Blu-ray Review
OT: Benny Loves You
Knuddel mich
Wenn ein Plüschtier zum Killer wird …
Inhalt
Jack lebt trotz seines fortgeschrittenen Alters noch bei seinen Eltern. Wirklich erwachsen ist er nie geworden und obwohl er eine feste Anstellung in der Firma Toy Box hat, die cooles Spielzeug erfindet, steht er doch ganz unten in der Nahrungskette. Vor allem, weil sein Kollege Richard vor Kurzem ein ultracooles Roboterspielzeug erfunden hat, was ihm den Vorzug beim Chef ermöglicht und ihn höchstwahrscheinlich die Karriereleiter hinauf stolpern lassen wird. Derweil will sich Jack von seinen Eltern zum 35. Geburtstag verwöhnen lassen. Doch die Party platzt – und das fast im wahrsten Sinne des Wortes. Denn während Jack auf den Kuchen wartet ereignet sich ein äußerst bizarrer Unfall an dessen Ende Jack als Waise dasteht. Von nun an will er es wissen. Er will erwachsen werden und auch im Job weiter vorwärts kommen. Der erste Schritt dorthin ist, sich von seinen zahlreichen Plüschtieren zu verabschieden. Doch es gibt ein ganz besonders Besonderes unter ihnen. Jenes Plüschwesen, das Jack als Kind sogar an seiner Seite auf Bilder gemalt hat: Benny. Der treue Begleiter aus Kindheitstagen lässt sich das aber offenbar nicht gefallen und erwacht einfach mal zum Leben. Zunächst will er einfach weiter an Jacks Seite sein. Doch dann greift Benny ein, wenn sich Menschen feindselig gegenüber Jack verhalten. Und Benny greift mörderisch ein. Richtig mörderisch …
Kennt jemand die Sesamstraße? Falls ja, kennt ihr sicherlich Samson und Tiffy oder Ernie und Bert. Elmo hingegen ist hierzulande weniger ein Begriff, denn er ist ursprünglich vor allem im US-Ableger der TV-Show zu sehen gewesen. Das rote Monster mit orangefarbener Nase wurde bald auch als Spielzeugpuppe angeboten, die mit Vibrationsmotor und Sprachausgabe ausgestattet war. Den britischen Hobbyfilmer Karl Holt schien diese Puppe zu inspirieren, denn 2006 inszenierte er seinen Kurzfilm Eddie Loves You, bei dem ein Elmo nicht unähnliches Plüschtier Menschen attackierte. Der 25-minütige Horrorstreifen wurde vielfach ausgezeichnet, sodass Holt die Idee kam, das Ganze auf volle Spielfilmlänge auszudehnen. Einige Jahre sammelte er Geld (und Ideen) und begann 2014 mit den Dreharbeiten. Und weil man mit den hart erkämpften finanziellen Mitteln nicht um sich werfen konnte, drehte man im Haus des Freundes und beschäftigte noch gleich die halbe Familie Holt als Mit- und Zuarbeiter. Davon ab hat Karl Holt seinen Benny Loves You quasi im Alleingang realisiert. Als Autor, Regisseur, Kameramann, Cutter und Hauptdarsteller sparte er sich nicht nur das Geld für entsprechende Profis in den jeweiligen Rollen, sondern behielt die volle Kontrolle über sein Werk.
Und das ist am Ende eine überraschend schwungvolle Horror-Persiflage mit viel schwarzem Humor geworden. Holt nimmt seine Idee vom killenden Plüschtier zu keiner Zeit allzu ernst und lässt seine Protagonisten (und die Opfer) mitunter knietief im Blut waten. Zwar dauert es ein wenig, bis wirklich Schwung aufkommt, aber sobald Benny (wie der Plüschkerl nun heißt) mit seinem mörderischen Treiben beginnt, bleibt kaum ein Genrefan ohne Vollbedienung. Wenn man darüber hinwegsehen, bzw. -hören kann, dass die repetitiven Äußerungen des killenden Kinder-Teddys irgendwann nerven, ist es schon witzig, wie anarchisch und hemmungslos Regisseur Holt seinen Protagonisten auf die versammelten Opfer schickt. Irgendwo zwischen Chucky und Flat Eric bewegt sich Benny dabei und wirkt doch eigentlich so, als könne er keiner Fliege etwas zuleide tun. Vor allem dann, wenn er quietschfidel durch Jacks Wohnung hüpft.
Man sieht Benny Loves You natürlich an, dass er mit günstigen Mitteln produziert wurde. Das ist manchmal charmant, was beispielsweise die nicht ganz professionellen, aber liebenswürdigen Darsteller angeht. Manchmal ist es aber auch etwas ärgerlich, wenn man die zahlreichen CGI-Szenen anschaut, in denen wahlweise Blut und Eingeweide aus dem Rechner stammen oder Benny selbst sichtbar animiert wurde. Natürlich ist das heute günstiger und weniger zeitaufwändig als ausschließlich auf praktische Masken und (bspw.) eine Stop-Motion-Animation Bennys zu setzen, aber es ist halt auch sichtbar und wirkt billig.
