Bilitis 4K UHD

Blu-ray Review

Capelight Pictures, 21.04.2023
Capelight Pictures, 21.04.2023

OT: Bilitis

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Kunst oder Pornografie?

David Hamiltons Erotik-Klassiker erfährt eine späte Wiedergeburt in 4K.

Inhalt

Bilitis erinnert sich

Bilitis hat das Schuljahr erfolgreich beendet und wird für die Zeit der Schulferien von der älteren Melissa, einer Freundin ihres Vaters, aus dem Internat geholt. Zur gleichen Zeit scheint sie sich in den Fotografen Lucas zu verlieben, lässt ihn jedoch nicht an sich heran. Im Haus von Melissa und ihrem Mann kommen sich die zwei Frauen näher und entwickeln bald ein erotisches Interesse füreinander. Da Bilitis mitbekommt, dass Melissas Mann ihr sexuelle Gewalt antut, beginnt sie, für ihre neue Freundin einen anderen Partner zu suchen. Nachdem Melissa das lesbische Intermezzo mit Bilitis beendet, beschließt das Mädchen, doch noch eine Weile mit dem Frauwerden zu warten …

Bilitis findet Fotograf Lucas spannend

David Hamilton gehört zu den wohl berühmtesten Namen, wenn es um das Sujet der Fotografie geht. Selbst denjenigen, die selbst kein gesteigertes Interesse am Festhalten von Momenten und Ereignissen durch die Linse einer Kamera haben, dürfte der Name schon mal begegnet sein. Geboren 1933 in London begann er in seinen jungen 20ern als Grafikdesigner für die Elle in Paris zu arbeiten. Nach einer kurzen Station in seiner Geburtsstadt kehrte er in die französische Hauptstadt zurück und arbeitete dort als Art Director für die legendäre Warenhauskette Printemps. Während dieser Zeit begann er mit der kommerziellen Fotografie und wurde aufgrund seines unverwechselbaren Stils schnell von allen möglichen Zeitschriften gebucht. Spätestens in den 60ern zierte praktisch jedes seiner Fotos der typisch pastellfarbene, neblige und softe Look, den man bald als Hamilton Blur bezeichnete. Da er als Motiv nicht selten sehr junge Teenagermädchen wählte und diese entsprechend nackt abbildete, wurden seine Arbeiten immer wieder sehr kontrovers aufgefasst. Der Vorwurf der Kinderpornografie lag nicht selten in der Luft und in der heutigen Zeit wären Aufnahmen dieser Art nicht mehr möglich. Als er 1977 seinen ersten abendfüllenden Spielfilm inszenierte, erlernten seine Fotografien praktisch das Laufen. Denn Bilitis ist nichts anderes als genau das: 90 Minuten lang 24 Bilder pro Sekunde, die allesamt auch als Einzelaufnahme in Zeitungen oder Ausstellungen hätten publiziert werden können. Gefilmt im identischen Weichzeichner-Look und ausschließlich mit Pastellfarben versehen, muss man inhaltlich schon sehr genau hinsehen, um so etwas wie eine Story zu erkennen. Mit viel Wohlwollen ist es eine Art Coming-of-Age-Geschichte, die aber lediglich als Vehikel dient, die partizipierenden Frauen und Mädchen nackt vor der Kamera zu zeigen.

