Autumn Blood – Die Zeit der Rache

Blu-ray Review

Autumn Blood - Die Zeit der Rache Blu-ray Review Cover
Donau Film/AL!VE, seit 19.06.2015

OT: Autumn Blood

 


Schuld & Sühne

Ein sprachloser und sprachlos machender Film aus Österreich.

Inhalt

Nachdem ihr Vater vom Bürgermeister getötet wurde, wächst das Mädchen mit ihrem jüngeren Bruder hoch oben auf der Alm bei der alleinerziehende und kranken Mutter auf. Als diese eines Tages stirbt, verschweigt das Mädchen dies im Dorf, um zu verhindern, dass man sie von ihrem Bruder trennt. Die Söhne des Bürgermeisters bekommen davon jedoch Wind und nutzen die Situation für sich aus. Sie vergewaltigen das Mädchen mehrfach und wissen sich durch ihren nie verurteilten Vater geschützt. Als eine Sozialarbeiterin nach dem Rechten sieht, beschließen die triebhaften Brüder, das Mädchen und ihren Bruder zu töten …

Wortkarg geht’s zu in Autumn Blood – Zeit der Rache, einem Film, dessen Szenerie an die Heimatschinken der 60er und 70er erinnert, der allerdings eine deutliche Beimengung von Backwood-Horror erfährt. Während der ersten 35 Minuten muss ein „Hi“ oder ein Grummeln als Dialog ausreichen, die Kamera fängt ausschließlich sanft-beschauliche Bilder ein, die Akteure tauschen dazu bedeutungsschwangere Blicke aus oder schauen beängstigt drein. Anstelle von Dialogen wird gehandelt und die sanfte Filmmusik wagt den Versuch, Harmonie zu versprühen. Doch mit dieser ist’s nicht weit her – und das nicht mal wegen des Tötungsdelikts zu Beginn von Autumn Blood. Als nach knapp über einer halben Stunde das Grauen über das junge Mädchen (Namen werden in Blunders Film erst gar nicht verteilt) hereinbricht, kommt das unvermittelt und schockierend. Was der österreichische Regisseur mit seinem Film an Intensität heraufbeschwört, obwohl es vielleicht 20 Zeilen Dialog gibt, ist ganz außergewöhnlich. Definitiv so außergewöhnlich, dass Mainstream-Filmschauer mit Autumn Blood so ziemlich genau gar nichts werden anfangen können. Der geneigte Arthaus-Filmfreund hingegen wird überrascht sein, wie intensiv Sophie Lowe (The Returned, The Philosophers), die hier eine frappierende Ähnlichkeit mit Saoirse Ronan aufweist, agiert.

Ihrem Spiel ist es zu verdanken, dass der Film zu einem packenden und kaum in eine Schublade einzusortierenden Erlebnis wird. Wenn sie im Finale ihren geschundenen nackten Körper vor einem der Söhne zu retten versucht, überträgt sich ihr Schmerz physisch auf den Zuschauer und es wird deutlich, wie verwundbar das Mädchen ist. Und dann, wenn man meint, es geht doch noch alles schlimm aus, hält Autumn Blood eine ebenso konsequente wie faustdicke Überraschung parat. Dass der Langfilmdebütant Blunter einige international bekannte Gesichter (unter anderem Peter Stormare oder Gustaf Skarsgård) verpflichten konnte ist ein weiterer Pluspunkt des Genremix aus Heimatdrama und Horrorthriller. Zumal diese sich komplett in den Dienst der Geschichte stellen und nicht einfach nur ihr prominentes Antlitz in die Kamera halten. In seinen besten Momenten erinnert Autumn Blood atmosphärisch an Hanekes Funny Games oder Warmerdams Borgman, läuft aber nicht Gefahr, in deren Fahrwasser unterzugehen. Der Regisseur ist übrigens schon wieder bei der Arbeit und wird mit seinem nächsten Werk den Heimatfilm mit dem Vampirgenre verquicken – man darf gespannt sein.
Eine Kritik aber muss sich der Film, sorry: der Anbieter gefallen lassen: Von Rache ist im Prinzip zu keiner Zeit die Rede. Der deutsche Untertitel impliziert einen Handlungsverlauf, der so nicht stattfindet. Wenn man dies vorher weiß, kann man noch unvoreingenommener an den Film herangehen und profitiert dann umso mehr von der Geschichte selbst.

Bild- und Tonqualität

Autumn Blood hat ein leicht verwaschenes Bild im 80er-Jahre-Look, das nie außerordentlich scharf ist und die beeindruckende Naturkulisse etwas kontrastschwach präsentiert. Das sichtbar vorhandene Rauschen steigert sich bisweilen zu einem starken Kantenflimmern (45’46) und auf den sehr abgedunkelten Schattenseiten versumpfen Details bisweilen.
Deutlich besser schlägt sich der Sound von Autumn Blood. Schon die Naturgeräusche zu Beginn und während der gesamten Zeit überzeugen durch ihren hohen Grad an Realismus. Wenn dann die vereinzelten Schüsse durch den Film und das spätere Bergmassiv hallen, fühlt man sich beinahe selbst getroffen und bekommt augenblicklich Herzpumpen. Die wenigen Dialoge kommen präzise aus dem Center und sind gut verständlich.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Autumn Blood gibt’s ein Interview mit dem Regisseur und ein Behind the Scenes. Während ersteres gerade mal zwei Minuten Laufzeit hat, unterbietet das Behind the Scenes das mit knapp 80 Sekunden Spielkürze sogar noch.

Fazit

Autumn Blood ist ein außergewöhnliches Stück Film. Eine Geschichte über Schuld, über Sühne (weniger über Rache), die gerade deshalb so intensiv geworden ist, weil kaum ein Wort gesprochen wird. Die herausragend agierende Hauptdarstellerin und ihr junger Co-Star tun ihr Übriges zum Gelingen dazu.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 80%

Anbieter: Donau Film/AL!VE
Land/Jahr: Österreich/USA 2011
Regie: Markus Blunder
Darsteller: Sophie Lowe, Gustaf Skarsgård, Maximilian Harnisch, Samuel Vauramo, Peter Stormare, Annica McCrudden, Tim Morten Uhlenbrock
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 100
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!