Arthur & Claire

Blu-ray Review

arthur & claire blu-ray review cover
Universum Film, 14.09.2018

OT: Arthur & Claire

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„schip beschuit“

Kleines, feines, berührendes und witziges Zwei-Personen-Stück mit famosen Darstellern.

Inhalt

Arthur ist ein Muffel. Ein Lächeln entweicht im kaum noch und wehe ein kleiner Junge kommt ihm irgendwie dumm. Gerade sitzt er im Flieger nach Amsterdam, um sich dort von einem befreundeten Arzt eine letale Dosis Medikamente verabreichen zu lassen – aktive Sterbehilfe nennt man das wohl. Etwas, das man in Wien nun mal nicht legal bekommt. Arthur ist schwer krank. Und er hat keine Lust, das ganze Leid am eigenen Leib zu erfahren. Noch allerdings muss er einen Tag und eine Nacht überwinden, bevor er am nächsten Tag die tödliche Spritze erhalten wird. Die Zeit nutzt er, um ein wenig durch die Stadt zu streifen und Abends einen Abschiedsbrief im Hotelzimmer zu verfassen. Dann jedoch wird er jäh durch die laute Todes-Metall-Musik unterbrochen, die aus dem Nebenzimmer erschallt. Als Arthur hinüber geht, um sich zu beschweren, trifft er auf die junge Claire. Die war ihm schon am Tag aufgefallen, als sie den Portier mit Schimpftiraden überzogen hatte. Wie es der Zufall will, ist Claire aber nicht nur aufbrausend, sondern ebenfalls des Lebens müde. Auch sie denkt darüber nach, dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Das allerdings findet Arthur überhaupt nicht witzig. Denn während er seinem eigenen Tod mit schwarzem Humor begegnet, kennt er keinen Spaß, wenn’s ums Ende anderer Menschen geht. Und so versucht er, Claire die Sache mit dem Selbstmord auszureden – eine Nacht voller ungewöhnlicher Ereignisse nimmt ihren Anfang …

Arthur & Claire, die Tragikomödie von Regisseur und Autor Miguel Alexandre, könnte kaum großartiger beginnen. Die pointierte und mit Sarkasmus angereicherte Diskussion zwischen Arthur, der mit seinem Leben bereits abgeschlossen hat, und dem vorwitzigen Knaben im Flugzeug ist so böse, dass es eine wahre Freude ist. Komiker Chris Tall würde fragen: „Darf er das?“. Und die Antwort kann nur lauten: „Ja, er darf!“
Josef Hader darf ohnehin viel. Der österreichische Schauspieler und Komiker glänzt praktisch in allen seinen Filmen. Zuletzt gab er einen scheiternden Musikkritiker in Wilde Maus auf unnachahmliche Weise. Und weil er so sensationell die abseitigen und grantelnden (Verlierer)Rollen spielen kann, ist er die Idealbesetzung für den mit dem Leben abschließenden Arthur. Alleine die Diskussion um ein Luftloch ist so grandios, dass man sie sich als „Abwehr“ für jedes vorlaute Kind merken sollte. Man sollte nur damit rechnen, dass die Umgebung genau so empört auf einen schaut, wie es hier der Fall ist.
Mit dieser Eingangs-Szene hat Alexandre den Zuschauer prompt gewonnen und es geht genauso heiter weiter. Wenn Hader mit einer Mischung aus müder und entnervter Miene dem holländischen Navigations-Instrument lauscht, wird man das innere Schmunzeln ebenfalls nicht los.

