Battle of the Sexes – Gegen jede Regel

Blu-ray Review

Battle of the Sexes - Gegen jede Regel Blu-ray Review Cover
20th Century Fox HE, 29.03.2018

OT: Battle of the Sexes

 


„Chauvinistenschwein gegen Emanze mit haarigen Beinen“

Großartig gespielter Film, der den Geschlechterkampf der 70er mit viel Humor würzt.

Inhalt

Für den 55-jährigen Ex-Profi-Tennisspieler Bobby Riggs haben Frauen auf dem Tennisplatz natürlich etwas zu suchen – und zwar als Ballmädchen. Ansonsten sieht er sie vor allem im Schlafzimmer und in der Küche. Ihm ist es ein ziemlicher Dorn im Auge, dass nun, im Jahre 1973, eine gewisse Billie Jean King nicht nur die größte Tennisspielerin der Welt ist, sondern auch noch eine von den Männern unabhängige Tour etablieren will. Eine Tour, in der Frauen nicht mehr 1.500$ Gewinnsumme bekommen sollen, während die Männer fast das Zehnfache absahnen. Zwar ist Riggs mittlerweile nur noch Senior-Spieler, doch er ist auch ein Gambler. Und dann hat er diese Publicity-Idee von dem Zweikampf zwischen ihm und Billie Jean; zwischen Macho und Emanze; zwischen Damentennis und Männertennis. Billie Jean, die sich gerade gegen alle Konventionen (immerhin ist sie verheiratet) in eine Frau verliebt hat, hält es für eine absurde Schnapsidee – bis ihr der Gedanke kommt, dass dieses Match ihrer „Mission“ mehr Rückenwind geben könnte als gedacht, sollte sie ihn wirklich schlagen …

Battle of the Sexes ist kaum gestartet und man ist sofort in den 70ern. Selbst das Fox-Logo änderte man auf aus der damaligen Zeit ab und dann geht’s weiter mit der Mode, dem Look und den Farben des Bildes. Der Zuschauer ist sofort drin in der Epoche, in der die Frauenbewegung auf ihrem Höhepunkt ankam und sich dies eben auch auf den Sport auswirkte. Heute wirkt es fast bizarr, dass Frauentennis derart belächelt wurde – immerhin leben wir in einer Zeit, in der (Vorsicht: Zynismus) sogar männliche Sportkommentatoren langsam Respekt vor Frauenfußball bekommen – und der hatte es noch mal schwerer.
So unglaublich wie es heute aber klingen mag: Hätte es nicht Billie Jean King und ihren Feldzug gegeben – wer weiß, ob die Damen im Tennis heute entsprechend hohe Summen verdienen könnten und in den Turnieren (fast) vollständig gleichberechtigt auftreten würden.
Basierend auf dem damals tatsächlich Battle of the Sexes betitelten Show-Event zwischen Billie Jean King und Bobby Riggs spinnt der gleichnamige Film nun eine Geschichte von Emanzipation, gleichgeschlechtlicher Liebe und – natürlich: Tennis. Getragen von wunderbaren Darstellern, ist Emma Stone absolut sensationell in ihrer Rolle. Nicht nur optisch verkörpert sie Billie Jean perfekt (und mit Mut zur hässlichen Brille), sondern vor allem ihr starkes Auftreten fesselt und sorgt gleichermaßen für Humor. Wenn sie Jack Kramer, den Organisator der Pacific South West Open in die Enge argumentiert und der bald keine Chance zu erklären mehr hat, warum Männer mehr verdienen sollten, dann weiß man nur eins nicht: Warum hat sie dafür keine Oscarnominierung erhalten? Vielleicht ist der Academy aber auch noch zu heiß, was der Film eben auch thematisiert: Liebe und Sex unter Frauen. Was hätte Battle of Sexes eine rohrkrepierende Aneinanderreihung von Klischees werden können: Frauenbewegung, Damentennis, Chauvinistischer Herausforderer, lesbische Liebe – die integrierten Themen laden geradezu dazu ein, ein stereotypes Bild zu zeichnen. Doch sie tun es nicht.

