Berkshire County

Blu-ray Review

Berkshire County - and you thought the wolf was bad Blu-ray Review Cover
Mad Dimension/AL!VE, seit 09.10.2015

OT: Berkshire County

 


Süßes oder Saures

Zuwachs im Subgenre des Home-Invasion-Horrors.

Inhalt

Kylie ist jüngst vom Schulmacho zum Blowjob gezwungen und danach zünftig vor allen Mitschülern bloßgestellt worden. Es könnte also besser für sie laufen. Dennoch nimmt sie einen Babysitter-Job draußen auf dem Land in Berkshire County an, während die Eltern auf einer Halloween-Party sind. Kylie hat die Kids gerade ins Bett gebracht, als es an der Tür klopft. Draußen stehen ein kleiner Junge mit Schweinsmaske, sowie ein ebenfalls maskierter Mann. Als Kylie mit ein paar Süßigkeiten anrückt, stellt plötzlich ein dritter Mann seinen Fuß in die Tür. Mit Mühe kann sie den Eindringling abwehren und das Portal wieder schließen – zunächst. Denn die Kerleverschaffen sich anderweitig Zugang und die per Handy gerufene Polizei lässt auf sich warten …

Der Home-Invasion-Thriller hat sich in den letzten Jahren recht effektiv zum packenden Subgenre entwickelt. Ausgehend vom Realhorror in Hanekes Funny Games über unbarmherzige Terrorfilme wie Kidnapped bis hin zu diesem kleinen Independentstreifen. Wenngleich Berkshire County nur teilweise unter das Prinzip des Hauseindringling-Musters fällt, gilt auch hier, dass der Film einen Großteil seiner Spannung durch die stimmungsvollen Aufnahmen im Haus bezieht. Noch dazu sorgt die ziemlich unangenehme Maskerade der Eindringlinge für schaurige Momente. Dazu nutzt die bisher nur durch Kurzfilme in Erscheinung getretene Regisseurin Audrey Cummings entweder eine bedrohliche, nur von zirpenden Grillen dominierte Stille oder aber einen pumpenden Synthie-Soundtrack, der von John Carpenter hätte stammen können. Außerdem geht’s schön dreckig zu und der Hauptbösewicht ist eine imposant-böse Erscheinung. Dass Berkshire County noch wie der typische High-School-Film beginnt, ist ein netter Kniff, denn deshalb bricht das Grauen dann umso nachhaltiger über Kylie (und den Zuschauer) herein. Auch der kontinuierliche Aufbau der Spannung gelingt. Wenn die Protagonistin sich zunächst noch vor den Eindringlingen versteckt halten kann und auf eigene Faust versucht, die Kinder aus deren Fängern zu befreien, dann ist das tatsächlich äußerst packend und versiert in Szene gesetzt. Und das, ohne zunächst allzu krass an der Blutschraube zu drehen. Gut 50 Minuten dauert es, bis das erste Mal der Lebenssaft fließt und grundsätzlich ziehlt Berkshire County nicht darauf ab, in möglichst drastischer und selbstzweckhafter Form auf Zuschauerfang zu gehen. Dennoch sei Kritik erlaubt: Während Kylie und die Kids sich erstaunlich authentisch benehmen, geraten die beiden Polizisten, die zuerst am Ort des Geschehens auftauchen, zu dämlichen Schießbudenfiguren. Ihr Verhalten steht so mit Sicherheit in keinem Lehrbuch für Tatortbegehungen und Annäherungen an mögliche Verbrecher. Dazu bleibt Berkshire County die Antwort auf die Hintergründe für die Täter vollkommen schuldig. Selbt wenn’s keinerlei Verbindung zwischen ihnen und Kylie gibt, so hätte man dennoch zeigen können, welche Motivation die Eindringlinge zu ihrem Verhalten führt – und sei es der pure Sadismus wie im eingangs erwähnten Funny Games.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Berkshire County ist zunächst mal eines: Ziemlich dunkel. Bei Kylies Ausflügen vor das Haus fällt es schwer, überhaupt ein Detail auszumachen. Fällt dann Licht auf ihr Gesicht, fällt der Kamera die Fokussierung schon mal etwas schwer. Auch die Farben wirken dann nicht mehr natürlich, sondern ein wenig überkontrastiert. Als kleiens Stilelement werden die Außenansichten des Schweinetransporters schon mal mit einem Zeitraffereffekt (man kann es auch Ruckeln nennen) belegt.
Akustisch sollte für Genrefans die englische Tonspur von Berkshire County erste Wahl sein, denn leider ist die Synchro durch ihre Amateursprecher nur bedingt gelungen und nimmt dem Film an sich bisweilen den Schrecken. Vor allem die weinerliche und brüchige Stimme der Hauptfigur nervt schnell. Auch die Organe der Kinder wirken unnatürlich und nicht homogen ins Geschehen eingebettet. Auf der englischen Tonspur gerät dies alles bedeutend harmonischer und authentischer. Gut gelungen und ausgewogen integriert präsentieren sich die Filmscore-Sequenzen. Dazu gesellen sich ein paar effektvolle Jump-Scares. Dynamische Wunder sollte man indes nicht erwarten.

Bonusmaterial

Abgesehen von einigen Programmtipps und dem Originaltrailer herrscht Ebbe im Bonusmaterial von Berkshire County.

Fazit

Berkshire County macht bis auf das unlogische Verhalten der Polizei in Sachen Story, Spannungsbogen und Stimmung alles richtig und gehört zu den gelungeneren Beiträgen des Home-Invasion-Subgenres der letzten Zeit. Schade, dass die deutsche Synchronisation den Unterhaltungsfaktor trübt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 55%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%

Anbieter: Mad Dimension/AL!VE
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Audrey Cummings
Darsteller: Alysa King (Kylie Winters), Madison Ferguson (Phoebe), Cristophe Gallander (Sam), Samora Smallwood (Roberta), Bart Rochon (Swine), Aaron Chartrand (Marcus), Leo Pady (Piglet), Robert Nolan (Glen Harrison)
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 83
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)