor im Hintergrund die Luft durchmalmt (16’27). Ähnliches gilt für den Moment der Öffnung des Raumschiffs, dessen Sound für eine Erschütterung im Heimkino sorgt, die vermutlich auch ein Seismograf darstellen könnte. Und wenn die Sprengladung nach gut 76 Minuten detoniert, sucht man im Sinne einer friedlichen Nachbarschaft lieber mal den Volume-Down-Button. Dazu kommen die Geräusche der Heptapoden, die irgendwo zwischen Walgesang, gutturaler Klicksprache und Elefantentröten einzuordnen sind. Wenn die Wesen mit ihren Beinen gegen die Scheibe klopfen, wackelt das Heimkino und ihre verbalen Laute gehören zum erfindungsreichsten, was das Genre bisher hervorgebracht hat. Geradezu sensationell wird das deutlich, wenn Louise alleine bei einem der Aliens ist und dieser ihr eine Erleuchtung verschafft – die dynamischen Laute der Wesen werden hier besonders räumlich und plastisch dargestellt (88’50) und der Bass geht hier bisweilen dermaßen tief runter, dass die Gläsern im Schrank zu klirren beginnen.
Bild- und Tonqualität UHD
Wie die meisten Filme der letzten Zeit, so ist auch Arrival nicht in 4K gemastert worden. Vom Film, der mit Arriraw in 2.8K aufgenommen wurde, wurde ein 2K-Digital-Intermediate erstellt und über dieses wurde dann auf 4K hochskaliert. Das Rauf und Runter in der Auflösung hat dem Bild allerdings nicht geschadet. Im Gegenteil: Die höhere Auflösung gegenüber der BD zeichnet sich in einer noch besseren Bildruhe und feineren Strukturen ab. So ist das Streifenmuster des CIA-Agenten fast dreidimensional, obwohl es sich um ein ganz gewöhnliches Hemd handelt. Farben während des Erzählstrangs mit Louises Tochter sind deutlich kräftiger, was am Mastering mit einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum liegt. Dies und die erhöhte Dynamik (HDR) sorgen dafür, dass Schwarz knackiger ist und Spitzlichter prägnanter sind. Ob man farblich den deutlich roteren Look der UHD bevorzugt, ist sicherlich stark subjektiv vom Betrachter abhängig. Dass die Unterschiede aber durchaus vehement sind, zeigen die Beispielbilder unten. Schön ist, dass die UHD das ohnehin nur leichte Korn noch etwas mehr in den Hintergrund drängt und weniger zu Farbabstufungen neigt. Auch relativiert sich über die 4K UHD der sehr dunkle Look etwas, denn der Gesamteindruck lässt mehr Kontrast und damit mehr Dynamik zu.
In Sachen Akustik setzt Sony Pictures bei Arrival leider den Trend fort, den sie schon bei der UHD von Die glorreichen Sieben begonnen hatten: Während die Blu-ray zumindest noch beidersprachig mit dts-HD-Master aufwarten kann (wenngleich nur 5.1 Spuren fürs deutsche Publikum bei deren 7.1 für die US-Zuschauer), reduzierte man dies bei der UHD auf einen schmalen Dolby-Digital-Soundtrack für die deutsche Sprachfassung. Geschuldet ist das wohl der Tatsache, dass die UHD für den internationalen Markt gefertigt wird und weitaus mehr Sprachen aufweisen muss. Ergo musste man Platz sparen und kategorisiert die deutsche Version eben genauso „unwichtig“ ein, wie die übrigen Länderfassungen. Die Originalspur unterscheidet sich hingegen nicht von der Blu-ray, sie liefert hier ebenfalls die (vorzügliche) 7.1-Abmischung in dts-HD-MA. Einen Dolby-Atmos-Soundtrack hat man dem Film leider auch dort nicht gegönnt – sehr schade, bei einem Werk, das den Oscar© für den besten Sound-Schnitt gewonnen hat. Gerade die wunderbare Filmmusik und die Geräusche im Inneren der Alien-Schiffe hätte man hervorragend losgelöst im Raum platzieren können. Auch das Flappen der Hubschrauber im Anflug auf das Alien-Schiff wäre großartig gewesen für eine Atmos-Variante (18’00) – ebenso natürlich, wie der Heli, der vor dem Haus der Linguistin landet (14’43) oder das Geschehen im Schiff selbst.
