Blu-ray Review
OT: Big Pacific
Geheimnisvoller, gewaltsam, gierig und leidenschaftlich
Dokumentation über den gigantischen Lebensraum Pazifik
Inhalt
Der Pazifik bedeckt gut ein Drittel unseres Heimatplaneten, ist damit größer als alle Landmassen zusammen und beherbergt über die Hälfte des weltweiten Wasservorkommens. Während wir mittlerweile ganz gut über das Weltall bescheid wissen, das uns unmittelbar umgibt, sind die Ozeane indes immer noch verhältnismäßig unerforscht. Das Produktionsteam von NHNZ (ehemals: Natural History New Zealand) hat sich zwischen den Jahren 2013 und 2017 vier Jahre lang mit mehreren Teams daran gemacht, ein paar der Geheimnisse zu lüften und die Artenvielfalt und beeindruckende Schönheit der Tiefe mit 4K-Kameras festzuhalten. Man bereiste insgesamt 77 verschiedene Locations, um in vier Episoden die geheimnisvollen, gewaltsamen, gierigen und leidenschaftlichen Aspekte des Pazifiks heraus zu stellen.
Episode I kümmert sich dabei in der Tat um die Geheimnisse des Ozeans – gelöste und ungelöste. Von der (ungeklärten) Frage, warum eine Vielzahl an Haien alljährlich zu einer Vulkaninsel vor Kolumbien anreisen bis zur (geklärten) Frage nach den unglaublichen Sandmustern, die ein 8cm! kleiner Kugelfisch in tagelanger Arbeit zum Anlocken seiner Herzdame anfertigt. Was für eine gigantische Arbeit, der kleine Kerl da auf sich nimmt, um eine Partnerin zu finden, ist schlicht unglaublich.
Die zweite Folge folgt dann vor allem den großen und kleinen Räubern des Pazifiks und zeigt die „brutale“ Seite des Ozeans. Von den heftigen Kämpfen, die sich 40 Tonnen schwere Buckelwal-Bullen um die paarungswilligen Weibchen liefern, bis zu den Vulkanen entlang des Feuerrings der Pazifischen Platte. Hier geht’s für die jüngeren Zuschauer schon mal ein bisschen heftig zu – man sei also gewarnt.
Aber auch die Atomwaffen-Tests im Bikini-Atoll werden angesprochen. Insgesamt 23 Atombomben ließ man dort hochgehen und das nur, um deren Auswirkungen zu beobachten. Auch heute noch sieht man die dadurch entstandenen Meereskrater vom All aus.
Episode Drei steht unter dem Titel „Der gierige Ozean“. Damit meint Big Pacific vor allem das Thema „Fressen und gefressen werden“. Vom größten Bewohner der Erde, dem Blauwal, der Millionen von kleinen Krill-Lebewesen verspeisen muss, um sein Gewicht von bis zu 200 Tonnen halten zu können, bis hin zur Nomura-Qualle, die von Stecknadelgröße innerhalb von sechs Monaten zur Größe eines ausgewachsenen Menschen mit dem Gewicht eines Löwen heranwächst und dafür praktisch pausenlos Nahrung konsumieren muss.
Fantastisch gerade die Aufnahmen des Blauwals, wenn er „mal eben“ die Wassermenge seines eigenen Körpergewichts (also eben jene 200 Tonnen) schluckt, um daraus das Krill zu filtern. Aufgepumpt wie ein gigantischer Kugelfisch gleitet er dann durchs Meer.
In der finalen Folge „Der leidenschaftliche Ozean“ gibt es erstmals spektakuläre Aufnahmen paarungswilliger Weißer Haie – freilich nachdem man einige Szenen ihrer Jagd auf Seehunde gezeigt bekommt – auch hier zeigt der Ozean noch mal seine brutalere Seite. Es geht also vornehmlich um die Fortpflanzung der Meerestiere. Wobei nicht nur die großen Haie gezeigt werden, sondern auch Seepferdchen, neuseeländische Gelbaugen-Pinguine oder das spektakuläre Ablaichen der Grunions an Land! vor der mexikanischen Küste.