Hamiltons Film zeigt viel Haut

Dabei ist es keineswegs ein Einzelfall, dass ein Fotograf einen Erotikfilm inszenierte – schon gar nicht in den 70ern, in denen das Genre des erotischen Films seine Hochzeit erlebte. Angefangen bei den deutschen Schulmädchen-Reports über die Sexploitation-Werke eines Jess Franco bis hin zu den zahlreichen Emmanuelle-Beiträgen, boomte die nackte Haut in den Kinos. Just Jaeckin, der den ersten Emmanuelle gedreht hatte, war zuvor ebenfalls ein erfolgreicher Modefotograf, um die angesprochene Parallele zu Hamilton aufzugreifen. Wie sehr sich die Zeiten aber seit den 70ern geändert haben, zeigt sich im Falle von Hamilton eindrücklich. Während seine Fotos von nackten Teenagerinnen damals als Poster in den Zimmern hingen, würden Erwachsene, die heutzutage ähnliche Bilder auf ihren Festplatten haben, schnell in zweifelhaften Ruf oder (zurecht) in Schlimmeres geraten. Für Bilitis gilt im gleichen Maße wie für Hamiltons Bilder, dass man ihn/sie als Produkt seiner/ihrer Zeit bewerten muss. Denn während die beiden Hauptdarstellerinnen zum Zeitpunkt des Drehs erwachsen waren, ist das bei den nackten Schülerinnen, die der Regisseur hier zu Beginn in Großaufnahme zeigt, nicht durch die Bank zu behaupten (wenn überhaupt). Die Art und Weise, wie Hamilton teilweise lediglich die Unterkörper der Mädchen filmt, hat erst Recht ein „G’schmäckle“, wenn man sich vor Augen führt, dass es ab dem Oktober 2016 gleich mehrfach Anschuldigungen von Frauen gab, die angaben, dass der Fotograf/Regisseur diese als Minderjährige missbraucht hatte. Im Falle der RTL-Moderatorin Flavie Flament war sie bei dem Übergriff damals gerade 13 Jahre alt. Einen Monat nachdem dies ans Licht kam, meldeten sich anonym weitere Frauen, die Hamilton das Gleiche vorwarfen. Eine Woche später fand man Hamilton leblos in seiner Wohnung – vermutlich selbst getötet durch Erstickung. Gab er früher an, seine Leidenschaft für das Fotografieren junger Teenagermädchen wären die klassischen Gemälde solcher Künstler wie Balthus gewesen, die ebenfalls sehr junge Frauen und Mädchen in teils provokanter Weise abbildeten, kann nach all dem, was später passierte, nicht mehr ausgeschlossen werden, dass der Fotograf und Regisseur schlicht ein ernsthaftes sexuell indiziertes Problem hatte.

Theateraufführung

Die 70er aber waren anders. In den 70ern machte sich eine sexuelle Freizügigkeit und Revolution auf den Weg, die von den 68ern geprägt war und die bewusst provokant durch sämtliche Kulturbereiche und Medien ging. Was heute allenthalben kritisiert wird (die zu frühe Aufklärung und Konfrontation der Kinder mit Sexualität), war in den 70ern erklärter Teil der Gesellschaft. Man wollte den Teenagern ein Recht auf Sexualität zugestehen. Und vor dem Hintergrund dieser Zeit erscheinen die Arbeiten von Hamilton – und damit eben auch Bilitis – in einem anderen Licht.
Ist noch etwas? Ach ja, der Film: Runtergebrochen auf die extrem dünne Geschichte und kondensiert auf einen (zugegeben zugespitzten) Satz: Kitschiger Coming-of-Age-Trash, der nur aufgrund seiner (voyeuristischen) Bilder und dem Filmsoundtrack Interesse erzeugt. Man muss dem Film zugute halten, dass die Figur der Bilitis mitunter emanzipiert agiert und nicht einfach zum Lustobjekt degradiert wird. Der Coming-of-Age-Charakter des Films wird durch die Unsicherheit der Hauptfigur zumindest visuell und in den Aktionen deutlich. Die damals 26-jährige Patty D’arbanville (die übrigens mal mit Cat Stevens verbandelt war und ihn zu dessen Lady D’arbanville inspirierte) geht locker als 17-jährige durch und ist in der Rolle glaubwürdig – unabhängig von Dialogen, die aus heutiger Sicht eher Fremdscham erzeugen. Dass sämtliche Erotikszenen ziemlich ungelenk wirken und selbst Küsse kaum authentisch erscheinen, ist Genrefilmen der damaligen Zeit durchaus nicht fremd, sodass sich Bilitis hier einfach dem Zeitgeschehen anpasst.

