Baymax – Riesiges Robowabohu

Blu-ray Review

Baymax - Riesiges Robowabohu Blu-ray Review Cover
Walt Disney, seit 11.06.2015

OT: Big Hero 6

 


Persönlicher Gesundheitsbegleiter

Disney macht nach Die Eiskönigin einfach mal alles anders.

Inhalt

Hiro ist 13, voll in der Pubertät und ein tüftelndes Roboter-Erfindungs-Genie. Mit seinen eigenen Kreationen räumt er jedes Mal auf den Hinterhof-Botfights ab, was ihm nicht nur Freunde einbringt. Wenn er mal wieder in der Patsche steckt, holt ihn sein fürsorglicher Bruder Tadashi da allerdings wieder raus. Immerhin sind beide Vollwaisen, bei ihrer Tante aufgewachsen und halten zusammen. Um Hiro ein wenig auf den richtigen Pfad zu bringen, nimmt er ihn Abends mit in die Uni, wo Tadashi gemeinsam mit seinen Freunden an den innovativsten Erfindungen der Menschheit arbeitet. Zwar fand Hiro bisher, dass sein Bruder ein hoffnungsloser Nerd ist, doch als er sich die ganzen coolen Gadgets anschaut, will er unbedingt auch an die Uni und unter dem legendären Professor Callahan arbeiten. Ein Wissenschaftswettbewerb, bei dem Hiro mit Mikrobots eine absolut revolutionäre Erfindung präsentiert, entscheidet über seine Zukunft – und tatsächlich: Callahan will Hiro aufnehmen. Doch auch der Großindustrielle Alistair Krei hat ein Interesse an den Mikrobots – vornehmlich finanzieller Natur. Hiro jedoch entscheidet sich für die Uni. Allerdings kommt es nicht so weit, denn ein Feuer zerstört die Mikrobots und kostet Tadashi das Leben. In tiefe Traurigkeit versunken findet Hiro einzig Trost bei der letzten Erfindung seines Bruders, einem Erste-Hilfe-Roboter namens Baymax. Und der bringt ihn durch Zufall auf eine Fährte, die viele Überraschungen und Abenteuer bereithält …

Unterschiedlicher hätte der Nachfolger für den Ultra-Blockbuster Die Eiskönigin kaum sein können. Was Disney nach dem zuckersüßen Märchen mit der Marvel-Comic-Adaption von Baymax – Riesiges Robowabohu abfackelt, ist ein Feuerwerk an Technik vor und hinter der Kamera. Ganz, ganz weit weg vom Märchenland ist der aktuelle Animationshit ein tief in der technischen Zukunft verankertes Werk, das zwar die universelle (und nicht gerade neue Geschichte) einer ungewöhnlichen Freundschaft erzählt, aber aufgrund seiner zahlreichen liebenswerten Figuren jedem Familienmitglied gefallen wird, kann und muss. Natürlich, und so ehrlich darf man ruhig sein, wäre Baymax nichts ohne … ähm … Baymax: Der knuddelige Marshmallow-Erste-Hilfe-Roboter, der mit dem naiven Charme eines Dreijährigen durch Hiros Leben tapst, ist einfach zu knuffig. Disney hat es mal wieder geschafft, eine unglaublich niedliche, liebenswürdige und witzige Figur zu erschaffen – wenngleich diese natürlich im zugrundeliegenden Marvel-Comic bereits angelegt ist. Allerdings hat der Hollywood-Gigant aus dem ursprünglich von Hiro als Bodyguard entwickelten Formwandler einen deutlich weicheren Typen mit Airbag-Charakter und grundgutem Wesen geschaffen. Wenn der etwas dickliche Roboter immer zunächst seine Umgebung abcheckt, um dann doch die halbe Bücherwand abzureißen oder wenn er im Klappfenster steckenbleibt und mit den Worten „Oh Nein“ erstmal Luft ablassen muss, um durchzupassen, dann ist das einfach so unglaublich witzig und süß zugleich, dass man sich den weißen Kerl augenblicklich als Hausmitbewohner wünscht.

