Auslöschung

Blu-ray Review

Auslöschung - Netflix - Review Cover
Netflix, 12.03.2018

OT: Anninhilation

 


Etwas Neues

Außerhalb der Vereinigten Staaten, Kanada und China sorgt Netflix für ein absolutes Highlight im Heimkino.

Inhalt

Auslöschung - Netflix - Review Szene 2
Kane ist zwar zurück, aber komplett verändert

Ex-Soldatin Lena hat vor einiger Zeit einen anderen beruflichen Weg eingeschlagen und arbeitet mittlerweile erfolgreich als Biologieprofessorin. Als ihr Mann, der Soldat Kane, auf eine geheime Mission geschickt wird, schwant ihr Böses. Und das nicht zu Unrecht. Denn er verschwindet und keiner hört mehr etwas von ihm. Bis er ein Jahr später unvermittelt auftaucht, sich aber seltsam verhält und keine Spur mehr ist von der zuvor intimen Beziehung der Beiden. Als er anfängt körperlich abzubauen und Blut zu spucken, werden er und Lena in eine Einrichtung nahe der sogenannten „Area X“ gebracht. Dort war vor drei Jahrzehnten ein bis heute nicht erforschtes Ereignis geschehen, das den Landstrich unbewohnbar gemacht hatte und die Natur hat sich dieses Gebiet unter einer mysteriösen Abschirmungsglocke, die man den „Schimmer“ nennt, zurückerobert. Lena erfährt, dass Kane Teil einer Expidtion in das Areal war und als einziger überhaupt zurückkehrte. Deshalb besteht sie schon aus persönlichen Gründen darauf, dem Team beizustehen, das dort hinein geht. Sie will erfahren, was Kane zugestoßen ist und was sich unter dem „Schimmer“ befindet. Gemeinsam mit ihr ziehen die Psychologin Dr. Ventress, die Geomorphologin Cass Sheppard, die Sanitäterin Anya Thorensen und Physikerin Josie Radek unter die Kuppel und fühlen sich schon am ersten Tag desorientiert. Vor allem, da sie ermitteln, dass es schon der dritte oder vierte Tag sein muss und sie keine Erinnerung an die Geschehnisse seit dem Eintritt unter die Kuppel haben. Es dauert nicht lange und sie stoßen auf Unvorstellbares …

Auslöschung - Netflix - Review Szene 7
Fünf Frauen wagen sich in den „Schimmer“

2014 erschuf der Sci-Fi-/Fantasy-Autor Jeff VanderMeer seine sogenannte Southern-Reach-Trilogie, deren erster Teil Anninhilation praktisch schon vorab von Paramount Pictures gekauft wurde und von Produzent Scott Rudin (Social Network, Steve Jobs) umgesetzt werden sollte. Im Laufe der Produktion ging es Paramount nach und nach schlechter, da gerade 2016 einige Filme des Studios floppten. Als man dann erste Testvorführungen mit fertigem Material vornahm und diese in Teilen negativ ausfielen, bekam das Studio kalte Füße und verkaufte einen Teil der Rechte an Streaming-Anbieter Netflix. So kommt es, dass Auslöschung zwar am 22.02.2018 seine Filmpremiere in den USA, Kanada und China erhielt, für den europäischen Markt aber ausschließlich via Streaming-Angebot zu sehen sein wird. Dies dafür allerdings schon ab dem 12. März. Damit ist Alex Garlands Film ein weiteres und hochwertig produziertes Film-Highlight (siehe: Bright), das hierzulande im Heimkino und nicht im Lichtspielhaus Premiere feiert.
Garland, der mit Ex Machina bewies, dass er anspruchsvolle Sci-Fi-Kost verfilmen kann, ist die ideale Besetzung für die Verfilmung des ersten Romans der VanderMeer-Trilogie. Sein tiefgründiger und etwas düsterer Ansatz passt perfekt zum Genremix aus Horror, SciFi und Drama. Wenngleich er die Vorlage teils deutlich verändert, ist ihm ein ebenso packender, wie visuell beeindruckender und vor allem verstörender Film gelungen. Einige Bereiche entziehen sich vermutlich den meisten Zuschauern. Oft spielt Auslöschung damit, nicht ganz verstanden werden zu wollen und einen einfach zu konsumierenden Film sollte man aufgrund der Besetzung und der Grundstory nicht erwarten. Damit ist er vielleicht sogar so etwas wie die Antithese zum leichten Popcorn-Kino des Bright.

