Blu-ray Review
OT: American Made
Snowbird
Vibrierend inszenierter Film über das Leben des berühmtesten Drogenschmugglers der US-Geschichte.
Inhalt
Barry Seal, Pilot der TWA-Fluggesellschaft, wird Ende der 70er von Monty Schafer, einem CIA-Agenten angesprochen. Der hat mitbekommen, dass Barry auf seinen Flügen durch Kuba schon mal ein paar Zigarren schmuggelt. Nun möchte er Seal engagieren, um bei Überflügen über „feindliches“ Gebiet Fotos von Anlagen und stationierten Soldaten zu machen. Später soll er als Kurier zwischen dem US-Geheimdienst und General Noriega in Panama zu fungieren. Auf einer seiner „Reisen“ wird der Schmuggler im Auftrag des Geheimdienstes dann vom kolumbianischen Medellín-Kartell angesprochen, ob er auf den Rückflügen in die USA nicht Kokain schmuggeln wolle. Barry, ein ausgekochtes Schlitzohr, sieht seine Chance gekommen, gleich doppelt abzusahnen. Trotzdem er vom DEA gefasst wird, hält das CIA ihm den Rücken frei. Immerhin hat man mit ihm noch Größeres vor. So soll er eines Tages damit anfangen, Waffen nach Nicaragua zu exportieren, damit dort die Contras in ihrem Kampf gegen die demokratisch gewählte Regierung unterstützt werden, welche der US-Regierung ein Dorn im Auge ist. Die scheinen aber kein großes Interesse an der Feuerkraft zu haben, weshalb Seal sie kurzerhand ans Kartell verkauft. Das bleibt nicht sein einziger Winkelzug, die ihn auf Dauer dann doch nicht davor bewahren, völlig zwischen die Fronten zu geraten …
Dennoch: Liman inszeniert seine Geschichte betont schmissig. Er fügt Comic-Animationen ein, um in Kurzform den Kalten Krieg zwischen den USA und Russland zu erklären und nutzt Original-TV-Ausschnitte, um dokumentarische Bilder einzufügen. Dazu ist die Kamera von Uruguayer César Charlone praktisch ständig in Bewegung. Sie zoomt rein und raus, sie wackelt, sie umfährt die Protagonisten, schwenkt hin und her und nutzt teils bewusst kurze Schärfentiefe. Wer Bilder einer wackeligen Handkamera nicht mag, dem wird’s hier an bestimmten Stellen vermutlich schneller übel als er Hancock sagen kann. Diejenigen, die sowas mögen und ein unerschütterliches Gleichgewichtsorgan haben, werden es sicher entsprechend genießen und schätzen können. Denn es sorgt definitiv dafür, dass Barry Seal auch handwerklich äußerst kurzweilig gerät. Ganz zu schweigen von den herrlichen Schauplätzen Mittelamerikas, die im Film den exotischen Rahmen für die Handlung liefern. Ebenso übrigens wie der bewusst im Vintage-Look gehaltene Film, dessen Farben unglaublich gelb sind und der das Wort Kontrastumfang oder Dynamik wohl nie gehört hat. Bei so viel Stilisierung wird es fast etwas langweilig, wenn man mal in einem US-Diner oder in den CIA-Büros dreht, die verhältnismäßig farbneutral geraten sind.
Doch selbst, wenn man dann für einen kurzen Moment ausschnaufen kann, dominiert ein brillanter Tom Cruise den Film. Man mag von ihm halten, was man möchte; zu seiner Scientology-Mitgliedschaft kritisch stehen und ihn deshalb als Mensch misstrauisch betrachten. Als Schauspieler aber wird er mit fortschreitendem Alter immer besser. Und das nicht nur in seinen Actionfilmen, die davon leben, dass er gerne sein eigenes Leben riskiert.
In Barry Seal – Made in America ist er aber noch mal leidenschaftlicher als zuletzt in M:I Rogue Nation oder Edge of Tomorrow (in denen er weiß Gott nicht mies war). Die Spielfreude, mit der er das schlitzohrige Vorbild aus dem realen Leben gibt, ist ihm in jeder Szene anzusehen – egal, ob er völlig durchgeschwitzt im mittelamerikanischen Dschungel die Drogenbarone davon überzeugen muss, dass sein Flugzeug nun mal keine Tonne Koks transportieren kann, oder ob er sich diebisch darüber freut, dass man ihm gleich einen ganzen Hangar schenkt.
