Platz 8: Bad Taste

Platz 8: Bad Taste (DVD Review)

OT: Bad TasteBad Taste Review Cover

 


Roast of the Day

Ohne Bad Taste kein Herr der Ringe.

Story

Die Invasion der Erde geht von Neuseeland aus. Dort, in einem kleinen Nest namens „Kaihoro“, ist Lord Crumb mit seiner Bande von Aliens eingefallen, um die Einwohner zu Fleisch für eine extraterrestrische Imbisskette zu verarbeiten. Ein Hilferuf, der bis ins höchste Ministerium gelangt, bringt endlich die erhoffte Reaktion der Regierung. Der Minister würde gerne direkt die Luftwaffe, Marine und Infanterie entsenden. Doch (immerhin sind wir hier in einem Low-Budget-Film) der Premier denkt gar nicht daran und hält das Ganze für einen geeigneten Job für „The Boys“ vom „Astrountersuchungs- und Verteidigungsservice“. Diese Jungs lassen natürlich nicht lange auf sich warten und eilen zum Ort des Geschehens: Barry, der besonnene und konservative Skeptiker, Oz und Frank, die mit ihrem rasanten Ford Capri mit einem Kofferraum voller Waffen anrücken und erst schießen, bevor sie Fragen stellen und Derek, der kreative und vollkommen durchgeknallte Irre in der Truppe. Ihr Trumpf: Sie haben schnell einen der Außerirdischen gefangen genommen und erhoffen sich endlich Antworten auf ihre Fragen: Warum tragen die Aliens alle hellblaue Hemden? Warum ernähren sie sich von grünem Schleimzeug und warum sind die Hintern ihres richtigen Antlitzes so grotesk fett?

Warum gerade „Bad Taste“?

„I’m a Derek and Derek’s don’t run!“ – es sind nicht nur Zitate, wie dieses, die den vollkommen kruden und irrsinnig abgedrehten Bad Taste zu einem Kultklassiker gemacht haben. Dabei erinnere ich mich noch genau an das Gefühl, als ich mit 17 zum ersten Mal den Beginn des Films sah. Kaum hatte Barry dem ersten Außerirdischen am Strand mit seiner Magnum den Kopf zur Hälfte weggeschossen, wurde mir ganz anders. Erst recht, als dessen halbes Hirn an Barrys Hosenbein hängen blieb. Die Low-Budget-Atmosphäre und die erstaunlich realistischen Masken machten mir ernsthaft zu schaffen. Weiter kam ich zum damaligen Zeitpunkt auch nicht, ich schaltete aus. Erst ein knappes Jahr später überwand ich mich, das in England erstandene VHS-Tape noch einmal in den Rekorder zu legen und erkannte, wie sehr ich mich damals geirrt hatte. Das hier war nicht das Produkt von ein paar gemeingefährlichen Irren, sondern der innovativste, leidenschaftlichste, ironischste und witzigste Film des Horrorgenres überhaupt. Gut, er bot auch die bis zu diesem Zeitpunkt für mich krassesten Make-up- und ekligsten Maskeneffekte, aber er war eben mehr, als nur ein Horrorstreifen mit Blut und Gore:

Der damals vollkommen unbekannte Peter Jackson begann 1983 mit der Arbeit an einem Kurzfilm, der den Titel Roast of the Day erhalten sollte. Er rechnete wohl selbst nicht damit, dass immer mehr Ideen dazu kamen und die Drehzeit am Ende vier Jahre betrug. Immer wieder an den freien Wochenenden versammelte er seine Freunde und Bekannte, um mit unglaublich kreativen Einfällen zu kaschieren, dass das Budget niedriger als niedrig war (ein explodierendes Schaf bestand in Wirklichkeit aus einem mit Wolle verkleidetem Tisch). Auch Jacksons Eltern wurden involviert, indem sie Darsteller und Material mit ihrem Auto zu den Drehorten fahren mussten. Außerdem ertrug Jacksons Mutter immer wieder geduldig, dass Peter den heimischen Backofen belegte, um die selbst angefertigten Gummimasken der Aliens auszuhärten. Jeder der Darsteller spielte zum Teil mehrere Rollen und es waren harte Anforderungen. Pete O’Herne konnte sich für seine Rolle des Barry drei Jahre lang nur einmal pro Woche den Bart rasieren, da er an Drehtagen mit Drei-Tage-Bart zu erscheinen hatte. Peter Jackson selbst taucht in der Doppelrolle als Derek und Alien Robert auf. Für den Part des Außerirdischen brauchte er einen langen Bart und Gewicht auf den Rippen. Als Derek war er glattrasiert und rund 20kg leichter. Was am Ende dabei rauskam, war ein vollkommen anarchischer, jede Grenze des guten Geschmacks sprengender Film, der bis heute noch Standards in Sachen Blutgehalt, Gore-Effekte und drastische Überzogenheit setzt. Mit Jacksons Kreativität (so baute man sich beispielsweise einen eigenen Kamerakran, um große Schwenks aus der Vogelperspektive zu ermöglichen) und Talent wird in Bad Tast“ bereits sichtbar, was ihn später zum Mega-Erfolg führte:  Schnitt, Kamerawinkel, Timing – alles, was Peter Jackson später im Herr der Ringe perfektionierte, ist hier bereits angelegt und unterscheidet Bad Taste von zahlreichen Nachahmern der 80er-Jahre-Horrorwelle.

Nicht nur das, denn bis hin zu From Dusk till Dawn reicht die Liste, die von Bad Taste inspiriert wurde: Erinnert sich jemand an die Szene, in der Harvey Keitel durch Ruckbewegungen den durchgeschossenen Bauch eines Vampirs zum Nachladen seiner Pumpgun nutzt? Dann schaue er mal ab der 18. Minute in Bad Taste nach.
Apropos Nachschauen. Bad Taste liegt offiziell in Deutschland nur in einer um sieben Minuten geschnittenen Rumpffassung auf DVD vor. Eine Blu-ray-Veröffentlichung ist ebensowenig in Sicht, wie die De-Indizierung des ungekürzten Streifens. Nicht nur aufgrund Jacksons heutigem Status ein Skandal!

 

Fazit

Hätte Jackson Bad Taste nicht in mühsamster Kleinarbeit gedreht und veröffentlicht, wäre er vermutlich nie dazu gekommen, die Verfilmungen der Herr der Ringe-Reihe zu betreuen. Aber der Gore-Streifen ist eben nicht nur ein Karrierestarter für den sympathischen Neuseeländer, sondern schlicht und ergreifend die beste Low-Budget-Horrorkomödie aller Zeiten!
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: keine Wertung
Tonqualität (dt. Fassung): keine Wertung

Tonqualität (Originalversion): keine Wertung
Bonusmaterial: keine Wertung
Film: 100%

Anbieter: –
Land/Jahr: NZ 1984-1987
Regie: Peter Jackson
Darsteller: Peter Jackson, Pete O’Herne, Craig Smith, Mike Minett, Terry Potter
Tonformate: –
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 88
FSK: –

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2 Kommentare
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Tim

…und an Braindead kommt auch nichts ran…SENGAYA!!!