Will man Holt das vorwerfen? Nein, will man nicht. Dafür ist Benny Loves You einfach zu charmant und man merkt ihm dauerhaft an, wie viel Leidenschaft sämtliche Beteiligten in die Dreharbeiten gesteckt haben. Das gilt trotz der teils etwas amateurhaft agierenden Schauspieler auch für die versammelte Darstellerriege. Denn was sie an Professionalität etwas vermissen lassen, machen sie mit beherztem Einsatz und extrovertiertem Spiel wieder wett. Das trifft neben Holt, der den Jack spielt, vor allem auch auf George Collie als Richard zu. Der strebsame Arbeitskollege wird von Collie mit Lust und Spaß am übertriebenen Spiel gegeben, auf dass ihn der Zuschauer mit entsprechender Leidenschaft zu verachten beginnt. Dass sich die eigentlich nette Kurzfilmidee nicht ganz über die 90 Minuten retten kann, liegt nicht an ihm und auch nicht an Holt selbst. Vielmehr bietet das Drehbuch einfach nicht genug Abwechslung und wiederholt sich in Summe einfach zu oft.
Bild- und Tonqualität
Benny Loves You ist digital gefilmt, was man jederzeit sehen kann. Zum Einsatz kamen RED-Kameras. Sämtliche Einstellungen – egal, ob bei guter Ausleuchtung oder im Dunklen – bleiben völlig rauschfrei. Tatsächlich aber auch etwas glatt und weitgehend texturarm. Die Schärfe liegt im mittleren Bereich und kann nur in Close-ups wirklich Details offenbaren. Dann sieht man aber durchaus sogar das Make-up der einen oder anderen Darstellerin. In Schwenks offenbaren sich schon mal leichte Unruhen auf Details (Dach bei 43’20, Wiese bei 48’00). Die Farben bleiben durchweg etwas blass, was sich auch auf die Kontrastdynamik niederschlägt, die maximal mittelprächtig erscheint. Insgesamt wirkt das Bild deshalb etwas flach und wenig dreidimensional. Immerhin ist aber die Durchzeichnung im Schwarz sehr gut und verschluckt keine Bildinhalte. Außerdem gibt’s bis auf ein paar ganz kurze Banding-Probleme auf uniformen Hintergründen keine anderweitigen Artefakte.
Akustisch gibt’s erstaunlicherweise richtig Zunder. Vor allem die zahlreichen Jumpscares, die Benny Loves You einstreut, wenn das Kuscheltierchen spontan zuschlägt, werden dynamisch wiedergegeben. Und das Gewittergrollen bei 47’15 ist gar so vehement, dass man sich kurz mal vergewissern muss, ob der Subwoofer nicht zufällig ein paar Dezibel zu laut eingepegelt wurde. Nimmt man die zahlreichen Momente, in denen der Ton schlagartig extreme Pegel fährt, nervt das auf Dauer allerdings auch ein bisschen, weil die Spreizung mitunter zu heftig ist. Erstaunlich ist die Sprachwiedergabe, die sehr gut ist und sämtliche Dialoge warm und voluminös sowie sehr gut verständlich wiedergibt. Was hingegen etwas unterbelichtet bleibt, sind die Surroundspeaker. Denn obwohl es immer wieder dynamisch wird, gibt’s nur selten mal direktionale Effekte. Hauptsächlich ist es der Score, der sich immer wieder auf die rückwärtigen Speaker legt und dort für etwas Räumlichkeit sorgt. Splattereffekte oder sonstige Sounds gibt’s von dort allerdings selten und es bleibt in aller Regel ein frontales Geschehen.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Benny Loves You bietet im Mediabook natürlich zunächst einmal das 24-seitige Booklet sowie ein Filmposter. Auf der Blu-ray wartet dann ein Audiokommentar von Karl Holt und John Bowe, dem zweiten Kameramann und Sounddesigner. Des Weiteren gibt’s 18 Minuten an entfernten Szenen, die wahlweise mit oder ohne Audiokommentar kommen. Das Behind the Scenes beginnt mit ersten Teambesprechungen im Jahre 2014 und begleitet von da an die Produktion in zahlreichen Schritten sehr hautnah. 90 Minuten schauen wir dem familiären Prozess der Filmwerdung zu, was eindrucksvoll zeigt, mit wie viel Leidenschaft und Spaß vor allem Karl Holt bei der Sache war. Neben der Korrespondenz mit den Darstellern gibt es aber auch kleinere Einblicke in die Arbeit an den praktischen Effekten – bis hin zur Prostetikarbeit der Make-up-Spezialisten. Final wurden noch diverse Trailer und Teaser integriert.
Fazit
Benny Loves You ist streng genommen kein herausragend guter Film. Aber er hat Herzblut und transportiert Leidenschaft. Und dafür darf man schon mal ein paar Pünktchen mehr verteilen. Karl Holt hat alleine aufgrund seiner Freude am Filmen das Potenzial zu einer neuen jungen Generation britischer Genre-Filmer zu werden.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 70%
Film: 60%
Anbieter: Pierrot Le Fou
Land/Jahr: GB 2014-’19
Regie: Karl Holt
Darsteller: Karl Holt, Claire Catwright, George Collie, James Parsons.
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Pierrot Le Fou)
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Trailer zu Benny Loves You
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.