Zurück allerdings zur Liebe unter den Damen. Da Billie Jean (anders als der Film es darstellt) schon Ende der 60er ihre bisexuelle Neigung bemerkte,  ist das konsequenterweise integraler Bestandteil des Films. Und Stone spielt diese Szenen mit Andrea Riseborough intensiv und leidenschaftlich. Möglicherweise zu leidenschaftlich für eine Beachtung bei den doch sehr konservativen Herren der Academy.
Ebenso großartig wie Stone: Sarah Silverman als Tourmanagerin Gladys Heldman. Sie besorgt nicht nur lukrative Sponsorenverträge, sondern hält ihre gackernden Hühner auch mit reichlich Sarkasmus im Zaum. Man mag es kaum glauben: Selbst Nichtraucher werden sie mit ihren Slims in der Hand irgendwie sexy finden.
Tja, und dann ist da ja noch Steve Carell. Eben jener Schauspieler, mit dem Valerie Faris und Johnathan Dayton, das Regie-Paar von Battle of the Sexes, schon in großartigen Little Miss Sunshine zusammenarbeiteten. Carell gehört unbestritten zu den großartigsten Schauspielern der heutigen Generation, wenn es um den Spagat zwischen Komödie und Drama, um die Gratwanderung zwischen Humor und Tiefsinn geht. Keiner schafft es dermaßen charmant, aus einem chauvinistischen Ekel die sympathischen Züge herauszuarbeiten und sie im Anschluss verstärkt auf die Leinwand zu bringen. Weder kann man ihm für seine Chauvisprüche böse sein, noch für seine überhebliche Art, auf sein eigenes Spiel zu wetten, wenn er spätabends mit seinem jüngsten Sohn über die Sofas und Sessel balanciert, um sich vor unheimlichen Monstern und ätzendem Treibsand zu retten.
Und obwohl der Film zu Beginn der zweiten Hälfte etwas an Fahrt verliert und das eigentliche Tennismatch etwas zu kurz kommt, bleibt er inhaltlich nicht nur wichtig, sondern schauspielerisch herausragend. Spätestens nach 75 Minuten, wenn der Publicity-Showkampf der beiden Rivalen einsetzt, wird das Tempo wieder intensiviert und der verbale Schlagabtausch sorgt für zackige Einzeiler – ganz zu schweigen von Carells toller physischer Komik, wenn er mit Schwimmflossen und Regenschirm Showtennis spielt.
Und wenn dann die letzte halbe Stunde das Match zelebriert, sieht man in jeder (scheinbar nebensächlichen) Szene, wie wichtig dieses Event für die Gleichberechtigung nicht nur im Tennis gewesen ist.

Bild- und Tonqualität

Battle of the Sexes atmet die damalige Zeit aus all seinen Poren. Zwar ist das Bild überraschend wenig körnig, aber die Farben sind so dermaßen 70er, dass es kracht. Mit vehementen Gelb- und Braunfiltern wirkt die gesamte Szenerie wie die Stimmung beim Sonnenuntergang in Miami. Die Schärfe ist eher mittelmäßig und passt sich damit ebenfalls dem Look des dargestellten Jahrzehnts an – außerdem gibt’s Randunschärfen im unteren Bereich. Auf hellen Hintergründen zeigt sich dann doch ein leichtes Korn, das aber nie zu vehement wird. Der Kontrastumfang bleibt dauerhaft eher mittelmäßig. In vielen Szenen ist Schwarz nicht wirklich satt und erhält eine sichtbare Grünfärbung.
Akustisch dominiert die Front den Film. Nur in wenigen Soundtrack-Sequenzen wird es mal etwas räumlicher. Doch selbst diese sind vornehmlich auf den beiden Frontspeakern zu finden. Aus dem Center kommen die Dialoge, die Battle of Sexes sauber und akzentuiert wiedergibt. Während der dramatischeren Momente greift der Subwoofer mal ein wenig ins Geschehen ein, reißt aber auch keine Wurzeln aus.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial gibt es ein knapp 20-minütiges Making-of mit vielen Stimmen zur damaligen Zeit und natürlich Einblicken in die Arbeit auf dem Tennisplatz. Für diesen haben sowohl Carell als auch Stone viel geübt und trainiert. Dazu gibt’s filmisches Rohmaterial von Billie Jeans großem Auftritt und ein zehminütiges Interview mit der Tennispielerin selbst.

Fazit

30.472 Zuschauer saßen beim Battle of the Sexes im Stadion, 90 Millionen sahen das Match im Fernsehen – bis 2012 die größte Zuschauerzahl, die je ein Tennis-Spiel live in den USA erzielen konnte. Vor diesem Hintergrund erzählen Jonathan Dayton und Valerie Faris eine Geschichte von Gleichberechtigung im Tennis und wahren dabei zu jederzeit das Gleichgewicht aus Humor und Tiefgründigkeit – unbedingt sehenswert.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%

Anbieter: 20th Century Fox HE
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris
Darsteller: Emma Stone, Steve Carell, Andrea Riseborough, Natalie Morales, Sarah Silverman, Bill Pullman, Alan Cumming, Elisabeth Shue, Eric Christian Olsen, Fred Armisen, Martha MacIsaac, Mickey Sumner
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 121
Codec: AVC
FSK: 6

Trailer zu Battle of the Sexes

Battle of the Sexes - Gegen jede Regel | Offizieller Trailer | Deutsch HD German (2017)

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