Bird Box – Schließe deine Augen – Netflix

Blu-ray Review

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Netflix, 21.12.2018

OT: Bird Box

 


Nicht hinsehen!

… das gilt natürlich nur für die Protagonisten in Bird Box, nicht für den geneigten Zuschauer!

Inhalt

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Malorie und Jess trauen ihren Augen kaum

Die Ansage Ansage von Malorie an die beiden kleinen Kids vor ihr ist klar: Die zweitägige Reise auf dem reißenden Fluss wird beschwerlich, gefährlich und voller Ungewissheiten. Eins aber ist Gesetz: Die Augenbinden, die alle tragen werden, dürfen unter KEINEN Umständen abgenommen werden. Sollten sich die Kids wehren, würde Malorie sie bestrafen. Und das meint sie mit vollem Ernst.
Denn vor einigen Jahren begannen Menschen aus unerfindlichen Gründen auf abstruseste und brutalste Art und Weise in aller Öffentlichkeit Selbstmord zu begehen. Auch Malories Schwester Jess und alle anderen, die mit ihren Augen eine undefinierter Bedrohung sahen, fielen diesem Wahn zum Opfer. Malorie selbst wurde gerettet und hielt sich einige Zeit mit anderen Überlebenden in einem geschützten Haus auf. Die dort zusammen gewürfelte Truppe musste dabei nicht nur ihre Differenzen überwinden, sondern auch für Nahrungs-Nachschub sorgen. Doch je mehr Zeit verstrich, desto gefährlicher wurde es. Bis Malorie mit den zwei Kindern, die in der Zwischenzeit geboren wurden, die Flucht in ein möglicherweise sicheres Gebiet antritt …

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Douglas muss Schlimmes mitansehen

Bird Box gehört zu den Filmen, die praktisch exklusiv über Streaming-Anbieter Netflix zu sehen sind. Ursprünglich bereits ab 2013 in Planung – und zwar VOR dem Release der Romanvorlage – war es Universal Pictures, die sich zunächst die Verfilmungsrechte sicherten. Doch daraus wurde nichts. Auch der ursprünglich als Regisseur vorgesehene Andy Muschietti (ES) fiel irgendwann aus der Planung.
Vier Jahre später übernahm dann Produzent Scott Stuber den Stoff erneut – nur, dass er mittlerweile von Universal zu Netflix abgewandert war. Gegenüber Exklusivtiteln wie Bright erfuhr Bird Box einen sehr limitierten siebentägigen Kino-Release, bevor er dann am 21. Dezember auf die Streaming-Plattform wanderte. Dort langte er dann richtig zu. Mit 45 Mio. Abrufen über Accounts ist Bird Box der bisher erfolgreichste Filmstart bei Netflix.
Zu Recht?
Die Antwort fällt gemischt aus:
Zunächst einmal gelingt es Regisseurin Susanna Bier (Serena) nach zehn lockeren Minuten, den Horror unvermittelt und ziemlich roh los zu lassen, wenn die ersten Menschen auf den Straßen und in Gebäuden dem Wahnsinn verfallen. Plötzlich überqueren sie bei Rot die Ampelkreuzungen, provozieren Unfälle, schlagen ihre Köpfe an Glasscheiben ein oder prügeln sich auf der Straße tot. Der bis dato humorvolle Ton weicht blanker Angst, wenn die Panik ausbricht und Menschen auf offener Straße gleich dutzendfach zu Tode kommen.

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Neuankömmlinge im Haus

Dass der „Gegner“ weitgehend unsichtbar bleibt, tut Bird Box eher gut. Denn dem apokalyptischen Szenario unterliegt, ähnlich wie bei A Quiet Place, das Thema Familie.
Während um Malorie herum alles im Chaos versinkt, muss sie zunächst Abschied von ihrer Schwester nehmen. Nur um später mit zwei Kids klar kommen zu müssen, von denen sie nicht mal ihr Eigenes haben wollte.
Sandra Bullock ist als Malorie großartig – sowohl in den sarkastischen Momenten als auch in den dramatischen, dominanten oder beängstigenden Szenen – vor allem in den beängstigenden Szenen. Wenn Malorie an ihre körperliche und nervliche Grenze kommt, weil zwei Tage blind auf einer kleinen Nuss-Schale alles andere als ein Zuckerschlecken ist, zeigt Bullock, dass sie immer noch großes Starpotenzial hat. Selbst wenn es etwas ungewohnt ist, sie in einem Genrefilm zu sehen.
Ebenso ungewöhnlich ist John Malkovich in der Rolle des muffigen Douglas – eine Figur, die sein Repertoire aber nochmals bereichert und die er überzeugend gibt.
Inszenatorisch wechselt die Regisseurin dabei immer wieder die Zeitebenen, um die Geschehnisse nach und nach preis zu geben. Beginnend in der Gegenwart auf dem Fluss, wechselt Bird Box fünf Jahre in die Vergangenheit, als die Kids noch nicht geboren waren und das Chaos ausbrach. Ähnlich wie in der Romanvorlage, die allerdings noch häufiger zwischen den Zeiten springt, setzen sich die Puzzle-Teile nach und nach zusammen. Spannend ist das vor allem dann, wenn Malorie mit ihren Kindern auf dem Boot unterwegs ist. Aber auch die Dynamiken im Haus wissen zu überzeugen. Würfelt man eine Truppe von einem Dutzend sich teils unbekannten Leuten zusammen und pfercht sie ohne Möglichkeit der Flucht in ein Haus ein, geht das nicht ohne Konflikte.