Und dabei haben wir es doch mit einem eigentlich tragisch-komischen Film zu tun. Arthur & Claire geht aber den ungewöhnlichen Weg, im Tod den Witz und im Leben die Tragik zu finden. Gleichzeitig erzählt er eine Art Liebesgeschichte, die kaum ungewöhnlicher sein könnte. Und das mit derart gepfefferten Dialogen, dass es einem schon mal die Sprache verschlägt. Ohne den Satz zu verraten, ist die erste gesprochene Reaktion Claires (ebenso großartig wie Hader: Hannah Hoekstra) so unglaublich witzig, dass selbst dem abgebrühten Arthur für einen Moment die Gesichtszüge entgleisen – ein Glück, dass er Österreicher ist. Hoekstra ist der aufbrausende und emotionale Gegenpol zum ruhigen und abgeklärten Hader und es ist einfach herrlich, wenn sie über sämtliche Stereotypen Deutschlands, Hollands („hier kriegt man alles rund um die Uhr“) und Österreichs her zieht.
Abseits des Humors ist Arthur & Claire aber auch ein bewegender Film. Ein Film über eine ungewöhnliche Verbindung. Über eine Nacht, in der mehr Wahrheiten ausgesprochen werden als manche in ihrem ganzen Leben zu hören bekommen oder von sich geben. Eine Nacht voller Melancholie, Freundschaft und Haschisch (um noch ein Holland-Klischee zu bemühen). Und während Arthur vor sich hin grantelt und Claire ihre zynischen Kommentare ablässt, merkt der Zuschauer, dass hinter der ganzen Fassade eine tiefgreifende Sehnsucht beider Figuren steht. Eine Sehnsucht, sich verstanden zu fühlen oder einfach mal in den Arm genommen zu werden.
Amsterdam bietet dazu den kongenialen und sich verändernden Hintergrund. Während der ersten 50 Minuten ist es die bunte, lebendige und Weed rauchende Gegend. Sie bildet den Kontrapunkt zu den schwarzhumorigen Dialogen der Beiden. Sobald sich Arthur und Claire (besser) verstehen und freiwillig miteinander durch die Nacht streifen, wird der Hintergrund ruhiger, weniger bunt. Und es wird ein wenig ernster. Spätestens, wenn man erfährt, warum Claire ebenfalls sterben will. Man merkt, dass es langsam auf den Moment zusteuert, wegen dem Arthur nach Amsterdam gereist ist. Und selbst wenn das Ende nicht ganz überraschend ist, hat man dennoch das Gefühl etwas über 90 Minuten magischem Kinos beigewohnt zu haben.

Bild- und Tonqualität

Die Blu-ray von Arthur & Claire überzeugt auf der einen Seite mit absolut sauberen, sehr rauscharmen und scharfen Momenten in Close-ups. Der Kontrastumfang hingegen ist eher mittelprächtig. Gerade Schwarz ist durchweg mehr mittelgrau und Farben könnten auch ein wenig satter sein. Amsterdam sieht irgendwie flau und fad aus, was sicher ganz gut zur Stimmung des Films passt, aber bei der Blu-ray halt nicht gerade für Dynamik sorgt.
Akustisch konzentriert sich das Geschehen zwar meist auf die Dialoge, doch die Filmmusik wird durchaus räumlich präsentiert. Wenn Claire in der Disko abzappelt, setzt es sogar voluminöse Unterstützung vom Subwoofer. Zwar wirkt das Ganze ein wenig phasenverschoben und nicht so ganz korrekt, aber im Prinzip stört das nicht. Ohnehin sind das nur kurze Momente. Recht schön gelingt die Atmosphäre der leise plätschernden Grachten oder der räumlichen Darstellung im Coffee-Shop.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Arthur & Claire bekam zwei Interviews spendiert. Eins davon gebührt für drei Minuten Dauer dem Hauptdarsteller, ein weiteres für etwas über fünf Minuten dem Regisseur.

Fazit

Arthur & Claire ist so humorvoll, wie der Tod sein kann. So bewegend wie das Leben nun mal ist. Und er ist so toll gespielt, dass einem warm ums Herz wird – eines der Highlights des Jahres 2018 und unbedingt empfehlenswert.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 90%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: D/A/NL 2017
Regie: Miguel Alexandre
Darsteller: Josef Hader, Hannah Hoekstra, Rainer Bock, Florence Kasumba, Errol Trotman-Harewood, Guy Clemens
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 12

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universum)

Trailer zu Arthur & Claire

Arthur & Claire - Trailer (deutsch/german; FSK 0)

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