Und auch wenn’s technisch albern ist, so ist es einfach köstlich mitanzusehen, wie Baymax aufgrund akuter Akkuschwäche das Verhalten eines Betrunkenen annimmt. Dazu gesellen sich mit den Nerd- und späteren Superheldenkollegen Fred, GoGo Tomago, Wasabi und Honey Lemon vier sehr individuelle Charaktere mit Wiedererkennungswert. Einzig der aufdringliche norddeutsche Dialekt von Wasabi (im Original von Daymon Wayans jr. gesprochen) nervt bisweilen. Diese scheinbar zwanghafte Integration irgendeines deutschen Dialekts in Animationsfilmen – gerade jenen aus dem Hause Disney – ist ohnehin ein Graus. Aber Schwamm drüber – und zwar spätestens während der sensationell animierten Actionszenen. Diese sind derart rasant inszeniert, dass einem die Spucke wegbleibt und seit Pixars Die Unglaublichen die schnellsten überhaupt. Schon die erste echte Actionsequenz, die Flucht von Hiro und Baymax vor den Mikrobots, ist ein Fest für Freunde des technisch perfekten Animationskinos. Dass Disney die Geschichte familienkompatibel absoftet, ist wenig überraschend, dass die Macher aber den Geist der Mangas integrierten, ist umso unerwarteter und macht den Film sogar für die sonst eher disneyscheuen Anime-Fans anschaubar. Dass Stan Lee als ehemaliger Marvel-Präsident einen Gastauftritt hat, ist natürlich Ehrensache, auch wenn er mit dem Original-Comic nicht wirklich viel am Hut hat. Seine Integration fällt zwar zunächst sehr statisch aus, ist dafür aber umso witziger.Erst Recht, wenn man bis zum Ende des Abspanns sitzen bleibt.

Bild- und Tonqualität

Alles andere als ein perfektes Bild ist bei einem Animationsstreifen aus dem Hause Disney nicht zu erwarten – und Baymax enttäuscht diese Erwartungshaltung zu keiner Zeit. Die Farben sind lebhaft, die Kontrastierung über jeden Zweifel erhaben und die Schärfe und Detailtiefe absolut herausragend und gleichmäßig. Selbstredend ist die Bildruhe ebenfalls absolut perfekt. Allein der von blühenden Kirschbäumen flankierte Straßenzug des Cafés von Tante Kess ist eine Augenweide (24’35). Über die Detailvielfalt in den Skulpturen der Minibots kann man nur staunen und das nächtliche San Fransokyo sieht einfach toll aus.
Akustisch gibt’s ebenfalls kaum etwas zu mäkeln. Ist der erste Botfight vielleicht noch etwas schwach an Informationen, dafür aber schon hinlänglich dynamisch, werden die Effektlautsprecher von da an kaum mehr in Ruhe gelassen. Es mag etwas an Tiefbass fehlen, doch die zahlreichen Sounds und direktionalen Effekte sowie die sehr gut integrierten Dialoge tun ihr Übriges zum Gelingen dazu. Gegenüber der sensationellen Vertonung von Die Unglaublichen muss Baymax allerdings Federn lassen.

Bonusmaterial

Neben dem obligatorischen Kurzfilm (in diesem Fall der oscarprämierte „Liebe geht durch den Magen“) warten vier zusätzliche Szenen, bzw. alternative Anfänge, die wahlweise kommentiert angeschaut werden können. Ein Klassiker aus dem Mickey-Maus-Repertoir ist ebenfalls zu entdecken und zwei Featurettes ergänzen das Extramaterial von Baymax. „Die Geschichte hinter der Geschichte“ läuft knapp 15 Minuten und wird von Baymax persönlich eingeleitet wird. Der persönliche Gesundheitsberater warnt vor Spoilern. Im Feature führt Jamie Thung, die Originalstimme von „Go Go“ durch die Enstehungsgeschichte des Films. In „Blick hinter die Kulissen: Die Animatoren“ treffen sich einige der Zeichner/Animatoren zu einem kleinen Stelldichein.

Fazit

Von Coming-of-Age zur Superheldengeschichte: Baymax – Riesiges Robowabohu ist perfekte Familienunterhaltung aus dem Hause Disney. Die Charaktere sind liebevoll und individuell, die Animation ist perfekt und Baymax selbst gehört schon jetzt zur Top Drei aller Disneyfiguren in abendfüllenden Spielfilmen überhaupt. Und, HEY: Es wird NICHT gesungen – das gibt gleich noch zehn Extraprozent obendrauf.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 100%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 50%
Film: 90%

Anbieter: Walt Disney Studios
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Don Hall, Chris Williams
Sprecher: Amadeus Strobl, Bastian Pastewka, Andreas Bourani, Nora Hütz, Daniel Zillmann, Maria Hönig
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts HD-High-Resolution 7.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 6

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2 Kommentare
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Pedro

„norddeutscher Dialekt“ …Autsch. Das ist Berliner Dialekt, sollte man aber wissen.