Aber zurück zur Dolby-Digital-Spur. Deren einziges Manko ist in der Tat die ab und an hörbare Dynamikkompression, die für ein etwas geringeres Volumen sorgt. Für eine DD-Fassung ist der Sound aber aller Ehren wert und spielt ganz weit vorne mit, wenn es um die Konkurrenz zu vergleichbaren Tonspuren in Dolby-Digital geht. So ärgerlich wie es ist, dass hier die technischen Möglichkeiten nicht ansatzweise ausgeschöpft werden, so sehr muss man den Hut ziehen, wie gut die auf 600kbps beschränkte Fassung klingt. Gerade in Sachen Effektdarstellung und Räumlichkeit setzt sie Maßstäbe, was man erneut bei der Szene hören kann, in der Louise alleine mit dem Alien „spricht“. Lediglich im Hochtonbereich klingt die DD-Spur etwas aufgeregt und angestrengt.
Hier noch mal zwei Screenshots im Bildvergleich zwischen BD und UHD:
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Arrival, das komplett ausschließlich auf der Blu-ray zu finden ist, warten fünf Featurettes auf den Käufer. In „Xenolinguistik: Arrival verstehen“, einem halbstündigen Featurette kommt Ted Chiang, der Autor der Vorlage zu Wort. Er berichtet davon, dass Science-Fiction für ihn keine Raumschlachten sind, sondern eine spekulative Sichtweise auf das menschliche Leben. Außerdem erfährt man, dass es nicht gerade leicht ist, eine intellektuelle Sci-Fi-Geschichte durchfinanziert zu bekommen. Die meisten Produzenten hätten schon Probleme sich durch ein entsprechendes Skript zu wühlen. Natürlich geht es auch um die Sprache und das Design des Films, das sich deutlich von dem unterscheidet, was man ansonsten an Außerirdischen aus Filmen kennt. „Ewige Wiederholung: Die Filmmusik“ läuft gut elf Minuten und gibt Einblicke in die Arbeit an der stimmlich außergewöhnlichen Filmmusik von Johann Johannsson. Der Komponist hatte bisher noch keinen Score für einen Sci-Fi-Film gemacht und liefert mit seiner Filmmusik einen außergewöhnlich intensiven Soundteppich ab. Inspirieren ließ er sich dabei von dem Set-Design. In „Akustische Signaturen: Das Sound-Design“ bekommt das oscarprämierte Klangdesign seine verdiente Bühne. Auffällig bei allen Extras ist, wie respektvoll man den Filmbeteiligten begegnet und Leute zu Wort kommen lässt, die ansonsten kaum im Bonusmaterial auftauchen. Gerade die Sound-Designer leben ihren Job und wirken unglaublich leidenschaftlich. „Nichtlineares Denken: Der Schnitt-Prozess“ beweist erneut, dass man den Menschen, die ansonsten im Hintergrund werken, mehr Beachtung schenkt als sonst. Cutter Joe Walker erzählt, dass er seinen Schnitt genauso nichtlinear angelegt hat, wie die Geschichte selbst verläuft – auch, um zu unterstützen, dass die Heptapoden kein lineares Verständnis von Zeit haben. In „Prinzipien von Zeit, Gedächtnis und Sprache“ kommt wieder Chiang zu Wort, der von der Unausweichlichkeit der Dinge und von „Effekt und Wirkung“ referiert – Dinge, die ihn faszinieren und auch zu seinen Geschichten inspirieren.
Fazit
Arrival ist intelligentes Sci-Fi-Brainfuck-Kino mit einer großarigen Amy Adams, einem kongenialen Score, hervorragenden Kreatur-Animationen und einem Sound, der in Sachen Räumlichkeit und Ideen ganz weit vorne ist. Schade, dass die UHD bildtechnisch nur bedingt überzeugt und soundtechnisch die hiesigen Käufer mit Dolby Digital abspeist. Gerade dieser Film wäre ein Fest für eine Dolby-Atmos-Fassung gewesen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 70%
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD (dt. Fassung): 95%
Tonqualität BD (Originalversion): 95%
Tonqualität UHD (dt. Fassung): 90% (im Rahmen einer Dolby-Digital-Wertung)
Tonqualität UHD (Originalversion): 95%
Bonusmaterial: 70%
Film: 90%
Anbieter: Sony Pictures
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Denis Villeneuve
Darsteller: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Mark O’Brien
Tonformate BD: dts HD-Master 7.1: en // dts HD-Master 5.1: de
Tonformate UHD: dts HD-Master 7.1: en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 117
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Nein (2K Intermediate)
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2016 Xenolinguistics, LLC. All Rights Reserved.)
Ich weiß nicht was die Leute an diesem Film so toll finden. Ich fand ihn eher langweilig und konnte mit der Story nicht viel anfangen obwohl ich ein Science-Fiction Fan bin.
Schließe mich dem Kommentar von Herrn Wolters an, alleine schon der Background ist phänominal.