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Format: Blu-ray
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Erscheinungstermin: Fri, 21 Apr 2023
  • Die sinnlich-erotische Coming-of-Age-Geschichte von Kunstfotografen David Hamilton - ein Meisterwerk und Meilenstein des erotischen Films.
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Bild- und Tonqualität BD

Ein Mann für Melissa?

Die (soweit mir bekannt) letzte Blu-ray von Bilitis kam von Busch Media und ist aus dem Jahr 2014. Sie ging mit dem Weichzeichner-Look allerdings nicht sonderlich behutsam um. Zunächst sollte man wissen, dass der Softener-Effekt bereits durch die Filterung während des Drehs geschah, um den typischen „Hamilton-Blur“ zu erzeugen. Wer sich also wundert (weil er’s nicht besser weiß), dass hier alles so unscharf wirkt, der weiß jetzt, warum das so ist. Diese Softheit/Unschärfe kann und sollte man der Blu-ray also nicht vorwerfen. Doch das heißt nicht, dass man alles entschuldigen muss. Denn die BD ist durchweg zusätzlich rauschgefiltert worden. Man sollte nicht vergessen, dass hier immerhin auf 35 mm Filmmaterial analog gedreht wurde. Und Filmmaterial hat Körnung – Weichzeichner-Look hin oder her. Dieses Korn sucht man auf der Blu-ray allerdings nahezu vergeblich. Beinahe sämtliche Oberflächen verlieren ihre Zeichnung aufgrund der Filterung. Und in Randbereichen von bewegten Objekten sieht man sehr gut, wie diese Objekte von einem ganz besonders soften Rahmen umschwirrt werden, der offenbart, wie die Filterung hier auf Bewegtobjekte reagiert (rund ums Moped ab 10’08). Auch Hautoberflächen verlieren ihre Zeichnung in Bewegung mitunter komplett. Ab und an scheitert der Rauschfilter auch an feinen Details wie dem Spitzenmuster auf dem Nachthemd bei 0’27. Dort setzt es ganz besonders unschöne Artefakte. Ebenso auf dem Gesicht kurze Zeit später, wo sich Filmrauschen und Rauschfilter zu fiesen Moskitoschwärmen zusammentun. Doch der Filter greift nicht allüberall. Er scheitert kläglich auf den Highlights, die mitunter zahlreich vorhanden sind. Die hell strahlenden Oberflächen auf Kleidern oder Sonnenreflexionen auf der Haut rauschen extrem und clippen zudem auch auf den besonders hellen Stellen (bspw. bei 3’38) – kein sonderlich schöner oder homogener Eindruck. Ebenfalls nicht sehr gelungen ist die Durchzeichnung auf dunklen Oberflächen. Hier versumpfen immer mal wieder Details. Die bewusst pastelligen Farben werden den 70ern entsprechend dafür recht authentisch eingefangen – sieht man von den extrem unscharfen, arg verwachsenen Szenen unter dem orangeroten bis rosafarbenen Zeltdach bei 30’08 ab. Spannend natürlich an dieser Stelle, ob sich die neue Blu-ray von Capelight hier von der alten Scheibe absetzen, bzw. unterscheiden kann. Tatsächlich tut sie das genau in einem Punkt: In der Körnung, bzw. deren flächiger Sichtbarkeit. War die alte BD nur auf den Highlights körnig und ansonsten gefiltert, ist die neue Blu-ray über die gesamte Bildfläche sichtbar von Korn durchzogen. Allerdings in Summe noch mal heftiger als es die alte Blu-ray auf den Highlights offenbarte. Und das sieht in Summe nicht ganz natürlich aus. Ja, Körnung ist analogem Material immanent und darf auch als solche dargestellt werden. Rauschgefilterte Blu-rays sind vielen Heimkino-Enthusiasten ein Dorn im Auge. Aber ob der Film in der Tat seinerzeit dermaßen körnig im Kino gezeigt wurde …? Schaut man sich den direkten Vergleich mit der alten Blu-ray von 2014 an, so zeigt sich zudem eine ganz besondere Gemeinsamkeit: Das Framing ist absolut identisch. Und zwar wirklich absolut identisch. Auch die Farbgebung unterscheidet sich keinen Deut von der alten Blu-ray. Lediglich die durchweg vorhandene Körnung differenziert die alte 2014er Blu-ray von Busch Media von jener, die Capelight hier beigelegt hat. In der Folge einige Screenshots, die zeigen, wie identisch das Framing ist und wie unterschiedlich sich die Körnung darstellt.