Auslöschung - Netflix - Review Szene 4
Die erste Gefahr offenbart sich

Auslöschung verknüpft dabei die Subgenres von Öko-Horror und Body-Horror zu einem Ganzen, das mit ebenso hypnotischen wie bedrohlichen Bildern belohnt und im Inneren des „Schimmers“ etwas beherbergt, das ebenso furchteinflößend wie neugiererweckend ist. Ersteres wird spätestens klar, wenn nach 75 Minuten in einer ultraspannenden Sequenz gleich drei des Teams Bekanntschaft mit einem bestimmten Raubtier machen. Dessen spezielles Verhalten sorgt garantiert für Gänsehaut – ohne an dieser Stelle zu viel zu verraten. Ganz abgesehen von der blutigen Konsequenz, die zum wiederholten Male demonstriert, dass Auslöschung wahrlich nicht zimperlich mit grafischer Gewalt umgeht und sie bisweilen eruptiv einsetzt, wenn es der Inhalt erfordert.
Das wirkt umso eruptiver, da der Film sich inszenatorisch Zeit nimmt und mit einem sehr ruhigen, oft fast meditativen Score unterlegt ist. Selbst die Dialoge sind meist mehr geflüstert als gesprochen.
Eine ganz eigene Faszination entfalten übrigens die großartigen visuellen Effekte, die einzigartig wirken. Schon die Visualisierung des Schimmers ist atemberaubend. Aber auch die völlig neue Welt, die sich darunter befindet, wird zum optischen Ereignis – von den bunten Farben, die das Licht überall hin wirft, bis zu den Eisbäumen an der Küste.

Auslöschung - Netflix - Review Szene 8
Ventress verfolgt eine ganz eigene Mission

Schauspielerisch wird der Film dabei von einer Natalie Portman getragen, die schon lange nicht mehr so gut, konzentriert und gleichzeitig selbstbewusst agiert hat. Mit einer unnachahmlichen Mischung aus Gefühl, Intellekt und Tatendrang spielt sie die Lena und nimmt den Zuschauer auf diese Reise mit. Ebenfalls herausragend ist Jennifer Jason Leigh, in deren Stimme und den müden Augen sich die letzten Jahre der erfolglosen Erforschung des Phänomens widerspiegeln. Als Kontrapunkt zur tatkräftigen Anya (Gina Rodriguez) hat man mit der fast esoterisch wirkenden Josie Radek (Tessa Thompson) einen beruhigenden Gegenpart während Tuvy Novotny als Cass Shepherd der undankbare Part des fünfte Rad am Wagens zuteil wird. Dennoch liefert gerade sie die Vorlage für tiefenpsychologische Ansätze, die in einem Gespräch zwischen Lena und Ventress gipfeln, das sehr klug den Unterschied zwischen Selbstmord und Selbstzerstörung erfasst. Es gesellen sich also auch noch existenzialistische und philosophische Zwischentöne hinzu. Und während die eine (Lena) nach Erklärungen sucht, findet die andere (Ventress) Erlösung in einem Finale, dessen atonale, sich selbst fast verschlingende Filmmusik alleine für Beunruhigung sorgt. Die letzte Szene lässt einen dann trotz oder gerade wegen ihres Verweigerns, eine Erklärung anzubieten, atemlos zurück – spätestens jetzt ist klar, dass Garland mit Auslöschung einen modernen Sci-Fi-Klassiker geschaffen hat, der sich mühelos neben einem Kultfilm wie Alien einreiht.

Auslöschung - Netflix - Review Szene 10
Josie zieht ihre eigenen Schlüsse aus der Situation