Big Pacific spart nicht mit beeindruckenden Aufnahmen und ist alles andere als billig produziert. Fast schon beiläufig wirken Bilder eines gigantischen Walhais, weil die Ansammlung spektakulärer Szenen derart groß ist, das Highlights fast unterzugehen drohen. Dennoch sind Aufnahmen hunderter Hammerhaie gegen das Licht der Sonne auch hier noch unglaublich beeindruckend.
Bild- und Tonqualität BD
Schon die Blu-ray des in 4K gefilmten Big Pacific punktet mit kontrastreichen Farben und in den hellen Außenaufnahmen mit hoher Laufruhe (Pfeilschwanzkrebse 17’10). Und das trotz der Tatsache, dass die BD in 1080i/25, also interlaced im Halbbildverfahren vorliegt.
Geht es unter Wasser, nimmt die Körnung aufgrund der (vermutlich) höheren ISO-Werte zwar zu, überspielt aber dennoch nur ganz dezent die feine Sandkörnung, die der Kugelfisch unter sich zu einem Kunstwerk anhäuft (Episode 1, 13’12). Totale und Kameraflüge mit Drohnen sind teilweise wunderbar anzusehen und gerade zur blauen Stunde locken sie mit famosen Kontrasten (Episode 1, 29’52). Eingedenk der Tatsache, dass sich auf der Blu-ray bereits 172 Minuten an Film und 50 Minuten an Bonusmaterial zu finden sind, bleiben schlimmere Kompressionsartefakte überraschenderweise weitgehend aus. Selbst Banding-Probleme gibt es in den schwierigen Unterwasser-Aufnahmen nur ganz hauchzarte (Episode 3, 9’54). Bei einer Datenrate von „nur“ ~18Mbps (was im Schnitt nicht sonderlich viel ist) ist die Bildqualität deshalb erstaunlich gut geraten. Allerdings ist sie auch eine Prüfung für jeden De-Interlacer. Denn gerade bei den bewegten Bildern aus der Luft und lebhaften Luftbläschen unter Wasser kann man stets die Probleme des Zusammenfügens der zwei Halbbilder erkennen.
Der Ton von Big Pacific bleibt qualitativ etwas hinter dem Bild zurück. Er liegt nur in Stereo vor – übrigens entgegen der Information auf der Hülle für beide Sprachen nicht in Dolby Digital 2.0, sondern in dts-HD-Master Stereo. Dieser läuft dann immerhin mi einer Datenrate von 1.5 Mbps und klingt annehmbar. Die Erzählstimme ragt deutlich heraus, die Filmmusik bleibt dezent im Hintergrund. Der ruhige und sehr sanfte Originalsprache-Kommentar von Daniel Dae Kim (LOST, Hawaii Five-O) wird im Deutschen durch eine ebenfalls angenehme weibliche Stimme ersetzt. Auch sie schildert gut verständlich und sachlich die Geschehnisse. Vielleicht wirkt die deutsche Fassung dabei etwas nüchterner. Leider gibt’s für den O-Ton aber keine Untertitel. Druckvoll oder (stereo)räumlich wird der 2.0-Ton zu keiner Zeit. Hier wäre mit einer 5.1-Abmischung wesentlich mehr drin gewesen.
Bild- und Tonqualität UHD
Big Pacific wurde (sieht man vom Archivmaterial ab), wie oben erwähnt, in 4K aufgenommen. Meist kamen hier RED-Kameras zum Einsatz.
Entgegen der allermeisten Filmtitel kommt die Dokumentation allerdings ohne HDR oder erweiterten Farbraum daher. Abgelegt wurde demnach der Standard-Rec.709-Farbraum mit SDR. In Sachen Farb- und Kontrastdynamik sollte man hier also keinen Vorteil von der UHD erwarten. Vielmehr geht es hier um die höhere native Auflösung sowie um die wesentlich bessere Datenrate der Disk.