Blu-ray alt (3’33): (Slider ganz nach rechts): Die alte Blu-ray war deutlich gefiltert, zeigte Körnung nur auf den Highlights und dort meist ausgeblasen und geclippt.
Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue Blu-ray ist homogener körnig, das dann allerdings auch noch stärker. Ansonsten gleicht sich das Bild praktisch komplett.

Blu-ray alt (4’09): (Slider ganz nach rechts): Auch hier gut zu sehen: Körnung nur auf dem hellen Kleid.
Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue BD zeigt das Korn/Rauschen überall, weist ansonsten identische Farben und Kontraste auf.

Blu-ray alt (12’48): (Slider ganz nach rechts): Auch im Dunkeln:
Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Bis auf die Körnung kein Unterschied zur Busch-Media-Disk.

Blu-ray alt (16’38): (Slider ganz nach rechts): Auf den uniformen Oberflächen wird es besonders deutlich:
Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue BD rauscht hier durchgehend, wo die alte gefiltert war.

Blu-ray alt (16’38): (Slider ganz nach rechts): Geht man näher ran …
Blu-ray neu (Slider ganz nach links): … ist da nicht wirklich mehr Auflösung.

Blu-ray alt (30’08): (Slider ganz nach rechts): Zwei Vergleichsbilder, die noch einmal zeigen:
Blu-ray neu (Slider ganz nach links): Die neue Blu-ray ist bis auf die Körnung in Farben und Kontrast identisch.

Blu-ray alt (71’11): (Slider ganz nach rechts):
Blu-ray neu (Slider ganz nach links):

Melissas Ehe ist eine Farce

Die Busch Media Blu-ray lieferte den Ton seinerzeit als DTS-HD-Master-2.0-Mono-Fassung aus und die klang wirklich nicht gut. Die Dialoge klingen komprimiert, leiden unter Quietschen sowie immer wieder schwankender Lautstärke (15’16) – das klingt manchmal wie durch ein frühes Digitaltelefon gesprochen oder von einem Anrufbeantworter abgehört. Dazu ist die Synchro der Mädchen sehr spitz und in den S-Lauten teils unangenehm. Schwankungen sind fast permanent gegenwärtig. Bei 14’30 setzt die Musik nach (mach die Augen zu) ein, geht dann aber in Filterungen oder den Auswirkungen von zig Umkopierungen fast unter. Man hört nur einzelne Töne des Klaviers und erst nach und nach etwas deutlicher die Klänge. Die Capelight Blu-ray (und UHD Blu-ray) nutzt nun zwar eine andere Codierung (PCM statt DTS-HD-Master), klingt aber nicht besser. Eher im Gegenteil. Hört man etwas lauter ab, nimmt man wahr, dass das auf der Busch Media Disk noch vorhandene Rauschen hier nochmals gefiltert zu sein scheint. Dadurch stehen gesprochen Sätze stärker isoliert und von den Umgebungsgeräuschen etwas isolierter da, was sie mitunter etwas harscher klingen lässt. Wer den direkten Vergleich nicht hat, wird das ohnehin nicht hören und zu den besseren Tonspuren wird Bilitis ohnehin nicht zählen. Fraglich, ob man hier in den Archiven theoretisch etwas Besseres finden würden. Zumal selbst der französische O-Ton nur etwas harmonischer klingt und die offeneren Dialoge hat. Auch der hat allerdings eine starke Neigung zum Zischeln und ist alles andere als mustergültig.