Bild- und Tonqualität

Auslöschung - Netflix - Review Szene 5
Die Zähne des Alligators geben Rätsel auf

Auslöschung wurde Sony-CineAlta-PMW-F55 und Sony-CineAlta-F65 komplett digital aufgenommen und lieferte am Ausgang eine 4K-Auflösung. Die wurde für das Digital Intermediate zwar beibehalten, doch nicht jede Netflix-App zeigt das auch an (beispielsweise nicht jene des Panasonic DMP-UB900).
Außerdem integrierte man mit HDR10 eine höhere Bilddynamik. Diese führt zwar in den dunkleren Szenen teilweise zu einem leichten Verschweigen von Bilddetails, schafft aber während der Tageslichtszenen einen sehr prägnanten Kontrastumfang und liefert kräftige Farben beim Anblick des Schimmers. Ab und an sind Randunschärfen zu beobachten, die es zuletzt leider häufiger zu sehen gab (Fahrt in den Kanus). Sehr gut ist indes die Bildruhe, die keinerlei Rauschen offenbart und kaum Korn zeigt. Allerdings ist die grundsätzliche Schärfe nicht die Allerbeste, was bei vielen Halbtotalen sichtbar wird. In Close-ups tut die höhere Auflösung aber ihre Wirkung und präsentiert eine plastische Detailauflösung.
Beim Sound von Auslöschung wurde seitens Netflix hier kein Dolby Atmos integriert – weder für die Originalspur, noch für den deutschen Ton. Beide Fassungen liegen in Dolby Digital Plus mit 5.1 Spuren vor.
Die Sprachverständlichkeit ist vorzüglich und der kongeniale Filmscore brandet immer wieder dynamisch auf. Dazu wird die Naturatmosphäre wirklich klasse eingefangen. Schon das nächtliche Rumpeln des entfernten Gewitters klingt äußerst authentisch, wenn Lena auf dem Balkon des Instituts erstmalig mit den anderen Mädels in Kontakt kommt. Wenn Radek dann von dem Wesen in die Hütte gezogen wird, gibt’s einen netten Hallo-Wach-Effekt und die Stimmen klingen daraufhin realistisch verhallt, während das Wasser in der Hütte glaubhaft platscht. Klasse ist die darauf folgende Ortbarkeit der Surround-Effekte, die durch den Alligator hervorgerufen werden (35’35) und wenn die Mädels schließlich auf ihn feuern, gibt’s dynamische Schüsse, die aufgrund der Zeitlupen-Einstellung authentisch abgedumpft wurden. Richtig verbaselt hat man allerdings die Synchro des Bären. Die extrem unangenehme Szene kommt im Englischen wesentlich beklemmender rüber, während im Deutschen zu wenig klar wird, welchen Hintergrund dessen Schreie haben.
Insgesamt könnten Actionszenen sicherlich etwas mehr Druck zeigen und im Finale geht die Dynamik in die Knie, dafür ist die Qualität der direktionalen Effekte sehr hochwertig geworden.

Fazit

Können wir unseren Körpern, unserer Biologie trauen? Wie selbstzerstörerisch gehen wir mit uns und unserer Umwelt um? Wo führt uns die Evolution hin? Trotzdem Auslöschung einige Antworten liefert, so lässt Regisseur Alex Garland genügend Fragen offen, um für reichlich Diskussionen zwischen Filmfans sorgen werden. Nicht alle werden den Film mögen, nicht jeder wird Zugang zu ihm bekommen – das macht ihn aber nicht weniger bedeutsam. Ganz im Gegenteil: Neben all dem Alien- und Weltall-Sci-Fi der letzten Jahre nimmt Auslöschung eine Ausnahmestellung ein und gehört zum Besten, was das Genre in der letzten Dekade zu bieten hatte.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Film: 90%

Anbieter: Netflix
Land/Jahr: USA 2016/’17
Regie: Alex Garland
Darsteller: Natalie Portman, Tessa Thompson, Benedict Wong, Sonoya Mizuno, David Gyasi, Oscar Isaac, Jennifer Jason Leigh, Gina Rodriguez, Tuva Novotny
Tonformate: Dolby Digital Plus 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 115
Codec: AVC
Real 4K: Ja (4K DI)
FSK: –

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2017 Netflix / Paramount Pictures.)

Trailer zu Auslöschung

AUSLÖSCHUNG | Offizieller Trailer | Netflix


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Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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7 Kommentare
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Karsten Hadenfeld

Hallo Timo,
danke fürs aufmerksam machen und natürlich für das ausführliche Review. Hat mich z.t. auch sehr an Solaris erinnert.
Viele Grüße, Karsten

Connor Skies

Der Film ist NICHT in 4K sondern in 1080p UND HDR. Ein neuer Netflix Trend ;-)…

Dr. Hans-Ingo Trompeter

Sehr interessant. Die App meines Panasonic Tv sagt 4K HDR, mein Apple TV4K meint 4K Dolby Vision.

Dr. Hans-Ingo Trompeter

Der Stream ist in 4K mit HDR.

Christian Auer

Wie immer sehr gute Review, für alle Nicht-Netflix-User, ist mit einem europäischen Blu-ray-Release zu rechnen oder bleibt der Film ausschließlich den Netflix-Abonnenten vorbehalten, was eigentlich schade wäre.