Die Tripple-Layer-100GB-Scheibe wird inkl. der beiden Tonspuren und dem 50-minütigen Bonus mit 90GB Daten fast komplett ausgenutzt. Die Datenrate liegt im Schnitt bei 35-40Mbps, schnellt bei Bildwechseln aber auch schon mal auf 200Mbps! hoch (man suche derartige Datendurchsätze mal bei Streaming-Anbietern). Im Gegensatz zur BD liegt sie in 25p vor, was sich in sämtlichen Bewegtbildern und Totalen bemerkbar macht. Zwar wackeln die Drohnen-Aufnahmen immer wieder etwas (ein typisches Phänomen von Drohnenkameras), doch De-Interlacing-Artefakte sind hier natürlich nicht zu befürchten.
Die leichten Unruhen beim Anflug auf die Marschall-Inseln (Episode 3, 14’10), das dezente Wuseln in den Baumwipfeln, hängt eher mit den sehr feinen Details aus der Höhe zusammen. Die Meeres-Gischt und die Felsbrocken am Strand zeichnen sich dagegen mit fantastischer Dreidimensionalität ab. Auch Details auf der Haut oder den Panzern von Fischen oder Krustentieren werden sichtbar plastischer dargestellt als über die Blu-ray. Absolut klasse bspw. bei den von der Muräne gejagten Krabben in Episode 3 (16’02) oder auch bei den Panzern der Galapagos-Schildkröten (Ep. 3, 34’10) und der Meeresoberfläche in Episode 4 (2’22). Gerade in Bewegung ist die UHD der Blu-ray sichtbar überlegen.
Bonusmaterial
Im 52-minütigen Bonus-Hintergrundmaterial erfahren wir wesentlich mehr über die Arbeit vor Ort und an den 77 Drehorten. Wenn man den Machern und ihren Scouts bei der Arbeit zuschaut, ist das fast noch spannender als die Doku an sich. Und natürlich gibt’s noch mehr Material von den Hauptdarstellern – den Tieren der Unterwasserwelt. Außerdem bekommt man einen wirklich intensiven Eindruck davon, wie viel Geduld, Zeit und Akribie nötig war, um auch nur einen brauchbaren Schuss von Vögel jagenden Schlangen zu bekommen. Stellvertretend für die vielen Aufnahmen, die im Film so spielerisch wirken, in Wahrheit aber mit unglaublich viel Wartezeit verbunden waren – und mit Gefahren. Denn das stellt dieses Making-of ebenfalls heraus.
Besonders aufregend wird es, als sie einen Kollegen suchen, der in der Nacht eine vermisste Drohne wiederfinden wollte. Besonders wütend machen Szenen, in denen lokale Fischer für eine Handvoll Beute ein kleines Riff mit Unterwasser-Explosionen dem Erdboden gleiche machen.
Fazit
Big Pacific gehört zu den spektakulärsten Unterwasser-Dokumentationen. Selbst wenn auch nach diesen drei Stunden lange nicht alle Mysterien des Pazifiks ergründet sind, hat der Zuschauer einen tiefen Einblick in die Verhaltensweisen der dort beheimateten Lebewesen erhalten – vom gigantischen Blauwal bis zu winzigen Seepferdchen-Jungen.
Die UHD liefert dazu ein in weiten Teilen extrem knackig-scharfes 4K-Bild, allerdings ohne HDR, erweiterten Farbraum oder Surround-Sound.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 80%
Bildqualität UHD: 90%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 60%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 60%
Film: 80%
Anbieter: Studio Hamburg Enterprises
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Craig Meade, John Cullum, Andrew Murray
Sprecher: Daniel Dae Kim
Tonformate BD/UHD: dts-HD Master 2.0: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 172
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-100
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: Nein (SDR/BT.709)
FSK: 0
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Studio Hamburg Enterprises)