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Charlie wird zum Held

Insbesondere der notorische Misanthrop Douglas sorgt beständig für dicke Luft. Und selbst wenn innerhalb dieser Sequenzen das Potenzial des Horrors nicht wirklich ausgenutzt wird und sich manche Länge einschleicht, gibt es auch hier spannende Szenen. Beispielsweise, wenn Greg die Umgebung des Hauses mit den Überwachungskameras abcheckt oder immer wieder Fremde an die Türe klopfen.
Dennoch sind diese Momente harmlos gegen das unangenehme Gefühl, das einen beschleicht, wenn Malorie praktisch blind Angreifer vom Boot fernhalten muss. Während der Fluss-Sequenzen, die in der Gegenwart spielen, wird deutlich, was aus Bird Box hätte werden können, wenn man die Lauflänge etwas reduziert und dafür mehr Zeit auf dem Wasser verbracht hätte. Die beiden unterschiedlichen Zeitebenen sind qualitativ leider nicht immer auf gleichem Niveau.
Selbst wenn es natürlich Ausnahmen gibt: So ist die „blinde“ Fahrt im Jeep – einzig geleitet durch Parksensoren und Navigations-System – eine Szene, die durchaus mal legendär werden könnte. Schade, dass solche Momente direkter Bedrohung nur selten genutzt wurden., was – wie oben erwähnt – den Film letztlich zu einem zwiespältigen Erlebnis werden lässt.
Was im Übrigen auch für die Tatsache gilt, dass der Umgang mit dem Thema psychischer Erkrankung vorurteilshaft und moralisch zumindest diskussionswürdig ist. Eine Diskussion, die auch das Ende betrifft, das für den einen oder anderen eher wenig zufriedenstellend ausfallen dürfte.

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Zwei Tage blind auf dem Fluss

Bild- und Tonqualität

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Bird Box

Bird Box wurde mit RED-Weapon-8K-Kameras aufgenommen. Davon wurde per 4K-Digital-Intermediate ein natives 4K-Master angefertigt. Zugleich liefert Netflix den Film mit statischem HDR10 sowie dynamischem Dolby Vision an. Für Letzteres ist es natürlich notwendig, einen DV-fähigen TV zu haben (LG, Sony, Loewe). Alle anderen streamen dann mit HDR10. Ebenfalls an Bord ist ein erweiterter Farbraum im Rahmen von Rec.2020.
In der Praxis zeigt sich das Dolby-Vision-Bild mit satten Kontrasten und sehr intensiven Farben. Die Kunstwerke in Malories Haus, rote Decken, die über Leinwänden hängen oder auch die braunen Holzvertäfelungen im „Safe House“ – sämtliche Farbtöne wirken äußerst lebhaft und prägnant – und das ohne jedes Überstrahlen. Selbst Toms dunkles Gesicht überstrahlt in den weniger gut ausgeleuchteten Szenen zu keiner Zeit. Selbst dann nicht, wenn seitlich rötliches Licht einfällt, was häufig zu Artefakten und Überkontrastierung führt.
Dazu ist das Bild blitzsauber. Absolut kein Körnchen trübt das Bild des mit hoher Auflösung gefilmten Werks. Bis in die Ränder ist es außerdem scharf und wenn man sich Close-ups von Gesichtern anschaut, könnten diese kaum besser aufgelöst sein (7’28). Bleiben Filme weiterhin dermaßen scharf, müssen Maskenbildner weit mehr Zeit mit den Stars verbringen, um das Make-up halbwegs unauffällig wirken zu lassen. Absolut prägnant sind auch die Spitzlichter, die man bspw. zu sehen bekommt, wenn die Akteure im Dunkeln gefilmt werden und nur das Weiße in ihren Augen aufblitzt. Alles in Allem gehört Bird Box zum visuell absolut Besten, was man derzeit per Streaming-Plattform geboten bekommt.