Preis: 12,99 €
(Stand von: 2024/09/24 10:49 pm - Details
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Format: Blu-ray
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Erscheinungstermin: Fri, 21 Apr 2023
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Bild- und Tonqualität UHD

Kitsch as Kitsch can

Kameramann Bernard Daillencourt, der dem Erotik-Genre auch nach Bilitis treu blieb, hat Hamiltons Vision seinerzeit selbstverständlich analog gefilmt. Ausgehend davon hat es mal einen 4K-Scan gegeben, von dem aber niemand so genau weiß, wann er erstellt wurde. Erstmalig geworben wurden mit diesem bei der Veröffentlichung der Fun City Edition Blu-ray von Vinegar Syndrome. Doch ob der 4K-Scan explizit für diese Veröffentlichung aus dem letzten Jahr angefertigt wurde, ist nicht bekannt. Capelight spendierte letztlich noch HDR10 und HDR10+ als Gradings, sowie einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Die Frage, die man sich aber durchaus stellen darf: Ist Hamiltons Film nicht eher ein Werk, das wenig HDR-tauglich ist? Dazu später mehr. Schaut man sich die 4K-Disk zunächst im Vergleich zur neuen Blu-ray an, so fällt eine Sache sofort auf: Die deutlich geringere Körnung – dieses Mal (im Gegensatz zur alten Blu-ray von Busch Media) aber konsequent und homogen, da auch die Highlights nicht rauschen. Tatsächlich sehen diese über die HDR-Scheibe kräftiger als über beide Blu-rays. Dennoch: Wer dachte, dass die Körnung hier ebenso deutlich zutage treten würde wie bei der neuen Blu-ray, der sieht sich eines Besseren belehrt. Schaut man etwas genauer hin, sieht man überdies noch eine andere Sache: Das Framing ist zwar weitgehend identisch, aber das Bild wirkt ein klein wenig mehr in der Horizontalen gezogen. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass hier ein anderes Master zum Einsatz kam und die neue Blu-ray eventuell nicht auf dem 4K-Master basiert. Ebenso scheinen Bildeinzelheiten, die man erkennen kann, wenn man sehr genau hinschaut (oder einen Screenshot deutlich einzoomt), mehr Details zu zeigen. Das ist bspw. bei den Flecken auf der Hauswand nach 16’38 der Fall. Auch die Lamellen der Holzverkleidung vor der Tür sind deutlicher und die stuckartigen Abstufungen darüber ebenfalls. Gegenüber der alten Blu-ray, bei der das Mädchen, das in dieser Szene am 90-Grad-Eck des Balkons runterschaut, zeigt die 4K-Fassung hier auch eine Nase und Augen, wo alte BD eher wirkt, als wäre ein schlimmer Unfall passiert. Noch einmal zurück zur geringen Körnung. Es sieht durchaus danach aus, dass hier eine leichte Filterung vorgenommen wurde. Darüber hinaus bietet Bilitis aber, wie oben angedeutet, eben nicht unbedingt das Vorzeigematerial für HDR. Da die Highlights offenbar in den jeweiligen Mastern schon ziemlich ausgeblasen waren, stellt sich deshalb die Frage, wie viel vom ursprünglichen Filmkorn eventuell auch durch das Tone Mapping verschwunden ist. Ein Tone Mapping, das hier nicht das Leichteste gewesen sein dürfte – eben aufgrund der schwierigen Bildkomposition und den zu hellen Highlights. Gerade, wenn man spontan von der neuen Blu-ray kommt und die HDR-Scheibe einlegt, dürfte das deutlich rauschärmere Bild zunächst sehr verwundern (den Analog-Enthusiasten vielleicht sogar verärgern). Doch die UHD-BD ist nicht völlig frei von Korn (wie die es die alte BD mit Ausnahme der Highlights ist). Die 4K-Disk zeigt bei näherem Hinsehen eine sehr feine, sehr engmaschige Körnung, die man trotz der vermuteten leichten Filterung) erkennen kann und unter der man eben auch eine etwas bessere Auflösung wahrnimmt. Dieses Korn schwankt allerdings etwas, ist mal sichtbar, mal weniger vorhanden. Farblich hat man einige Szenen etwas entschärft, was ihnen gut tut – so zum Beispiel der Moment unter dem orangefarbenen Zeltdach bei 30’08, das nun harmonischer erscheint und die Hauttöne realistischer darstellt. Leider setzt es dort im oberen Bereich leichte Block-/Bandingartefakte während sich das Tuch im Wind bewegt. Hauttöne erhalten derweil grundsätzlich etwas mehr Braunanteil, während der rote Pullover von Lucas deutlich satter rüberkommt. Am Ende fällt die Bewertung der 4K-Disk hier sehr schwer: Ist die neue Blu-ray zu körnig (und das nicht zwingend, weil es im Filmmaterial genauso war) und sieht der Unterschied deshalb so drastisch aus? Ist die UHD Blu-ray zu stark von Tone Mapping und vermeintlicher Filterung beeinflusst und deshalb zu soft, obwohl man bei genauem Hinsehen mehr Details erkennen kann? Liegt die Wahrheit dazwischen? Die beobachtbaren Unterschiede sind jedenfalls deutlich. Und fragt man mich nach meiner Meinung, so ist Bilitis aufgrund seiner außergewöhnlichen Bildgestaltung und den schon im Master vorhandenen technischen Imperfektionen nicht unbedingt die ideale Wahl für eine 4K HDR Blu-ray. Vielleicht hätte es mehr Sinn gemacht, lediglich eine SDR-4K-Disk anzufertigen. Für eine Beurteilung eine der schwierigsten Scheiben seit es 4K-Disks gibt, da es nicht so einfach ist, wie es auf den ersten flüchtigen Blick scheint.