Ebenfalls klasse ist Domhnall Gleeson als Monty Schafer. Auch wenn bezweifelt werden darf, dass der CIA-Mann ein derart lockerer Typ war. Im Zusammenspiel mit Cruise hat man hier aber den Eindruck, als hätten sich zwei gute Kumpels getroffen, um gemeinsam einen Film zu drehen. Sarah Wright fällt da leider die etwas undankbare Rolle der daheim bleibenden Ehefrau zu. Das macht sie allerdings durchaus selbstbewusst, was dem Film auch Raum für innerfamiliäre Konflikte gibt. Denn für Lucy reichte das Geld, das ihr Mann nach Hause brachte, alleine eben doch nicht aus. Ab und an wäre es ganz schön gewesen, wenn sich der ständig abwesende Mann mal um Kind, Kegel und Familie gekümmert hätte. Es darf Liman angerechnet werden, dass er nicht nur auf Gute Laune macht und auch die wenig erquicklichen Seiten von Seals Leben beleuchtet – und sei es nur das Problem, dass er irgendwann rein praktisch nicht mehr wusste, wohin mit der ganzen Kohle. Dass das Leben am Ende aber eben doch nicht dauerhaft eitel Sonnenschein und Party war, zeigt sich in der zweiten Hälfte von Barry Seal, in dem das Auftauchen der DEA und des wenig intelligenten Bruders von Lucy für Probleme sorgt. Und weil so viel illegale Schmugglerei sich irgendwann rächt, gerät der Lebemann am Ende zwischen die Fronten.
Bild- und Tonqualität BD
Barry Seal – Only in America spielt in den 70er und 80er Jahren. Und das soll man dem Film offenbar deutlich ansehen. Liman ließ es teils massiv filtern, was schon mal für bizarr gelbe Farben sorgt (13’20, 16’50). Dazu reißen Kontraste teils bewusst aus – gerade, wenn im Hintergrund heller Himmel zu sehen ist. Ohnehin ist das Bild in Tageslicht-Szenen arg hell, was eine Bilddynamik weitgehend in dunstig wirkendem milchigen Look erstickt. Während dieser stark stilisierten Einstellungen ist der Kontrast eher mäßig und Schwarztöne nehmen ebenfalls den gelblichen Ton an. Nach zirka einer halben Stunde mehren sich Szenen mit einer natürlichen Farbgebung, wie bspw. jene im Hangar bei Minute 38. Vornehmlich die Momente in den USA bleiben dann recht neutral, während Ausflüge nach Mittelamerika wiederum stark gefiltert werden. Das ist aus qualitativer Sicht nicht unbedingt schön, aber eben bewusst genutztes Stilmittel, das die Atmosphäre trägt und zumindest akkurat umgesetzt wurde. Die Schärfe ist leider ein weiterer Punkt, der nur mittelprächtig ausfällt. Selbst Close-ups leiden unter der sich ständig verändernden Kamera und die Gesichter geraten oft aus dem Fokus. Selbst relativ ruhige Einstellungen sind aber manchmal nicht knackig (47’26).
Akustisch freut sich das Herz bei Barry Seal, denn die 3D-Sound-Fassungen, die man aus den Kino-Vorführungen schon kennt (dort meist als Dolby Atmos), haben es bereits auf die Blu-ray geschafft – sowohl in Deutsch als auch in Englisch. Allerdings als dts:X-Variante.
Aktiv wird die obere Ebene erstmals nach zwei Minuten, wenn Barry im Cockpit der Passagiermaschine für ein paar „künstliche“ Turbulenzen sorgt. Man hört das Turbinengeräusch und leichtes Rumpeln aus der Höhe – ein guter Einstand. Vor allem deshalb, weil die reguläre Ebene ebenso mit zahlreichen Effekten bedient wird. Beispielsweise wenn Barry Monty beim ersten Ausflug mit der Propellermaschine fast den Schädel rasiert. Klasse, wie das Motorengeräusch urplötzlich hinten links auftaucht und hinter dem Zuschauer entlangfegt (8’11). Dazu gesellen sich allzeit gut verständliche und homogen eingefügte Dialoge und ein sehr lebhafter 70ies Soundtrack mit vielen Hits der Zeit. Großartig auch die Einschüsse in Barrys Maschine, wenn er Feindesland überfliegt. Hier fetzen die Projektile richtig direktional ins Cockpit und wenn ein größeres Kaliber einschlägt, werden auch wieder die Höhen-Lautsprecher aktiv (11’58). Danach ist eine Zeit lang etwas stiller im oberen Bereich. Doch wenn die Drogenbehörde mit ihren Jets auftaucht, rast mal wieder ein ziemlich fülliges Signal über die Heights (60’20). Aber selbst wenn’s obenrum mal stiller ist, ist ja die reguläre Ebenen noch aktiv. Und die bekommt beispielsweise nach 75 Minuten eine derart furztrockene Explosion, dass der Subwoofer vermutlich selbst überrascht ist, was gerade passiert ist. Einen der wuchtigsten Höhen-Effekte mit massivem Druck bekommt man dann nach fast 90 Minuten, wenn das grooooße Flugzeug von hinten anrauscht (86’17). Die Fairchild C-123 liefert in diesem und den folgenden Momenten brutal ab und vermittelt einen Eindruck von der Leistung, die hinter den Propellern lauert.