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Bird Box

Akustisch liegt Bird Box fürs deutsche Publikum in Dolby Digital Plus vor, während die Originalfassung mit Dolby Atmos kodiert ist. Atmos kann allerdings wiederum nur derjenige nutzen, der per Apple TV 4K, der Xbox One, Windows 10 oder LG TVs ab 2017 sowie Bravias ab 2018 (per eARC) streamt. Alle anderen hören „nur“ zweidimensional.
Aber auch das in toller Qualität – zumindest in puncto Räumlichkeit. Denn schon die regulären Surroundeffekte treiben einem von Beginn an die Gänsehaut auf den Rücken. Wenn Malorie und ihre Kids an der Schnur entlang zum Wasser gehen, hört man die Stimmen und das Rauschen aus allen Speakern. Noch näher wird es, wenn man das Geschehen aus ihrer Sicht durch die nur schwach durchdringbare Augenbinde sieht und das Atmen unmittelbar zum Zuschauer transportiert wird als wäre man selbst vor Ort. Nicht ganz so schön klingt die Filmmusik, die Malorie später laufen lässt und die sich etwas nach Phasenverschiebung anhört. Auch nicht perfekt sind die deutschen Dialoge, die etwas dünn rüberkommen. Die Originalfassung ist hier wesentlich stimmiger und voluminöser. Glücklicherweise bleiben weitere Probleme bei der Musikwiedergabe aus und man kann sich wieder auf die äußerst lebhafte Surround-Kulisse konzentrieren. Zwar wird hier nicht ganz das erreicht, was A Quiet Place akustisch abliefert, doch gerade die umgebenden Geräusche während der Außenszenen sind aufgrund ihrer Direktionalität und Innovation demonstrationswürdig. Besonders gut bspw. wenn die Gruppe im Auto von dem „Monster“ heimgesucht wird. Aber eben auch in jeder Szene, in der der Zuschauer mit unter die Augenbinde genommen wird und Geräusche verstärkt wahrgenommen werden. Das sind dann übrigens auch die Momente, in denen der Atmos-Sound der Originalspur richtig zum Tragen kommt. Sämtliche Speaker werden hier genauso mit einbezogen, wie es bei den Windgeräuschen oder einigen Actionszenen auf dem Fluss der Fall ist. Wenn es dann zum Finale hin auf dem Wasser rasant wird, weil das Trio durch die Stromschnellen muss, branden die Wellen brutal ins Heimkino an und sogar der Subwoofer wird dann entsprechend gefordert, wo er zuvor längere Zeit eher unterbeschäftigt war.
Und wer mal Demonstrations-Geräusche für 3D-Atmos-Wiedergabe in einem Film haben wollte, der wartet bis zu den Szenen im Wald nach etwa 105 Minuten – hier scheint die Höhen-Ebene ein komplett neues Leben zu entwickeln.

Fazit

Bird Box beginnt stark und hat intensive Spannungsmomente auf dem Fluss. Leider herrscht zwischendurch erzählerisch auch einiges an Leerlauf und die Bedrohungs-Situation im Haus wird nicht konsequent genug genutzt. Gerade das Element der geschlossenen Augen, des Ungewissen und der unsichtbaren Bedrohung hätte noch wesentlich effektiver genutzt werden können, ja müssen. Außerdem darf man es durchaus fragwürdig finden, wenn psychisch Kranke als verlängerter Arm der Kreaturen (welche es auch sein mögen) herhalten müssen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 95%

Tonqualität (dt. Fassung): 85%

Tonqualität 2D-Soundebene (Originalversion): 90%
Tonqualität 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 80%
Tonqualität 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 90%

Film: 70%

Anbieter: Netflix / Globales Original
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Susanne Bier
Darsteller: Sandra Bullock, Trevante Rhodes, John Malkovich, Sarah Paulson, Jacki Weaver, Rosa Salazar, BD Wong, Pruitt Taylor Vince
Tonformate: Dolby Digital Plus: de // Dolby Atmos (DD+-Kern): en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 122
Codec: HEVC
Real 4K: Ja (4K DI)
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Netflix)

Trailer zu Bird Box

Bird Box | Official Trailer [HD] | Netflix

4 Kommentare
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David

Yo, das Bild ist wirklich sehr gut. Schade, dass es wohl nie ne UHD davon geben wird. Die dürfte wohl um einiges besser sein aufgrund der höheren Bitrate. Aber auch so schon ziemlich klasse.

S.F.

Sehr interessant für mich im nachhinein die Erläuterung des (eigentlich so gut designten) Sounds, denn meiner war beim Schauen nicht so prima. So detailliert habe ich auch noch keine Analyse der Beleuchtung etc. gelesen. Respekt.
Ich fand den Film megaspannend und den Twist (!) in der Story sehr erschreckend, aber passend.
Dazu noch ein Hinweis: Für Leute, die den Film noch nicht gesehen haben, gibst Du doch fast die gesamte Story preis. Vielleicht wäre in solchen Fällen eine Art Spoilerhinweis hilfreich?

Andreas

Oh Mann, jetzt auch hier… Überall dieses Netflixzeug. Nichts gegen Streaming. Wegen mir könnten ARD und ZDF den Sendebetrieb einstellen und alles über die Mediatheken laufen lassen. Aber bei „richtigen“ Filmen will ich eine Disk in den Händen halten. Habe Maxdome jetzt gekündigt, da ich es nicht genutzt habe. Wenn es Filme gibt, die ich gucken möchte, kaufe ich sie mir. Wenn sich herausstellt, daß sie mir nicht gefallen, verkaufe ich sie wieder.

Jedem das seine.

David

Tja, wenn Du dich daran nicht gewöhnen kannst, wirst du leider früher oder später nicht mehr allzu glücklich werden. Leider! :-/