Blu-ray (4’09): (Slider ganz nach rechts): Gegenüber der sehr körnigen Blu-ray …
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … zeigt sich die HDR-Disk rauschfrei. Die Highlights (hier das Kleid) bleiben gut durchzeichnet.

Blu-ray (16’38): (Slider ganz nach rechts): In diesem Shot wirkt gegenüber der neuen Blu-ray …
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … die 4K-Disk zunächst detailärmer.

Blu-ray (16’38): (Slider ganz nach rechts): Geht man näher ran, zeigen sich zwei Dinge.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Zum einen ist die HDR-Disk nicht komplett frei von Korn, sondern zeigt es vielmehr sehr reduziert und sehr fein. Man erkennt (bspw. am stuckartigen Übergang), dass die unterliegende Auflösung gegenüber der Blu-ray eine Spur besser ist – trotzdem das Bild aufgrund von Filterung und Tone Mapping softer ist.

Blu-ray (16’38): (Slider ganz nach rechts): Dass die UHD Blu-ray trotz Filterung weit von der alten Blu-ray entfernt ist, zeigt dieser Vergleich.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Gegenüber dem völlig wachsigen Bild der alten Blu-ray ist die HDR-Scheibe durchaus filmischer unterwegs.

Blu-ray (30’08): (Slider ganz nach rechts): In dieser Szene (eine der schon aufnahmeseitig schwächsten des Films) ist die Blu-ray kein Genuss.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Eine der Szenen, die über die HDR-Scheibe farblich besser aussehen.

Blu-ray (71’11): (Slider ganz nach rechts): Eine der Szenen, in der Farben wirklich kräftiger sind.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die HDR-Disk mit erweitertem Farbraum liefert das Rot sichtbar satter.