Bild- und Tonqualität UHD
Entgegen der Angaben auf dem Cover liegt die UHD allerdings NICHT in Dolby Vision vor!
Was sich bei der UHD grundsätzlich nicht ändert, ist die gelbstichige Färbung, die den Film in die 70er/80er verortet. Tatsächlich nimmt das noch ein kleinwenig zu, da der Kontrastumfang durch bessere Schwarzwerte und intensivere Übergänge höher ist und die Farbe noch deutlicher zur Geltung bringt. Der erweiterte Farbraum selbst bekommt nur wenig Gelegenheit, wirklich zu demonstrieren, dass er vorhanden ist. Gras und Bäume haben fast den gleichen Grünton und auch rote Details werden nur minimal kräftiger dargestellt. Um den schon auf der Blu-ray sehr körnigen Look weitestgehend nicht noch zu intensivieren, hat man über die UHD offenbar einen Filter gejagt. Denn viele Einstellungen von Gesichtern oder uniformen Flächen wirken sichtbar softer. Die Schärfe, so ehrlich muss man sein, ist damit vordergründig schwächer als über die BD. Schaut man sich Detailvergrößerungen an, sieht man die höhere Auflösung etwas. Sie sorgt dann für bessere Abgrenzungen und klarere Details – allerdings nicht in einem Maße, dass hier UHD-Referenzwerte erreicht werden. Der große Vorteil gegenüber der Blu-ray ist der höhere Kontrastumfang durch die erweiterte Bilddynamik. Der arg milchige Look der BD ist damit etwas minimiert und es macht insgesamt etwas mehr Spaß, den Film über die Ultra-HD zu schauen.
Dennoch: Schön ist das Bild nun wirklich nicht.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Barry Seal liegt komplett auf der Blu-ray vor. Hier finden sich zunächst sechs unveröffentlichte Szenen. Dazu gibt’s ein Gespräch zwischen Regisseur Liman und Darsteller Tom Cruise sowie ein Hinter-den-Kulissen-Featurette. Vier weitere Hintergrundberichte schließen sich an, von denen eines auch über den echten Barry Seal berichtet – inklusive Statements des jüngsten Sohnes Aaron. Sämtliche Featurettes sind mit vier bis sechs Minuten relativ kurz gehalten.
Fazit
Barry Seal – Only in America ist ebenso unterhaltsam wie rasant und profitiert von seinem blendend aufgelegten Hauptdarsteller. Die stilisierte Optik muss man mögen, allerdings vermittelt sie ein authentisches Flair.
Letzteres kommt über die UHD etwas kontraststärker, aber auch softer daher. Beiden Disks gleich ist der gelungene Sound, der die Höhenebene zwar nicht pausenlos beliefert, aber durchaus zupackt, wenn die vielen Flugszenen 3D-Tonunterstützung brauchen.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 65%
Bildqualität UHD: 65%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 85%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 70%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 50%
Film: 80%
Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Doug Liman
Darsteller: Tom Cruise, Jayma Mays, Domhnall Gleeson, Caleb Landry Jones, Jesse Plemons, Sarah Wright, Lola Kirke, Connor Trinneer
Tonformate BD/UHD: dts:X: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 115
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Nein (2K DI)
High Dynamic Range: HDR10
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots: © 2017 Universal Pictures. All Rights Reserved.)
Schade das im Test nicht darauf hingewiesen wird, das die 4K Scheibe überhaupt kein Dolby Vision enthält,
obwohl es auf dem Cover angegeben ist,
wahrscheinlich auch deshalb nur mit der Lupe zu finden.
mfg
H.G. Kuhn
Hallo Hans Günter.
Das liegt daran, dass ich nur die Anpressung hatte – also Disks ohne jegliches Cover. Ich musste mich also auf die Angabe des Verleihs verlassen, da ich zu dem Zeitpunkt auch noch keine DV-Kette zum Überprüfen hatte.
Habe es im Text aber nun entsprechend korrigiert.