Keine Änderung beim Ton. Die UHD Blu-ray liefert die gleichen Tonspuren wie die Blu-ray.
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Format: Blu-ray
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Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Bilitis liegt auf der Blu-ray und der 4K-Disk gleichermaßen und besteht aus einem Gespräch mit Kameraassistent Noel Véry. In den 20 Minuten Laufzeit verrät Véry, worüber sich die Welt schon lange den Kopf zerbricht: Wie hat Hamilton den typischen „Hamilton-Blur“ erzielt. Schenkt man dem Kameraassistenten Glauben, so war es ein höchst temporärer Effekt, der durch das Anhauchen der Linse (oder der vorgesetzten Filter) erzielt wurde. Etwas, das man natürlich nicht bei einem Spielfilm machen könne. Wenn Véry das authentisch wiedergibt, straft er alle jene Lügen, die jahrzehntelang glaubten, Hamilton hätte Vaseline auf Vorsatzlinsen geschmiert. Véry hat das seinen Aussagen nach auch probiert (mit einem Wasserkessel an der Optik), was aber wohl den Tontechniker wahnsinnig gemacht hat. Für den Film verwendete man dann tatsächlich diverse Vorsatzfilter. Neben diesem Featurette gibt es  noch die Filmmusik mit dem Soundtrack von Francis Lai auf CD sowie ein toll geschriebenes 24-seitiges Bookelt. Hierin nähern sich Marco Heiter und Laura Erler dem Phänomen Hamilton auf differenzierte und ehrliche Art und Weise.

Fazit

Bilitis ist filmisch aus heutiger Sicht schwierig bis fragwürdig. Wenn überhaupt, sollte man ihn als Kind seiner Zeit betrachten und auch einschätzen. Wer ihn heute erstmalig sieht, darf eine gewisse kritische Distanz wahren und sich gerne kritisch mit Hamiltons Oeuvre befassen. Visuell ist Hamiltons Werk schwer zu greifen. Die alte Blu-ray war massiv totgefiltert, hatte aber parallel mit den materialbedingten ausgeblasenen Highlights zu kämpfen. Die neue Blu-ray zeigt sich praktisch abbildungsgleich mit der alten Blu-ray, was Farbgebung, Kontrastierung und Framing angeht (gleiches Master?), bietet aber eine deutliche (und möglicherweise zu starke) Körnung, die zunächst filmisch wirkt, aber bei genauem Hinsehen ein paar Fragezeichen hinterlässt. Die UHD Blu-ray bietet die besseren Farben und kommt mit der Farbgebung des Films teils besser zurecht, weist aber auch ein teils sehr glattes Bild und eine leichte Neigung zu Artefakten in schwierigen Farb-/Helligkeits-Dynamiken auf. Technisch eine sehr schwer einzuordnende Veröffentlichung, auf deren HDR-Fassung man aufgrund der schwierigen Ausgangslage vielleicht besser verzichtet hätte.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität BD (2014): 50%
Bildqualität BD: 65%
Bildqualität UHD: 50%

Tonqualität BD (2014) (dt. Fassung): 55%
Tonqualität BD/UHD (2023) (dt. Fassung): 50%

Tonqualität BD/UHD (Originalversion französisch): 65%

Bonusmaterial: 50%
Film: 50%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: Frankreich/Italien, 1977
Regie: David Hamilton
Darsteller: Patti D’Arbanville, Mona Kristensen, Bernard Giraudeau, Mathieu Carrière, Gilles Kohler, Irka Bochenko
Tonformate BD/UHD: PCM 2.0: de, en, fr
Untertitel: de, en
Bildformat: 1,66:1
Laufzeit: 95
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja (4k DI)
High Dynamic Range: HDR10, HDR10+
Maximale Lichtstärke: 969
FSK: 16

(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Capelight Pictures)
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So testet Blu-ray-rezensionen.net

Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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5 Kommentare
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Martin S.

Ein guter Kommentar bezügl. Ton und Bild! mit der 2014er Ausgabe!
Ich mag den Film als damalige Kunstform noch heute, das ist aber Geschmackssache.

Nils

Die alte Disc sieht um welten besser aus! Da hätte man auf ne neue definitiv verzichten können.

Dennis

Schlechter Film mit schlechter Disc, hättest du eigentlich nicht testen brauchen den Schund.

Chris

Sehe ich absolut nicht so! Die komplexe und gut recherchiert Kritik, die zudem äußerst differenziert verfasst ist, lohnt sich sehr zu lesen. Und dass die Disk technisch nicht sonderlich gut ist, will man hier als Leser doch auch wissen. Danke Timo!